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BGH entscheidet: Bei Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts ist Widerrufsrecht nicht nach

…. § 312g Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgeschlossen.

Mit Urteil vom 20.10.2021 – I ZR 96/20 – hat der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass, wenn Verbraucher 

  • außerhalb von Geschäftsräumen 

einen Vertrag über die 

  • Lieferung und 
  • Montage

eines Kurventreppenlifts mit Schienen,

  • die individuell an die in ihrem Treppenhaus zu befahrenden Kurven angepasst werden müssen,

abschließen, das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB nicht 

  • gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB 

ausgeschlossen ist und die Verbraucher 

  • nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB 

über ihr bestehendes vierzehntägiges Widerrufsrecht zu informieren sind.

Der Senat hat dies damit begründet, dass der Begriff „Verträge zur Lieferung von Waren“ in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB dahingehend auszulegen ist, dass dazu 

  • Kaufverträge (§ 433 BGB) und 
  • Werklieferungsverträge (§ 650 BGB), 

aber im Regelfall nicht  

  • Werkverträge (§ 631 BGB) 

zählen, es für die Abgrenzung von 

  • Kauf- und Werklieferungsverträgen einerseits und 
  • Werkverträgen andererseits 

darauf ankommt, auf welcher der Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der 

  • Schwerpunkt

liegt und der Schwerpunkt bei einem Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts

  • nicht auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz am zu liefernden Treppenlift, 
  • sondern auf der Herstellung eines funktionstauglichen Werks, das zu einem wesentlichen Teil in der Anfertigung einer passenden Laufschiene sowie ihrer Einpassung in das Treppenhaus des Kunden besteht,

und damit auf der Werkleistung liegt (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Wichtige BGH-Entscheidung, die, sollte sich eine gekaufte Sache nach der Übergabe als mangelhaft erweisen

…. sowohl Käufer als auch Verkäufer kennen sollten.

Mit Urteil vom 26.08.2020 – VIII ZR 351/19 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn ein Käufer, 

  • der nach der Übergabe der Kaufsache feststellt, dass diese einen bei der Übergabe bereits vorhanden gewesenen Mangel (§ 434 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) aufweist und weil 
    • dieses Recht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist, 
    • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB vereinbart wurde und 
    • die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. § 438 BGB),, 

dem Verkäufer zur Nacherfüllung nach §§ 437 Nr.1, 439 Abs. 1 BGB

  • eine angemessene Frist nach §§ 323 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB

setzt, d.h.,

  • einen Mangel rügt und 
  • binnen einer dafür angemessenen Frist,
    • entweder (was der Käufer frei wählen kann, solange der Verkäufer nicht nachweisen kann, dass er die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 4 BGB verweigern kann) die Beseitigung des gerügten Mangels
    • oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangt,

die Nacherfüllungsfrist vom Verkäufer  

  • nicht bereits dann gewahrt ist, wenn dieser innerhalb der Frist die Leistungshandlung erbracht hat,
  • sondern nur, wenn auch der Leistungserfolg eingetreten ist,
    • also bei dem Verlangen einen Mangel zu beseitigen, dieser Mangel innerhalb der Frist auch vollständig beseitigt und die erfolgte Mangelbeseitigung fachgerecht ausgeführt worden ist.  

Ist die Nacherfüllungsfrist so bemessen, dass der Verkäufer 

  • bei ordnungsgemäßem Vorgehen vor Fristablauf voraussichtlich nicht nur die Leistungshandlung vornehmen, 
  • sondern auch den Leistungserfolg herbeiführen kann, 

kann der Käufer 

  • nach erfolglosem Fristablauf 

sekundäre Gewährleistungsrechte (Rücktritt, Minderung, Schadens- oder Aufwendungsersatz) geltend machen, also beispielsweise

  • nach § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 323 Abs. 1, §§ 346 ff. BGB 

vom Kaufvertrag zurücktreten, 

  • sofern der verbliebene Mangel nicht als unerheblich bzw. geringfügig im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB einzustufen ist,

ohne dass er gehalten ist, 

  • zuvor dem Verkäufer eine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung einzuräumen.

Allerdings kann ein Käufer, der eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte, dann, wenn er

  • die Frist nach erfolglosem Ablauf verlängert oder
  • sein Einverständnis damit erklärt hat, dass die Mangelbeseitigung erst später vorgenommen wird,

den Rücktritt vom Vertrag nachfolgend nicht mehr darauf stützen, dass der Mangel nicht innerhalb der ursprünglich vorgesehenen Frist beseitigt worden ist.

Fazit:
Ein 

  • zweimaliges

Fehlschlagen der Nachbesserung, 

  • wie es § 440 Satz 2 BGB vorsieht,

ist danach  

  • nur (noch) Rücktrittvoraussetzung, 

wenn der Käufer 

  • sein Nachbesserungsverlangen nicht mit einer Fristsetzung verbunden hatte (beispielsweise weil ihm zunächst allein an einer Nacherfüllung gelegen war) und
  • er sich auch nicht mit Erfolg auf die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung nach §§ 323 Abs. 2, 281 Abs. 2 BGB berufen kann.

Was, wer sich beim Autokauf bewusst für ein Auslaufmodell entscheidet, wissen sollte

Mit Urteil vom 09.09.2019 – 12 U 773/18 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz entschieden, dass, wer sich,

  • beim Erwerb eines Autos bei einem Kfz-Händler,

in Kenntnis eines bevorstehenden Modellwechsels,

  • nicht für die Bestellung eines Fahrzeugs aus der neuen Modellreihe

sondern

  • bewusst

zum Kauf des „Auslaufmodells“ entscheidet,

  • beispielsweise um einen hierfür gewährten Preisvorteil zu nutzen,

kann,

  • wenn das Fahrzeug bei der Übergabe nicht frei von Sachmängeln gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist,

von dem Händler

  • – im Rahmen der Gewährleistung als Nacherfüllung nach § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB –

eine mangelfreie Ersatzlieferung verlangen

  • nur aus der „Auslaufmodellserie“ und
  • nicht aus der neuen Modellserie.

Begründet hat das OLG dies damit, dass im Fall einer

  • bewussten Entscheidung für ein „Auslaufmodell“
    • beispielsweise um so einen Preisvorteil zu erhalten,

der vertragliche Wille der Parteien ausdrücklich auf die Verschaffung eines solchen „Auslaufmodells“ gerichtet ist und somit die Ersatzbeschaffungspflicht nach § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB,

  • für deren Umfang die vertraglich vereinbarte Beschaffungspflicht des Verkäufers maßgebend ist,

sich auf die „Auslaufmodellserie“ beschränkt (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz; vgl. hierzu auch Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17 –).

Übrigens:
Nach § 439 Abs. 1 BGB kann der Käufer einer Sache,

  • die zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (bei der Übergabe) nicht frei von Sachmängeln gemäß § 434 Abs. 1 BGB ist,

sofern

  • dieses Recht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist,
  • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB vereinbart wurde und
  • die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. § 438 BGB),

entweder

  • die Beseitigung des Mangels

oder

  • die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen,

wobei zwischen den beiden Arten der Nacherfüllung der Käufer frei in seiner Wahl ist und beliebig nach seinem Interesse entscheiden kann, ohne dass er auf die Interessen des Verkäufers,

  • der auf seine Rechte aus § 439 Abs. 4 BGB verwiesen ist,

Rücksicht nehmen muss (vgl. hierzu den Blog: Wichtig für Käufer und Verkäufer zu wissen: Welche Nacherfüllungsrechte hat der Käufer wenn die Kaufsache mangelhaft ist?).

Die obige Entscheidung des 12. Zivilsenats des OLG Koblenz betrifft einen Fall in dem der Käufer als Nacherfüllung

  • nicht die Beseitigung des Mangels,
  • sondern die Lieferung einer mangelfreien Sache

verlangt hatte.

LG Nürnberg-Fürth entscheidet, dass auch bei der Bestellung eines Treppenlifts ein Widerrufsrecht

…. nach §§ 312g Abs. 1, 355 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) besteht und

  • ein Ausschluss des Widerrufsrechts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unzulässig ist.

Mit Urteil vom 08.02.2019 – 7 O 5463/18 – hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth entschieden, dass Verbraucher

  • auch die Bestellung eines Treppenlifts widerrufen können, wenn

sie den Vertrag in der eigenen Wohnung oder zum Beispiel telefonisch oder brieflich abgeschlossen haben.

Dass das Widerrufsrecht bei einem solchen Vertrag nicht nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen ist, hat das LG damit begründet, dass es sich bei einem

  • außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz geschlossen

Vertrag über die Lieferung und Montage eines Treppenlifts,

  • da hierbei nicht die Übertragung des Eigentums und Besitzes der Ware, also der Warenumsatz, im Vordergrund stehe,
  • sondern die Herstellung einer funktionierenden Einheit

vorwiegend um einen Werkvertrag handle, die Ausschlussregelung des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB

Verbraucher, die eine SIM-Karte erwerben, sollten wissen, dass auf SIM-Karten Internetzugangs- und Mailbox-Dienste

…. vorinstalliert und -aktiviert sein können,

  • deren Kosten dem Benutzer in Rechnung gestellt werden, wenn er nicht ausdrücklich ihre Abschaltung verlangt und
  • dass Dienste für den Internetzugang sogar, u. a. durch so genannte „Always-on“(ständig verbunden)-Anwendungen, vom Nutzer unbemerkt zu Verbindungen führen können.

Werden solche SIM-Karten von Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste vermarktet, müssen die Anbieter die Verbraucher vor dem Erwerb

  • sowohl über die Kosten der Dienste,
  • als auch über ihre Vorinstallation und -aktivierung auf der von ihnen gekauften SIM-Karte aufklären.

Andernfalls beruht die Erbringung dieser Dienste,

nicht auf der freien Entscheidung der Verbraucher und kann es sich,

  • nachdem weder offensichtlich ist, dass der durchschnittliche Käufer einer SIM-Karte sich bewusst ist,
    • dass diese vorinstallierte und -aktivierte Dienste enthält, die zusätzliche Kosten verursachen können, oder
    • dass Anwendungen oder das Gerät selbst sich von ihm unbemerkt mit dem Internet verbinden können,
  • noch, dass er über ausreichendes technisches Können verfügt, um diese Dienste oder automatischen Verbindungen auf seinem Gerät abzuschalten,

handeln,

  • um die „Lieferung einer unbestellten Ware oder Dienstleistung“ und
  • somit nach der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken um eine unter allen Umständen unlautere – genauer aggressive – Praktik (Quelle: Pressemitteilung des EuGH vom 13.09.2018).

Wichtig für Käufer und Verkäufer zu wissen: Welche Nacherfüllungsrechte hat der Käufer wenn die Kaufsache mangelhaft ist?

Der Käufer einer Sache kann nach § 433 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1, § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

Ist die in Vollziehung des Kaufvertrags überlassene Sache

  • zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (bei der Übergabe) nicht frei von Sachmängeln gemäß § 434 Abs. 1 BGB

kann der Käufer, sofern

  • dieses Recht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist,
  • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB vereinbart wurde und
  • die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. § 438 BGB),

nach § 439 Abs. 1 BGB als Nacherfüllung

  • entweder die Beseitigung des Mangels oder
  • die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen,
    • also beispielsweise, wenn es sich bei der Kaufsache um einen neuen Pkw gehandelt hat,
    • grundsätzlich auch die Lieferung eines identischen Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückgabe des gelieferten Fahrzeugs.

Zwischen den beiden Arten der Nacherfüllung ist der Käufer nämlich frei in seiner Wahl und kann beliebig nach seinem Interesse entscheiden, ohne auf das des Verkäufers,

  • der auf seine Rechte aus § 439 Abs. 3 BGB verwiesen ist,

Rücksicht nehmen zu müssen.

  • Dem Verkäufer steht es daher nicht frei, die vom Käufer getroffene Wahl dadurch zu unterlaufen, dass er die Nacherfüllung auf die vom Käufer nicht gewählte Art und Weise (hier: Beseitigung des Mangels anstelle der Lieferung einer mangelfreien Sache) erbringt.
  • Nur durch Vornahme der verlangten Art der Nacherfüllung kann der Verkäufer das vom Käufer wirksam ausgeübte Wahlrecht zum Erlöschen bringen.

Demzufolge entfällt,

  • wenn ein Käufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB die Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache gewählt hat,

sein Anspruch auf Ersatzlieferung auch nicht aufgrund einer vom Verkäufer anschließend bewirkten Beseitigung des Mangels.

  • Ein Festhalten am gewählten Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Ersatzsache ist dem Käufer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur dann verwehrt, wenn mit seiner Zustimmung eine vom Verkäufer durchgeführte Mängelbeseitigung erfolgt ist.

Verweigern kann der Verkäufer – auch erstmals während des Rechtsstreits (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16.10.2013 – VIII ZR 273/12 –) – die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (§ 439 Abs. 3 BGB).

Dabei sind insbesondere

  • der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand,
  • die Bedeutung des Mangels – die sich, wenn der Verkäufer erstmals im Prozess den Ausschluss der verlangten Nacherfüllung nach § 439 Abs. 3 BGB geltend macht, nach den zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorliegenden Umständen bestimmt – und
  • die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte (§ 439 Abs. 3 Satz 2 BGB).

Maßgeblich kommt es dabei darauf an,

  • ob die Kosten der Nachlieferung
  • im Verhältnis zu den Kosten der Nachbesserung unverhältnismäßig sind (sogenannte „relative Unverhältnismäßigkeit“).

Ein Recht des Verkäufers, die einzig mögliche Form der Abhilfe wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, besteht dagegen im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs im Sinne der §§ 474 ff. BGB nicht (BGH, Urteil vom 21.12.2011 – VIII ZR 70/08 –).

Darauf hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg mit Urteil vom 20.02.2017 – 14 U 199/16 – hingewiesen.