Tag Schusswaffe

Was, wer in eine Notwehrlage gerät, wissen sollte

Wer eine 

  • durch Notwehr 

gemäß § 32 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) gebotene Tat begeht, handelt 

  • nicht rechtswidrig (§ 32 Abs. 1 StGB).

Das bedeutet, besteht eine Notwehrlage, weil 

  • nach objektiver Sachlage

ein gegenwärtiger rechtswidrigen Angriff auf eine Person vorliegt, d.h. ein rechtswidriger Angriff auf eine Person 

ist man,

  • zur Verteidigung bzw. Abwendung des Angriffs,

grundsätzlich berechtigt, das 

  • Abwehrmittel

zu wählen, das unter Berücksichtigung  

  • der Stärke und der Gefährlichkeit des Angreifers und 
  • der Verteidigungsmöglichkeiten des Angegriffenen, 

erforderlich und geboten ist, um eine

  • endgültige

Beseitigung der Gefahr zu gewährleisten (vgl. BGH, Beschluss vom 13.09.2018 – 5 StR 421/18 – sowie BGH, Beschluss vom 21.07.2015 – 3 StR 84/15 – zu den Grenzen des Notwehrrechts bei Einsatz einer Schusswaffe).

  • Der zur Notwehr bzw. Nothilfe Berechtigte muss sich dabei mit der Anwendung weniger gefährlicher, aber in der Abwehrwirkung zweifelhafter, Verteidigungsmittel nicht begnügen, 
  • auch auf Risiken braucht er sich nicht einzulassen und
  • nur dann, wenn mehrere wirksame Mittel zur Verteidigung zur Verfügung stehen und ihm genügend Zeit zur Wahl des Mittels sowie zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht, hat der Verteidigende dasjenige Mittel zu wählen, das für den Angreifer am wenigsten gefährlich ist (BGH, Beschluss vom 17.04.2019 – 2 StR 363/18 –). 

Eine Einschränkung erfährt das Notwehrrecht dann, wenn 

  • der Verteidiger gegenüber dem Angreifer 

ein pflichtwidriges Vorverhalten an den Tag gelegt hat, das 

  • bei vernünftiger Würdigung aller Umstände des Einzelfalls 

den folgenden Angriff als eine 

  • adäquate und 
  • voraussehbare

Folge der Pflichtverletzung des Angegriffenen erscheinen lässt.

  • In einem solchen Fall muss der Verteidiger 
    • dem Angriff unter Umständen auszuweichen versuchen und 
    • darf zur lebensgefährlichen Trutzwehr nur übergehen, wenn andere Abwehrmöglichkeiten erschöpft oder mit Sicherheit aussichtslos sind.

Darüber hinaus vermag ein 

  • sozial-ethisch zu missbilligendes 

Vorverhalten das Notwehrrecht nur einzuschränken, wenn 

  • zwischen diesem und dem rechtswidrigen Angriff ein enger zeitlicher und räumlicher Ursachenzusammenhang besteht und 
  • es nach Kenntnis des Täters auch geeignet ist, einen Angriff zu provozieren.

Das Notwehrrecht ist 

  • aber auch in diesen Fällen 

nur eingeschränkt, d.h. 

  • ein vollständiger Ausschluss oder 
  • eine zeitlich unbegrenzte Ausdehnung der Beschränkung des Notwehrrechts 

ist damit nicht verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom 19.08.2020 – 1 StR 248/20 –).

Übrigens:
Bei einer Überschreitung der Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken bleibt man straflos (§ 33 StGB).

Irrt man sich über das Vorliegen eines Angriffs oder die Erforderlichkeit der Verteidigung liegt ein 

  • Erlaubnistatbestandsirrtum

vor, mit der Rechtsfolge, dass 

Dass Unwissenheit nicht (sondern nur ausnahmsweise) vor Strafe schützt

…. zeigt ein Urteil des Amtsgerichts (AG) München vom 18.07.2017 – 1120 Cs 117 Js 147604/17 – mit dem ein 63-jähriger schwerbehinderter Rentner

  • wegen vorsätzlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe

zu einer Geldstrafe von 1600 Euro (80 Tagessätze zu je 20 Euro) verurteilt worden ist.

Der angeklagte Rentner, der nicht im Besitz eines Waffenscheins war und in einer Gaststätte eine Schreckschusspistole Walter P22 und sechs Kartuschen Munition mit dabei hatte, hatte sich damit verteidigt, dass er

  • die Gaspistole, nachdem bei ihm vor ca. 8 Monaten eingebrochen worden sei, im Internet bestellt und

nicht gewusst habe, dass er diese nicht mit sich führen darf.

Das AG wies ihn darauf hin, dass es sich dabei um einen ihn nicht entschuldigenden vermeidbaren Verbotsirrtum gemäß § 17 Strafgesetzbuch (StGB) handle, da er

Nach § 17 Satz 1 StGB handelt ein Täter nämlich nur dann ohne Schuld, wenn

  • ihm bei Begehung der Tat die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun und
  • er den Irrtum nicht vermeiden konnte.