Tag vorgetäuscht

Wohnungsmieter die sich gegen eine erhebliche Abstandszahlung verpflichten, aus ihrer Wohnung auszuziehen, sollten beachten

…. dass sie damit möglicherweise (stillschweigend gleichzeitig) erklären, auf Ansprüche gegen den Vermieter, auch auf solche aus vom Vermieter eventuell vorgetäuschtem Eigenbedarf, zu verzichten.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 29.03.2018 – 432 C 1222/18 – hingewiesen

Danach kann in eine Vereinbarung über die „Aufhebung und Beendigung des Mietverhältnisses“ gegen Zahlung einer erheblichen Abstandssumme,

  • insbesondere wenn der Vermieter darin auf Schönheitsreparaturen verzichtet und
  • sich zur Kautionsrückzahlung binnen einer kurzen Frist verpflichtet,

der Wille der Parteien hineinzulesen sein,

  • damit alle gegenseitigen Ansprüche zu regeln und
  • zur Meidung künftigen Streits auf gegenseitige Ansprüche zu verzichten.

In einem solchen Fall soll nach Auffassung des AG

  • der Mieter seine Zustimmung zu der „Aufhebung und Beendigung des Mietverhältnisses“ selbst dann nicht mehr anfechten und
  • keine Schadensersatzansprüche (mehr) gegen den Vermieter geltend machen können,

wenn

  • sich der Mieter nur im Hinblick auf einen vom Vermieter angekündigten Eigenbedarf auf die Mietvertragsaufhebungsvereinbarung eingelassen hat,
  • dieser Eigenbedarf lediglich vorgetäuscht war und
  • nach dem Auszug des Mieters die nun unvermietete Wohnung von dem Vermieter verkauft worden ist (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 13.04.2018).

Mietern und Vermietern ist deswegen zu empfehlen, sich vor dem Abschluss einer Vereinbarung über die Aufhebung und Beendigung eines Mietverhältnisses von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.

Was Mieter und Vermieter wissen sollten, wenn wegen (Eigen-)Bedarfs gekündigt worden ist und strittig ist ob der Eigenbedarf vorgetäuscht war

Wird einem Mieter vom Vermieter wegen Eigenbedarfs gekündigt,

trifft den Vermieter im Streitfall eine besondere („sekundäre“) Darlegungslast zum nachträglichen Wegfall des Bedarfs.

  • Der Vermieter muss in einem solchen Fall im Prozess substantiiert und plausibel („stimmig“) darlegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Bedarf nachträglich entfallen sein soll.
  • Kommt der Vermieter dieser besonderen Darlegungslast nicht nach, ist
    • die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung, d.h. das Vortäuschen eines nicht bestehenden Bedarfs an der Wohnung,
    • vom Gericht als unstreitig zu behandeln.

Darauf hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 29.03.2017 – VIII ZR 44/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 29.03.2017 – Nr. 42/2017 –).

Was Mieter und Vermieter wissen sollten, wenn strittig ist ob die Eigenbedarfskündigung vorgetäuscht war

Benötigt ein Vermieter von ihm vermietete Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts ist er nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) berechtigt das Mietverhältnis zu kündigen.
Allerdings reicht für eine solche Kündigung wegen Eigenbedarfs eine sogenannte Vorratskündigung,

  • der ein gegenwärtig noch nicht absehbarer Nutzungswunsch der Eigenbedarfsperson zugrunde liegt,

nicht aus.
Vielmehr muss sich (zum Zeitpunkt der Kündigung) der Nutzungswunsch so weit „verdichtet“ haben, dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung besteht.

Setzt ein Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht in die Tat um so liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben gewesen ist.
Nimmt in einem solchen Fall der gekündigte Mieter den Vermieter auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs in Anspruch, muss,

  • weil der Mieter in die für den Eigenbedarf geltend gemachten Tatsachen regelmäßig keinen Einblick hat und
  • ohne nähere Darlegung seitens des Vermieters nicht beurteilen kann, ob dessen Kündigung wegen Eigenbedarfs, die den Mieter zum Auszug veranlasst hat, berechtigt war,

der Vermieter

  • substantiiert und plausibel („stimmig“) darlegen,
  • aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Eigenbedarf (der zum Zeitpunkt der Kündigung und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich bestehen muss) nachträglich entfallen sein soll.

Hierbei sind strenge Anforderungen zu stellen.

  • Erst wenn der Vortrag des Vermieters diesem Maßstab genügt, obliegt dem Mieter der Beweis, dass ein Selbstnutzungswille des Vermieters schon vorher nicht bestand.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 11.10.2016 – VIII ZR 300/15 – hingewiesen.