Tag Wegnahme

BayObLG entscheidet: Containern ist jedenfalls dann Diebstahl, wenn die von einem Supermarkt ausgesonderten,

…. mitgenommenen Lebensmittel sich in einem verschlossenen (Abfall)Behälter befunden haben.

Mit Beschluss vom 02.10.2019 – 206 StRR 1013/19; 206 StRR 1015/19 – hat der 6. Strafsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG) in einem Fall, in dem zwei Studentinnen

  • in der Anlieferzone eines Supermarktes mit Hilfe eines mitgebrachten Vierkantschlüssels

einen versperrten Container,

  • in dem Lebensmittel zur Abholung durch ein Entsorgungsunternehmen bereitgestellt worden waren,

geöffnet und daraus verschiedene Lebensmittel entwendet hatten, entschieden, dass die beiden Studentinnen

  • sich nach § 242 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) wegen Diebstahls,
    • der sich auf eine geringwertige Sache i.S.v. § 243 Abs. 2 StGB bezogen hat,

strafbar gemacht haben.

Begründet hat der Senat dies damit, dass die entwendeten Lebensmittel,

  • auch wenn sie als nicht mehr verkehrsfähig angesehen und deswegen ausgesondert worden waren,

zum Zeitpunkt der Wegnahme (noch) im Eigentum des Betreibers des Supermarktes standen,

  • also nicht durch Eigentumsverzicht herrenlos, sondern für Dritte fremd i.S.v. § 242 Abs. 1 StGB waren,

weil die Aussonderung durch den Betreiber des Supermarktes,

  • der für die gesundheitliche Unbedenklichkeit der von ihm in Verkehr gebrachten Lebensmittel einzustehen hat,

lediglich zu deren ordnungsgemäßer Entsorgung durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgt war und die Studentinnen,

  • nachdem die Lebensmittel in einem versperrten Container auf dem Firmengelände vor dem Zugriff Dritter geschützt wurden,

auch nicht davon ausgehen durften,

Was Pflegeeltern wissen sollten, wenn das Kind aus der Pflegefamilie herausgenommen werden soll

Lebt ein Kind seit längerer Zeit in Familienpflege und wollen die Eltern (oder ein Vormund oder ein Pfleger des Kindes) das Kind von der Pflegeperson wegnehmen, so kann das Familiengericht nach § 1632 Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson anordnen,

  • dass das Kind bei der Pflegeperson verbleibt,
  • wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet würde.

Eine Rückführung des Pflegekindes nach dieser Vorschrift,

  • die keinen Herausgabeanspruch enthält, sondern eine Einwendung gegen den das in § 1632 Abs. 1 BGB geregelte Herausgabeverlangen darstellt und
  • die als verfahrensrechtliche Sonderregelung und zugleich milderes Mittel zu § 1666 BGB eine Entziehung oder Einschränkung des Sorgerechts entbehrlich machen soll, falls die sorgeberechtigten Eltern das Kind gemäß § 1632 Abs. 1 BGB unter Gefährdung des Kindeswohls von den Pflegeeltern herausverlangen,

können die Pflegeeltern allerdings nur dann beanspruchen, wenn

  • die Beendigung des Aufenthalts des Kindes bei ihnen
  • in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Einleitung des Verfahrens nach § 1632 Abs. 4 BGB auf Anordnung des Verbleibs steht.

Mit dieser Norm will das Gesetz nämlich das Kind vor einer Herausnahme aus einer Pflegefamilie zur Unzeit schützen.

  • Ein zwischen Kind und Pflegeeltern seit längerer Zeit bestehendes Familienpflegeverhältnis soll nicht zum Schaden des Kindes zerstört werden.
  • Ist hingegen die Herausnahme des Kindes aus dem Haushalt der Pflegefamilie in dem Sinne abgeschlossen, dass der Lebensmittelpunkt des Kindes nunmehr an anderer Stelle eingerichtet ist, lässt sich die Herausnahme zur Unzeit nicht mehr durch Maßnahmen nach § 1632 Abs. 4 BGB abwenden.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 16.11.2016 – XII ZB 328/15 – hingewiesen.

Trickdiebstahl oder Betrug – Wie unterscheidet man wann was vorliegt?

Einen Diebstahl nach § 242 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) begeht,

  • wer eine fremde bewegliche Sache
  • einem anderen in der Absicht wegnimmt,
  • die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen und

einen Betrug nach § 263 Abs. 1 StGB begeht,

  • wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen,
  • das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt,
  • dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält (weil der Geschädigte aufgrund dessen eine Vermögensverfügung vornimmt).

Verschafft sich ein Täter eine Sache durch Täuschung, ist für die Abgrenzung von

  • Wegnahme (§ 242 StGB) und
  • Vermögensverfügung (§ 263 StGB)

auch die Willensrichtung des Getäuschten und nicht nur das äußere Erscheinungsbild des Tatgeschehens maßgebend.

Betrug liegt in einem solchen Fall vor, wenn

  • der Getäuschte auf Grund freier nur durch Irrtum beeinflusster Entschließung Gewahrsam übertragen will und überträgt.
    In diesem Fall wirkt sich der Gewahrsamsübergang unmittelbar vermögensmindernd aus.

Diebstahl ist dagegen gegeben, wenn

  • die Täuschung lediglich dazu dienen soll, einen gegen den Willen des Berechtigten gerichteten eigenmächtigen Gewahrsamsbruch des Täters zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern.

Dabei werden von der Vorschrift des § 242 StGB insbesondere auch solche Fallgestaltungen erfasst, in denen

  • der Gewahrsamsinhaber mit der irrtumsbedingten Aushändigung der Sache eine Wegnahmesicherung aufgibt,
  • gleichwohl aber noch zumindest Mitgewahrsam behält, der vom Täter gebrochen wird.

Vollzieht sich der Gewahrsamsübergang

  • in einem mehraktigen Geschehen,

so ist entscheidend

  • die Willensrichtung des Getäuschten in dem Zeitpunkt,
  • in dem er die tatsächliche Herrschaft über die Sache vollständig verliert.

Beispielsfall:
Wer den Geschädigten veranlasst, ihm sein Mobiltelefon für ein Telefonat zu überlassen, aber tatsächlich vorhat, das Mobiltelefon zu behalten,

  • macht sich schuldig des Diebstahls nach § 242 Abs. 1 StGB und
  • nicht des Betruges nach § 263 Abs. 1 StGB, wenn

ihm von dem Geschädigten

  • das Mobiltelefon in der Annahme ausgehändigt wird, dieses nach dem Telefonat zurückzuerhalten,
  • er aber das Mobiltelefon, wie von vorneherein beabsichtigt, in seine Tasche steckt und sich damit entfernt.

Denn hier hat sich der Gewahrsamsübergang in einem mehraktigen Geschehen vollzogen und der Geschädigte den Gewahrsam letztlich durch Wegnahme verloren.

  • Zunächst hat der geschädigte Gewahrsamsinhaber, der die wahren Absichten des Täuschenden nicht erkannt hat, sein Mobiltelefon übergeben, ohne seinen Gewahrsam völlig preiszugeben und
  • erst anschließend hat der Geschädigte seinen Gewahrsam gegen seinen Willen dadurch verloren, als der Täter das Mobiltelefon in seine Tasche gesteckt und damit so nunmehr (durch Wegnahme) in seinen Alleingewahrsam gebracht hat (so Bundesgerichtshofs (BGH), Beschluss vom 02.08.2016 – 2 StR 154/16 –).