Tag Beschäftigter

Wer als Treiber oder Hundeführer zu einer Gesellschaftsjagd eingeladen wird, sollte wissen, dass er dabei

…. nicht gemäß § 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) Kraft Gesetzes unfallversichert ist.

Mit Urteil vom 05.11.2019 – L 3 U 45/17 – hat der 3. Senat des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) in einem Fall, in dem ein Mann mit Jagderlaubnis auf Einladung der Forstverwaltung als Hundeführer/Treiber an einer Gesellschaftsjagd teilgenommen hatte,

  • mit welcher die Wildschweinproblematik gelöst werden sollte,

dabei beim Laufen

  • mit Jagdhund und unterladener Waffe durch ein Brombeerfeld, um in einer Linie mit den anderen Treibern das Wild herauszutreiben,

gestürzt war und sich verletzt hatte, entschieden, dass der Mann als Jagdgast während der Gesellschaftsjagd

  • nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat.

Begründet hat der Senat dies damit, dass der verunglückte Mann, da er zum Unfallzeitpunkt als Treiber mit Hund sowie als Teil einer Treibergruppe

  • eine jagdtypische Tätigkeit ausgeübt und
  • keine fremdbestimmte Arbeit verrichtet habe,

weder als Beschäftigter noch als Wie-Beschäftigter der Forstverwaltung oder des Jagdleiters tätig gewesen sei.

Wie der Senat ausführte, handle es sich bei den bestimmten Rollenanweisungen sowie Zeit- und Ortsvorgaben, die alle Teilnehmer einer Gesellschaftsjagd erhalten,

  • nicht um Weisungen in einem Arbeitsverhältnis,
  • sondern um Weisungen im Hinblick auf die Sicherheit und das Gelingen der privatnützigen Jagd als Ganze,

sei zudem

  • die Handlungstendenz des verunfallten Jagdteilnehmers auf das eigene private Interesse an dem besonderen Jagdgeschehen sowie auf die Arbeit seines Jagdhundes gerichtet gewesen

und habe den Verunglückten auch der Umstand, dass die Forstverwaltung mit der Gesellschaftsjagd

  • die Wildschweinproblematik in den Griff habe bekommen wollen und
  • er mit der Jagdausübung zugleich auch deren Interesse wahrgenommen habe,

nicht zum Beschäftigten oder Wie-Beschäftigten gemacht.

Hinweis:
Offengelassen hat der Senat, ob die Rechtslage bei

  • den (die Schützen einweisenden) Anstellern oder
  • den (jeweils eine der Treibergruppen durch das Gelände führenden) Revierleiterkollegen des Jagdleiters

anders zu beurteilen ist und diese gesetzlich unfallversichert sind (Quelle: Pressemitteilung des LSG Darmstadt).

Sportvereinsmitglieder sollten wissen, dass sie bei der Verrichtung von satzungsgemäßen Arbeitsstunden

…. in der Regel nicht gesetzlich unfallversichert sind,

  • sondern nur bei der Ausführung von Sonderaufgaben, die über die geregelten Arbeiten aus der Vereinssatzung hinausgehen, ein Arbeitsunfall vorliegen kann.

Mit Beschluss vom 28.08.2019 – L 6 U 78/18 – hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem Fall, in dem

  • die Satzung eines Segelfliegervereins vorsah, dass die Vereinsmitglieder 60 Arbeitsstunden pro Jahr u.a. in Form von Platz- und Wegearbeiten auszuführen haben und

ein Vereinsmitglied bei der Erledigung dieser Arbeitsstunden und der Verrichtung von Platz- und Wegearbeiten verunfallt war, entschieden, dass

  • es sich hierbei um keinen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Danach können Vereinsmitglieder, wenn die von ihnen verrichtete Arbeit,

  • bei der sie verunfallt sind,

nicht über die normalen Pflichten als Vereinsmitglied hinausgeht, keinen Arbeitsunfall geltend machen.

Begründet hat das LSG dies damit, dass

  • die Mitgliedschaft in einem Sportverein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses und damit auch eine versicherte Tätigkeit wie ein Beschäftigter iSd § 2 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) zwar nicht ausschließt,

ein gesetzlicher Versicherungsschutz jedoch nicht besteht, wenn

  • der Grund der verrichteten Tätigkeit auf Mitgliedspflichten beruht, also

die unfallbringende Tätigkeit

  • mitgliedschaftlich und
  • nicht arbeitnehmerähnlich

geprägt ist.

BSG entscheidet wann ein Geschäftsführer einer GmbH, der zugleich Gesellschafter ist, sozialversicherungspflichtig ist

Mit Urteilen vom 15.03.2018 – B 12 KR 13/17 R, B 12 R 5/16 R – hat das Bundessozialgericht (BSG) darauf hingewiesen, dass ein Geschäftsführer einer GmbH, wenn er

  • nicht zugleich mindestens 50% der Anteile am Stammkapital hält oder
  • im Falle einer geringeren Kapitalbeteiligung, nicht kraft ausdrücklicher Regelungen im Gesellschaftsvertrag (Satzung) über eine umfassende („echte“/qualifizierte) Sperrminorität verfügt, die es ihm ermöglicht, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern,

als Beschäftigter (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)) der GmbH anzusehen ist und damit der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

Denn, so das BSG,

  • nicht abhängig beschäftigt,

sei ein Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter der GmbH ist, nur dann, wenn er auch

Zeckenbiss eines Beschäftigten kann Arbeitsunfall sein

…. für den gesetzlicher Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) besteht.

Voraussetzung für die Anerkennung eines Zeckenbisses als Arbeitsunfall ist jedoch, dass der Beschäftigte zum Zeitpunkt des Zeckenbisses bzw. des Erstkontaktes mit der Zecke einer versicherten Tätigkeit nachgegangen ist.

  • Steht dies nicht fest, scheidet eine Anerkennung als Arbeitsunfall aus.

Darauf hat das Thüringer Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 09.08.2017 – L 1 U 150/17 – in einem Fall hingewiesen, in dem eine Lehrerin

Sind Familienangehörige, wenn sie familienhafte Mithilfe an einem Bauvorhaben leisten, gesetzlich unfallversichert oder nicht?

Dazu, ob bzw. wann es sich um ein als Arbeitsunfall anzuerkennendes Ereignis handeln kann, wenn beispielsweise der Schwiegervater in seiner Freizeit seinem Schwiegersohn beim Neubau einer Garage gemeinsam mit anderen Helferdienste leistet und bei der Ausführung der Arbeiten verunfallt, hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 14.6.2016 – L 9 U 842/16 – ausgeführt, dass

  • nach § 2 Abs. 1 Ziffer 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) „Beschäftigte“ sowie
  • nach § 2 Abs. 2 SGB VII solche Personen, die „wie Beschäftigte“ tätig werden,

kraft Gesetzes unfallversichert sind wenn sie einen Arbeitsunfall erleiden.

Ein Arbeitsunfall liegt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII vor,

  • bei einem Unfall eines Versicherten
  • infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).

Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).

Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass

  • die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang),
  • diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) verursacht hat (Unfallkausalität) und
  • das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 29.11.2011 – B 2 U 10/11 R -; vom 18.01.2011 – B 2 U 9/10 R – und vom 18.11.2008 – B 2 U 27/07 R -).

Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII liegt vor, wenn

  • der Versicherte zu dem Arbeitgeber in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis gestanden hat (BSG, Urteil vom 24.03.1998 – B 2 U 21/97 R -).

Kennzeichnend hierfür sind

  • die Eingliederung in das Unternehmen des Arbeitgebers,
  • das damit verbundene Weisungs- und Direktionsrecht des Unternehmers,
  • dessen Anordnungsrechte bezüglich Arbeit, Zeit und Ort der Arbeitsausübung,
  • Vereinbarungen bezüglich Vergütung, Kündigungsfristen und Urlaub.

Fehlte es an diesen Kriterien liegt ein Beschäftigungsverhältnis nicht vor.

Wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird tätig (sog. Wie-Beschäftigung), wer eine Verrichtung ausübt, die einer Ausübung einer Beschäftigung vergleichbar ist (BSG, Urteil vom 15.06.2010 – B 2 U 12/09 R -).
§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII erfasst tatbestandlich Tätigkeiten,

  • die ihrer Art nach zwar nicht sämtliche Merkmale der Ausübung einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aufweisen,
  • in ihrer Grundstruktur aber einer solchen ähneln.

Es muss eine

  • ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende,
  • dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers (vgl. § 136 Abs. 3 SGB VII) entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert verrichtet werden,
    • die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte und regelmäßig verrichtet wird,
    • die in einem fremden Unternehmen dafür eingestellt sind (vgl. BSG, Urteile vom 27.03.2010 – B 2 U 5/11 R -; vom 15.06.2010 – B 2 U 12/09 R – und vom 13.09.2005 – B 2 U 6/05 R -).

Dabei reicht es nicht aus,

  • dass eine Tätigkeit einem fremden Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach sonst üblicherweise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist.

Vielmehr kommt es auf die objektiv arbeitnehmerähnliche Handlungstendenz an, die vom bloßen Motiv für das Tätigwerden zu unterscheiden ist (vgl. BSG, Urteile vom 05.07.2005 – B 2 U 22/04 R – und vom 26.06.2007 – B 2 U 35/06 R -).

  • Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt, in Wirklichkeit wesentlich allein eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern wie ein Unternehmer eigenwirtschaftlich tätig und steht daher auch nicht nach § 2 Abs. 2 SGB VII wie ein Beschäftigter unter Versicherungsschutz (vgl. BSG, Urteile vom 05.07.2005 – B 2 U 22/04 R – und vom 26.06.2007 – B 2 U 35/06 R -).

Auch kann eine der Ausübung einer Beschäftigung ähnliche Tätigkeit unter Umständen zu verneinen sein, wenn die Verrichtung wegen und im Rahmen einer Sonderbeziehung zum Unternehmer erfolgt.

  • Eine „Sonderbeziehung“ liegt vor bei Verwandtschaft oder bei einer Gefälligkeit für Bekannte bzw. Freunde.

Jedoch sind auch dann, wenn eine solche „Sonderbeziehung“ besteht, alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen.
Dabei kann sich ergeben, dass die konkrete Verrichtung

  • außerhalb dessen liegt, was für enge Verwandte, Freunde oder Bekannte getan wird oder
  • nicht wegen der Sonderbeziehung vorgenommen wird.

Dann kann sie den Tatbestand der „Wie-Beschäftigung“ erfüllen (BSG, Urteil vom 27.03.2012 – B 2 U 5/11 R -).

Je enger jedoch der Verwandtschaftsgrad ist, desto eher wird die Tätigkeit allein aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses durchgeführt (BSG, Urteile vom 26.10.1978 – 8 RU 14/78 – und vom 18.11.1997 – 2 BU 52/97 -).

  • Insbesondere kann die Beziehung der Eltern zu ihren Kindern bzw. umgekehrt als engstes verwandtschaftliches Gemeinschaftsverhältnis selbst bei einem erheblichen Umfang der Tätigkeit der Leistung das Gepräge geben, sodass kein Versicherungsschutz besteht (BSG, Urteil vom 25.10.1989 – 2 RU 4/89 -).

Dies gilt namentlich bei der unentgeltlichen Mitarbeit von nahen Familienangehörigen, die in häuslicher Gemeinschaft leben (BSG, Urteil vom 20.04.1993 – 2 RU 38/92 -).

Wer während des Urlaubs eines Bekannten dessen Hund betreut ist nicht gesetzlich unfallversichert

Betreut man den Hund eines Bekannten wird man regelmäßig nicht wie ein Beschäftigter tätig und ist man demzufolge auch nicht gesetzlich unfallversichert.

Darauf hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 12.04.2016 – L 3 U 171/13 – hingewiesen und entschieden, dass kein gesetzlich versicherter Arbeitsunfall vorliegt, wenn

  • eine Person auf Bitte eines Bekannten die Betreuung des Hundes des Bekannten während des mehrwöchigen Urlaubs des Bekannten übernimmt und
  • von dem Hund beim Spielen mit dem Tier gebissen wird.

Danach handelt es sich in einem solchen Fall, so das LSG, jedenfalls dann, wenn dem Hundebetreuer bei der Betreuung des Tieres weitgehend freie Hand gelassen wird,

  • nicht um eine abhängige Beschäftigung oder eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit, so dass der Hundebetreuer weder als Beschäftigter des Hundebesitzers noch als sog. Wie-Beschäftigter gesetzlich unfallversichert ist, sondern

um eine selbstständige Geschäftsbesorgung oder selbstständige Dienstleistung (Quelle: Pressemitteilung des LSG Darmstadt vom 03.05.2016 – Nr. 6/2016 –).