Tag Diagnose

ArbG Köln entscheidet: Weigerung eines Arbeitnehmers eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, kann,

…. nach erfolgloser Abmahnung, eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Mit Urteil vom 17.06.2021 – 12 Ca 450/21 – hat die 12. Kammer des Arbeitsgerichts (ArbG) Köln entschieden, dass ein Arbeitgeber, der

  • aufgrund der Pandemiesituation 

allen bei ihm im Außendienst beschäftigten Arbeitnehmern die Anweisung erteilt hat, bei der 

  • Arbeit bei Kunden 

eine 

  • Mund-Nasen-Bedeckung

zu tragen, das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer

  • fristlos

kündigen kann, der 

  • auch nach erfolgter Abmahnung 

nur dann bereit ist, den Serviceauftrag bei einem 

  • auf das Tragen einer Maske ausdrücklich bestehenden 

Kunden durchzuführen, wenn er 

  • keine Maske tragen muss. 

Übrigens:
Um eine Befreiung von der Maskenpflicht aus gesundheitlichen Gründen zu rechtfertigen, ist ein Attest 

  • ohne konkrete Diagnose eines Krankheitsbildes, 

das also beispielsweise lediglich lautet, dass es dem Arbeitnehmer 

  • „aus medizinischen Gründen unzumutbar ist, eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der SARS-COV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung zu tragen“

nicht hinreichend aussagekräftig und muss deshalb auch von einem Arbeitgeber nicht anerkannt werden (Quelle: Pressemitteilung des ArbG Köln). 

OLG Düsseldorf entscheidet: Kein Schmerzensgeld für einen 24-Jährigen, dem mit 5 Jahren die Vorhaut operativ

…. entfernt wurde wegen Spätfolgen.

Mit Urteil vom 01.07.2021 – I-8 U 165/20 – hat der für das Arzthaftungsrecht zuständige 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf die

  • Klage eines 24-jährigen Mannes 

abgewiesen, dem 

  • als Kind im Alter von 5 Jahren wegen einer diagnostizierten hochgradigen Phimose 

operativ die Vorhaut entfernt wurde, der unter den Folgen heute noch leidet und der mit der Begründung, dass damals 

  • eine Salbentherapie, wie sie heute üblich ist, ausgereicht hätte und 
  • darüber seine Eltern hätten aufgeklärt werden müssen, 

von 

  • dem Urologen und 
  • dem Träger des Krankenhauses, in welchem der Eingriff 2003 durchgeführt wurde, 

30.000 EUR Schmerzensgeld verlangt hatte.

Die Klage hatte, wie vom Senat ausführt worden ist, deshalb keinen Erfolg, weil der 24-Jährige weder hatte beweisen können, 

  • dass die seinerzeit gestellte Diagnose einer hochgradigen Phimose unrichtig war, 

noch, 

  • dass die aufgrund dieser Diagnose durchgeführte Zirkumzision behandlungsfehlerhaft durchgeführt wurde. 

Auch durfte der Urologe, 

  • da die Art der Behandlung anhand der im Jahr 2003 geltenden Standards zu beurteilen ist, 

im Jahr 2003 davon ausgehen, dass 

  • aufgrund der festgestellten Verengung 

die operative Entfernung der Vorhaut geboten ist und mussten die Eltern des damals 5-Jährigen,

  • nachdem nach den damaligen Verhältnissen eine Salbentherapie noch nicht als gleichwertige Therapieform etabliert war, 

über die Möglichkeit einer Salbentherapie nicht aufgeklärt werden, so dass aus der maßgeblichen Sicht des Jahres 2003 folglich 

  • dem Arzt und damit auch dem Krankenhaus 

nichts vorzuwerfen ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf).

Was Eltern schulpflichtiger Kinder über die Maskenpflicht an Schulen und die Befreiung hiervon wissen sollten

Mit Beschluss vom 26.10.2020 – 20 CE 20.2185 – hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in einem Fall, in dem zwei in Bayern lebende Grundschülerinnen, 

  • bei der Schule 

ärztliche Atteste vorgelegt hatten, in denen 

  • ohne weitere Begründung 

bescheinigt worden war, dass sie aus gesundheitlichen Gründen keine Masken in der Schule tragen könnten und diese Atteste von der Grundschule 

  • als nicht hinreichend aussagekräftig 

zurückgewiesen worden waren, entschieden, dass die Atteste zur Glaubhaftmachung 

  • aus gesundheitlichen Gründen von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung befreit zu sein 

nicht ausreichen, vielmehr hierfür erforderlich ist, die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, die 

  • nachvollziehbare Befundtatsachen sowie 
  • eine Diagnose 

enthält.

Begründet hat der VGH dies damit, dass 

  • anders als etwa bei einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder einem Attest zur Befreiung vom Schulbesuch wegen Krankheit 

hier auch Grundrechtspositionen insbesondere von anderen Schülern sowie des Schulpersonals

  • – das Recht auf Leben und Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) –

betroffen seien, für die die Schule eine herausgehobene Verantwortung trage, die Maskenpflicht diene dazu, 

  • andere vor einer Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus zu schützen sowie 
  • die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Covid-19 in der Bevölkerung zu reduzieren 

und datenschutzrechtliche Bestimmungen dem grundsätzlich nicht entgegen stehen (Quelle: Pressemitteilung des VGH München).

Ärzte und Patienten sollten wissen, was einen Befunderhebungs-, was einen Diagnosefehler und was einen Fehler der

…. therapeutischen Aufklärung kennzeichnet und wann Ärzte wegen solcher Fehlverhalten für bei den Patienten eingetretene Gesundheitsschäden schadensersatz- und/oder schmerzensgeldzahlungspflichtig sein können. 

Ein 

  • Befunderhebungsfehler 

ist einem Arzt vorzuwerfen, wenn er 

  • die Erhebung medizinisch gebotener Befunde unterlassen hat,

eine 

  • unrichtige diagnostische Einstufung einer Erkrankung 

ihren Grund also bereits darin hatte, dass der Arzt 

  • die nach dem medizinischen Standard gebotenen Untersuchungen (erst) gar nicht veranlasst hat, 
  • er mithin aufgrund unzureichender Untersuchungen vorschnell zu einer Diagnose gelangt ist, ohne diese durch die medizinisch gebotenen Befunderhebungen abzuklären, 

bzw. wenn 

  • mehrere Krankheitsbilder in Betracht kommen oder 
  • sich nach einer Erstdiagnose eine darauf gegründete Therapie keine Wirkung zeigt oder 
  • sich weitere Krankheitserscheinungen zeigen, die für die diagnostizierte Erkrankung untypisch sind 

und

  • (differentialdiagnostische) Untersuchungsmaßnahmen unterblieben sind, durch die weiterer Aufschluss hätte gewonnen werden können.

Im Unterschied dazu ist einem Arzt ein 

  • Diagnoseirrtum

vorzuwerfen, wenn er

  • alle medizinisch notwendigen Befunde erhoben hat, um sich eine ausreichende Basis für die Einordnung der Krankheitssymptome zu verschaffen, 

die erhobenen oder sonst vorliegenden Befunde jedoch 

  • falsch interpretiert und 
  • deswegen die aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereichs gebotenen – therapeutischen oder diagnostischen – Maßnahmen nicht ergriffen hat.

Ein 

  • Fehler der therapeutischen Aufklärung 

ist einem Arzt vorzuwerfen, wenn sein Fehlverhalten 

  • in dem Unterlassen von Warnhinweisen zum Zwecke der Sicherstellung des Behandlungserfolgs

liegt, der Patient also beispielsweise 

  • zutreffend über das Vorliegen eines kontrollbedürftigen Befundes und die medizinisch gebotenen Maßnahmen einer weiteren Kontrolle informiert, 
  • aber auf die Dringlichkeit der gebotenen Maßnahmen nicht hingewiesen worden ist. 

Hat in einem solchen Fall auch ein Befunderhebungsfehler vorgelegen, kommt es für die Abgrenzung darauf an, ob der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit des ärztlichen Fehlverhaltens liegt

  • in der unterbliebenen Befunderhebung als solcher oder 
  • in dem Unterlassen von Warnhinweisen zum Zwecke der Sicherstellung des Behandlungserfolgs. 

Fehlt es beispielsweise  

  • sowohl an dem Hinweis, dass ein kontrollbedürftiger Befund vorliegt, 
  • als auch dass Maßnahmen zur weiteren Abklärung medizinisch geboten sind, 

liegt der 

  • Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit 

regelmäßig in der unterbliebenen Befunderhebung.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.05.2020 – VI ZR 213/19 – hingewiesen (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 26.01.2016 – VI ZR 146/14 –).