Tag Totenfürsorge

Beisetzung eines Verstorbenen – Wer bestimmt wie und wo?

Das Recht, Ort sowie Art und Weise der Bestattung des Leichnams eines Verstorbenen zu bestimmen steht

  • nicht dem Erben zu,

sondern

Bestimmen wer die Totenfürsorge nach seinem Ableben innehaben soll kann Jedermann zu Lebzeiten.

Ist vom Verstorbenen zu Lebzeiten eine Aussage dazu, welche Person nach seinem Ableben totenfürsorgeberechtigt sein soll, nicht getroffen worden,

  • sind nach Gewohnheitsrecht
  • die nächsten Angehörigen berechtigt, und zwar
    • zunächst der Ehegatte,
    • dann die Kinder usw.

Der überlebende Ehegatte schließt aufgrund gewohnheitsrechtlicher Grundsätze folglich also die Kinder von der Ausübung des Totenfürsorgerechts aus.

Der nachrangige Totenfürsorgeberechtigte kann allerdings,

  • wenn ihm nicht bekannt ist, wo der Verstorbene seine letzte Ruhe gefunden hat,

von dem (vorrangigen) Totenfürsorgeberechtigten Auskunft darüber verlangen und zwar schon deshalb,

  • weil er in der Lage sein muss, das Totenfürsorgerecht auszuüben, wenn der vorrangige Totenfürsorgeberechtigte verstirbt oder sonst ausscheidet.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Krefeld mit Urteil vom 24.06.2017 – 2 C 1/16 – hingewiesen.

Übrigens:
Wie und wo man einmal bestattet werden will, kann von Jedermann ebenfalls zu Lebzeiten bestimmt werden.
Hat der Verstorbene seinen diesbezüglichen Willen nicht erklärt, hat sich der Inhaber des Totenfürsorgerechts im Rahmen des mutmaßlichen Willens des Verstorbenen zu bewegen, wobei ihm innerhalb dieses Rahmens aber, weil andernfalls die Umsetzung der Totenfürsorge nicht praktikabel sein würde, ein erheblicher Ermessens- und Beurteilungsspielraum zusteht (AG München, Urteil vom 11.06.2016 – 171 C 12772/15 –).

Was Totenfürsorgeberechtigte, die einen Verstorbenen umbetten lassen wollen, wissen sollten

Eine Totenfürsorgeberechtigte die,

  • um sich nach ihrem Umzug von Ansbach nach Thüringen besser um das Grab ihrer verstorbenen und feuerbestatteten Mutter kümmern zu können,

die Urne mit deren Asche vom Friedhof in Ansbach auf den Friedhof ihres neuen Wohnortes umbetten lassen wollte,

  • darf die Umbettung nicht vornehmen lassen.

Der Träger des Ansbacher Friedhofs, dessen Erlaubnis für die Umbettung erforderlich gewesen wäre, lehnte die beantragte Umbettung mit der Begründung ab,

  • dass die auf dem Friedhof, auf dem die Verstorbene beigesetzt worden war, geltende Ruhezeit von 10 Jahren noch nicht abgelaufen war und

die dagegen erhobene Klage der Totenfürsorgeberechtigten auf Erteilung der Genehmigung für die Umbettung

  • ist von der 4. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts (VG) Ansbach am 03.08.2016 – AN 4 K 16.00882 – abgewiesen worden.

Das VG begründete seine Entscheidung damit, dass, auch wenn das Totenfürsorgerecht der Tochter durch ihren Umzug in eine ca. 270 km entfernte Stadt in Thüringen stark eingeschränkt werde, dies eine Urnenumbettung vor Ablauf der Ruhezeit nicht rechtfertige, weil,

  • jedenfalls dann, wenn ein Verstorbener zu Lebzeiten kein klares und nachgewiesenes Einverständnis mit einer späteren Umbettung bzw. einer Überführung seiner sterblichen Überreste erklärt habe,
  • dem Schutz der Totenruhe – der als Ausfluss der Menschenwürde Verfassungsrang genieße und dem allgemeinen Sittlichkeit- und Pietätsempfinden entspreche – Vorrang einzuräumen sei, vor dem Bedürfnis der Angehörigen im Hinblick auf die Totenfürsorge (Quelle: Pressemitteilung des VG Ansbach vom 25.08.2016).

Was man wissen sollte wenn es um die Bestattung von verstorbenen Angehörigen geht

Das Recht der Totenfürsorge, das u.a. Art und Ort der Bestattung des Leichnams des Verstorbenen umfasst, ist gesetzlich nicht geregelt und von der Rechtsprechung den nächsten Angehörigen des Verstorbenen übertragen.

  • Erklären wo und wie man einmal bestattet werden will sowie das Totenfürsorgerecht einer bestimmten Person übertragen, kann allerdings Jedermann schon zu Lebzeiten.

Denn einem Menschen ist es grundsätzlich gestattet über den Verbleib und die weitere Behandlung oder Verwendung seiner sterblichen Überreste selbst zu bestimmen.

  • Hat der Verstorbene seinen diesbezüglichen Willen nicht erklärt, hat sich der Inhaber des Totenfürsorgerechts im Rahmen des mutmaßlichen Willens des Verstorbenen zu bewegen, wobei ihm innerhalb dieses Rahmens aber, weil andernfalls die Umsetzung der Totenfürsorge nicht praktikabel sein würde, ein erheblicher Ermessens- und Beurteilungsspielraum zusteht.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 11.06.2016 – 171 C 12772/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem die aus der Türkei stammende Witwe des kinderlosen, ohne Hinterlassung eines Testaments Verstorbenen diesen in ihrem Heimatort in der Türkei und
  • die Mutter des Verstorbenen ihn im Familiengrab in Deutschland beisetzen lassen wollte,

der Witwe Recht gegeben und entschieden,

  • dass diese den Leichnam des Verstorbenen in die Türke überführen und dort beerdigen kann.

Begründet hat das AG dies damit, dass die Beweisaufnahme, in der es darum gegangen sei den diesbezüglichen erklärten oder mutmaßlichen Willen des Verstorbenen zu ergründen, ergeben habe, dass das Vorhaben der Witwe,

  • die hier die Totenausübungsberechtigte sei,
  • nicht dem mutmaßlichen Willens des Verstorbenen widerspreche, sondern sich im Rahmen von dessen mutmaßlichen Willen bewege.

Dass, so das AG weiter, die Entscheidung für die Mutter eine nur schwer zu ertragende Härte mit sich bringe, weil es ihr – wenn überhaupt – nur unter erschwerten Bedingungen möglich sein wird, die Grabstelle ihres Sohnes zu besuchen oder an der Beerdigung selbst teilzunehmen, sei bedauerlich, aber für die Entscheidungsfindung unerheblich (Quelle: Pressemitteilung 65/16 des AG München vom 12.08.2016).

Tipp:
Zu Lebzeiten schon zu regeln, wo und wie (Erd- oder Feuerbestattung) man einmal beigesetzt werden möchte, kann Streit unter den nächsten Angehörigen vermeiden.

Staat ist zur ordnungsgemäßen Gewährleistung des Rechts auf Totenfürsorge verpflichtet

Totenfürsorgeberechtigten kann ein Geldentschädigungsanspruch zustehen, wenn der Staat schuldhaft das Recht auf Totenfürsorge verletzt.
Die durch Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte unantastbare Würde des Menschen wirkt über dessen Tod hinaus und gebietet eine würdige Bestattung sowie den Schutz der Totenruhe.

  • Zu einer würdigen Totenbestattung gehört in erster Linie, den etwaigen Wünschen des Verstorbenen zu Art und Ort seiner Bestattung – auch hinsichtlich weiterer Einzelheiten wie letzter Bekleidung, dem Sarg und der Gestaltung der Trauerfeier – nach Möglichkeit Rechnung zu tragen und
  • das Recht zur Totenfürsorge, das Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG ist und
    • das, sofern der Verstorbene damit zu seinen Lebzeiten keinen anderen Dritten durch eine entsprechende Vollmacht betraut hat und auch kein anderer Wille von ihm erkennbar ist, seinen nächsten Angehörigen (Ehepartner, volljährige Kinder, Eltern, Großeltern, Geschwister, Enkel) zusteht,
    • umfasst die Bestimmung über den Leichnam, die Art der Bestattung sowie die Wahl der Ruhestätte und somit auch das Recht, den Verstorbenen selbst zu bestatten.

Das Recht des Verstorbenen auf eine würdige Bestattung wirkt darüber hinaus auf die Verfahrensgestaltung der nach den jeweiligen Bestattungsgesetzen der Länder zuständigen Behörde ein (Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster, Urteil vom 29.04.2008 – 19 A 3665/06 –).
Diese trifft die Amtspflicht im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB zur ordnungsgemäßen Gewährleistung des Rechts auf Totenfürsorge alle im Einzelfall möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um etwaige Totenfürsorgeberechtigte zu ermitteln und ihnen dessen Bestattung zu ermöglichen.

Die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht und damit des Rechts auf Totenfürsorge

  • kann Geldentschädigungsansprüche wegen immaterieller Beeinträchtigungen der totenfürsorgeberechtigten Angehörigen begründen,

sofern

  • die verletzte Amtspflicht zur ordnungsgemäßen Ermittlung gegenüber dem Anspruchsteller bestand und
  • es sich um einen schwerwiegenden amtspflichtwidrigen Eingriff in das Recht auf Totenfürsorge gehandelt hat, was
    • nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist,
    • wobei insbesondere die Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen sind (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 06.12.2005 – VI ZR 265/04 –).

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin mit Urteil vom 05.04.2016 – 9 U 41/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem die Klägerin, weil deren Bruder nach seinem Tod auf Veranlassung des Gesundheitsamtes des beklagten Landes beigesetzt worden war, ohne dass sie, als nächste Angehörige etwas davon erfuhr, eine Geldentschädigung wegen Verletzung ihres Rechts auf Totenfürsorge verlangt hatte.