Tag Belege

BGH entscheidet: Wohnungsmieter haben Recht auf Einsicht auch in die einer Betriebskostenabrechnung

…. zugrundeliegenden Zahlungsbelege und bis dahin ein Leistungsverweigerungsrecht.

Mit Urteil vom 09.12.2020 – VIII ZR 118/19 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem ein Wohnungsvermieter von seinem Mieter eine Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung begehrt und diesem auf sein Verlangen hin zwar Einsicht 

  • in die der Abrechnung zugrundeliegenden Rechnungsbelege gewährt, 

aber die darüber hinaus verlangte Einsichtnahme 

  • in die entsprechenden Zahlungsbelege abgelehnt 

hatte, entschieden, dass das Recht des Mieters auf Einsicht in die Belege einer Betriebskostenabrechnung sich 

  • neben den Rechnungen
  • auch auf die dazugehörigen Zahlungsbelege 

über die in der Abrechnung auf die Mieter umgelegten Betriebskosten erstreckt und einem Mieter gegenüber dem auf eine Betriebskostenabrechnung gestützten Zahlungsverlangen des Vermieters ein 

  • aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) folgendes (temporäres) Leistungsverweigerungsrecht 

zusteht, solange ihm eine nach § 259 Abs. 1 BGB berechtigterweise begehrte Belegeinsicht nicht gewährt worden ist.

Begründet hat der Senat dies damit, dass sich das allgemeine Kontrollinteresse des Mieters darauf erstreckt, 

  • ob der Vermieter die in die Abrechnung eingestellten Leistungen Dritter seinerseits auch so (vollständig) bezahlt hat, 

weil, wenn

  • das nicht der Fall ist bzw.
  • der Vermieter keine Zahlungsbelege vorlegen kann, 

dies für den Mieter zumindest Anlass sein kann, 

  • für Nachfragen oder 
  • zur Erhebung von Einwendungen gegen einzelne Kostenpositionen. 

BGH entscheidet, wer was darlegen und beweisen muss, wenn von Wohnungsmietern die Heizkostenabrechnung bestritten wird und

…. wann bei von Wohnungsvermietern verweigerter Belegeinsicht im Zusammenhang mit der jährlichen Betriebskostenabrechnung Mieter eine geforderte Nachzahlung vorläufig verweigern dürfen.

Mit Urteil vom 07.02.2018 – VIII ZR 189/17 – hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass, wenn in einem Wohnraummietvertrag

  • gemäß § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbart ist, dass der Mieter die Betriebskosten zu tragen sowie
  • hierauf bestimmte monatliche Vorauszahlung zu leisten hat und

der Vermieter bei der jährlichen Abrechnung eine Nachzahlung fordert, der Vermieter

  • die Darlegungs- und Beweislast für die erhobene Forderung,
  • also für die richtige Erfassung, Zusammenstellung und Verteilung der angefallenen Betriebskosten auf die einzelnen Mieter (in einem Mehrfamilienhaus)

trägt.

Danach sind Mieter, die beispielsweise bestreiten, dass die in einer vom Vermieter verlangten Nachzahlung auf die in den Betriebskosten enthaltenen Heizkosten nicht

  • richtig erfasst und/oder
  • verteilt worden sind,

nicht verpflichtet Anhaltspunkte vorzutragen, aus denen sich die Unrichtigkeit der ihnen in Rechnung gestellten Verbrauchswerte ergibt.

Vielmehr muss im Streitfall

  • der Vermieter die von ihm vorgenommene Verbrauchserfassung, Zusammenstellung und Verteilung darlegen und
  • unter Beweis stellen,

so dass das Gericht

  • die Zuverlässigkeit und Korrektheit beurteilen und
  • die dazu vom Vermieter angebotenen Beweise erheben kann.

Bei einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Heizkosten in einem gemeinsam versorgten Mietobjekt können, so der Senat, Mieter

  • auch die Einsichtnahme in die vom Vermieter erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer hinsichtlich der Heizkosten verlangen, um sich Klarheit zu verschaffen,
    • ob der Gesamtverbrauchswert mit der Summe der Verbrauchsdaten der anderen Wohnungen übereinstimmt,
    • ob deren Werte plausibel sind oder
    • ob sonst Bedenken gegen die Richtigkeit der Kostenverteilung bestehen

und besteht für Mieter

  • solange keine Verpflichtung zur Leistung der geforderten Nachzahlung,
  • solange Vermieter unberechtigt eine entsprechend begehrte Belegeinsicht verweigern (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 07.02.2018).

Reisende, die Kosten einer Auslandskrankenbehandlung von ihrer Auslandsreisekrankenversicherung erstattet haben wollen

…. sollten darauf achten, dass die Behandlungsbelege vollständig und nicht lückenhaft sind, also neben Namen und Geburtsdatum der behandelten Person auch

  • das Behandlungsdatum,
  • den Grund der Behandlung und
  • die einzelnen ärztlichen Leistungen und Kosten

enthalten.

Denn im Streitfall muss der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall nachweisen können und wenn die bei der Auslandsreisekrankenversicherung einzureichenden Rechnungsunterlagen unvollständig oder lückenhaft sind,

  • beispielweise, wenn aus ihnen nicht hervorgeht, an welchen Erkrankungen die versicherte Person litt (Diagnose) und inwieweit diese Erkrankungen behandelt wurde,

kann dies zu Lasten des Versicherungsnehmers gehen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 30.5.2017 – 159 C 517/17 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 10.11.2017).