Tag Wartepflicht

Wichtig zu wissen, wenn man einen Unfall im Straßenverkehr (mit)verursacht haben kann, bei dem andere

…. verletzt oder geschädigt worden sind.

Nach einem Unfall im Straßenverkehr dürfen Personen,

den Unfallort nicht verlassen,

  • ohne die gesetzlich erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen

und zwar, indem sie

  • zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung ihrer Person, ihres Fahrzeugs und der Art ihrer Beteiligung durch ihre Anwesenheit und durch die Angabe, dass sie an dem Unfall beteiligt sind, ermöglichen (§ 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB)

oder, sofern weder der Geschädigte noch feststellungsbereite Personen am Unfallort sind,

  • eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet haben, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen (§ 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB).

Eine Wartepflicht besteht nicht, bei Vorliegen

  • eines lediglich völlig belanglosen Fremdsachschadens,
  • d.h. eines Sachschadens in Höhe von zwischen 20 und 50 Euro (unter Berücksichtigung der gewöhnlichen Reparaturkosten).

Bei Bestehen einer Wartepflicht hängt die Dauer der Wartezeit, die eingehalten werden muss,

  • also wie lange am Unfallort gewartet werden muss,

ab, von

  • der Erforderlichkeit und
  • der Zumutbarkeit
  • unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalles,

wobei nach Ablauf der Wartefrist

  • die Feststellungen unverzüglich nachträglich ermöglicht werden müssen (vgl. § 142 Abs. 2 Nr. 1 StGB).

Beispielsweise wird, wenn ein Autofahrer abends auf regennasser Fahrbahn ins Schleudern kommt und gegen eine Leitbake (Zeichen 605 der Anlage 4 zu § 43 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)) prallt,

  • die aufgrund des dadurch daran entstandenen Schadens ausgetauscht werden muss,
  • was Kosten zuzüglich der Arbeitszeit jedenfalls von über 50 Euro verursachen wird (vgl. hierzu https://www.schilder-versand.com/warnbaken)

angesichts der Örtlichkeit, der Tageszeit und der Schadenshöhe eine Wartezeit von 10 bis 15 Minuten ausreichend, aber auch erforderlich sein.

  • Beachtet werden muss bei einem Zusammenstoß mit einem Gegenstand, der das eigene Fahrzeug deutlich sichtbar beschädigt hat, dass üblicherweise damit gerechnet werden muss, dass auch der andere Gegenstand beschädigt worden sein kann.

Übrigens:
Wird der Unfallort von einem Unfallbeteiligten vorsätzlich verlassen,

  • ohne die gesetzlich erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen und
  • die dabei gesetzlich erforderliche Wartezeit zu beachten,

liegt ein nach § 142 Abs. 1 StGB strafbares unerlaubtes Entfernen vom Unfallort vor und

  • sollte es sich bei dem, dieses unerlaubte Entfernen vom Unfallort begehenden Unfallbeteiligten, um den Fahrer eines vollkaskoversicherten, bei dem Unfall (auch) beschädigten Autos handeln,

kann der Kaskoversicherer wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung leistungsfrei sein und die Deckung des an dem vollkaskoversicherten Autos entstandenen Schadens ablehnen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.09.2018 – 4 U 41/18 –).

Wichtig zu wissen für Autofahrer denen vorgeworfen wird, einen Bahnübergang mit Andreaskreuz bei gelben oder

…. roten Lichtzeichen überquert und damit gegen die Wartepflicht nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verstoßen zu haben (= Tatbestandsnummer 119624 der Bußgeldkatalog-Verordnung).

Mit Beschluss vom 31.01.2019 – 3 Ss (OWi) 14/19 – hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Celle entschieden, dass

  • ein Verstoß gegen die Wartepflicht an einem Bahnübergang bei gelben oder roten Lichtzeichen nur vorliegt,

wenn der Fahrer

  • bei mittelstarker Bremsung mit einer Bremsverzögerung von 4 m/sec²,
    • also ohne stärkere Abbremsung oder gar Notbremsung,

noch vor dem Andreaskreuz (Zeichen 201 Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO)

  • gefahrlos

hätte anhalten können.

Danach gelten bei Ampelanlagen an Bahnübergängen die gleichen Regeln wie an Straßenkreuzungen, so dass

  • Voraussetzung für eine Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das Gebot zum Anhalten ist,

dass einem Autofahrer, nach Feststellung

  • der Entfernung seines Fahrzeugs vom Andreaskreuz zu Beginn des gelben Lichtzeichens,
  • der gefahrenen Geschwindigkeit und
  • im Fall des Vorwurfs eines Rotlichtverstoßes der Dauer des gelben Lichtzeichens

sowie Errechnung hieraus,

  • welchen Weg der Autofahrer innerhalb der Dauer des gelben Lichtzeichens zurückgelegt hat bzw. bei Beachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zurückgelegt haben kann und
  • wie lang sein Anhalteweg gewesen wäre bei Zugrundelegung
    • einer Reaktions- und Bremsansprechzeit von 0,8 Sekunden und
    • der mittleren Bremsverzögerung von 4 m/sec²,

nachgewiesen werden kann, dass er

  • noch vor dem Andreaskreuz zum Stehen hätte kommen können.

Sofern feststeht, dass

  • aufgrund der Entfernung von dem Andreaskreuz zu Beginn des gelben Lichtzeichens

der betroffene Autofahrer

  • bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit

mit einer mittleren Bremsung vor dem Andreaskreuz hätte zum Stehen kommen können, sind,

  • weil dann bereits die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit die Vorwerfbarkeit des Rot- bzw. Gelblichtverstoßes begründet,

Feststellungen zur tatsächlich gefahren Geschwindigkeit entbehrlich.

Übrigens:
Ein Fahrzeugführer, der bei Beginn des gelben Lichtzeichens

  • bereits den kritischen Punkt überschritten hat,
  • nach dessen Durchfahren sein Anhalteweg über das Andreaskreuz hinausreicht,

darf seine Fahrt über den Bahnübergang hinweg fortsetzen, wobei

  • er diesen zügig zu überqueren hat.