Tag Zurückbehaltungsrecht

AG München entscheidet: Für das Abschleppen seines zu Unrecht auf einem Privatparkplatz abgestellten Fahrzeuges

…. muss ein Falschparker 314,75 Euro zahlen.

Wird ein Auto unerlaubt auf einen ausreichend beschilderten Privatparkplatz abgestellt,

  • beispielsweise auf einem privaten Außenstellplatz auf dem an der Stirnseite das allgemein bekannte Verkehrszeichen für absolutes Halteverbot mit einem Zusatz der Abschleppung für den Fall einer Zuwiderhandlung angebracht ist,

stellt dies eine Besitzstörung bzw. eine teilweise Besitzentziehung dar, die der unmittelbare Besitzer der Parkfläche im Wege der Selbsthilfe beenden darf, indem

  • er das Fahrzeug von einem Abschleppunternehmen abschleppen lässt,

wobei

  • der Besitzer der Parkfläche ein Abschleppunternehmen mit dem Abschleppen schon im Vorfeld eines Parkverstoßes beauftragen darf.

Die durch den konkreten Abschleppvorgang entstandenen Kosten muss der Falschparker nach §§ 823 Abs. 2, 858 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erstatten, soweit sie in einem adäquaten Zusammenhang mit dem Parkverstoß stehen.

Zu den erstattungspflichtigen Kosten gehören dabei

  • nicht nur die reinen Abschleppkosten,

sondern auch

  • die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstanden sind,

nicht hingegen,

  • die Kosten für die Bearbeitung und außergerichtliche Abwicklung des Schadensersatzanspruchs des Besitzers, weil sie nicht unmittelbar der Beseitigung der Störung dienen sowie
  • die Kosten für die Überwachung der Parkflächen im Hinblick auf unberechtigtes Parken, weil sie unabhängig von dem konkreten Parkverstoß entstehen und ihnen der Bezug zu dem konkreten Parkverstoß fehlt.

Unangemessen hohe Abschleppkosten müssen allerdings nicht erstattet werden.

Wegen der erstattungspflichtigen Kosten besteht ein Zurückbehaltungsrecht, so dass,

  • wenn dieses nicht durch Zahlung oder Erbringung einer Sicherheitsleistung gemäß § 273 Abs. 3 BGB abgewendet wird,

die Preisgabe des Standorts des Fahrzeugs und damit auch die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert werden kann (vgl. hierzu auch Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 05.06.2009 – V ZR 144/08 –; vom 02.12.2011 – V ZR 30/11 –; vom 06.07.2012 – V ZR 268/11 –; vom 21.09.2012 – V ZR 230/11 –; vom 04.07.2014 – V ZR 229/13 –; vom 18.12.2015 – V ZR 160/14 – sowie vom 11.03.2016 – V ZR 102/15 –).

Mit Urteil vom 15.11.2018 – 472 C 8222/18 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall,

  • in dem ein verbotswidrig auf einem ausreichend beschilderten Privatparkplatz geparkter PKW ab- sowie zu der Verwahrstelle des Abschleppunternehmens geschleppt und dort zwei Tage gestanden war,

aufgrund einer vorgenommenen Schätzung nach § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) entschieden, dass

  • für das Abschleppen seines Fahrzeugs Kosten in Höhe von 314,75 Euro angemessen sind und
  • dem Fahrzeughalter in Rechnung gestellt werden dürfen,

wobei es zugrunde gelegt hat,

  • für den erfolgten Fremdabschleppvorgang einen Grundbetrag von 230 Euro netto,
  • 15% Zuschlag für Sonn- und Nachtarbeit sowie
  • 19% Mehrwertsteuer und
  • Standgebühren für den Pkw von 30 Euro für zwei Tage (Quelle: Pressemitteilung des AG München).

Was, wer vorübergehend die Pflege eines fremden Hundes übernimmt, wissen sollte

Mit Urteil vom 29.05.2017 – 20 C 224/17 – hat das Amtsgericht (AG) Nürnberg entschieden, dass Personen die vorübergehend die Pflege eines fremden Hundes über- und das Tier zu sich nehmen,

  • beispielsweise für die Dauer einer Erkrankung des Hundeeigentümers,

und für den Hund während des Pflegeaufenthalts Kosten für Futter, tierärztliche Behandlung, Medikamente usw. aufwenden,

  • soweit nichts anderes vereinbart ist,

die Rückgabe des Hundes an den Eigentümer

  • nicht abhängig machen können

von der Erstattung sämtlicher für das Tier aufgewandter Kosten.

Erstattet verlangt werden können von dem Hundeeigentümer lediglich

  • die notwendigen Verwendungen (beispielsweise für Tierarzt und Medikamente)

sowie

  • die nützlichen Verwendungen, soweit diese getätigt werden, bis der Eigentümer die Rückgabe seines Hundes fordert.

Bis zur Zahlung dieser Kosten steht der Pflegeperson ein Zurückbehaltungsrecht zu.

Nicht erstatten muss der Hundeeigentümer der Pflegeperson dagegen

  • die „gewöhnlichen Erhaltungskosten“,
  • also die Futterkosten,

weil, so das AG, der Pflegeperson während des Pflegeaufenthalts auch die Vorteile in Form von Gesellschaft und Anwesenheit des Tieres zugute kommen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Nürnberg).

Was Verkäufer über ihre Pflichten und Käufer über ihre Rechte wissen sollten, wenn die gekaufte Sache bei der Übergabe Mängel aufweist

Da der Verkäufer einer Sache diese dem Käufer nach § 433 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sach- und rechtsmängelfrei zu verschaffen hat, ist ein (nicht vorleistungspflichtiger) Käufer

  • bei behebbaren Mängeln, auch wenn sie geringfügig sind,

grundsätzlich berechtigt,

  • gemäß § 320 Abs. 1 BGB die Zahlung des (vollständigen) Kaufpreises und die Abnahme der gekauften Sache (§ 433 Abs. 2 BGB) gemäß § 273 Abs. 1 BGB bis zur Beseitigung des Mangels (also bis zur Lieferung einer mangelfreien Sache) zu verweigern (ohne dadurch in Schuldner- oder Annahmeverzug zu geraten),
  • soweit sich nicht aus besonderen Umständen ergibt, dass das Zurückbehaltungsrecht in einer gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßenden Weise ausgeübt wird

Darauf und

  • dass die werkvertragliche Regelung des § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach der Besteller die Abnahme des Werkes wegen unwesentlicher Mängel nicht verweigern darf, im Kaufrecht nicht anwendbar ist,

hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.10.2016 – VIII ZR 211/15 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • ein bei einem Kraftfahrzeughändler gekauftes Neufahrzeug, das nach dem Kaufvertrag kostenfrei an den Wohnsitz des Käufers geliefert werden sollte, bei der Anlieferung eine Lackbeschädigung an der Fahrertür aufgewiesen,
  • der Käufer den Kaufpreis an den Verkäufer deswegen erst nach Reparatur des Lackschadens gezahlt und
  • der Verkäufer vom Käufer u.a. Verzugszinsen auf den Kaufpreis verlangt hatte,

entschieden,

  • dass der Käufer sich weder mit der Abnahme des Fahrzeugs noch mit der Zahlung des Kaufpreises in Schuldnerverzug befunden hat.

Was Käufer eines Neufahrzeugs wissen sollten, wenn das Fahrzeug geringfügige behebbare Mängel aufweist

Weist ein gekaufter Neuwagen

  • einen geringfügigen (behebbaren) Mangel auf,
  • wie beispielsweise einen Lackschaden,

muss der Käufer, bevor der Mangel beseitigt ist,

  • weder den Kaufpreis zahlen
  • noch das Fahrzeug abnehmen.

Das hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.10.2016 – VIII ZR 211/15 – entschieden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass daraus, dass der Verkäufer nach § 433 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen hat, das Recht des Käufers folgt,

  • vom Verkäufer die Beseitigung von Mängeln der Sache zu verlangen sowie
  • bis dahin die Zahlung des (gesamten) Kaufpreises nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB und die Abnahme des Fahrzeugs nach § 273 Abs. 1 BGB zu verweigern und

dass diese Rechte dem Käufer bei einem behebbaren Mangel grundsätzlich auch dann zustehen, wenn es sich nur um einen geringfügigen Lackschaden handelt,

  • wobei die zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Kaufvertrages erforderlichen Kosten (beispielsweise Transportkosten) der Verkäufer zu tragen hat.

Der Ausübung dieses Zurückbehaltungsrechts können lediglich bei besonderen Umständen des Einzelfalls mit Rücksicht auf Treu und Glauben (ausnahmsweise) Schranken gesetzt sein.

Das hat die Pressestelle des BGH am 26.10.2016 – Nr. 189/2016 – mitgeteilt.