Tag Geschädigte

Dieselgate: OLG Oldenburg entscheidet, dass Schadensersatzansprüche gegen die VW AG bei Klageerhebung im Jahr 2019 nicht verjährt waren

Mit Urteil vom 30.01.2020 – 1 U 131/19, 1 U 137/19 – hat der erste Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg entschieden, dass die Schadensersatzansprüche von Käufern von vom Abgas-Skandal betroffenen Dieselfahrzeugen

  • gegen die VW AG

aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

  • nicht bereits mit Ablauf des Jahres 2018 sondern

erst mit Ablauf des Jahres 2019 verjährt sind.

Begründet hat der Senat dies damit, dass die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt, mit dem Schluss des Jahres, in dem

  • der Anspruch entstanden ist und
  • der Geschädigte Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste,
    • von den den Anspruch begründenden Umständen (auf deren Grundlage eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klageerhebung zumutbar ist) sowie
    • der Person des Schuldners,

und die Geschädigten Kenntnis erlangt haben

  • von der Mangelhaftigkeit ihrer Fahrzeuge zwar schon im Jahr 2015, weil
    • von VW im September 2015 mitgeteilt worden war, dass es bei dem Motor EA 189 „eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb“ gebe,
  • von den Umständen, aufgrund derer eine hinreichend aussichtsreiche Klageerhebung wegen vorsätzlicher sittenwidrigen Schädigung zumutbar war, jedoch erst im Jahr 2016, weil
    • der Konzern bestritten hatte, dass der VW-Vorstand oder andere Personen in verantwortlicher Stellung davon gewusst hätten und
    • der Umfang des Gesamtkomplexes erst im Laufe des Jahre 2016 durch die Medien, Staatsanwaltschaften und Rechtsanwälte aufgeklärt worden ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

Wichtig zu wissen für Unfallgeschädigte, die unfallbedingt ein Ersatzfahrzeug anmieten und den Schädiger

…. und/oder seinen Kfz-Haftpflichtversicherer auf Ersatz der Mietwagenkosten in Anspruch nehmen (möchten).

Mit Urteil vom 12.02.2019 – VI ZR 141/18 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass Unfallgeschädigte,

  • deren Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden ist und
  • die von dem Schädiger die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges verlangen können,

aufgrund der sie gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) treffenden Schadensminderungspflicht auch dann gehalten sein können,

  • ein ihnen vom Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers vermitteltes günstigeres Mietwagenangebot in Anspruch zu nehmen,

wenn

  • dem günstigeren Angebot auf Anmietung eines gleichwertigen Fahrzeugs ein Sondertarif zugrunde liegt, der ihnen ohne Mithilfe des Versicherers außerhalb eines Unfallersatzgeschäfts nicht zur Verfügung stünde.

In solchen Fällen haben Geschädigte danach nur Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten,

  • die ihnen bei Inanspruchnahme des

auf der Vermittlung des Haftpflichtversicherers des Schädigers beruhenden

  • günstigeren Tarifs entstanden wären.

Bei einem Flugunfall Geschädigte sollten wissen, wer wann nach dem Luftverkehrsgesetz auch ohne Verschulden haftet

Wird

  • beim Betrieb eines Luftfahrzeugs

durch Unfall jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG)

  • der Halter des Luftfahrzeugs verpflichtet,

den Schaden zu ersetzen,

  • wobei der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ihrem Wortlaut gegenüber allerdings dahingehend eingeschränkt ist, dass die Luftfahrzeughalterhaftung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 LuftVG im Allgemeinen nur zugunsten von solchen Geschädigten greift, die am Betrieb des schadensstiftenden Luftfahrzeugs in keiner Weise beteiligt waren.

Deshalb steht beispielsweise einem Flugsicherungsunternehmen, das auf die Landung eines Flugzeugs Einfluss nimmt,

  • wenn das Flugzeug bei der Landung Einrichtungen zerstört, die das Flugsicherungsunternehmen zum Zwecke der Wahrnehmung seiner Flugsicherungsaufgaben hinter der Landebahn installiert hat,

kein Anspruch aus § 33 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gegen den Flugzeughalter zu (Bundesgerichtshofs (BGH), Urteil vom 08.11.2016 – VI ZR 694/15 –).

Ebenfalls keine Haftung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 LuftVG besteht, wenn es sich bei dem Geschädigten

  • um einen Fluggast gehandelt hat und
  • der Flug in Erfüllung eines rechtsgeschäftlichen Beförderungsvertrags unternommen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2005 – VI ZR 356/03 – dazu wann ein Beförderungsvertrag vorliegt und wann nicht).

In einem solchen Fall gelten nach § 33 Abs. 1 Satz 2 LuftVG für die Haftung

  • die besonderen Vorschriften der §§ 44 bis 54 LuftVG,

so dass nach § 45 Abs. 1 LuftVG, wenn ein Fluggast geschädigt worden ist, dessen Beförderung

  • nicht nur aus Gefälligkeit erfolgte,
  • sondern aus Vertrag geschuldet wurde (egal ob unentgeltlich, entgeltlich oder gewerblich),

der Luftfrachtführer,

  • d.h., derjenige, der sich durch Vertrag im eigenen Namen verpflichtet, Personen oder Sachen auf dem Luftwege zu befördern,

zum Schadensersatz verpflichtet ist (vgl. auch § 48b LuftVG).

Nach § 45 LuftVG haftet auch ein nicht gewerblich tätiger Pilot mit einer Privatpilotenlizenz als Luftfrachtführer für Schäden, die seine vereinbarungsgemäß beförderten Passagiere beim Absturz des Flugzeuges erleiden (Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Beschluss vom 19.11.2015 – 27 U 47/15 –).

Beschränkt gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 LuftVG ist die Haftung des Luftfrachtführers nur, wenn er den Entlastungsbeweis dafür erbringt, dass die verursachten Schäden nicht durch sein rechtswidriges und schuldhaftes Handeln verursacht worden sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.10.2011 – 18 U 216/10 –).

Für die Haftung des Halters militärischer Luftfahrzeuge gelten gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 FlugVG ebenfalls die besonderen Vorschriften der §§ 44 bis 54 FlugVG und wer Personen zu Luftfahrern ausbildet, haftet gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 LuftVG diesen Personen gegenüber nicht nach dem LuftVG sondern nur nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften.