Tag Belästigung

AG Lübeck spricht Mann, der am Spülsaum der Ostsee, im Schutz der Dunkelheit, uriniert hatte, vom Vorwurf der Belästigung der Allgemeinheit frei 

Mit Urteil vom 29.06.2023 – 83a OWi 739 Js 4140/23 jug. – hat das Amtsgericht (AG) Lübeck 

  • einen Mann freigesprochen, 

gegen den 

  • von der zuständigen Behörde, 

weil er,

  • wie eine Patrouille des Ordnungsamtes bei Annäherung und unter Verwendung einer Taschenlampe hatte feststellen können,    

gegen 00:36 Uhr, am Spülsaum der Ostsee,

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Was Anwohner, wenn sie sich durch das Hundegebell von einem in der Nähe befindlichen Hundespielplatz gestört fühlen, wissen sollten

Mit Urteil vom 09.07.2023 – VG 24 K 148.19 – hat die 24. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin in einem Fall, in dem eine Anwohnerin gegen einen 

  • von der Stadt eingerichteten und 
  • von einem privaten Bürgerverein betriebenen 

umzäunten und mit einem abschließbaren Tor versehenen, 

  • Montag bis Samstag von 8 bis 20 Uhr und Sonn- und Feiertags von 8 bis 13 sowie von 15 bis 20 Uhr geöffneten

Hundespielplatz mit der Begründung,

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Waschmittelproben in Briefkästen zu Werbezwecken verteilen ist unzulässig

Mit Urteil vom 14.08.2018 – 3-06 O 8/18 – hat das Landgericht (LG) Frankfurt entschieden, dass es unzulässig ist, zu Werbezwecken ungefragt Probepackungen eines Flüssigwaschmittels in Briefkästen zu verteilen.

Diese Art der Werbung sei, so das LG, eine unzumutbare Belästigung von Verbrauchern, weil

  • der Inhalt von Briefkästen oft für Kinder zugänglich ist, deswegen aufgrund ihrer Zusammensetzung mit Warnhinweisen versehenen Proben des Flüssigwaschmittels eine Gefährdung von Kindern nicht auszuschließen ist

und

Extreme Geruchsbelästigung durch einen Mieter in einem Mehrfamilienhaus kann Grund für eine fristlose Kündigung

…. des Mietverhältnisses sein.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Ansbach mit Urteil vom 01.06.2017 – 3 C 865/16 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • aus der Wohnung einer Mieterin, offensichtlich auf eine nicht artgerechte Hundehaltung der Mieterin sowie die Verunreinigung der Wohnung durch den Hund zurückzuführender so extremer Fäkaliengestank ins Treppenhaus und den Außenbereich gedrungen war,
  • dass andere Bewohner des Mehrfamilienhauses mitunter ihren Garten und Balkon nicht mehr nutzen sowie teilweise die eigenen Fenster nicht mehr öffnen konnten und

der Vermieter deswegen das Mietverhältnis mit der Mieterin fristlos gekündigt hatte, entschieden, dass

Können Anwohner die Beseitigung eines Altglassammelbehälters verlangen?

Ist in einem „Wohngebiet“ ein Altglassammelbehälter

  • in einem Abstand von weniger als 6 m zu einem Wohnhaus aufgestellt und
  • sind dessen Bewohner dadurch einer unzumutbaren Lärmbelastung ausgesetzt,

können sie die Beseitigung des Altglassammelbehälters verlangen.

Anspruchsgrundlage für ein solches Begehren ist der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch.
Danach kann jemand, der durch schlichtes öffentlich-rechtliches Handeln der Verwaltung in seinen Rechten verletzt wird, fordern, dass diese die andauernden Folgen ihres rechtswidrigen Vorgehens rückgängig macht. Dieser Anspruch auf Folgenbeseitigung ergänzt den allgemeinen Anspruch auf Unterlassung rechtswidrigen hoheitlichen Handelns. Die Ansprüche finden ihre Grundlage in den Grundrechten und dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 29.07.2015 – 6 C 35.14 –).

Maßstab für die Beurteilung der Lärmwirkung ist § 22 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (BImSchG).
Nach dieser Vorschrift sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen – wie Altglassammelbehälter (vgl. nur Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Beschluss vom 27.10.1993 – 26 CE 92.2699 –; HessVGH, Urteil vom 24.08.1999 – 2 UE 2287/96 –; Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.06.2010 – 8 A 10357/10 –) – so zu errichten und zu betreiben, dass

  • schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
  • nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
  • die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden.

Schädliche Umwelteinwirkungen sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind,

  • Gefahren,
  • erhebliche Nachteile oder
  • erhebliche Belästigungen

für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Ob eine Belästigung als erheblich anzusehen ist,

  • kann dabei nicht allein anhand der Vorgaben technischer Regelwerke beurteilt werden.
  • Abzustellen ist vielmehr auch auf die soziale Adäquanz einer Lärmeinwirkung.

Bestimmte Verhaltensweisen oder Zustände, die sich im sozialen Zusammenleben ergeben und die sich möglicherweise für den Einzelnen sogar nachteilig auswirken, werden nämlich von der Bevölkerung insgesamt hingenommen, weil sich die Verhaltensweisen oder Zustände noch in den Grenzen des als sozial Üblichen oder Tolerierbaren halten.

  • Altglassammelcontainer sind grundsätzlich innerhalb von Wohngebieten als sozial adäquat und damit als nicht erheblich störend anzusehen (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.06.2010 – 8 A 10357/10 –).

Ein Standort eines Altglassammelbehälters erweist sich demzufolge nur dann als unzulässig, wenn besondere Umstände hinzutreten, die die Belastung über das Maß hinaus ansteigen lassen, das typischerweise zugemutet wird.

Solche Umstände können vorliegen, wenn bei der Bestimmung geeigneter Stellplätze für Altglassammelbehälter der Geräuschklasse I/ZU 21 in Wohngebieten der vom Umweltbundesamt empfohlene Mindestabstand von 12 m zum Immissionsort (vgl. nur OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.06.2010 – 8 A 10357/10 –) deutlich unterschritten wird.

Darauf hat der VGH Baden-Württemberg mit Beschluss vom 07.07.2016 – 10 S 579/16 – hingewiesen.

Wann kann wegen unzulässiger Telefonwerbung (auch) Schadensersatz verlangt werden?

Wird mit einem Telefonanruf

  • gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige Einwilligung oder
  • gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung

geworben, liegt gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eine unzumutbare Belästigung vor.

Möchte man wegen erfolgter Verletzung dieser Bestimmung in Verbindung mit § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB (vgl. zur unverlangten Zusendung von E-Mails Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 20.05.2009 – I ZR 218/07 – und Urteil vom 12.09.2013 – I ZR 208/12 –) – neben künftiger Unterlassung auch – Schadensersatz verlangen,

  • muss einem allerdings ein in den Schutzbereich des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG fallender Schaden entstanden sein,

weil ersatzfähig nur der Schaden ist, der vom Schutzbereich der verletzten Norm erfasst ist (BGH, Urteile vom 22.09.1999 – I ZR 48/97 – und vom 04.07.2014 – V ZR 229/13 –).

  • Eine Haftung besteht damit nur für diejenigen äquivalent und adäquat verursachten Schadensfolgen, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2013 – VI ZR 116/12 –).

Bewahren soll die Bestimmung des § 7 UWG Verbraucher und Marktteilnehmer vor einer unzumutbaren Belästigung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 UWG).
Gegenstand des Schutzes ist die Verhinderung des Eindringens des Werbenden in die Privatsphäre des Verbrauchers und die geschäftliche Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des sonstigen Marktteilnehmers.

Es soll verhindert werden,

  • dass dem Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer Werbemaßnahmen gegen seinen erkennbaren oder mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden (vgl. BGH, Urteile vom 01.04.2004 – I ZR 227/01 –; vom 09.09.2004 – I ZR 93/02 –; vom 01.06.2006 – I ZR 167/03 –; vom 11.03.2010 – I ZR 27/08 – und vom 03.03.2011 – I ZR 167/09 –) und darüber hinaus,
  • dass die belästigende Werbung zu einer Bindung von Ressourcen des Empfängers (z.B. Zeitaufwand, Kosten für Faxpapier, Vorhaltekosten von Empfangseinrichtungen, Entsorgungskosten) führt.

Dagegen bezweckt § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht den Schutz der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer.
Das Erfordernis einer über die Belästigung hinausgehenden Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit, etwa unter dem Gesichtspunkt der Überrumpelung, lässt sich dem Wortlaut der Bestimmung des § 7 UWG nicht entnehmen und die Einbeziehung der Entscheidungsfreiheit des Umworbenen in den Schutzbereich von § 7 UWG würde zudem die auch durch das Unionsrecht nahegelegten systematischen Grenzen zu § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG verwischen.

Darauf hat der I. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 21.04.2016 – I ZR 276/14 – hingewiesen.