Tag Perücke

Krankheitsbedingt unter totalem Haarausfall leidende gesetzlich versicherte Frauen sollten wissen, dass sie Anspruch auf

…. Erstattung der Kosten für eine (selbst beschaffte) Echthaarperücke haben können und sich nicht mit einer Kunsthaarperücke zufriedengeben müssen.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.05.2020 – S 7 KR 1830/18 – hat das Sozialgericht (SG) Mannheim im Fall einer, 

  • nach der Behandlung eines diagnostizierten Mammakarzinoms mit einer Chemotherapie,  

an (vorübergehenden) vollständigen Haarausfall leidenden gesetzlich Krankenversicherten, die

  • bei der Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung und des Kostenvoranschlages eines Perückenstudios für eine Echthaarperücke in Höhe von 1.200 Euro die Übernahme der ihr entstehenden Aufwendungen beantragt hatte und

sich, 

  • nachdem ihr, abzüglich des zu tragenden Eigenanteils, lediglich 385 Euro zur Versorgung mit einer Kunsthaarperücke gewährt worden war,

die Echthaarperücke selbst beschafft hatte, entschieden, dass ihr die gesetzliche Krankenkasse die Kosten 

  • für die selbst beschaffte Echthaarperücke 

erstatten muss.

Dass die gesetzliche Krankenversicherung für die Versorgung der Frau mit einer Echthaarperücke leistungspflichtig ist, hat das SG damit begründet, dass bei Frauen 

  • ein krankheitsbedingter (vorübergehender) totaler Haarausfall 

eine Behinderung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) darstellt, da eine krankheitsbedingte Kahlköpfigkeit,

  • zwar nicht zum Verlust oder zur Störung einer motorischen oder geistigen Funktion führt, 

es Frauen aber erschwere oder gar unmöglich mache, sich frei und unbefangen unter den Mitmenschen zu bewegen, weil 

  • eine kahlköpfige Frau naturgemäß ständig alle Blicke auf sich ziehe und sie zum Objekt der Neugier werde, 
  • was in der Regel zur Folge habe, dass sie sich aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückziehen und zu vereinsamen drohen, 

damit ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt sei, nur eine Echthaarperücke eine Qualität aufweise, die den Verlust des natürlichen Haupthaares 

  • für unbefangene Beobachtende 

nicht sogleich erkennen lasse und aufgrund dessen dieses Hilfsmittel

  • erforderlich und 
  • wirtschaftlich sei sowie 
  • das Maß des Notwendigen nicht überschreite (Quelle: Pressemitteilung des SG Mannheim). 

Was unter totalem Haarausfall leidende Frauen wissen sollten

Mit Urteil vom 30.11.2016 (Az. S 9 KR 756/15 und S 9 KR 920/16) hat das Sozialgericht (SG) Koblenz entschieden, dass eine Frau, die unter totalem Haarausfall leidet,

  • jährlich Anspruch auf Versorgung mit einer Echthaarperücke hat,
  • die Krankenkasse die Echthaarperücken bezahlen muss und sich nicht darauf berufen, dass eine Kunsthaarperücke ausreichend sei.

Begründet hat das insoweit sachverständig beratene SG dies damit, dass

  • als Dauerversorgung ein Jahr getragene Echthaarperücken trotz sorgfältiger Pflege nicht mehr geeignet und
  • selbst nach einer Reparatur, die überdies 8-12 Wochen dauere, nur noch eingeschränkt, etwa beim Sport, benutzbar seien.

Damit erteilte des SG der Auffassung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und der Krankenkasse, dass auch eine Echthaarperücke über mehrere Jahre genutzt werden könne und während des Zeitraums einer Reparatur die Haarlosigkeit durch Tragen eines Kopftuchs kaschiert werden müsse, eine Absage (Quelle: Pressemitteilung des SG Koblenz vom 16.12.2016 – 6/2016 –).