Tag Widerruf

Was, wer einen Verbraucherdarlehensvertrag nach Widerruf rückabwickeln will, wissen sollte

Wer nach einem mit einer Bank abgeschlossenen und noch valutierten Verbraucherdarlehensvertrag seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen hat,

  • kann, wenn Streit über die Wirksamkeit des Widerrufs besteht, nicht auf Feststellung klagen, dass aufgrund des Widerrufs der Darlehensvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden ist,
  • sondern muss die erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, die er rückgewährt haben möchte, beziffern und eine entsprechende Leistungsklage erheben.

Das hat der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 21.02.2017 – XI ZR 467/15 – entschieden.

In einem solchen Fall deckt sich nämlich

  • das Begehren, die Umwandlung eines Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis feststellen zu lassen,
  • wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, die beziffert werden können,

so dass,

  • weil eine Klage auf Leistung möglich sowie zumutbar ist und das Rechtsschutzziel erschöpft,

eine Feststellungsklage wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig ist

Wie der Senat weiter ausgeführt hat, gilt das jedenfalls dann, wenn die Vertragsparteien auch über die Höhe der Ansprüche streiten.
Denn in einem solchen Fall rechtfertigt die Bank die Erwartung nicht, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedürfe (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 21.02.2017 – Nr. 20/2017 –).

Was Mütter und von ihnen öffentlich der Vaterschaft bezichtigte Männer wissen sollten, wenn Streit über die Vaterschaft besteht

Behauptet eine Mutter

  • öffentlich, auch über sozialen Medien, von einem Mann, dass er der Vater ihres Kindes ist und
  • veröffentlicht sie im Internet Bilder des Mannes und Bilder ihres Kindes, die sie mit „Kind des (Name des Mannes)“ untertitelt,

kann der die Vaterschaft bestreitende Mann, dessen Vaterschaft nicht bewiesen ist,

  • wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Unterlassung sowie die Löschung und den Widerruf dieser Behauptungen verlangen.

Das hat das Amtsgerichts (AG) München mit Urteil vom 12.04.2016 – 161 C 31397/15 – entschieden.

Begründet hat das AG dies u.a. damit,

  • dass es sich bei der Vaterschaftsbehauptung um eine auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbare und die Privatsphäre betreffende Tatsachenbehauptung handle,
  • dass, wenn eine Mutter eine solche Behauptung aufstelle, sie die Beweislast für den Wahrheitsgehalt ihrer Behauptung trage, sie also nachweisen müsse, dass der von ihr als Vater Bezichtigte auch tatsächlich der Vater ihres Kindes ist und
  • wenn der Mutter dieser Nachweis nicht möglich sei, dem durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Grundgesetz (GG) geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Mannes Vorrang einzuräumen sei vor der nach Art. 5 GG geschützten Meinungsfreiheit der Mutter.

Weiter hat das AG darauf hingewiesen, dass die Veröffentlichung von Bildern einer Person, bei der es sich um keine Person der Zeitgeschichte handelt, nur mit Einwilligung der abgebildeten Person zulässig ist (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 30.09.2016 – 77/16 –).

Eine im Rahmen eines Fernabsatzvertrages gekaufte Matratze darf getestet werden

Schläft der Verbraucher eine Nacht auf der Matratze und widerruft er danach den Kaufvertrag schuldet er dem Händler keinen Ersatz für einen dadurch eventuell eingetretenen merkantilen Minderwert.

Das hat das Amtsgericht (AG) Bremen mit Urteil vom 15.04.2016 – 7 C 273/15 – in einem Fall entschieden, in dem

  • ein Verbraucher im Rahmen eines Fernabsatzvertrages nach § 312b Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von einem Händler eine Kaltschaum-Matratze mit dem Härtegrad H3 gekauft,
  • auf dieser eine Nacht geschlafen,
  • danach den Kaufvertrag wirksam gemäß §§ 312d Abs. 1 Satz 1, 355 Abs. 1 BGB widerrufen sowie die Matratze gemäß § 357 Abs. 1 BGB zurückgegeben hatte (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16.03.2016 – VIII ZR 146/15 – zur Unbeachtlichkeit der Motivlage beim Widerruf) und

von dem Händler für die Nutzung der Matratze ein Wertverlustentgelt verlangt worden war.

Die Klageabweisung hat das AG damit begründet, dass im Fall des Widerrufs eines Fernabsatzvertrages

  • ein Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz für einen Wertverlust der Ware nach § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB voraussetzt, dass der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war und
  • ein evtl. durch die Nutzung für eine Nacht eingetretener Wertverlust hier auf die nur notwendige und noch moderate „Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Matratze“ zurückzuführen wäre.

Denn, so das AG, mit der Nutzung der Matratze nur über eine Nacht gehe noch keine übermäßige Nutzung im Sinne des § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB einher.
Das dem Verbraucher zustehende Prüfungsrecht beinhalte nämlich die Berechtigung des Verbrauchers, die Ware auszuprobieren sowie zu testen und zwar auch dann, wenn damit eine Ingebrauchnahme verbunden ist.
Solange sich der Verbraucher im Rahmen der berechtigten Prüfung bewege, schulde er auch dann keinen Wertersatz, wenn die Ware einen vollständigen Wertverlust erleidet, wie z.B. beim Aufbau von Möbeln oder beim Befüllen eines Wasserbettes (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 03.11.2010 – VIII ZR 337/09 – sowie AG Köln Urteil vom 04.04.2012 – 119 C 462/11 –).

Im Übrigen hat das AG darauf hingewiesen, dass auch ein Test der Matratze über 2 Nächte noch vom Prüfungsrecht umfasst gewesen wäre.