Tag Mieter

Was Vermieter und Mieter wissen sollten, wenn über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB gestritten wird

Trotz einer erheblichen Pflichtverletzung des Mieters kann

  • im Einzelfall wegen besonders schwerwiegender persönlicher Härtegründe auf Seiten des Mieters,

ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gegeben sein.

Darauf hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 09.11.2016 – VIII ZR 73/16 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • eine (bettlägrige) 97-Jährige eine Dreizimmerwohnung für sich und im selben Stockwerk des Hauses eine Einzimmerwohnung für ihren gerichtlich bestellten Betreuer, der sie ganztägig pflegt, angemietet und
  • die Vermieterin das Mietverhältnis gemäß § 543 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) fristlos gekündigt hatte, weil sie von dem Betreuer der 97-Jährigen in mehreren Schreiben an die Hausverwaltung grob beleidigt worden war,

entschieden, dass die Wirksamkeit der Kündigung in diesem Fall davon abhängen kann (was behauptet wurde, vom Berufungsgericht aber noch nicht geprüft worden ist),

  • ob die 97-Jährige auf die Betreuung durch den Beleidiger in ihrer bisherigen häuslichen Umgebung angewiesen ist und
  • bei einem Wechsel der Betreuungsperson oder einem Umzug schwerstwiegende Gesundheitsschäden zu besorgen sind.

Begründet hat der Senat dies damit, dass § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrücklich eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Mietvertragsparteien und eine Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorschreibt (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 09.11.2016 – Nr. 201/2016 –).

Wann liegt (noch) keine, eine Kündigung rechtfertigende, Gebrauchsüberlassung der Mietwohnung an einen Verwandten des Mieters vor?

Bewohnt ein Wohnungsmieter seine Mietwohnung drei Monate im Jahr selbst und überlässt er den Rest der Zeit die Wohnung zur alleinigen Nutzung einer erwachsenen nahen Verwandten, beispielsweise seiner Tochter,

  • liegt keine unbefugte Gebrauchsüberlassung der Wohnung vor,
  • die den Vermieter nach erfolgloser Abmahnung zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 02.03.2016 – 424 C 10003/15 – in einem Fall entschieden, in dem eine Mietwohnung,

  • die der Mieter vor Jahren angemietet hatte und in die er mit seiner Frau und seiner damals noch minderjährigen Tochter eingezogen war,

zwischenzeitlich neun Monate im Jahr allein von der nunmehr erwachsenen Tochter des Mieters allein bewohnt wird,

  • da sich der Mieter mit seiner Ehefrau in der Regel nur noch drei Monate im Winter in der Wohnung aufhält und er den Rest des Jahres mit seiner Ehefrau in der Türkei verbringt.

Dass in einem solchen Fall der Vermieter kein Recht zur Kündigung des Mietverhältnisses hat, hat das AG damit begründet, dass

  • zwar ein Wohnungsmieter die von ihm angemietete Wohnung auch einem zu seinem privilegierten Personenkreis gehörenden Verwandten nicht zur alleinigen Benutzung überlassen, sondern ihn nur mit in die Wohnung aufnehmen darf solange er die Wohnung auch selbst noch in eigener Person nutzt,
  • eine unberechtigte alleinige Gebrauchsüberlassung an einen nahen Angehörigen aber erst dann vorliegt, wenn der Mieter die Wohnung nur noch sporadisch nutzt, in der Wohnung lediglich nur noch einzelne Gegenstände zurücklässt oder er den Gewahrsam über die Wohnung vollständig aufgibt und den ihn treffenden Obhutspflichten nicht mehr nachkommt, was alles bei einer (Noch)Nutzung der Wohnung durch den Mieter über einen Zeitraum von einem Vierteljahr jedenfalls nicht der Fall ist (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 04.11.2016 – 86/16 –).

AG München entscheidet: Wohnraummieter darf gestellte Kaution nicht abwohnen

Ein Wohnungsmieter, der eine Kaution gestellt hat, darf, wenn das Mietverhältnis gekündigt worden ist,

  • die letzten Mietzahlungen nicht mit der hinterlegten Mietkaution verrechnen,
  • also die Mietzinszahlung nicht vor Ablauf des Mietverhältnisses einstellen und mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch aufrechnen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 05.04.2016 – 432 C 1707/16 – hingewiesen.

Begründet hat das AG dies damit, dass

  • die Verpflichtung zur Zahlung der Miete nach § 535 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) grundsätzlich erst mit Beendigung des Mietvertrags endet und
  • weil dadurch zu Lasten des Vermieters der Sicherungszweck der Kautionsvereinbarung ausgehebelt würde,

der Mieter nicht berechtigt ist, eigenmächtig die letzten Mietzahlungen mit der hinterlegten Mietkaution zu verrechnen und die Kaution dergestalt „abzuwohnen“ (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 14.10.2016 – 80/16 –).

Was Vermieter und Mieter über die Kündigungsmöglichkeiten wegen Mietrückstands wissen sollten

Der Vermieter kann ein Mietverhältnis nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a bzw. Nr. 3 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • außerordentlich fristlos kündigen,

wenn der Mieter

  • für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete (vgl. hierzu § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB) in Verzug ist oder
  • in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

Ausgeschlossen nach § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB wird dieses durch den Auflauf eines Rückstands in dieser Höhe entstandene Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses nur durch

  • eine vollständige Zahlung des Rückstandes
  • vor Zugang der Kündigung.

Unwirksam wird eine erfolgte fristlose Kündigung des Vermieters nur,

  • entweder nach § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB, wenn durch
    • unverzügliche Aufrechnungserklärung nach der Kündigung
    • die gesamten Rückstände getilgt werden

oder

  • nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB, wenn
    • spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs
    • die fällige Miete und die fällige Entschädigung nach § 546a vollständig getilgt sind oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet hat (sogenannte Schonfristzahlung).

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 24.08.2016 – VIII ZR 261/15 – hingewiesen.

Unterhalb der für die fristlose Kündigung geltenden Grenze des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist nach § 573 Abs. 3 Nr. 1 BGB eine

  • ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs

möglich, sofern

  • der Mietrückstand eine Monatsmiete übersteigt und
  • die Verzugsdauer nicht weniger als einen Monat beträgt.

In einem solchen Fall besteht für den Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses (§ 573 Abs. 1 BGB), weil der Mieter seine Pflichten aus dem Mietvertrag dann schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und

Wann sind Betriebskosten wirksam auf den Wohnungsmieter umgelegt?

Für eine – auch formularmäßige – Umlage von Betriebskosten genügt bei einem Mietvertrag über Wohnraum die Vereinbarung,

  • dass der Mieter „die Betriebskosten“ zu tragen hat.

Auch ohne Beifügung des Betriebskostenkatalogs oder ausdrückliche Bezugnahme auf § 556 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und die Betriebskostenverordnung ist damit

Eine andere Beurteilung kommt allenfalls in Betracht, falls durch Zusätze oder weitere Bestimmungen im Mietvertrag unklar wird, ob „die Betriebskosten“ im Sinne sämtlicher umlegbarer Betriebskosten oder nur einzelner Betriebskostenarten gemeint sind.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 07.06.2016 – VIII ZR 274/15 – hingewiesen.

Was Wohnungsmieter und Vermieter wissen sollten, wenn es nach Mietende um der Rückgabe der Mietsicherheit geht

Dem Mieter, der eine Mietsicherheit geleistet hat, steht (frühestens)

  • nach Beendigung des Mietverhältnisses und
  • Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist des Vermieters (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 24.03.1999 – XII ZR 124/97 – sowie vom 18.01.2006 – VIII ZR 71/05 –)

ein Anspruch auf Rückgabe bzw. Freigabe der Sicherheit zu.

Fällig wird der Anspruch des Mieters auf Freigabe bzw. Rückgabe der Mietsicherheit allerdings erst dann, wenn

  • auch das Sicherungsbedürfnis entfallen ist,

mithin zu dem Zeitpunkt,

  • in dem dem Vermieter keine Forderungen mehr aus dem Mietverhältnis zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen kann (BGH, Urteil vom 24.03.1999 – XII ZR 124/97 –).

Das bedeutet, stehen einem Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses beispielsweise noch berechtigte Betriebskostennachforderungen, die wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 216 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind, aus Abrechnungen für vergangene Jahre als unverjährte Forderungen zu,

  • ist der Anspruch des Mieters auf Freigabe der Kaution nicht fällig,
  • solange sich der Vermieter wegen dieser Forderungen (ihren Bestand vorausgesetzt) noch aus der Sicherheit befriedigen kann.

Sind die Betriebskostennachforderungen aus Jahresabrechnungen allerdings bereits verjährt, ist also die dreijährige (regelmäßige) Verjährungsfrist dieser Ansprüche bereits abgelaufen (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB), ist es, wenn der Mieter die Einrede der Verjährung erhebt, dem Vermieter verwehrt sich wegen dieser bereits verjährten Betriebskostennachforderungen aus der Mietsicherheit zu befriedigen.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 20.07.2016 – VIII ZR 263/14 – hingewiesen.

Wann hat ein Vermieter das Recht die von ihm vermietete Wohnung zu besichtigen?

Sofern ernsthafte Anhaltspunkte für einen Schadenseintritt bestehen und abgesehen davon, spätestens alle 5 Jahre, muss ein Mieter die Besichtigung der Mietwohnung durch den Vermieter dulden.

Das hat das Amtsgerichts (AG) München mit Urteil vom 10.12.2015 – 461 C 19626/15 – entschieden und in einem Fall, in dem,

  • aus einer Mietwohnung über mehr als zwei Wochen unangenehme, nicht definierbare Gerüche ausgetreten waren und die Vermieterin, weil sie Sorge hatte, dass Schimmel, Fäulnis oder gar eine Verwesung Ursache des üblen Geruchs sein könnten, die Wohnung hatte besichtigen wollen und
  • dies vom Mieter abgelehnt worden war,

den Mieter verurteilt, die Besichtigung der Wohnung durch die Vermieterin nach einer Vorankündigung von fünf Werktagen zu dulden.

Nach dieser Entscheidung hat ein Vermieter beispielsweise dann ein Besichtigungsrecht, wenn es in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum zu einem muffigen Geruchsaustritt aus der Mietwohnung gekommen ist, weil dies eine nachhaltige negative Beeinträchtigung der Sachsubstanz durch Schimmelbildung befürchten lässt.

Dass ein Vermieter alle 5 Jahre eine Besichtigung der Mietwohnung verlangen kann, hat das AG damit begründet,

  • dass ein Vermieter nicht auf Dauer von seinem Eigentum und insbesondere der Möglichkeit, den Zustand seines Eigentums zu überprüfen, ausgeschlossen werden könne,
  • nach der allgemeinen Verkehrsanschauung und der allgemeinen Vertragspraxis nach Ablauf von fünf Jahren auch bei bestimmungsgemäßem und vertragsgemäßem Gebrauch eine solche Abnutzung auftreten kann, dass Arbeiten in dem Mietobjekt vorgenommen werden müssen, um eine Substanzschädigung zu vermeiden und
  • durch eine Wohnungsbesichtigung alle fünf Jahre, die vorher angekündigt und schonend vorgenommen werden müsse, ein Mieter auch nicht über Gebühr in seinem Lebensbereich beeinträchtigt werde (Quelle: Pressemitteilung des AG München 45/16 vom 10.06.2016).

Ist auch ein überhöhter Kaltwasserverbrauch des Mieters mit einer Nebenkostenpauschale abgegolten?

Ist in einem Mietvertrag für die Nebenkosten eine Pauschale vereinbart, kann der Vermieter grundsätzlich keine gesonderte Forderung geltend machen, wenn der Kaltwasserverbrauch des Mieters

  • in einem Jahr deutlich höher ist als in den anderen Jahren oder
  • deutlich höher ist als bei den übrigen Mietern.

Nur dann, wenn ein Mieter

  • auf Kosten des Vermieters und nicht mehr gerechtfertigt durch eine übliche Nutzung das Kaltwasser über die Maßen in Anspruch nimmt und
  • er hierbei schuldhaft gehandelt – beispielsweise den Vermieter über einen erkannten Defekt nicht unverzüglich informiert – hat,

steht dem Vermieter ein Schadensersatzanspruch zu.

Das hat das Amtsgerichts (AG) München mit Urteil vom 27.02.2015 – 411 C 17290/14 – in einem Fall entschieden, in dem der überhöhte Kaltwasserverbrauch eines Mieters auf einen defekten Spülkasten in der Toilette der Mietwohnung zurückzuführen war (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 27.05.2016 – 41/16 –).

Darf ein Wohnungsmieter auf dem Balkon der Wohnung eine Parabolantenne installieren?

Das Amtsgericht (AG) München hat mit Urteil vom 22.10.2015 – 412 C 11331/15 – darauf hingewiesen, dass

  • das Aufstellen einer Parabolantenne auf dem Balkon ein zulässiger Mietgebrauch ist, wenn dadurch die Rechte des Vermieters nicht nennenswert beeinträchtigt werden und

in einem Fall,

  • in dem ein Wohnungsmieter auf dem Balkon der im 5. Stock eines Hochhauses gelegenen Wohnung eine Parabolantenne installiert und
  • der Vermieter vom Mieter mit der Begründung, dass er das Breitbandkabelnetz benutzen, über das Internet ausländische Sender empfangen sowie sein Informationsbedürfnis ausreichend über andere Informationsmedien abdecken könne und durch die Parabolantenne das Haus baulich und optisch beeinträchtige werde, die Entfernung der Parabolantenne verlangt hatte,

die Klage des Vermieters abgewiesen, nachdem das AG durch die Inaugenscheinnahme von Fotos festgestellt hatte,

  • dass die Antenne ohne Substanzverletzung nach innen in den Balkon hinein in der Art von Blumenkästen befestigt worden war,
  • die Antennenschüssel in der Fassadenfront nur mit Mühe wahrnehmbar ist und
  • der Gesamteindruck der Fassade durch die Parabolantenne für den Betrachter nur in vernachlässigender Weise gestört wird.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 06.05.2016 – 36/16 – mitgeteilt.