Tag Mindestlohn

Wichtig zu wissen für ausländische Betreuungskräfte und Privathaushalte, die deren Hilfe in Anspruch nehmen (wollen)

Mit Urteil vom 24.06.2021 – 5 AZR 505/20 – hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass von einem ausländischen Arbeitgeber 

  • nach Deutschland in einen Privathaushalt entsandte 

ausländische Betreuungskräfte (auch) Anspruch haben auf den 

  • gesetzlichen Mindestlohn 

für geleistete Arbeitsstunden, zu denen auch

  • Bereitschaftsdienst

gehört, der darin bestehen kann, dass 

  • die Betreuungskraft im Haushalt der zu betreuenden Person wohnen muss und 
  • grundsätzlich verpflichtet ist, zu allen Tag- und Nachtstunden bei Bedarf Arbeit zu leisten.

Der Entscheidung zugrunde liegt ein Fall, in dem 

  • unter Berufung auf das Mindestlohngesetz (MiLoG), 

eine

  • bei einem Unternehmen mit Sitz in Bulgarien 

als Sozialassistentin beschäftigte bulgarische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Bulgarien, von ihrem Arbeitgeber, von dem sie, 

  • auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrags zwischen ihm und einer in Berlin lebenden 90-jährigen zu betreuenden Person, 

nach Berlin entsandt worden war und dort gegen eine Nettovergütung von 950,00 Euro monatlich im Haushalt der 90-Jährigen, 

  • bei der sie auch ein Zimmer bewohnte,

gearbeitet hatte, weitere Vergütung mit der Begründung verlangt, dass zwar

  • in ihrem in bulgarischer Sprache abgefassten Arbeitsvertrag eine Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich vereinbart gewesen sei, wobei Samstag und Sonntag arbeitsfrei sein sollten,

sie tatsächlich aber nicht nur 30 Wochenstunden, sondern,

  • da ihre Aufgabe neben Haushaltstätigkeiten (wie Einkaufen, Kochen, Putzen etc.) eine „Grundversorgung“ (wie Hilfe bei der Hygiene, beim Ankleiden etc.) sowie soziale Aufgaben (z.B. Gesellschaft leisten, Ansprache, gemeinsame Interessenverfolgung) umfassten, 

rund um die Uhr Betreuungsarbeit habe leisten oder zumindest in Bereitschaft habe sein müssen.

Zur Aufklärung, in welchem Umfang die Klägerin 

  • zu vergütende Vollarbeit oder Bereitschaftsdienst leisten musste und 
  • wie viele Stunden Freizeit sie hatte,

ist die Sache vom BAG an das Landesarbeitsgericht (LAG) zurückverwiesen worden (Quelle: Pressemitteilung des BAG).

Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer wissen sollten, wenn der zwischen ihnen geschlossene Arbeitsvertrag

…. eine Verfallklausel ohne jegliche Einschränkung enthält.

Mit Urteil vom 18.09.2018 – 9 AZR 162/18 – hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entschieden, dass eine in einem,

  • nach dem 31.12.2014 geschlossenen

Arbeitsvertrag enthaltene, vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallklausel,

  • die vorsieht, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind,

wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) insgesamt unwirksam ist, weil eine solche Ausschlussklausel – ohne jede Einschränkung –

  • entgegen § 3 Satz 1 Mindestlohngesetz (MiLoG) nicht die Geltendmachung des Anspruchs auf den ab dem 01.01.2015 zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn ausnimmt.

Darauf, dass Ansprüche des Arbeitnehmers,

  • wie beispielsweise der Anspruch auf Urlaubsabgeltung,

wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung innerhalb der Ausschlussfrist verfallen sind, kann sich der Arbeitgeber dann nicht berufen (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 18.09.2018).

Mindestlohngesetz gilt auch für Bereitschaftszeiten

Bereitschaftszeit,

  • d.h. die Zeit an der sich ein Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort – innerhalb oder außerhalb des Betriebs – bereithalten muss,
  • um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen,

muss mindestens mit dem gesetzlichen Mindestlohn vergütet werden.

Das hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 29.06.2016 – 5 AZR 716/15 – entschieden (Quelle: Pressemitteilung Nr. 33/16 vom 29.06.2016).