Beauftragt nach einem Verkehrsunfall der Geschädigte einen Sachverständigen seiner Wahl mit der Begutachtung seines beschädigten Fahrzeugs gehören die Sachverständigenkosten zwar zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs
- erforderlich und
- zweckmäßig ist.
Für den Geschädigten verbleibt dabei allerdings,
- wenn es nach Erstellung des Gutachtens zum Streit mit dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung darüber kommt,
- ob die von dem Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten angemessen oder überhöht sind,
das Risiko,
- dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt hat, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 12.07.2005 – VI ZR 132/04 –; vom 23.01.2007 – VI ZR 67/06 – und vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13 –).
Denn gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand
- nur die Kosten erstattet verlangen,
- die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen.
Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.
- Im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots obliegt dem Geschädigten grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten oder später berechneten Preise.
- Verlangt der Sachverständige bei Vertragsabschluss nämlich Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erweisen.
Der Geschädigte kann dann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen.
Ob bzw. welche Kosten für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlich waren, hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu bemessen (vgl. BGH, Urteile vom 09.12.2014 – VI ZR 138/14 – und vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13 –).
Der von dem Sachverständigen erstellten Rechnung kann bei dieser richterlichen Schadensschätzung eine Indizwirkung für die Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten
- nur beigemessen werden, wenn der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen bezahlt hat,
- nicht dagegen, wenn die Rechnung des Sachverständigen vom Geschädigten nicht bezahlt wurde, sondern der Sachverständige Bezahlung seiner Rechnung aus abgetretenem Recht vom Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung verlangt, weil dem Geschädigten in diesem Fall insoweit kein Kostenaufwand entstanden ist.
Zur Schätzung der bei der Begutachtung angefallenen und erforderlichen Nebenkosten können als Orientierungshilfe die Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) herangezogen werden.
Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15 – hingewiesen.
Danach ist dem Geschädigten somit eine Plausibilitätskontrolle hinsichtlich der Nebenkosten zumutbar.
Denn, so der Senat, sowohl bei den Aufwendungen für Fahrten mit dem Auto als auch denen für Fotos, Kopien und Druck handelt es sich – auch wenn sie im Rahmen eines Geschäftsbetriebs angefallen sind – um Kosten des täglichen Lebens, mit denen ein Erwachsener üblicherweise im Alltag konfrontiert ist und deren Höhe er typischerweise auch ohne besondere Sachkunde abschätzen kann.
Er kann deshalb erkennen, dass beispielweise berechnete Nebenkosten für Fahrten von 1,05 € pro Kilometer, für Fotos von 2,05 € pro Foto und für Kopien von 1 € pro Seite den tatsächlich erforderlichen Aufwand deutlich überschreiten.
Zur Vermeidung des Risikos, möglicherweise einen Teil der Sachverständigenkosten nicht erstattet zu bekommen, empfiehlt es sich daher, sich vor der Beauftragung eines Sachverständigen über die Kosten zu informieren und gegebenenfalls einen Sachverständigen zu wählen, der auch Gerichtsgutachten erstellt oder einer großen Sachverständigenorganisation (z.B. DEKRA, TÜV) angehört.