Tag Wohnortwechsel

Wichtig zu wissen, wenn man einen Fitnessstudiovertrag mit Mindestlaufzeit abgeschlossen hat oder beabsichtigt abzuschließen

Ein Vertrag über die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio, der eine bestimmte Mindestlaufzeit vorsieht,

  • beispielsweise eine Erstlaufzeit von 24 Monaten in einer vorformulierten Vertragsbestimmung, was zulässig ist,

kann,

  • unabhängig von seiner rechtlichen Einordnung als Miet-, Dienst- oder typengemischter Vertrag,

vorzeitig von jedem Vertragsteil (nur) aus wichtigem Grund,

  • d.h., wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann,

(ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist) gekündigt werden.

  • Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann grundsätzlich auch nicht ausgeschlossen werden.

Ein – zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigender – wichtiger Grund i.S.v. §§ 314 Abs. 1, 543 Abs. 1, 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) liegt vor, wenn dem Kunden des Fitnessstudios aus Gründen,

  • die er nicht beeinflussen kann,

eine weitere Nutzung der Leistungen seines Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist, wie das beispielsweise der Fall sein kann,

  • bei einer die Nutzung ausschließenden Erkrankung oder
  • bei einer Schwangerschaft, wenn diese die weitere Nutzung der Leistungen des Studiobetreibers bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar macht.

Wer,

  • weil er aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) in der Lage ist, ein Fitnessstudio zu benutzen,

den Fitnessstudiovertrag vorzeitig kündigen will, muss im Streitfall,

  • um dem Gericht eine entsprechende Prüfung zu ermöglichen,

die gesundheitlichen Gründe,

  • die es ihm verwehren sich in einem Fitnessstudio sportlich zu betätigen,

benennen und beweisen und

Ein – auch berufsbedingter – Wohnortwechsel stellt,

  • da die Gründe hierfür in aller Regel allein in der Sphäre des Kunden liegen und von ihm beeinflussbar sind,

grundsätzlich keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags dar (ebenso Landgericht (LG) Bonn Urteil vom 05.08.2014 – 8 S 103/14 –; aA AG München, Urteil vom 17.12.2008 – 212 C 15699/08 –) und bei einem Wohnortwechsel eines Fitnessstudiokunden kommt auch

Übrigens:
Übt ein Studiobetreiber, weil beispielsweise ein Kunde mit der Zahlung von zwei monatlichen Beiträgen in Verzug ist, sein Recht zur außerordentlichen Kündigung des befristeten Vertrages aus, kann er von dem Kunden

  • Schadensersatzanspruch wegen des ihm entgangenen Gewinns

verlangen.

Die Höhe dieses Schadensersatzanspruchs bemisst sich, sofern diese im Vertrag bzw. den AGB nicht geregelt ist,

  • nach der Summe der noch ausstehenden bzw. infolge der Kündigung entgehenden Entgelte,
  • die jedoch um einen Abzinsfaktor sowie um ersparte Aufwendungen zu verringern sind.

Bei Fitness- und Sportverträgen können dabei grundsätzlich,

  • wenn keine konkreten Angaben gemacht werden können,

an ersparten Aufwendungen incl. Abzinsung zugrunde gelegt werden,

  • 10% und
  • maximal 200,00 Euro pro Kunde/Teilnehmer im Jahr (Amtsgericht (AG) Brandenburg, Urteil vom 18.04.2016 – 31 C 204/15 –).

Was Kunden eines Fitnessstudios wissen sollten

Allein der Umstand, dass der Kunde eines Fitnessstudios berufsbedingt seinen Wohnort wechselt, vermag eine außerordentliche Kündigung eines für einen bestimmten Zeitraumes geschlossenen Vertrags nicht zu rechtfertigen.

Das hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 04.05.2016 – XII ZR 62/15 – entschieden.

Zwar steht, so der Senat, wie sich aus den Vorschriften der §§ 626 Abs. 1, 543 Abs. 1 und 314 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dem Kunden eines Fitnessstudios, der einen Vertrag für einen bestimmten Zeitraum geschlossen hat, weil es sich dabei um ein Dauerschuldverhältnis handelt, unabhängig von der rechtlichen Einordnung eines solchen Fitnessstudiovertrags als Miet-, Dienst- oder typengemischter Vertrag, stets ein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zu (BGH, Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –).

  • Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (so etwa § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Dabei trägt allerdings der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Leistung abschließt, grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können (BGH Urteil vom 11. November 2010 – III ZR 57/10 – NJW-RR 2011, 916 Rn. 12; vgl. auch § 537 Abs. 1 BGB).
Etwas anderes gilt nur, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, eine weitere Inanspruchnahme der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist (vgl. BGH, Urteile vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 – und vom 23.10.1996 – XII ZR 55/95 –).

  • Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios kann ein solcher – nicht in seinen Verantwortungsbereich fallender – Umstand etwa in einer Erkrankung des Kunden gesehen werden.
  • Ebenso kann eine Schwangerschaft die weitere Nutzung bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar machen;
    der besondere Schutz des Art. 6 Abs. 4 GG und dessen wertsetzende Bedeutung wirken sich insoweit auch auf die Frage der Zurechenbarkeit des Kündigungsgrundes aus (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –).

Ein Wohnortwechsel stellt danach grundsätzlich keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags dar (ebenso Landgericht (LG) Bonn Urteil vom 05.08.2014 – 8 S 103/14 –; LG Gießen Urteil vom 15.02.2012 – 1 S 338/11 –; Amtsgericht (AG) Bremen, Urteil vom 16.10.2014 – 10 C 47/14 –; aA AG München, Urteil vom 17.12.2008 – 212 C 15699/08 –).
Die Gründe für einen Wohnortwechsel – sei er auch berufsbedingt – liegen nämlich in aller Regel allein in der Sphäre des Kunden und sind von ihm – anders als von dem Anbieter der Leistungen – beeinflussbar (vgl. BGH Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10 –).

Auch kommt, so der Senat weiter, bei einem Wohnortwechsel eines Fitnessstudiokunden

  • weder eine analoge Anwendung des § 46 Abs. 8 Satz 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) in Betracht,
  • noch eine Kündigung des Studiovertrages nach § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

Bei Anwendung des § 313 BGB ist nämlich ebenfalls zu beachten, dass grundsätzlich jede Partei ihre aus dem Vertrag ersichtlichen Risiken selbst zu tragen hat. Grundsätzlich kann daher derjenige, der die entscheidende Änderung der Verhältnisse, wie hier den Umzug, selbst bewirkt hat, aufgrund dieser Änderung keine Rechte herleiten (BGH, Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10 –).