Tag Rennen

Kann man sich bei (zu) schnellem Fahren mit nur einem Kraftfahrzeug allein wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens

…. strafbar machen?   

Man kann, sofern 

  • bei dem zu schnellen Fahren bestimmte Verhaltensweisen feststellbar sind und 
  • mit dem zu schnellen Fahren bestimmte Absichten verfolgt werden. 

Wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens nach § 315d Strafgesetzbuch (StGB) macht sich nämlich nicht nur strafbar, wer im Straßenverkehr 

  • ein nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen ausrichtet oder durchführt (§ 315d Abs. 1 Nr. 1 StGB) und
  • als Kraftfahrzeugführer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen teilnimmt (§ 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB)

sondern nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB auch, wer im Straßenverkehr sich als Kraftfahrzeugführer

  • mit nicht angepasster Geschwindigkeit und 
  • grob verkehrswidrig und 
  • rücksichtslos 

fortbewegt, 

  • um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen.

Die Tatbestandsalternative des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB soll

  • neben den Rennen mit mehreren Kraftfahrzeugen 

auch Fälle des schnellen Fahrens mit nur einem einzigen Kraftfahrzeug strafrechtlich erfassen, die über den 

  • Kreis alltäglich vorkommender, wenn auch erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitungen 

hinausragen, weil der Fahrer mit einem Kraftfahrzeug 

  • in objektiver und subjektiver Hinsicht 

ein Kraftfahrzeugrennen nachstellt.

Voraussetzung für die Verwirklichung dieser Tatbestandsalternative ist, 

  • ein schnelleres Fahren als dies nach § 3 Abs. 1 Straßen-Verkehrsordnung (StVO) geboten ist oder 
  • ein Überschreiten der in § 3 Abs. 3 StVO geregelten allgemeinen Höchstgeschwindigkeit,

dass sich das Fahren mit einer solchen nicht angepassten Geschwindigkeit darstellt sowohl als grob verkehrswidrig, 

  • was sich ergeben kann, 
    • schon aus der besonderen Massivität des Geschwindigkeitsverstoßes oder 
    • aus begleitenden anderweitigen Verkehrsverstößen, die in einem inneren Zusammenhang mit der nicht angepassten Geschwindigkeit stehen

als auch als rücksichtslos,

  • beispielsweise durch das aus eigensüchtigen Motiven bewusste Hinwegsetzen über die berechtigten Belange anderer Verkehrsteilnehmer  

und dass die 

  • grob verkehrswidrige und rücksichtslose, mit nicht angepasster Geschwindigkeit, unternommene 

Fahrt von der Absicht getragen wird, nach den Vorstellungen des Fahrers, 

  • über eine unter Verkehrssicherheitsgesichtspunkten nicht ganz unerhebliche Wegstrecke, 
  • die unter den konkreten situativen Gegebenheiten – wie Motorisierung, Verkehrslage, Streckenverlauf, Witterungs- und Sichtverhältnisse etc. – maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen, durch Beschleunigung des Fahrzeugs bis zur relativen Grenzgeschwindigkeit. 

Für die Absicht des Fahrers, 

  • nach seinen Vorstellungen auf einer nicht ganz unerheblichen Wegstrecke die nach den situativen Gegebenheiten maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen, 

reicht es aus, dass er 

  • das Erreichen der situativen Grenzgeschwindigkeit 

als aus seiner Sicht 

  • notwendiges Zwischenziel 

anstrebt, um ein 

  • weiteres Handlungsziel,

zu erreichen.

Somit werden von der Strafvorschrift des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB auch 

  • sogenannte Polizeifluchtfälle 

erfasst, wenn festgestellt werden kann, dass es dem Fahrzeugführer darauf ankam,    

  • als notwendiges Zwischenziel für eine erfolgreiche Flucht 

über 

  • eine nicht ganz unerhebliche Wegstrecke 

die gefahrene Geschwindigkeit 

  • bis zur Grenze der situativ möglichen Höchstgeschwindigkeit 

zu steigern (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 17.02.2021– 4 StR 225/20 –). 

Verursachen sechs oder sieben Jahre alte Kinder beim Fahrradfahren auf der Straße Schäden an geparkten Autos haften nicht immer die Eltern

…. wegen Verletzung der Aufsichtspflicht.

Mit Beschluss vom 07.02.2018 – 13 S 2/18 – hat das Landgericht (LG) Koblenz darauf hingewiesen, dass, wenn beispielsweise Kinder im Alter von sechs und sieben Jahren,

  • während sie allein mit ihren Fahrrädern unterwegs zu einem nahegelegenen Spielplatz sind,
  • nicht den Gehweg benutzen,
  • sondern spontan auf der dorthin führenden, wenig befahrenen Straße

ein Wettrennen veranstalten und dabei geparkte Autos touchieren, die Eltern der Kinder dann nicht wegen Verletzung der Aufsichtspflicht für die Schäden an den Autos haften, wenn

  • den Kindern der Weg zum Spielplatz bekannt war,
  • sie (im Rahmen der Verkehrserziehung in Kindergarten und Schule) über die richtigen Verhaltensweisen im Straßenverkehr aufgeklärt und
  • in regelmäßigen Abständen auch von den Eltern beobachtet worden sind.

Dass in einem solchen Fall den Eltern keine Aufsichtspflichtverletzung vorgeworfen werden könne, hat das LG damit begründet, dass neben dem Maß der gebotenen Aufsicht, das sich bei Minderjährigen u.a. richte

  • nach deren Alter,
  • Eigenart und Charakter des Kindes,
  • seinem örtlichen Umfeld,
  • dem Ausmaß der drohenden Gefahren,
  • der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens sowie
  • der Zumutbarkeit für den Aufsichtspflichtigen,

auch zu berücksichtigen sei,

  • dass Kinder erfahrungsgemäß dazu neigen, Vorschriften und Anordnungen zu missachten sowie sich unbesonnen zu verhalten,
  • andererseits das Ziel bestehe, sie zu selbständigem und selbstverantwortlichem Handeln zu erziehen

und die Schäden letztlich auf dem eigenmächtigen Entschluss der Kinder beruhten, ein „verkehrswidriges“ Wettrennen zu veranstalten (Quelle: Pressemitteilung des LG Koblenz).

Kammergericht Berlin entscheidet wann (bereits) ein verbotenes Rennen mit Kraftfahrzeugen vorliegt

Mit Beschluss vom 07.06.2017 – 3 Ws (B) 117-118/17 – hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Kammergerichts (KG) Berlin darauf hingewiesen, dass

  • ein nach § 29 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verbotenes Rennen mit Kraftfahrzeugen

bereits dann vorliegt, wenn Kraftfahrzeugführer

  • auf kurzer Strecke das Beschleunigungspotential ihrer Gefährte vergleichen,
  • um das schneller beschleunigende zu ermitteln.

Dass dabei „absolute“ Höchstgeschwindigkeiten erzielt werden ist nicht erforderlich.
Ebenso wenig muss ein solches Rennen organisiert sein. Vielmehr kann es auch „wild“ stattfinden.

Für einen Verstoß gegen § 29 Abs. 1 StVO reicht es danach aus, dass Kraftfahrzeugführer,

  • wenn sie sich auf einer Straße nebeneinander auf einer Linie befinden oder
  • nachdem sie sich an einer Ampel in einer „Startaufstellung“ nebeneinander aufgereiht haben,

hörbar Vollgas geben, mit aufheulendem Motor und durchdrehenden Reifen losfahren und

  • sobald sich ein Fahrzeug abgesetzt hat,
  • also auf diese Weise das schneller beschleunigende Fahrzeug ermittelt ist,

Gas wieder wegnehmen.