Tag Abschaltvorrichtung

Dieselgate: Was Besitzer eines mit einem 3,0 Liter Motor EA897 oder EA896 (EU5-Norm) ausgerüsteten Audi

…. wissen sollten.

Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe hat mit Beschlüssen vom 22.08.2019 – 17 U 257/18, 17 U 294/18 – in zwei Verfahren, in denen

  • ein Käufer eines gebrauchten Audi Q5 V6 3,0 I TDI, 176 kW sowie
  • ein Käufer eines gebrauchten Audi A 4 3,0 l TDI, 180 kW

von der

  • Volkswagen AG

Schadensersatz aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung

in Höhe der bezahlten Kaufpreise verlangen, gegen Rückgabe ihrer

  • im Jahr 2011 bzw. 2013 erworbenen,
  • jeweils mit einem von der Audi AG hergestellten 3,0 Liter Motor mit der (streitigen) Bezeichnung EA897 oder EA896 (EU5-Norm) ausgerüsteten

Fahrzeuge, darauf hingewiesen, dass

  • wegen des Vorhandenseins von unzulässigen Abschalteinrichtungen in den Fahrzeugmotoren,
    • in Form einer Software, die den Rollenprüfstand erkennt und in einen optimierten Betriebsmodus schaltet, um so die Grenzwerte dort einzuhalten, der aber im Straßenverkehr nicht aktiv ist und
    • in Form eines sog. Thermofensters, das die Abgasrückführungsquote temperaturabhängig steuert,

eine Haftung der Volkswagen AG grundsätzlich in Betracht kommt, auch wenn

  • sie nicht Herstellerin des jeweiligen Fahrzeugs oder Motors ist sowie
  • ein verpflichtender Rückruf von mit diesen Motoren ausgestatteten Fahrzeugen durch das Kraftfahrbundesamt (KBA) nicht vorliegt

und deswegen die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Behauptung der Fahrzeugkäufer angeordnet, dass

  • der 3,0 l Motor (EU5-Norm) in den Fahrzeugen eine Software enthält, die den Rollenprüfstand erkennt und in einen optimierten Betriebsmodus schaltet, um so die Grenzwerte dort einzuhalten, der aber im Straßenverkehr nicht aktiv ist.

Denn,

  • die Tragweite der Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp, der in einer großen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut wird,
  • die Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in den Volkswagenkonzern und
  • den ordnungsgemäßen Ablauf des Genehmigungsverfahrens

sowie

  • die in Kauf genommenen erheblichen Folgen für die Käufer in Form der drohenden Stilllegung der erworbenen Fahrzeuge

könne zur Sittenwidrigkeit der Entscheidung der Volkswagen AG i.S.d. § 826 BGB führen.

Hingewiesen hat der Senat ferner darauf,

  • dass er davon ausgeht, dass die Motorsteuersoftware der Fahrzeuge eine Abschaltvorrichtung in Form eines sog. Thermofensters enthält, das die Abgasrückführungsquote temperaturabhängig steuert,

dass die Volkswagen AG darlegen und beweisen muss, dass

  • eine solche Einrichtung ausnahmsweise aus Gründen des Motorschutzes zulässig und dieser nicht anders sicherzustellen ist und
  • hierfür detailliert darzulegen ist, in welchen Temperaturbereichen die Abgasrückführung in welcher Weise angepasst wird (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe).

Dieselgate: Wichtig zu wissen für Besitzer eines PKW Mercedes Benz mit Dieselmotor, deren Fahrzeuge, wegen des Vorwurfs

…. der illegalen Abschaltvorrichtung zur Abgasmanipulation, von einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) betroffen sind.

Käufer von Mercedes Benz Modellen mit Dieselmotoren können von der Daimler AG,

  • wenn von dieser das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (EG VO 715/2007)
  • zur Reduktion des Stickoxidausstoßes (NOx)in Prüfungssituationenausgestattet worden ist,

aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung,

Ersatz des Schadens verlangen,

  • den sie durch den Kauf eines nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Fahrzeugs erlittenen haben.

Das haben (u.a. bereits) entschieden,

sowie

und die Daimler AG,

  • wegen der in den Fahrzeugen zur Abgasmanipulation verbauten illegalen Abschaltvorrichtung,

dazu verurteilt,

  • gegen Übereignung der Fahrzeuge

den Käufern u.a. den Kaufpreis zu erstatten, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer.

Übrigens:
Das KBA hat laut Medienberichten am Freitag, 21.06.2019, wegen Einsatzes einer illegalen Abschaltvorrichtung zur Abgasmanipulation,einen amtlichen Rückruf

  • von rund 60.000 Dieselautos des Modells Mercedes-Benz GLK 220 CDI, der Euro-5-Abgasnorm

angeordnet und möchte, wegen angeblicher Abgasmanipulationen auch bei anderen Modellen, seine Ermittlungen noch ausweiten.

Gegen die VW AG waren,

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung
  • infolge Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Fahrzeugen zur Reduktion des Stickoxidausstoßes in Prüfungssituationen,

von Fahrzeugkäufern auch schon bei Oberlandesgerichten (OLG) erfolgreich.

Mit Urteil vom 12.06.2019 – 5 U 1318/18 – haben das OLG Koblenz und mit Beschluss vom 03.01.2019 – 18 U 70/18 – das OLG Köln entschieden,

  • dass die Fahrzeugkäufer von der VW AG Ersatz des Schadens verlangen können, den sie durch den Kauf ihres nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Fahrzeugs erlittenen haben

und das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 05.03.2019 – 13 U 142/18 – in einem Fall,

  • in dem die VW AG vom LG verurteilt worden war, dem Fahrzeugkäufer den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer, zu erstatten, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeuges und
  • Berufung gegen diese Entscheidung eingelegt hatte,

darauf hingewiesen, dass

  • dem Fahrzeugkäufer Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bzw. § 831 BGB gegen die VW AG zustehen dürften.

Dieselgate: Landgericht Heilbronn entscheidet, dass die VW AG wegen des Einbaus unzulässiger Abschaltvorrichtungen

…. den Fahrzeugkäufern gegenüber schadensersatzpflichtig ist.

Mit Urteil vom 09.08.2018 – Sp 2 O 278/17 – hat das Landgericht (LG) Heilbronn in einem Fall, in dem eine Frau einen vom Abgasskandal betroffenen VW Beetle Cabrio 2.0 TDI für rund 27.400 Euro gekauft hatte,

  • in dem ein Motor verbaut war, dessen Steuergerätesoftware erkannte, wenn das Fahrzeug die Abgas-Prüfung im Prüfstandbetrieb durchfuhr sowie dann die Abgasaufbereitung optimierte, um möglich wenig Stickoxide auszustoßen, während diese Abgaswerte im normalen Fahrbetrieb erheblich höher lagen,

entschieden, dass

  • die VW AG als Fahrzeughersteller, für alle aus dieser Manipulation resultierenden Schäden aufkommen muss und
  • einer entsprechenden Feststellungsklage der Fahrzeugkäuferin, die daneben auch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gegen den Fahrzeugverkäufer vor dem LG Stuttgart klagt, stattgegeben.

Dass der Fahrzeugkäuferin gegen die VW AG wegen zumindest bedingt vorsätzlich begangener sittenwidriger Schädigung ein Anspruch auf Ersatz der entstandenen und noch entstehenden Schäden aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 31 BGB zusteht, hat das LG u.a. damit begründet, dass das Auto von der Fahrzeugkäuferin,

  • hätte diese Kenntnis von der unzulässigen Steuersoftware im Motor gehabt,

nicht zu dem demselben Preis gekauft worden wäre, da,

  • selbst dann, wenn weder eine Wertminderung, noch nachteilige Emissionswerte Folge dieser Abgasmanipulation sein sollten,

kein vernünftiger Käufer sich auf die Unsicherheit eines möglichen Widerrufs der EG-Typengenehmigung einlassen würde (Quelle: Legal Tribune Online, 10.10.2018).

Dieselgate: Landgericht Koblenz entscheidet im Abgasskandal, dass die VW AG als Motorherstellerin wegen sittenwidriger Schädigung

…. Fahrzeugkäufern gegenüber, auch nach dem Aufspielen des auf Anordnung des Kraftfahrtbundesamtes entwickelten Software-Updates, haftet.

Mit Urteil vom 26.07.2018 – 1 O 318/17 – hat das Landgericht (LG) Koblenz entschieden, dass die VW AG

  • wegen (zumindest billigend in Kauf genommener) vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 31 BGB

einem Fahrzeugkäufer gegenüber auch dann schadensersatzpflichtig ist, wenn

  • sie den verkauften PKW nicht produziert,
  • sondern „nur“ den darin eingebauten, mit einer verbotenen Abschalteinrichtung ausgestatteten Motor hergestellt hat,

und in einem Fall, in dem der Kläger ein Fahrzeug der Marke Skoda mit der Schadstoffklasse Euro 5 zum Neupreis von ca. 25.000 Euro erworben hatte,

  • in dem ein von der VW AG hergestellter Motor des Typs EA 189 verbaut war, dessen Steuergerätesoftware erkannte, wenn das Fahrzeug die Abgas-Prüfung im Prüfstandbetrieb durchfuhr sowie dann die Abgasaufbereitung optimierte, um möglich wenig Stickoxide auszustoßen, während diese Abgaswerte im normalen Fahrbetrieb erheblich höher lagen,

die VW AG verurteilt, an den Fahrzeugkäufer

  • einen Betrag in Höhe des vollen Kaufpreises zu zahlen,
  • abzüglich einer Nutzungsentschädigung,
  • Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs.

Dass es sich

  • bei der Installation und Verwendung der unzulässigen Steuersoftware im Motor um eine sittenwidrige Handlung gehandelt hat,
  • durch die Fahrzeugkäufer (zumindest bedingt) vorsätzlich geschädigt worden sind,

hat das LG damit begründet, dass

  • die VW AG, was als sittenwidrig anzusehen sei,
    • in großem Umfang und mit erheblichem technischem Aufwand gesetzliche Umwelt- sowie Abgasvorschriften außer Acht gelassen,
    • zugleich ihre Kunden manipulierend beeinflusst,
    • mit der Abschaltvorrichtung überdies ihr Vorgehen gegenüber Aufsichtsbehörden und Verbrauchern planmäßig verschleiert habe, sowie
    • der Einbau manipulierende Motorsteuerungssoftware in die Motoren aus Gewinnstreben mit dem Ziel erfolgt sei, Entwicklungs- und Herstellungskosten im Interesse einer Profitmaximierung gering zu halten und auf kostengünstigem Wege eine Einhaltung der im Gesundheitsinteresse der Gesamtbevölkerung geltenden gesetzlichen Abgaswerte vorzutäuschen,
  • ohne unmittelbare Beteiligung entsprechender leitender Angestellter und auch des Vorstands der VW AG die Entwicklung und der Einbau der Manipulationssoftware in bestimmten Motoren nicht denkbar sei

und

  • die Schädigung der Fahrzeugkäufer darin liege, dass diese ein Fahrzeug erworben haben, dass sie in Kenntnis des Umstandes einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht erworben hätten, weil kein verständiger Kunde ein Fahrzeug für über 25.000 Euro erwerbe, wenn er wisse,
    • dass in dem Fahrzeugmotor eine unzulässige Abschalteinrichtung versteckt ist,
    • die den Entzug der Betriebserlaubnis und die Stilllegung des Fahrzeugs zur Folge haben kann (Quelle: juris Das Rechtsportal).

Dieselgate: Ist in einem erworbenen Fahrzeug mit Dieselmotor eine unzulässige Abschaltvorrichtung installiert

…. zu deren Beseitigung der Käufer vom Kraftfahrzeugbundesamt verpflichtet werden kann, weist das Fahrzeug allein schon aufgrund dessen einen Mangel auf und zwar auch dann, wenn

  • das Fahrzeug ohne die Abschaltvorrichtung die entsprechenden EU-Grenzwerte einhalten sollte.

Darauf hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankfurt mit Urteil vom 07.06.2018 – 13 O 14/17 – hingewiesen und in einem Fall, in dem ein Käufer eines Fahrzeugs mit Dieselmotor,

  • das mit einer Abschaltvorrichtung mit einer Software ausgestattet war, die die Prüfstandsituation erkennt und
  • über eine spezielle Programmierung der Motorsteuerung dafür sorgt, dass der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem realen Fahrbetrieb reduziert wird,

nach erfolgloser Setzung einer zweiwöchigen Frist zur Nachbesserung vom Kaufvertrag zurück getreten war, entschieden, dass

  • der Rücktritt wirksam war

und

  • der Verkäufer dem Käufer den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, zurückzahlen muss,
  • Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs.

Dieselgate – LG Kiel entscheidet: Käufer von Fahrzeugen mit eingebauter illegaler Abschaltvorrichtung können vom Fahrzeughersteller

…. Schadensersatz nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verlangen.

Mit Urteil vom 18.05.2018 – 12 O 371/17 – hat das Landgericht (LG) Kiel in einem Fall, in dem ein Käufer von einem Vertragshändler des Fahrzeugherstellers einen PKW mit Dieselmotor erworben hatte,

  • in dem von den Entwicklungsingenieuren des Fahrzeugherstellers eine illegale Abschaltvorrichtung eingebaut worden war,

den Fahrzeughersteller dazu verurteilt, dem Fahrzeugeigentümer (als Schadensersatz)

  • den für das Fahrzeug an den Fahrzeugverkäufer gezahlten Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, zu erstatten,
  • Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.

Begründet hat das LG dies damit, dass

  • den Fahrzeugkäufern von den Entwicklungsingenieuren des Herstellers, durch den bewussten und geheim gehaltenen Einbau der illegalen Abschaltvorrichtung zur Manipulation der Emissionswerte, vorsätzlich und sittenwidrig ein Schaden zugefügt worden sei, der darin liege, dass die Fahrzeugkäufer einen Vertrag über ein mangelhaftes Fahrzeug ungewollt abgeschlossen haben,
  • der Fahrzeughersteller für diese vorsätzliche sittenwidrige Schädigung seiner Entwicklungsingenieure aus § 831 BGB sowie entsprechend § 31 BGB hafte,
  • die Erwerber der Fahrzeuge deshalb von dem Fahrzeughersteller verlangen können, so gestellt zu werden, wie wenn sie den Kaufvertrag nicht geschlossen hätten und
  • dieser Anspruch auch dann besteht, wenn (zwischenzeitlich) die vom Hersteller angebotene technische Überarbeitung des Fahrzeugs („Software-Update“) erfolgt ist.