Tag außerordentlich

Was Eltern, die einen für ihr Kind abgeschlossenen Krippenvertrag wegen gescheiterter Eingewöhnung kündigen wollen,

…. wissen sollten.

Mit Urteil vom 08.10.2019 – 173 C 8625/19 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem Eltern einen,

  • für ihren im Oktober 2018 geborenen Sohn, abgeschlossenen

Krippenvertrag, nachdem

  • am 04.02.2019 mit der Eingewöhungsphase ihres Sohnes – täglich eine Stunde – begonnen worden und
  • dieser am 13.02.2019 erkrankt war,

am 26.02.2019 ordentlich und am 28.02.2019 fristlos,

  • mit der Begründung

gekündigt hatten,

  • ihr Sohn sei “ … bereits nach der ersten Woche seines Besuches mit ersten Symptomen beginnend am 10.02.2019, vom 13.02.2019 bis einschließlich 22.02.2019 krank gewesen“,

entschieden, dass,

  • die ordentliche Kündigung zum Ablauf der vereinbarten dreimonatigen Kündigungsfrist wirksam,
  • die fristlose Kündigung hingegen unwirksam war,

mit der Rechtsfolge, dass,

  • weil der Krippenplatz nicht bis zum Ende des Kündigungszeitraums wiederbesetzt werden konnte,

die Eltern, die vereinbarte Vergütung für die drei Monate Kündigungszeit (weiter) bezahlen mussten.

Dass kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorgelegten hat und die außerordentliche Kündigung deswegen unberechtigt war, hat das AG damit begründet,

  • dass nach der kurzen Eingewöhnungszeit und den jeweils kurzen Aufenthalten in der Kita nicht davon gesprochen werden könne, dass die Eingewöhnung per se gescheitert sei

und

  • dass es logisch sowie allgemein bekannt sei, dass Kleinkinder, die in die Kita kommen, mit großer Wahrscheinlichkeit zunächst einmal krank werden und dies nicht dem Krippenpersonal angelastet werden könne (Quelle: Pressemitteilung des AG München).

Nichtbeseitigung eines vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustandes kann den Vermieter zur fristlosen Kündigung

…. des Mietverhältnisses berechtigen.

Mit Urteil vom 11.07.2017 – 422 C 6905/17 – hat das Amtsgericht (AG) München darauf hingewiesen, dass, wenn ein Mieter

  • einen von ihm geschaffenen vertragswidrigen Zustand auf Verlangen des Vermieters und trotz Abmahnung nicht beseitigt,

dies einen die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grund nach § 543 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellt und

  • dass eine nur teilweise Beseitigung des vertragswidrigen Zustandes nach Ausspruch der Kündigung nicht in entsprechender Anwendung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.

BAG entscheidet: Illoyales Verhalten des Geschäftsführers eines Vereins kann wichtiger Grund für fristlose Kündigung sein

Mit Urteil vom 01.06.2017 – 6 AZR 720/15 – hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) darauf hingewiesen,

  • dass das Arbeitsverhältnis des Geschäftsführers eines Vereins außerordentlich gekündigt werden kann,
  • wenn der Geschäftsführer auf intrigante Weise zielgerichtet die Abwahl des Vereinsvorsitzenden betreibt.

Ein solch illoyales Verhalten

  • zerstöre die für eine weitere Zusammenarbeit erforderliche Vertrauensbasis und
  • störe den Betriebsfriede erheblich

und sei aufgrund dessen, so der Senat, ein die fristlose Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall waren von der Geschäftsführerin eines Vereins nach Differenzen mit dem Präsidenten des Vereins

Wichtig für Mieter und Vermieter zu wissen: Zustand der Mietwohnung kann Vermieter zur Kündigung berechtigen

Einem Mieter, der die Wohnung trotz mehrfacher Abmahnung verwahrlosen lässt kann vom Vermieter außerordentlich gekündigt werden.

Darauf hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 23.02.2017 – 7 S 7084/16 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Mieter die gemietete Wohnung

  • nicht nur stark verschmutzen lassen und lediglich mit einem in der Küche befindlichen Radiator beheizt,
  • sondern auch mit Müll und Gegenständen so vollgestellt, dass u. a. ein Raum gar nicht betreten werden konnte und das Bad als solches ebenfalls nicht mehr benutzbar war.

Aufgrund dessen sah das LG eine erhebliche Gefährdung der Mietsache als gegeben und den Vermieter,

  • weil er den Mieter zuvor erfolglos mehrfach abgemahnt hatte und es ihm angesichts des Zustandes der Wohnung nicht zumutbar war, bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin abzuwarten,

zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses wegen Verletzung der mietvertraglichen Pflichten des Mieters als berechtigt an (Quelle: Pressemitteilung des LG Nürnberg-Fürth vom 09.03.2017 – 6/17 –).

Kann Vermieter einem Mieter wegen fahrlässiger Schadensverursachung kündigen?

Mit Beschluss vom 02.02.2017 – 67 S 410/16 – hat die 67. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin darauf hingewiesen, dass

  • bei einem langjährig beanstandungsfrei geführten Mietverhältnis

die fahrlässige Verursachung eines (Wasser-)Schadens durch den Mieter, auch wenn die Schadenshöhe erheblich ist,

  • weder die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),
  • noch die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB

rechtfertigt.

In einem solchen Fall

  • kommt der Pflichtverletzung, so die Kammer, zumindest ohne vorherige Abmahnung, nicht das für eine kündigungsbedingte Beendigung des Mietverhältnisses erforderliche Gewicht zu und
  • die Schadenshöhe ist kündigungsrechtlich allein dann erheblich, wenn der Mieter mit dem Ausgleich eines von ihm schuldhaft verursachten Schadens in Zahlungsverzug gerät und der Vermieter seine Kündigung – auch – darauf stützt (vgl. dazu Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 13.04.2016 – VIII ZR 39/15 –).

AG Nürnberg entscheidet: Fortgesetztes Taubenfüttern von Mietwohnung aus kann fristlose Kündigung rechtfertigen

Unterlässt ein Wohnungsmieter,

  • trotz entsprechender Aufforderungen dazu und erfolgloser Abmahnungen durch den Vermieter,

nicht das Füttern von Tauben vom Fenster seiner Mietwohnung aus,

  • kann dies ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses sein.

Das hat das Amtsgericht (AG) Nürnberg mit Urteil vom 08.04.2016 – 14 C 7772/15 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem ein Wohnungsmieter mehrfach täglich aus seinem Fenster Tauben gefüttert, dabei jeweils um die 30 Tauben angelockt und das Füttern der Tauben auch weiter fortgesetzt hatte,
  • nachdem sich Nachbarn deswegen beim Vermieter des Mieters beschwert hatten, der Mieter vom Vermieter erfolglos zum Einstellen des Taubenfütterns aufgefordert und wegen Missachtung der Aufforderungen abgemahnt worden war,

die aus diesem Grund vom Vermieter ausgesprochene fristlose Kündigung des Mietverhältnisses für gerechtfertigt erklärt.

Dass der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich kündigen durfte hat das AG damit begründet, dass der Mieter durch sein Verhalten den Hausfrieden in dem Wohnanwesen nachhaltig gestört habe (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 08.12.2016 – 14/16 –).

Was Kunden eines Fitnessstudios wissen sollten

Allein der Umstand, dass der Kunde eines Fitnessstudios berufsbedingt seinen Wohnort wechselt, vermag eine außerordentliche Kündigung eines für einen bestimmten Zeitraumes geschlossenen Vertrags nicht zu rechtfertigen.

Das hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 04.05.2016 – XII ZR 62/15 – entschieden.

Zwar steht, so der Senat, wie sich aus den Vorschriften der §§ 626 Abs. 1, 543 Abs. 1 und 314 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt, dem Kunden eines Fitnessstudios, der einen Vertrag für einen bestimmten Zeitraum geschlossen hat, weil es sich dabei um ein Dauerschuldverhältnis handelt, unabhängig von der rechtlichen Einordnung eines solchen Fitnessstudiovertrags als Miet-, Dienst- oder typengemischter Vertrag, stets ein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zu (BGH, Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –).

  • Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (so etwa § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Dabei trägt allerdings der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Leistung abschließt, grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können (BGH Urteil vom 11. November 2010 – III ZR 57/10 – NJW-RR 2011, 916 Rn. 12; vgl. auch § 537 Abs. 1 BGB).
Etwas anderes gilt nur, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, eine weitere Inanspruchnahme der Leistungen des anderen Vertragspartners nicht mehr zumutbar ist (vgl. BGH, Urteile vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 – und vom 23.10.1996 – XII ZR 55/95 –).

  • Bei einem Vertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios kann ein solcher – nicht in seinen Verantwortungsbereich fallender – Umstand etwa in einer Erkrankung des Kunden gesehen werden.
  • Ebenso kann eine Schwangerschaft die weitere Nutzung bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit unzumutbar machen;
    der besondere Schutz des Art. 6 Abs. 4 GG und dessen wertsetzende Bedeutung wirken sich insoweit auch auf die Frage der Zurechenbarkeit des Kündigungsgrundes aus (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.2012 – XII ZR 42/10 –).

Ein Wohnortwechsel stellt danach grundsätzlich keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags dar (ebenso Landgericht (LG) Bonn Urteil vom 05.08.2014 – 8 S 103/14 –; LG Gießen Urteil vom 15.02.2012 – 1 S 338/11 –; Amtsgericht (AG) Bremen, Urteil vom 16.10.2014 – 10 C 47/14 –; aA AG München, Urteil vom 17.12.2008 – 212 C 15699/08 –).
Die Gründe für einen Wohnortwechsel – sei er auch berufsbedingt – liegen nämlich in aller Regel allein in der Sphäre des Kunden und sind von ihm – anders als von dem Anbieter der Leistungen – beeinflussbar (vgl. BGH Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10 –).

Auch kommt, so der Senat weiter, bei einem Wohnortwechsel eines Fitnessstudiokunden

  • weder eine analoge Anwendung des § 46 Abs. 8 Satz 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) in Betracht,
  • noch eine Kündigung des Studiovertrages nach § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage.

Bei Anwendung des § 313 BGB ist nämlich ebenfalls zu beachten, dass grundsätzlich jede Partei ihre aus dem Vertrag ersichtlichen Risiken selbst zu tragen hat. Grundsätzlich kann daher derjenige, der die entscheidende Änderung der Verhältnisse, wie hier den Umzug, selbst bewirkt hat, aufgrund dieser Änderung keine Rechte herleiten (BGH, Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10 –).