Tag Rechtzeitigkeit

Wiederholte verspätete Zahlung der Wohnungsmiete (auch nur um wenige Tage) kann Kündigung rechtfertigen

Darauf hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 17.03.2017 – 7 S 6617/16 – hingewiesen.

Danach soll der Vermieter einer Wohnung das Mietverhältnis nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ordentlich kündigen können, wenn der Mieter,

  • obwohl er von dem Vermieter in mehreren Schreiben auf die Wichtigkeit des rechtzeitigen Mieteingangs hingewiesen worden war,

die Miete nachfolgend weiter wiederholt erst um wenige Tage verspätet bezahlt.

Ein solches Verhalten des Mieters sei, so das LG,

  • als nicht unerhebliche Pflichtverletzung zu bewerten,

weil es zeige, dass

Beachtet in diesem Zusammenhang muss aber (auch),

dass

  • es gemäß § 556b Abs. 1 BGB, der bestimmt, dass die Miete zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der vereinbarten Zeitabschnitte zu entrichten ist, für die Rechtzeitigkeit einer Mietzahlung im Überweisungsverkehr
    • nicht darauf ankommt, dass die Miete bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts auf dem Konto des Vermieters eingegangen ist,
    • sondern es genügt, dass der Mieter – bei ausreichend gedecktem Konto – seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag (§ 675f Abs. 3 Satz 2, § 675n Abs. 1 BGB) für die Überweisung (Zahlungsdienst im Sinne von § 675c Abs. 3 BGB, § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten; Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG) bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts erteilt hat.

Was Mieter und Vermieter wissen sollten, wenn strittig ist ob eine Mietzahlung rechtzeitig erfolgt ist

Gemäß § 556b Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

  • der bestimmt, dass die Miete zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der vereinbarten Zeitabschnitte zu entrichten ist,

kommt es für die Rechtzeitigkeit einer Mietzahlung im Überweisungsverkehr

  • nicht darauf an, dass die Miete bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts auf dem Konto des Vermieters eingegangen ist.
  • Vielmehr genügt es, dass der Mieter – bei ausreichend gedecktem Konto – seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag (§ 675f Abs. 3 Satz 2, § 675n Abs. 1 BGB) für die Überweisung (Zahlungsdienst im Sinne von § 675c Abs. 3 BGB, § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten; Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG) bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts erteilt.

Bestimmt eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Wohnraummietvertrages,

  • „ …. dass es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung der monatlichen Miete im Voraus nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes auf dem Konto des Vermieters ankommt,
  • der Mieter aus mehrfach verspäteter Mietzahlung keine Rechte herleiten,
  • dies vielmehr im Einzelfall ein Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses sein kann ….“

ist diese Klausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam,

  • weil sie bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung das Risiko einer durch Zahlungsdienstleister verursachten Verzögerung des Zahlungsvorgangs entgegen der gesetzlichen Regelung dem Mieter auferlegt.

Das hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 05.10.2016 – VIII ZR 222/15 – entschieden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • nach den Auslegungsregeln der § 269 Abs. 1, § 270 Abs. 1, 4 BGB die Mietschuld, wie andere Geldschulden, im Zweifel am Wohnsitz des Schuldners zu erfüllen ist,
  • gemäß § 270 Abs. 1 BGB der Schuldner grundsätzlich zwar die Verlustgefahr bei Geldleistungen trägt, weil der Schuldner Geld im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln hat,
  • § 270 Abs. 1 BGB aber nicht die Gefahr erfasst, dass sich die Übermittlung des Geldes verzögert, da der Ort der Leistungshandlung nach § 269 Abs. 1, § 270 Abs. 4 BGB der Wohnsitz des Schuldners bleibt,

der Schuldner somit zwar rechtzeitig alles getan haben muss, was seinerseits am Leistungsort erforderlich ist, um den Gläubiger zu befriedigen, der Leistungserfolg – die Gutschrift des Überweisungsbetrages auf dem Empfängerkonto – jedoch nicht mehr zur Leistungshandlung des Schuldners gehört und er demzufolge auch für die Gefahr, dass sich die Übermittlung des Geldes verzögert, nicht einzustehen hat.

Wenn man ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages erhält

Wie lange ist ein Anbietender an ein Angebot gebunden bzw. wann erlischt sein Angebot und kann demzufolge nicht mehr wirksam angenommen werden und wer muss, wenn die Annahme erklärt wird, aber die Rechtzeitigkeit der Annahme streitig ist, beweisen, dass die Annahme des Vertragsangebots rechtzeitig erfolgt ist?

§ 147 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestimmt dazu,

  • dass ein einem Anwesenden oder ein mittels Fernsprechers oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person gemachter Antrag nur sofort (= Abs. 1),
  • während ein einem Abwesenden gemachter Antrag (nur) bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden kann, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (= Abs. 2).

Zu der Frage, bis wann bei einem gegenüber einem Abwesenden abgegebenen Antrag auf Abschluss eines Vertrags der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf,

  • hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 24.02.2016 – XII ZR 5/15 – darauf hingewiesen,

dass diese nach objektiven Maßstäben zu bestimmende Frist im Sinne des § 147 Abs. 2 BGB sich zusammen setzt aus

  • der Zeit für die Übermittlung des Antrages an den Empfänger,
  • dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie
  • der Zeit der Übermittlung der Antwort an den Antragenden und

die Annahmefrist daher schon beginnt

  • mit der Abgabe der Erklärung und
  • nicht erst mit deren Zugang bei dem Empfänger (BGH, Urteile vom 27.09.2013 – V ZR 52/12 – und vom 11.06.2010 – V ZR 85/09 –).

Die Überlegungszeit bestimmt sich vor allem nach der Art des Angebots, wobei nach seinem Inhalt zu beurteilen ist, ob der Antragende die Behandlung des Angebots als eilbedürftig erwarten darf.

  • Zu den regelmäßigen Umständen gehören auch verzögernde Umstände, die der Antragende kannte oder kennen musste (BGH Urteile vom 11.06.2010 – V ZR 85/09 – und vom 19.12.2007 – XII ZR 13/06 –),
  • wobei als solche etwa in Betracht kommen,
    • die Organisationsstruktur großer Unternehmen,
    • die Erfordernisse der internen Willensbildung bei Gesellschaften oder juristischen Personen (BGH, Urteil vom 04.04.2000 – XI ZR 152/99 –) oder
    • auch absehbare Urlaubszeiten (vgl. BGH Urteil vom 04.04.2000 – XI ZR 152/99 –), sofern von einem verzögernden Einfluss auf die Bearbeitungsdauer auszugehen ist.

Geht es beispielsweise

  • um den Abschluss eines Mietvertrages wird der Antragende – selbst bei einem solchen über Gewerberaum mit hoher Miete – regelmäßig binnen zwei bis drei Wochen erwarten können, dass sein in Aussicht genommener Vertragspartner die Annahme des Angebots erklärt (vgl. etwa Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg Urteil vom 14.02.2008 – 8 U 165/07 –),
  • während bei anderen Vertragsarten und selbst bei finanzierten Bauträgerverträgen oder dem finanzierten Kauf einer Eigentumswohnung, dessen Abschluss eine Bonitätsprüfung vorausgeht, die Annahmefrist in der Regel vier Wochen betragen wird (BGH, Urteile vom 11.06.2010 – V ZR 85/09 – und vom 27.09.2013 – V ZR 52/12 –).

Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Annahme

  • hat grundsätzlich der, der den Vertragsschluss behauptet und daraus Rechtsfolgen ableitet.
    Er hat das Zustandekommen des Vertrags und damit auch die Rechtzeitigkeit der Annahme zu beweisen.
  • Den anderen Vertragspartner kann insoweit allenfalls eine sekundäre Darlegungslast treffen.
    Beruft sich der das Vertragsangebot Annehmende darauf, dass der Vertrag wirksam sei, hat er mithin darzulegen und zu beweisen, dass seine unter Abwesenden erfolgte Annahmeerklärung rechtzeitig im Sinne des § 147 Abs. 2 BGB zugegangen ist.

An dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ändert auch die Umkehr der prozessualen Parteirollen nichts, die mit einer negativen Feststellungsklage verbunden ist (BGH, Beschluss vom 22.01.2013 – XI ZR 471/11 –).

Etwas anderes gilt nur im Sonderfall der ungerechtfertigten Bereicherung. Da hat der Bereicherungsgläubiger die Anspruchsvoraussetzung des Fehlens eines rechtlichen Grundes und damit gegebenenfalls auch die Unwirksamkeit des Vertrags mangels rechtzeitiger Annahmeerklärung zu beweisen (BGH, Urteil vom 11.06.2010 – V ZR 85/09 –).

Übrigens:
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die einen Kunden an sein Angebot wesentlich über den in § 147 Abs. 2 BGB bestimmten Zeitraum hinaus, also beispielsweise für sechs Wochen, binden, sind mit § 308 Nr. 1 BGB unvereinbar und demzufolge in der Regel unwirksam (vgl. BGH, Urteile vom 17.01.2014 – V ZR 5/12 – und vom 26.02.2016 – V ZR 208/14 –).
Nur dann, wenn der Klauselverwender für die längere Bindungswirkung ein schutzwürdiges Interesse geltend machen kann, hinter welchem das Interesse des Kunden an dem baldigen Wegfall seiner Bindung zurück stehen muss, ist eine solche Klausel nicht unangemessen (BGH, Urteile vom 11.06.2010 – V ZR 85/09 –; vom 27.09.2013 – V ZR 52/12 – und vom 17.01.2014 – V ZR 5/12 –).