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AG München entscheidet: Reisegepäckversicherung muss nicht zahlen, wenn das Gepäck von einem Transportfahrzeug

…. überrollt und dadurch beschädigt wird.

Mit Urteil vom 05.10.2018 – 111 C 12296/18 – hat das Amtsgericht (AG) München entschieden, dass, wenn nach den Bedingungen eines Reisegepäckversicherungsvertrages mitgeführtes Reisegepäck während der Reise versichert ist

  • gegen Abhandenkommen

oder

  • Beschädigung durch
    • Straftat eines Dritten,
    • Unfall des Transportmittels,
    • Feuer- oder Elementarereignisse

kein Versicherungsfall vorliegt, wenn

  • Reisegepäck im Rahmen des Transfers vom Hotel zum Flughafen vor der Hoteleinfahrt am Boden stehendes Reisegepäck vom Fahrer des Transportfahrzeugs versehentlich mit einem Vorderreifen überrollt und
  • dabei beschädigt wird.

Begründet hat das AG dies damit, dass in einem solchen Fall, da

  • eine fahrlässig begangene Sachbeschädigung nicht strafbar ist

und auch, unabhängig von der Frage, ob das noch am Boden stehende Gepäck überhaupt schon transportiert wurde,

  • allein eine Einwirkung durch das Transportmittel auf das Gepäck erfolgt sei und
  • keine plötzliche Einwirkung von außen mit mechanischer Gewalt auf das Transportmittel, wodurch erst das Gepäck beschädigt worden sei,

so dass

  • weder eine Straftat eines Dritten,
  • noch ein Unfall des Transportmittels

vorliege (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 14.06.2019).

Wichtig für Reisende zu wissen: Welche Pflichten hat ein Reiseveranstalter und wann liegt ein Reisemangel vor?

Nach § 651c Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.

  • Ein Reisemangel liegt daher vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Reiseleistungen von derjenigen abweicht, welche die Parteien bei Vertragsschluss vereinbart oder gemeinsam, auch stillschweigend, vorausgesetzt haben, und dadurch der Nutzen der Reise für den Reisenden beeinträchtigt wird.

Der Reiseveranstalter trägt unabhängig von der Ursache des Fehlers grundsätzlich die Gefahr des Gelingens der Reise und hat auch ohne Verschulden für den Erfolg und die Fehlerfreiheit der Gesamtheit der Reiseleistungen einzustehen (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 12.06.2007 – X ZR 87/06 –).

  • Fällt bereits die erste Reiseleistung aus und wird damit die gesamte Reise vereitelt, verliert der Reiseveranstalter seinen Vergütungsanspruch insgesamt und
  • muss der Reiseveranstalter dem Reisenden den Reisepreis gemäß § 651d Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 638 Abs. 4 BGB erstatten.

Ein solcher Fall liegt beispielsweise vor, wenn

  • zu einer gebuchten Pauschalreise auch der Transfer vom Flughafen zum Hotel gehört und
  • der Reisende auf dem Transfer bei einem Verkehrsunfall so schwer verletzt wird, dass er keine weiteren Reiseleistungen (mehr) in Anspruch nehmen kann.

Denn wenn eine Transferleistung Reisebestandteil ist, schuldet der Reiseveranstalter

  • nicht nur die Bereitstellung eines zum Transport des Reisenden wie seines Gepäcks geeignetes verkehrssicheres Fahrzeug und zu dessen Führung ausgebildetes und geeignetes Personal,
  • sondern auch, dass die Transferleistung so erbracht wird, dass hierdurch die körperliche Unversehrtheit des Reisenden nicht beeinträchtigt wird.

Der Reiseveranstalter trägt also das Risiko, den vereinbarten Reisepreis nicht zu erhalten, auch dann, wenn der Reiseerfolg durch Umstände vereitelt wird,

  • die weder ihm
  • noch dem Reisenden zugerechnet werden können.

Nicht haftet der Reiseveranstalter allerdings für Schäden, die

Demzufolge hat ein Reisender in Fällen, in denen

  • kein Zurechnungszusammenhang zu einer Pflichtverletzung des Reiseveranstalters oder
  • sonst zu einem haftungsbegründenden Ereignis besteht,

die Risiken einer Unternehmung hinzunehmen, die dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt,

  • wie es sich beispielsweise verhält, wenn der Reisende außerhalb der Inanspruchnahme von Reiseleistungen am Urlaubsort verunglückt, erkrankt oder Opfer einer Straftat wird oder sonst aus persönlichen Gründen die weiteren Reiseleistungen nicht mehr in Anspruch nehmen kann.

Das hat der X. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 06.12.2016 – X ZR 117/15 – entschieden.

Was Reisende, die eine Pauschalreise mit Transfer zum Hotel gebucht haben, wissen sollten

Ist im Reisepreis einer gebuchten Pauschalreise der Transfer vom Flughafen zum Hotel inbegriffen

  • muss der Reiseveranstalter dem Reisenden den Reisepreis erstatten,

wenn

  • es beim Transfer zum Hotel zu einem Verkehrsunfall kommt, der Reisende dabei verletzt wird und
  • deswegen die weiteren Reiseleistungen nicht in Anspruch nehmen kann.

Das hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in zwei Verfahren mit Urteilen vom 06.12.2016 – X ZR 117/15 – und – X ZR 118/15 – entschieden.

Danach ist in Fällen, in denen es dem Reiseveranstalter nicht gelingt, die Reisenden unversehrt zu dem gebuchten Hotel zu bringen und sie deswegen auch die weiteren Reiseleistungen nicht in Anspruch nehmen können,

  • die Reiseleistung insgesamt mangelhaft (§§ 651c Abs. 1, 651d Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) und
  • muss vom Reiseveranstalter der Reisepreis auch dann erstattet werden, wenn er schuldlos an dem Unfall ist, weil er die Preisgefahr (d.h. das Risiko, den vereinbarten Reisepreis nicht zu erhalten) auch dann trägt, wenn der Reiseerfolg durch Umstände vereitelt wird, die weder ihm noch dem Reisenden zugerechnet werden können (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 06.12.2016 – Nr. 223/2016 –).