Tag Selbstvornahme

Was Besteller eines Werkes wissen sollten, wenn sie vor der Abnahme Mängelrechte gelten machen möchten

Ist zwischen einem Besteller und einem Unternehmer ein Werkvertrag nach § 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geschlossen worden und will der Besteller, weil das Werk mangelhaft ist,

  • nach § 637 BGB den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
  • nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 BGB von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 BGB die Vergütung mindern und
  • nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a BGB Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen,

kann er diese Mängelrechte aus § 634 Nr. 2 bis 4 BGB

  • grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks (unter Vorbehalt seiner Rechte wegen des Mangels gemäß § 640 Abs. 3 BGB) mit Erfolg geltend machen.

Ohne (vorherige) Abnahme ist der Besteller zur Geltendmachung der Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB nur berechtigt, wenn

  • er nicht mehr die (Nach-)Erfüllung des Vertrags verlangen kann und
  • das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist,

wofür allein

  • das Verlangen eines Vorschusses für die Beseitigung eines Mangels im Wege der Selbstvornahme und/oder
  • die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers (auch aufgrund eines Eigeninsolvenzantrags des Unternehmers)

nicht genügt.

Vielmehr muss,

  • damit ausnahmsweise vor der Abnahme ein Abrechnungsverhältnis entsteht und
  • vom Besteller Mängelrechte, wie beispielsweise der Anspruch auf Vorschuss zur Mängelbeseitigung nach § 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB geltend gemacht werden können,

das Vertragsverhältnis

  • von einer Vertragspartei durch Kündigung (wobei ein Eigeninsolvenzantrag des Unternehmers einen wichtigen Grund zur Kündigung durch den Besteller darstellen kann) beendet
  • oder vom Besteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck gebracht worden sein,
    • dass er unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer, der ihm das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat, zusammenarbeiten wolle,
    • er also ernsthaft und endgültig eine (Nach-)Erfüllung durch ihn, selbst für den Fall, dass die Selbstvornahme nicht zu einer mangelfreien Herstellung des Werks führt, ablehne.

Darauf hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 09.11.2017 – VII ZR 116/15 – hingewiesen.

Wichtig zu wissen für Bauherrn, die sich, wenn sich an einem in ihrem Auftrag errichteten Bauvorhaben nach der Abnahme Mängel zeigen

…. dafür entscheiden,

  • das mangelhafte Werk zu behalten und

Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 634 Nr. 4, 280, 281 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend zu machen (kleiner Schadensersatz),

  • der dann an die Stelle des Anspruchs auf Leistung (Nacherfüllung) tritt und diesen ersetzt.

Lässt der Besteller in diesem Fall

  • den Mangel nicht im Wege der Selbstvornahme beseitigen,

kann er von dem Unternehmer als Schaden ersetzt verlangen, entweder,

  • die im Wege einer Vermögensbilanz ermittelte Differenz zwischen
    • dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und
    • dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel

oder,

  • den, ausgehend von der für das Werk vereinbarten Vergütung, geschätzten Minderwert des Werks wegen des (nicht beseitigten) Mangels

oder,

  • wenn das Werk, ohne vorherige Mängelbeseitigung veräußert wurde, den konkreten Mindererlös (ermittelt anhand der Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache).

Lässt der Besteller

  • die Mängelbeseitigung im Wege der Selbstvornahme durchführen,

kann er von dem Unternehmer verlangen,

sowie

  • vor Begleichung dieser Kosten Befreiung von den zur Mängelbeseitigung eingegangenen Verbindlichkeiten.

Darüber hinaus hat der Besteller, der Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes gemäß §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB verlangt hat,

  • wenn er den Mangel im Wege der Selbstvornahme beseitigen will,

grundsätzlich weiterhin das Recht,

  • Vorschuss gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 BGB zu fordern.

Darauf und

  • dass, wenn die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B) vereinbart sind, nichts anderes gilt (vgl. § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B),

hat der VII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 22.02.2018 – VII ZR 46/17 – hingewiesen.