Tag Gewerblicher Rechtsschutz

Wettbewerbswidrige Gutscheine bei Kfz-Reparaturen.

Gutscheine von Kfz-Werkstätten für Folgeaufträge können bei der Reparatur eines Kaskoschadens mit Selbstbeteiligung des Kunden wettbewerbswidrig sein.

Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 12.11.2013 – 4 U 31/13 – entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts bestätigt.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall war Beklagte ein deutschlandweit vertretenes Unternehmen der Kfz-Branche, das u.a. Kfz-Reparaturleistungen anbietet.
Mitarbeiter der Beklagten stellten im Mai 2011 in Aussicht, für einen Auftrag zum Austausch einer Autoglasscheibe kaskoversicherten Kunden einen Gutschein für einen Folgeauftrag zu versprechen.

Diese Praxis beanstandete der klagende Verein als unlauteren Wettbewerb.

Auf seine Klage hat das Landgericht (LG) der Beklagten untersagt, den Austausch einer Autoglasscheibe gegenüber Kunden mit Kaskoversicherung in der Form zu bewerben, dass ein Nachlass auf die Selbstbeteiligung in Form eines Gutscheins versprochen wird.

Der 4. Zivilsenat des OLG Hamm hat die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen.
Die in Frage stehende Werbung stelle unlauteren Wettbewerb dar.
Nach der Aufhebung des Rabattgesetzes sei das Werben mit Preisnachlässen zwar grundsätzlich zulässig. Entsprechende Angebote unterlägen jedoch einer Missbrauchskontrolle, wenn der Kunde bei Entscheidungen, die er zu treffen habe, auch die Interessen Dritter zu wahren habe.
Das sei der Fall, wenn der Kunde die Reparatur eines – abgesehen von der Selbstbeteiligung – vom Versicherer zu bezahlenden Kaskoschadens in Auftrag gebe.
Nach den Versicherungsbedingungen habe der Kunde alles zu tun, um den Schaden zu mindern. Er habe die Kosten der Reparatur niedrig zu halten und dem Versicherer gegenüber zutreffende Angaben zu den Reparaturkosten zu machen. Die vom Versicherungsvertrag insoweit verlangte objektive Kundenentscheidung werde durch einen dem Kunden von der Kfz-Werkstatt versprochenen Gutschein für Folgeaufträge beeinträchtigt.
Habe der Kunde in der Regel keine wirtschaftlichen Vorteile, wenn er eine günstigere Werkstatt beauftrage, profitiere er unmittelbar von der mit dem Gutschein versprochenen Vergünstigung, wenn er diese seinem Versicherer verschweige.
Das Angebot der Beklagten könne den angesprochenen Kunden veranlassen, die Beklagte unter Verletzung seiner Mitteilungspflicht aus dem Versicherungsvertrag und auch unter Ausschlagung eines gleichwertigen oder kostengünstigeren Angebots eines Mitbewerbers zu beauftragen, um den versprochenen Vorteil zu erlangen.
Nach der Lebenserfahrung bestehe bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung die Bereitschaft, sich gegenüber dem Versicherer insoweit vertragswidrig zu verhalten.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 06.01.2014 mitgeteilt.

 

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UWG – Zur Zulässigkeit einer Kopplung von Gewinnspiel und Warenabsatz.

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 12.12.2013 – I ZR 192/12 – über eine Fernsehwerbung für ein Gewinnspiel entschieden, an dem nur Käufer teilnehmen konnten, die das beworbene Produkt zuvor erworben hatten.

In dem dem Verfahren zugrunde liegenden Verfahren waren die Parteien Hersteller von Lakritz und Fruchtgummi.
Die Beklagte warb ab Februar 2011 im Fernsehen mit „GLÜCKS-WOCHEN“. Beim Kauf von fünf Packungen zum Preis von etwa je 1 € und Einsendung der Kassenbons bestand die Chance, bei einer Verlosung einen von 100 „Goldbärenbarren“ im Wert von jeweils 5.000 € zu gewinnen. In dem Werbespot traf der Fernsehmoderator Thomas Gottschalk im Supermarkt auf zwei Familien mit Kindern.

Die Klägerin hält die Werbung für wettbewerbswidrig, weil sie die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausnutze. Sie hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts stellt die Gewinnspielkopplung aufgrund der Umstände des Einzelfalls eine unlautere Geschäftspraktik dar. Dabei sei der strengere Sorgfaltsmaßstab des § 3 Abs. 2 S. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zugrunde zu legen und auf die Sicht von Kindern und Jugendlichen abzustellen, die durch die Werbung zu einem Kauf über Bedarf veranlasst werden könnten.

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Gewinnspielkopplungen können nach § 4 Nr. 6 UWG im Einzelfall verboten sein, wenn sie gegen die berufliche Sorgfalt verstoßen.
Nach Auffassung des BGH gilt für die Beurteilung des Gewinnspiels im Streitfall nicht der Sorgfaltsmaßstab des § 3 Abs. 2 S. 3 UWG, da die beanstandete Werbung voraussichtlich und vorhersehbar nicht allein das geschäftliche Verhalten von Kindern und Jugendlichen wesentlich beeinflussen konnte.
Die Produkte der Beklagten sind bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt. Ein an den Absatz dieser Produkte gekoppeltes Gewinnspiel ist daher voraussehbar geeignet, auch das Einkaufsverhalten von Erwachsenen zu beeinflussen.
Daher ist für die Beurteilung des Streitfalls das Verständnis eines durchschnittlichen Verbrauchers maßgeblich.
Auf dieser Grundlage verstößt die beanstandete Fernsehwerbung nicht gegen die berufliche Sorgfalt. Die Kosten der Gewinnspielteilnahme werden deutlich. Es werden auch keine unzutreffenden Gewinnchancen suggeriert.

Der Fernsehspot der Beklagten verstößt auch nicht gegen die speziell dem Schutz von Kindern und Jugendlichen dienenden Vorschriften des Wettbewerbsrechts.
Er enthält keine unmittelbare Kaufaufforderung an Kinder (Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG). Er ist auch nicht geeignet, die geschäftliche Unerfahrenheit Minderjähriger in unlauterer Weise auszunutzen (§ 4 Nr. 2 UWG).

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 12.12.2013 – Nr. 205/2013 – mitgeteilt.

 

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Wann eine Internetwerbung mit zahnärztlichen Leistungen unzulässig ist.

Die Werbung für ein Zahngesundheitsprogramm als „deutschlandweit das einzige Vollprogramm“, bei dem der Patient zahnärztliche Leistungen erhält, ist irreführend und damit unzulässig, wenn nicht alle über die gesetzliche Regelversorgung hinausgehenden Leistungen angeboten werden.

Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 24.09.2013 – 4 U 64/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall bieten die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes klagende Firma und die beklagte Firma Managementdienstleistungen im Gesundheitswesen an.
Sie vermitteln Zahnpatienten aus den mit ihnen kooperierenden gesetzlichen Krankenversicherungen zahnärztliche Leistungen, die von der gesetzlichen Regelversorgung nicht umfasst sind und deswegen vom Patienten regelmäßig selbst bezahlt werden müssen.

Die Beklagte bewarb das von ihr angebotene Zahngesundheitsprogramm im Internet u.a. mit folgender Aussage:
„Es ist deutschlandweit das einzige Vollprogramm, bei dem Sie umfangreiche Leistungen zur Zahnvorsorge (PZR, Kinderprophylaxe), Zahnerhaltung (Kunststofffüllungen), für Zahnersatz (Kronen, Brücken, Prothesen) und für Implantate (auch Knochenaufbau und Sinuslift) erhalten.“

Der 4. Zivilsenat des OLG Hamm hat diese Werbeaussage als in doppelter Hinsicht irreführend untersagt.
Der Senat hat zunächst festgestellt, dass die Werbung mit den Mitgliedern der Partner-Krankenkassen der Beklagten das allgemeine Publikum anspreche, welches an zahnärztlichen Leistungen interessiert sei, die nicht zur gesetzlichen Regelversorgung gehörten.

Der so angesprochene Verbraucher werde, so die Senatsentscheidung, durch die Werbeaussage der Beklagten irregeführt, weil er den Eindruck vermittelt bekomme, das als „Vollprogramm“ bezeichnete Zahngesundheitsprogramm der Beklagten decke alle über die gesetzliche Regelversorgung hinausgehenden zahnärztlichen Leistungen ab.
Tatsächlich erfasse das Zahngesundheitsprogramm der Beklagten nicht alle zahnärztlichen Leistungen in diesem Sinne, sondern klammere mit konservierend-chirurgischen Leistungen und Röntgenleistungen wesentliche Leistungen aus.

Der angesprochenen Verbraucher verstehe die Werbeaussage der Beklagten zudem so, dass das Zahngesundheitsprogramm der Beklagten das einzige Zahngesundheitsprogramm sei, das die von der Beklagten im Einzelnen aufgeführten Leistungen beinhalte.
Auch diese Alleinstellungsbehauptung der Beklagten sei unzutreffend, weil es nach dem glaubhaften Vortrag der Klägerin zumindest ein weiteres Zahnprogramm eines anderen Anbieters mit dem von der Beklagten angebotenen Leistungsumfang gebe.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 11.12.2013 mitgeteilt.

 

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Urheberrechtsgesetz (UrhG) – Voraussetzungen für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke auf elektronischen Lernplattformen von Universitäten.

Eine Universität darf den Teilnehmern einer Lehrveranstaltung nur dann Teile eines urheberrechtlich geschützten Werkes auf einer elektronischen Lernplattform zur Verfügung stellen, wenn

  • diese Teile höchstens 12% des Gesamtwerks und 
  • nicht mehr als 100 Seiten ausmachen und 
  • der Rechtsinhaber der Universität keine angemessene Lizenz für die Nutzung angeboten hat.

 

Das hat der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 28.11.2013 – I ZR 76/12 – entschieden.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der Kläger ein Verlag, der Inhaber der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dem von ihm verlegten Werk „Meilensteine der Psychologie“ ist. 
Die Beklagte ist eine Fernuniversität. Sie hat mehr als 4.000 Studierenden, die im Bachelor-Studiengang Psychologie den Kurs „Einführung in die Psychologie und ihre Geschichte“ belegt hatten, 14 vollständige Beiträge mit insgesamt 91 Seiten des 528 Textseiten umfassenden Buches „Meilensteine der Psychologie“ auf einer elektronischen Lernplattform als PDF-Datei zum Lesen, Ausdrucken und Abspeichern zur Verfügung gestellt. 
Ein Angebot des Klägers zum Abschluss eines Lizenzvertrages hat sie abgelehnt.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe damit das Urheberrecht an dem Werk verletzt. Er hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht beantragt. 
Die Beklagte meint, sie sei nach der Schrankenregelung des § 52a Abs. 1 Nr. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) zur fraglichen Nutzung berechtigt. Nach dieser Bestimmung ist es zulässig, veröffentlichte kleine Teile eines Werkes zur Veranschaulichung im Unterricht an Hochschulen ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.

Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben. 
Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG berufen, weil die auf der Lernplattform eingestellten Beiträge nicht als „kleine“ Teile des Werkes „Meilensteine der Psychologie“ anzusehen seien und auch nicht zur Veranschaulichung im Unterricht gedient hätten.

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Nach Ansicht des BGH sind unter „kleinen“ Teilen eines Werkes entsprechend einem zwischen der Verwertungsgesellschaft Wort und den Bundesländern geschlossenen „Gesamtvertrag zur Vergütung von Ansprüchen nach § 52a UrhG für das Öffentlich-Zugänglichmachen von Werken für Zwecke des Unterrichts an Schulen“, der gleichfalls Sprachwerke betrifft, höchstens 12% des gesamten Werkes zu verstehen. 
Darüber hinaus sei eine – vom BGH mit 100 Seiten definierte – Höchstgrenze erforderlich, weil ansonsten ganze Bände eines mehrbändigen Werkes ohne Einwilligung des Urhebers öffentlich zugänglich gemacht werden dürften. 
Die Beklagte habe demnach grundsätzlich bis zu 63 Seiten des Werkes „Meilensteine der Psychologie“ auf der Lernplattform einstellen dürfen. 
Das Einstellen der Beiträge habe – so der BGH – auch der Veranschaulichung im Unterricht gedient. Dem stehe, anders als das Berufungsgericht gemeint habe, nicht entgegen, dass sie den Unterrichtsstoff nicht nur verdeutlicht, sondern auch ergänzt hätten. 
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erlaube die Schrankenregelung des § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG auch nicht nur ein Bereithalten kleiner Teile eines Werkes zum Lesen am Bildschirm. Vielmehr gestatte sie deren Zugänglichmachen auch dann, wenn Unterrichtsteilnehmern dadurch ein Ausdrucken und Abspeichern der Texte ermöglicht werde.

Nach Ansicht des BGH ist ein Zugänglichmachen allerdings nicht geboten im Sinne von § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG, wenn der Rechtsinhaber der Hochschule eine angemessene Lizenz für die fragliche Nutzung angeboten hat. 
Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das nun die Angemessenheit des Lizenzangebots des Klägers zu prüfen haben wird.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 29.11.2013 – Nr. 194/2013 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Zum Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst – Rechtsprechungsänderung.

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 13.11.2013 – I ZR 143/12 – entschieden, dass an den Urheberrechtschutz von Werken der angewandten Kunst grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen sind als an den von Werken der zweckfreien Kunst.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall hat die Klägerin, eine selbständige Spielwarendesignerin für die Beklagte, die Spielwaren herstellt und vertreibt, im Jahr 1998 unter anderem Entwürfe für einen Zug aus Holz, auf dessen Waggons sich Kerzen und Ziffern aufstecken lassen („Geburtstagszug“) gezeichnet. Dafür erhielt sie ein Honorar von 400 DM.

Die Klägerin ist der Ansicht, bei ihren Entwürfen handele es sich um urheberrechtlich geschützte Werke. Die vereinbarte Vergütung sei – jedenfalls angesichts des großen Verkaufserfolgs des Geburtstagszugs – zu gering. Sie nimmt die Beklagte deshalb auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung in Anspruch.

Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. 
Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Klägerin angefertigten Entwürfe seien urheberrechtlich nicht geschützt. 
Nach der hergebrachten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien bei Werken der angewandten Kunst, soweit sie einem Geschmacksmusterschutz zugänglich seien, höhere Anforderungen an die für einen urheberrechtlichen Schutz erforderliche Gestaltungshöhe zu stellen als bei Werken der zweckfreien Kunst. 
Die Entwürfe der Klägerin genügten diesen Anforderungen nicht.

Auf die Revision der Klägerin hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, soweit das Berufungsgericht einen Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung in Bezug auf Verwertungshandlungen, die nach dem 01.06.2004 vorgenommen worden sind, abgelehnt hat.

In seiner früheren Rechtsprechung hatte der BGH die höheren Anforderungen an die Gestaltungshöhe von Werken der angewandten Kunst, die einem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind, damit begründet, dass für solche Werke der angewandten Kunst mit dem Geschmacksmusterrecht ein dem Urheberrecht wesensgleiches Schutzrecht zur Verfügung stehe. Da sich bereits die geschmacksmusterschutzfähige Gestaltung von der nicht geschützten Durchschnittsgestaltung abheben müsse, sei für die Urheberrechtsschutzfähigkeit ein noch weiterer Abstand, das heißt ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung zu fordern.

An dieser Rechtsprechung kann – so der BGH – im Blick auf die Reform des Geschmacksmusterrechts im Jahr 2004 nicht festgehalten werden. 
Durch diese Reform ist mit dem Geschmacksmusterrecht ein eigenständiges gewerbliches Schutzrecht geschaffen und der enge Bezug zum Urheberrecht beseitigt worden. 
Insbesondere setzt der Schutz als Geschmacksmuster nicht mehr eine bestimmte Gestaltungshöhe, sondern die Unterschiedlichkeit des Musters voraus. Da zudem Geschmacksmusterschutz und Urheberrechtsschutz sich nicht ausschließen, sondern nebeneinander bestehen können, rechtfertigt der Umstand, dass eine Gestaltung dem Geschmacksmusterschutz zugänglich ist, es nicht, ihr den Urheberrechtsschutz zu versagen oder von besonderen Voraussetzungen abhängig zu machen.

  • An den Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst sind deshalb – so der Bundesgerichtshof – grundsätzlich keine anderen Anforderungen zu stellen als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst oder des literarischen und musikalischen Schaffens.
  • Es genügt daher, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen“ Leistung zu sprechen. 

Dies gilt auch für die im Jahr 1998 angefertigten Entwürfe der Klägerin. Die Klägerin hat allerdings nach Ansicht des BGH keinen Anspruch auf Vergütung, soweit die Beklagte ihre Entwürfe vor dem Inkrafttreten des Geschmacksmusterreformgesetzes am 01.06.2004 verwertet hat. 
Bis zu diesem Zeitpunkt durfte die Beklagte im Blick auf die hergebrachte Rechtsprechung des BGH darauf vertrauen, wegen einer Verwertung dieser Entwürfe nicht auf Zahlung einer (weiteren) angemessenen Vergütung in Anspruch genommen zu werden.

Der BGH hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das zu prüfen haben wird, ob von der Klägerin entworfenen Spielwaren den geringeren Anforderungen genügen, die nunmehr an die Gestaltunghöhe von Werken der angewandten Kunst zu stellen sind.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 13.11.2013 – Nr. 186/2013 – mitgeteilt.

 

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Bundesgerichtshof entscheidet Streit um „Biomineralwasser“

Die Verwendung der Bezeichnung „Biomineralwasser“ stellt keine irreführende Werbung mit einer Selbstverständlichkeit dar, wenn sich das fragliche Mineralwasser von anderen Mineralwässern dadurch abhebt, dass der Anteil an Rückständen und Schadstoffen besonders niedrig ist. Der Verkehr erwartet von einem unter der Bezeichnung „Biomineralwasser“ vertriebenen Mineralwasser auch nicht, dass es sich um eine staatlich verliehene und überprüfte Zertifizierung handelt.

Das hat der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 13.09.2012 – I ZR 230/11 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatt der Beklagte ein natürliches Mineralwasser angeboten und dieses Wasser als „Biomineralwasser“ bezeichnet und beworben.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hält dies für irreführend. Sie meint, der Verkehr verbinde mit „Biomineralwasser“ Qualitätsmerkmale, die für ein natürliches Mineralwasser bereits gesetzlich vorgeschrieben und daher selbstverständlich seien.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat der von der Zentrale erhobenen Unterlassungsklage stattgegeben.

Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht Nürnberg die Klage hinsichtlich der beanstandeten Verwendung des Begriffs „Biomineralwasser“ abgewiesen.

Der BGH hat das Urteil des Berufungsgerichts bestätigt.
Danach erwartet der Verkehr von einem als „Biomineralwasser“ bezeichneten Mineralwasser, dass es nicht nur unbehandelt und frei von Zusatzstoffen ist, sondern im Hinblick auf Rückstände und Schadstoffe deutlich unterhalb der für natürliche Mineralwässer vorgesehenen Höchstwerte liegt. Mineralwässer, die die gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterschreiten, unterscheiden sich von den Mineralwässern, bei denen der Gehalt an Rückständen und Schadstoffen nahe an diesen Werten liegt. Ob das vom Beklagten vertriebene Mineralwasser diese hohen Reinheitserwartungen erfüllt, stand nicht im Streit.
Der Verkehr erwartet auch nicht, dass die Verwendung von „Bio“ bei Mineralwässern gesetzlichen Vorgaben unterliegt oder staatlich überwacht wird. Der Umstand, dass der Gesetzgeber bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen eine gesetzliche Regelung für die Verwendung von „Bio“ getroffen hat, führt nicht dazu, dass diese Bezeichnung beim Fehlen einer gesetzlichen Regelung nicht verwendet werden darf. Das in der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung bestimmte Gebot, für das vom Beklagten vertriebene Wasser die Verkehrsbezeichnung „natürliches Mineralwasser“ anzugeben, steht der zusätzlichen Bezeichnung als „Biomineralwasser“ ebenso nicht entgegen.

– Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 13.09.2012 –

 

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