Tag Gefährdung

Eltern sollten wissen wann und wie das Familiengericht in ihr Elternrecht eingreifen darf und wann ihr Recht

…. vorrangig ist, frei von staatlichen Einflüssen und Eingriffen nach eigenen Vorstellungen darüber zu entscheiden,

  • wie sie die Pflege und Erziehung ihrer Kinder gestalten und
  • damit ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen.

Das Familiengericht hat gemäß § 1666 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dann, wenn

  • das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes (konkret) gefährdet ist und
  • die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden

die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen, zu denen gemäß § 1666 Abs. 3 BGB insbesondere gehören,

  • Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
  • Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
  • Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
  • Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
  • die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge sowie
  • die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge und
  • in Angelegenheiten der Personensorge gemäß § 1666 Abs. 4 BGB auch zu treffende Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten.

Eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls besteht bei einer

  • gegenwärtigen,
  • in einem solchen Maß vorhandenen Gefahr,

dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge,

  • mit (auf konkreten Verdachtsmomenten beruhender) hinreichender Wahrscheinlichkeit

eine

  • erhebliche

Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes zu erwarten ist, wobei

  • an die Wahrscheinlichkeit des erheblichen Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind,
  • je schwerer der drohende Schaden wiegt.

Nicht gerechtfertigt sind gerichtliche Maßnahmen nach § 1666 BGB selbst bei hoher Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines

  • nicht erheblichen

Schadens.

Aber auch dann, wenn eine Kindeswohlgefährdung besteht,

  • also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls eines Kindes zu erwarten ist,

muss der Eingriff in das Elternrecht,

  • der zur Abwehr der Gefahr für das Kind zu erfolgen hat,

dem – für den Fall der Trennung des Kindes von der elterlichen Familie in § 1666 a BGB ausdrücklich geregelten – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

Das heißt,

  • Art und Ausmaß des staatlichen Eingriffs müssen sich bestimmen,
    • nach dem Grund des Versagens der Eltern und
    • danach, was im Interesse des Kindes geboten ist,
  • die anzuordnende Maßnahme muss zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung
    • geeignet,
    • erforderlich und
    • auch im engeren Sinne verhältnismäßig sein, nämlich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch
      • des Verhältnisses zwischen der Schwere des Eingriffs und seiner Folgen, dem Gewicht des dem Kind drohenden Schadens und dem Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für das Kind.

Die – auch teilweise – Entziehung der elterlichen Sorge als besonders schwerer Eingriff kann daher nur bei einer nachhaltigen Gefährdung des Kindes mit einer höheren – einer ebenfalls im Einzelfall durch Abwägung aller Umstände zu bestimmenden ziemlichen – Sicherheit eines Schadenseintritts verhältnismäßig sein.
Dagegen kann die Anordnung weniger einschneidender Maßnahmen bereits bei geringerer Wahrscheinlichkeit verhältnismäßig sein (Bundesgerichtshofs (BGH) Beschluss vom 06.02.2019 – XII ZB 408/18 –).

Übrigens:
Eine das Elternrecht schonende Maßnahme,

  • die gerichtliche Maßnahmen nach § 1666 Abs. 3 BGB erübrigen können,

kann beispielsweise die Beauftragung und Bevollmächtigung des Jugendamtes durch die Eltern zur Ausübung der elterlichen Sorge bzw. Teilbereichen der elterlichen Sorge sein.

Durch eine solche Auftrags- und Vollmachtserteilung,

  • die angesichts der Regelung des § 18 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) das Jugendamt anzunehmen verpflichtet sein kann,

werden die Eltern als Inhaber der rechtlichen Sorge für ihr Kind aber nicht aus ihrer Elternverantwortung entlassen, sondern sind weiterhin,

  • um eine dem Kindeswohl entsprechende Sorgerechtsausübung zu gewährleisten,

zur fortdauernden Kommunikation und Kooperation mit dem bevollmächtigen Jugendamt verpflichtet.

Erfüllen die Eltern die Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit dem bevollmächtigten Jugendamt nicht, kommen – trotz Vollmachterteilung – (wieder) Maßnahmen nach § 1666 Abs. 3 BGB in Betracht (Hanseatisches Oberlandesgericht (OLG) in Bremen, Beschluss vom 05.01.2018 – 4 UF 134/17 –).

Was Kraftfahrzeugführer über ihre Verhaltenspflichten gegenüber Kindern wissen müssen

Nach § 3 Abs. 2 a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) muss derjenige, der ein Fahrzeug führt, sich

  • gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen,
  • insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft,

so verhalten, dass

  • eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Durch diese Vorschrift ist eine gegenüber dem Regelfall erhöhte Sorgfaltspflicht begründet worden, die den Vertrauensgrundsatz, dass sich auch die anderen Verkehrsteilnehmer regel- und interessensgerecht verhalten, weiter einschränkt.

Das Ausmaß der erhöhten Sorgfaltspflicht hängt dabei ab von der für den Fahrzeugführer

  • erkennbaren Altersstufe eines Kindes,

aus der

  • auf den Grad der Verkehrsreife und
  • den Umfang der bereits erfolgten Verkehrserziehung

geschlossen werden kann.

Bei Kindern ab zehn Jahren,

  • deren Verantwortlichkeit für einen Schaden, den sie einem Anderen zufügen, nicht (mehr) gemäß § 828 Abs. 1 und Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgeschlossen ist,

darf gem. § 828 Abs. 3 BGB widerleglich vermutet werden, dass

  • sie den geltenden Verkehrsregeln Beachtung schenken können

und muss sich demzufolge ein Fahrzeugführer

  • auf die Möglichkeit eines unbesonnenen und verkehrswidrigen Verhaltens

auch nur einstellen,

  • wenn besondere Umstände auf eine solche Möglichkeit hindeuten bzw.
  • wenn (zunächst) keine Anzeichen für ein unbesonnenes Verhalten des Kindes vorliegen,
    • sobald dieses dadurch (möglicherweise) erweckte Vertrauen auf ein verkehrsgerechte Verhalten erschüttert ist.

Das bedeutet:
Bei sich im Straßenverkehr bewegenden Kindern, die älter als 10 Jahren sind, müssen Kraftfahrer dann reagieren,

Waschmittelproben in Briefkästen zu Werbezwecken verteilen ist unzulässig

Mit Urteil vom 14.08.2018 – 3-06 O 8/18 – hat das Landgericht (LG) Frankfurt entschieden, dass es unzulässig ist, zu Werbezwecken ungefragt Probepackungen eines Flüssigwaschmittels in Briefkästen zu verteilen.

Diese Art der Werbung sei, so das LG, eine unzumutbare Belästigung von Verbrauchern, weil

  • der Inhalt von Briefkästen oft für Kinder zugänglich ist, deswegen aufgrund ihrer Zusammensetzung mit Warnhinweisen versehenen Proben des Flüssigwaschmittels eine Gefährdung von Kindern nicht auszuschließen ist

und

Wichtig zu wissen für alle Verkehrsteilnehmer: Wie muss man sich beim Ein- oder Anfahren verhalten und

…. wann haftet bei einem Unfall der Ein- oder Anfahrende nach § 10 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)?

Wer

  • aus einem Grundstück,
  • aus einer Fußgängerzone (Zeichen 242.1 und 242.2 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO),
  • aus einem verkehrsberuhigten Bereich (Zeichen 325.1 und 325.2 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 StVO)

oder auf die Fahrbahn

  • von anderen Straßenteilen oder
  • über einen abgesenkten Bordstein hinweg

einfahren oder

  • vom Fahrbahnrand,

anfahren will, muss gemäß § 10 Satz 1 und Satz 2 StVO

  • sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist,
  • sich erforderlichenfalls einweisen lassen und
  • die Absicht einzufahren oder anzufahren, unter Benutzung der Fahrtrichtungsanzeiger, rechtzeitig und deutlich ankündigen.

Das bedeutet:

  • Einfahrende müssen sich vergewissern, dass die Fahrbahn für sie im Rahmen der gebotenen Sicherheitsabstände (§ 4 StVO) frei ist und dass sie niemanden übermäßig behindern.
  • Bei Sichthindernissen sind sie verpflichtet, sich ganz langsam und vorsichtig so weit in die Straße hineinzutasten, bis sie freie Sicht auf den bevorrechtigten Verkehr haben.
  • Weiterfahren darf ein Einfahrender nur, wenn er übersehen kann, dass er den Vorfahrtsberechtigten weder gefährdet noch behindert.
  • Kann ein Einfahrender das nicht übersehen, weil die Straßenstelle unübersichtlich ist, so hat er sich vorsichtig in die Fahrbahn hineinzutasten, bis er die Übersicht hat.
    Dazu kann es geboten sein, lediglich zentimeterweise – nicht etwa mit Schrittgeschwindigkeit von 5 bis 7 km/h – mit der Möglichkeit zum sofortigen Anhalten bis zum Übersichtspunkt vorzurollen, wobei

    • dieser Vorgang erforderlichenfalls mehrfach zu wiederholen ist und
    • nicht einfach bis zum Übersichtspunkt ohne Unterbrechung vorgerollt werden darf.

Durch das Erfordernis des Vortastens soll

  • einerseits erreicht werden, dass der bevorrechtigte Verkehr genügend Zeit hat, sich auf das hineintastende Fahrzeug einzurichten,
  • andererseits, dass der Wartepflichtige nahezu ohne Anhalteweg anhalten kann, wenn er einen bevorrechtigten Verkehrsteilnehmer wahrnimmt.

Übrigens:
Diese gesteigerten Pflichten eines beispielsweise aus einem Grundstück auf die Straße einfahrenden Fahrzeugführers gelten gegenüber einem auf der Straße fahrenden Kraftfahrer auch dann,

  • wenn dieser unter Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot die linke Straßenseite benutzt.

Ereignet sich während des Einfahrens und noch vor dessen Abschluss,

  • d.h. in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Einfahrvorgang,

ein Unfall, dann spricht gegen den Einfahrenden ein Anscheinsbeweis,

  • d.h. er haftet voll,

es sei denn, dem Fahrer des anderen (bereits) auf der Straße fahrenden und damit vorfahrtsberechtigten Fahrzeugs ist im Einzelfall (ebenfalls) deswegen ein Sorgfaltsverstoß anzulasten,

  • weil er unaufmerksam oder mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist (so Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken, Urteil vom 03.08.2017 – 4 U 156/16 –).

Warum Radfahrer auf vorhandenen Fahrrad-Schutzstreifen nicht entgegen der Fahrtrichtung fahren sollten

Fährt ein in Radfahrer in Gegenrichtung auf einem Fahrrad-Schutzstreifen (vgl. Nr. 22 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)),

  • also auf dem Teil der Fahrbahn, der durch eine dünne, unterbrochene Linie gekennzeichnet, mit einem Fahrrad-Piktogramm versehen ist und
  • auf dem Autos nicht parken, sondern nur kurzzeitig halten sowie lediglich ausnahmsweise auf ihm dann fahren dürfen, wenn die Straße andernfalls zu eng ist,

begeht er nämlich einen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot nach §§ 2 Abs. 1, 49 Abs. 1 Nr. 2 StVO.

Darüber hinaus trifft ihn aufgrund dieses Fehlverhaltens auch eine gesteigerte Sorgfaltspflicht.

  • Er muss dann nicht nur insbesondere darauf achten, ob Fußgänger von – aus seiner Sicht – links die Straße überqueren wollen, weil diese nicht mit einem von rechts verbotswidrig herannahenden Radfahrer rechnen, was in besonderer Weise im Bereich einer Einbahnstraße gilt, da dort kein Autoverkehr von rechts droht,
  • sondern seine Fahrweise in der Innenstadt grundsätzlich auch auf ein erhöhtes Fußgängeraufkommen einrichten sowie
  • eine Gefährdung insbesondere älterer Menschen ausschließen, was schon bei einer Geschwindigkeit von 10-12 km/h nicht mehr möglich ist.

Missachtet der Radfahrer diese erhöhten Sorgfaltsanforderungen und kommt es aufgrund dessen zu einer Kollision mit einem Fußgänger, bei dessen Versuch den Schutzstreifen zu überqueren, haftet der Radfahrer unter Umständen ganz, zumindest aber überwiegend, für die Unfallfolgen.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Beschluss vom 09.05.2017 – 4 U 233/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des Gerichts vom 19.06.2017).

Wenn ein Haus- oder Nutztier einen Schaden verursacht hat – Wann haftet der Tierhalter und wann hat er die Möglichkeit sich zu entlasten?

Wird durch ein Tier,

  • infolge der Verwirklichung der typischen Tiergefahr,
  • die sich in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten des Tieres äußert,

ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, ist nach § 833 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • derjenige, welcher das Tier hält,

verpflichtet,

  • dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

Die Möglichkeit, sich von dieser Gefährdungshaftung zu entlasten räumt § 833 Satz 2 BGB dem Tierhalter nur dann ein, wenn

  • der Schaden verursacht worden ist
    • durch ein Haustier, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters – d.h. einem wirtschaftlichen Zweck – zu dienen bestimmt ist
  • und
    • entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung (bzw. Unterbringung) des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder
    • der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Nicht erfasst von § 833 Satz 2 BGB werden Tiere, die

  • aus Liebhaberei oder
  • zu sonstigen ideellen Zwecken wie zum Beispiel zur Ausübung des Reitsports

gehalten werden,

  • ohne dass der Halter aus ihrer Nutzung – der Vermietung, Erteilung von Reitunterricht, Zucht oder dergleichen – seinen Erwerb bezieht.

Unter Erwerbstätigkeit im Sinne des § 833 Satz 2 BGB ist jede Tätigkeit zu verstehen,

  • objektiv darauf angelegt ist und
  • subjektiv von der Absicht getragen wird,

Gewinn zu erzielen, so dass

  • die bloße Gewinnerzielungsabsicht als solche, die in den objektiven Umständen keinen Niederschlag findet, nicht genügt.
  • Vielmehr muss zumindest im Ansatz die realistische Möglichkeit bestehen, dass der Tierhalter – ggf. nach einer gewissen Anlaufzeit – auf Dauer gesehen aus seiner Tätigkeit Gewinne erwirtschaftet.

Nicht erforderlich für die Annahme einer Erwerbstätigkeit im Sinne des § 833 Satz 2 BGB ist es, dass der Tierhalter seinen Lebensunterhalt zu einem erheblichen Anteil aus der Tierhaltung erwirtschaftet und diese eine wesentliche Grundlage seines Erwerbs bildet.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 14.02.2017 – VI ZR 434/15 – hingewiesen.

Wichtig für Mieter und Vermieter zu wissen: Zustand der Mietwohnung kann Vermieter zur Kündigung berechtigen

Einem Mieter, der die Wohnung trotz mehrfacher Abmahnung verwahrlosen lässt kann vom Vermieter außerordentlich gekündigt werden.

Darauf hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 23.02.2017 – 7 S 7084/16 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Mieter die gemietete Wohnung

  • nicht nur stark verschmutzen lassen und lediglich mit einem in der Küche befindlichen Radiator beheizt,
  • sondern auch mit Müll und Gegenständen so vollgestellt, dass u. a. ein Raum gar nicht betreten werden konnte und das Bad als solches ebenfalls nicht mehr benutzbar war.

Aufgrund dessen sah das LG eine erhebliche Gefährdung der Mietsache als gegeben und den Vermieter,

  • weil er den Mieter zuvor erfolglos mehrfach abgemahnt hatte und es ihm angesichts des Zustandes der Wohnung nicht zumutbar war, bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin abzuwarten,

zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses wegen Verletzung der mietvertraglichen Pflichten des Mieters als berechtigt an (Quelle: Pressemitteilung des LG Nürnberg-Fürth vom 09.03.2017 – 6/17 –).

BGH entscheidet wann das Familiengericht Eltern eines minderjährigen Kindes und Dritten Weisungen zum Schutz des Kindes erteilen darf

Gemäß § 1666 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat das Familiengericht die zur Abwendung einer Gefährdung des Kindeswohls erforderlichen Maßnahmen zu treffen, zu deren Abwendung

  • die sorgeberechtigten Personen nicht gewillt oder
  • nicht in der Lage sind.

Eine solche Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn

  • eine gegenwärtige,
  • in einem solchen Maß vorhandene Gefahr festgestellt wird,

dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

  • An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je schwerwiegender der drohende Schaden ist.
  • Die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit muss allerdings in jedem Fall auf konkreten Verdachtsmomenten beruhen.
  • Außerdem muss der drohende Schaden für das Kind erheblich sein.
  • Selbst bei hoher Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines nicht erheblichen Schadens sind Maßnahmen nach § 1666 BGB nicht gerechtfertigt. In solchen Fällen ist dem elterlichen Erziehungs- und Gefahrabwendungsprimat der Vorrang zu geben.

Ist eine Kindeswohlgefährdung in diesem Sinne festgestellt, hat das Gericht, unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. dazu für den Fall der Trennung des Kindes von der elterlichen Familie § 1666 a BGB) die zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung geeigneten, erforderlichen und den Beteiligten auch zumutbaren Maßnahmen zu treffen.

Zu diesen Maßnahmen gehören gemäß § 1666 Abs. 3 BGB insbesondere

  • Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
  • Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
  • Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
  • Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
  • die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge sowie
  • die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge,

wobei nach § 1666 Abs. 4 BGB in Angelegenheiten der Personensorge das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen kann.

Darauf hat der u.a. für Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 23.11.2016 – XII ZB 149/16 – in einem Fall hingewiesen, in dem eine allein sorgeberechtigte Mutter einer siebenjährigen Tochter in den Haushalt ihres Lebensgefährten eingezogen war,

  • der wegen mehrerer Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern, in einem davon in Tateinheit mit Vergewaltigung eine viereinhalbjährige Freiheitsstrafe vollständig verbüßt hatte,
  • bei dem eine sachverständig festgestellte 30 %ige Rückfallwahrscheinlichkeit bestand und
  • dem im Rahmen der Führungsaufsicht verboten worden war, zu Kindern und Jugendlichen weiblichen Geschlechts Kontakt aufzunehmen, außer in Begleitung und unter Aufsicht eines Sorgeberechtigten,

und entschieden,

  • dass der Mutter untersagt werden durfte,
    • das Kind ohne ihre gleichzeitige Anwesenheit mit dem Lebensgefährten verkehren zu lassen und
    • zwischen 22 Uhr und 8 Uhr den Aufenthalt des Kindes in derselben Wohnung wie der Lebensgefährte zuzulassen,
  • dass ihr ferner aufgegeben werden durfte, jederzeit unangekündigte Besuche des Jugendamts oder vom Jugendamt hiermit beauftragter Personen zu gestatten und
  • dass gegen den Lebensgefährten entsprechende Verbote ausgesprochen werden durften (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 16.12.2016 – Nr. 231/2016 –).

Die Verkehrssicherungspflicht – Wann ist man verkehrssicherungspflichtig und wozu ist man in einem solchen Fall verpflichtet?

Jeder, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, ist grundsätzlich verpflichtet, die

  • notwendigen und
  • zumutbaren

Vorkehrungen zu treffen,

  • um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern.

Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein

  • umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch
  • für notwendig und ausreichend hält,

um andere vor Schäden zu bewahren.

  • Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann.

Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch.
Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar.

Haftungsbegründend wird eine Gefahr daher erst dann,

  • wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit ergibt,

dass Rechtsgüter anderer verletzt werden.

Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden.
Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden.
Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält.

  • Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind.

Kommt es in Fällen, in denen

  • hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war,

ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte – so hart dies im Einzelfall sein mag – den Schaden selbst tragen.

Darauf hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 09.06.2016 – 6 U 35/16 – hingewiesen.

Was ein Fahrzeugeigentümer, dessen Auto durch Steinschlag beschädigt worden ist, wissen sollte

Der Eigentümer eines Autos, dessen Fahrzeug durch auf eine öffentliche Straße rollendes Gestein beschädigt wird, kann Ersatz des ihm dadurch entstandenen Schadens von dem Träger der Straßenbaulast verlangen, wenn dieser seine Straßenverkehrssicherungspflicht verletzt hat.

Allerdings liegt auch bei einer bekanntermaßen häufiger von Felsabbrüchen betroffenen Straße eine Verkehrssicherungspflichtverletzung normalerweise dann nicht vor, wenn die Strecke

  • mit dem Warnschild „Steinschlaggefahr“ versehen und
  • im Rahmen der Vorsorge gegen die Steinschlaggefahr fortlaufend beobachtet worden war (vgl. hierzu auch Oberlandesgericht (OLG) Jena, Urteil vom 21.03.2000 – 3 U 653/99 –).

Eine Verpflichtung zu weiteren Maßnahmen, die über engmaschige Kontrollen von Steinschlägen betroffenen und mit einem entsprechenden Warnschild versehenen Strecken durch einen Straßenwärter hinausgehen, besteht nämlich

  • auch bei bekanntermaßen häufiger von Felsabbrüchen betroffenen Strecken nur dann,
  • wenn mit einer Gefährdung durch Steinschlag als naheliegend zu rechnen ist.

Darauf und

  • dass Anhaltspunkte für eine solche naheliegende Gefährdung, die Anlass für weitere Maßnahmen des Verkehrssicherungspflichtigen hätten sein können, von dem Geschädigten nachgewiesen werden müssen,

hat das Landgericht (LG) Coburg mit Urteil vom 10.06.2016 – 22 O 688/15 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg Nr. 15/2016 vom 10.08.2016).