Tag Wahrheit

Eheleute sollten wissen, dass falsche Angaben im Unterhaltsverfahren zum Verlust des Unterhaltsanspruchs führen kann

Mit Beschluss vom 22.08.2017 – 3 UF 92/17 – hat der 3. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg entschieden, dass ein Ehegatte,

  • der nach der Trennung von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangt und
  • im Unterhaltsverfahren beim Familiengericht eigene Einkünfte verschweigt,

seinen Unterhaltsanspruch verlieren kann und zwar auch dann, wenn

  • seine Einkünfte nur gering sind und
  • er eigentlich einen Unterhaltsanspruch hätte.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hat der Senat einer Ehefrau Trennungsunterhalt versagt,

  • von der im Unterhaltsverfahren beim Familiengericht verschwiegen worden war, dass sie nach der Trennung einen Minijob angenommen hatte,
  • die auf Frage des Gerichts, wovon sie lebe, erklärt hatte, dass Verwandte ihr Geld leihen würden, das sie aber zurückzahlen müsse und

die,

  • nachdem von ihrem Ehemann darauf hingewiesen worden war, dass seine Frau einer Arbeit nachgehe,

ihre Angabe hatte korrigieren müssen.

Begründet worden ist die Versagung des Unterhaltsanspruchs vom Senat damit, dass

  • die Ehefrau zwar eigentlich Anspruch auf (Trennungs)Unterhalt hätte,

aber,

  • da man vor Gericht zur Wahrheit verpflichtet und
  • darüber hinaus das unterhaltsrechtliche Verhältnis zwischen Eheleuten in besonderem Maße durch die Grundsätze von Treu und Glauben beherrscht sei,

wegen der (zunächst) falschen Angabe eine Inanspruchnahme des Mannes grob unbillig wäre (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 16.10.2017 – Nr. 51/2017 –).

Wichtig zu wissen für Käufer die nach einer eBay Transaktion eine Verkäuferbewertung abgeben

…. sowie für Verkäufer die von Käufern auf dem Bewertungsportal bewertet werden.

Enthält eine von einem Käufer nach einer Ebay Transaktion auf dem Bewertungsportal abgegebene Verkäuferbewertung

  • falsche Tatsachenbehauptungen

kann der Verkäufer vom Käufer deren Löschung verlangen.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 23.09.2016 – 142 C 12436 /16 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem der Käufer eine negative Verkäuferbewertung abgegeben und darin wahrheitswidrige Angaben gemacht hatte,

auf die Klage des Verkäufers hin,

  • dessen Bewertung danach von 100 Prozent auf 97,1 Prozent herabgesetzt worden war,

den Käufer verurteilt,

  • der Entfernung der von ihm abgegebenen negativen Bewertung auf dem von der eBay International AG gestellten Formular „Antrag auf Bewertungslöschung“ zuzustimmen.

Begründet hat das AG dies damit, dass

  • Bewertungen quasi eine Kundenempfehlung bzw. Warnung darstellen,
  • durch die Abgabe einer falschen Bewertung dem Verkäufer ein Schaden und eine Beeinträchtigung seiner Rechte entstehen können, weil negative Bewertungen geeignet sind Käufer abzuschrecken und einen Verkäufer mit besseren Bewertungen vorzuziehen und

aufgrund dessen einen Käufer im Rahmen des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrags die Nebenpflicht trifft,

Wann kann die Unterlassung einer nicht erweislich wahren Tatsachenbehauptung verlangt werden und wann nicht?

Tatsachenbehauptungen die wahr sind müssen in der Regel hingenommen werden (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 29.06.2016 – 1 BvR 3487/14 – sowie zur Abgrenzung wann eine Tatsachenbehauptung und wann ein Werturteil vorliegt BVerfG, Beschluss vom 29.06.2016 – 1 BvR 2732/16 –).

Nicht dagegen hingenommen werden müssen in der Regel

  • bewusst unwahre oder
  • erwiesenermaßen falsche

Tatsachenbehauptungen, weil es

  • für deren Verbreitung in der Regel keinen Rechtfertigungsgrund gibt und
  • deshalb die Meinungsfreiheit bei der Äußerung grundsätzlich hinter das Persönlichkeitsrecht zurücktritt.

Bei Tatsachenbehauptungen, die

  • weder erweislich wahr
  • noch erwiesenermaßen unwahr sind,

bei denen der Verbreiter die Wahrheit seiner Behauptung also nur nicht beweisen kann (sog. non liquet),

  • ist eine Abwägungsentscheidung zwischen Meinungsfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht zu treffen.

Für diesen Fall der Verbreitung von Tatsachenbehauptungen,

  • deren Wahrheitsgehalt nicht festgestellt werden kann,

kann

  • trotz der über § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in das zivilrechtliche Äußerungsrecht übertragbaren Beweisregel des § 186 Strafgesetzbuch (StGB), die dem Verbreiter die Beweislast für die Wahrheit der das Persönlichkeitsrecht eines anderen beeinträchtigenden Tatsachenbehauptung auferlegt,

das Grundrecht der Meinungsfreiheit einem generellen Vorrang des Persönlichkeitsrechts entgegenstehen.

Jedenfalls in Fällen,

  • in denen es um eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit geht,

kann auch eine möglicherweise unwahre Behauptung denjenigen, die sie aufstellen oder verbreiten,

  • so lange nicht untersagt werden, wie sie im Vorfeld hinreichend sorgfältige Recherchen über den Wahrheitsgehalt angestellt haben.

Je schwerwiegender die aufgestellte Behauptung in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen eingreift, desto höher sind die Anforderungen an die Erfüllung der Sorgfaltspflicht, wobei

  • sich der Umfang der Sorgfaltspflichten nach dem jeweiligen Einzelfall richtet und
  • den Aufklärungsmöglichkeiten der Äußernden und
  • für Äußerungen der Presse strenger ist als für Äußerungen von Privatpersonen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 25.06.2009 – 1 BvR 134/03 – und vom 23.02.2000 – 1 BvR 456/95 –).

Im Fall äußerungsrechtlicher Unterlassungsbegehren kann die Wahrheitspflicht zudem über die Verpflichtung hinausgehen, alle Nachforschungsmöglichkeiten auszuschöpfen.

Wird offenbar, dass die Wahrheit einer persönlichkeitsverletzenden Behauptung sich nicht erweisen lässt, ist es zuzumuten,

  • auch nach Abschluss umfassender Recherchen kenntlich zu machen,
  • wenn verbreitete Behauptungen durch das Ergebnis eigener Nachforschungen nicht gedeckt sind oder kontrovers beurteilt werden.

Darauf hat die 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG mit Beschluss vom 28.06.2016 – 1 BvR 3388/14 – hingewiesen.