Tag Verkehrsraum

Auch wenn ein im öffentlichen Verkehrsraum abgestelltes Auto keine Zulassung mehr hat darf die Stadt es nicht stets sofort abschleppen lassen

Darauf hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf mit Beschluss vom 24.11.2017 – 5 A 1467/16 – hingewiesen.

Danach darf eine Stadt ein Fahrzeug, das

  • noch angemeldet und
  • nicht verkehrsbehindernd

auf einer öffentlichen Straße abgestellt ist, aber von Amts wegen still gelegt wurde

  • und bei dem deswegen von Polizeibeamten die Dienstsiegel von den noch vorhandenen Nummernschildern entfernt worden sind sowie
  • zugleich ein Aufkleber mit der Aufforderung angebracht worden ist, es binnen einer bestimmten Frist aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen,

erst dann abschleppen lassen,

  • wenn zunächst erfolglos versucht worden ist den vorrangig verantwortlichen Halter als Adressat einer möglichen Ordnungsverfügung zu ermitteln und ihn zum Entfernen des Fahrzeugs aufzufordern

oder

Was Autofahrer, die ihr Fahrzeug mit einer Videokamera (Dashcam) ausgestattet haben oder ausstatten wollen, wissen sollten und

…. warum es empfehlenswert ist, sich von einem Rechtsanwalt, am besten einem Fachanwalt für Verkehrs- und/oder IT-Recht beraten zu lassen.

Das Amtsgericht (AG) München hat mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 09.08.2017 – 1112 OWi 300 Js 121012/17 – eine Autofahrerin,

  • die ihr Fahrzeug vorne und hinten mit Videokameras ausgestattet hatte,
  • die laufend Videoaufzeichnungen des vor und hinter dem Fahrzeug befindlichen öffentlichen Verkehrsraums fertigten und die Aufzeichnungen speicherten und

die,

  • nachdem ihr geparktes Fahrzeug von einem anderen unbekannten Fahrzeug gestreift und beschädigt worden war,

die Videoaufzeichnungen,

  • auf denen mindestens drei andere Fahrzeuge, die sich vor oder hinter dem Straßenraum ihres geparkten Fahrzeugs zu sehen waren,

der Polizei als Beweismittel vorgelegt hatte,

  • wegen vorsätzlicher unbefugter Erhebung und Verarbeitung und Bereithaltung von personenbezogenen, nicht allgemein zugänglichen, Daten nach § 43 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zu einer Geldbuße verurteilt.

Dass das Verhalten der Autofahrerin den Tatbestand einer vorsätzlichen Ordnungswidrigkeit nach § 43 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BDSG erfüllt, begründete das AG damit, dass bei der vorzunehmenden Interessen- und Güterabwägung in diesem Fall

  • die Verletzung des Rechts der anderen Verkehrsteilnehmer auf informationelle Selbstbestimmung durch das permanente anlasslose Filmen des vor und hinter dem geparkten Fahrzeug befindlichen Straßenraums schwerer wiegt als
  • das Interesse der Geschädigten an der Aufdeckung einer potentiellen Straftat.

Denn, so das AG weiter,

  • abgesehen davon, dass es nicht angehe, dass 80 Millionen Bundesbürger mit Kameras herumlaufen, um irgendwelche Situationen aufnehmen zu können, die eine Straftat aufdecken könnten,
  • sei eine permanente Überwachung jeglichen öffentlich Raumes durch Privatbürger nicht zulässig, da dies in das Recht unbeteiligter Personen in schwerwiegender Weise eingreift, selbst bestimmen zu können, wo und wann man sich aufhält, ohne dass unbeteiligte Personen dies dokumentieren und bei Behörden verwenden würden (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 02.10.2017).