Tag Gläubiger

BGH entscheidet: Bürge kann sich stets auch auf ein zwischen dem Hauptschuldner und dem Gläubiger geschlossenes Stillhalteabkommen berufen

Mit Urteil vom 28.11.2017 – XI ZR 211/16 – hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass ein Bürge sich nach § 768 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • auf ein Leistungsverweigerungsrecht des Hauptschuldners aus einem zwischen diesem und dem Gläubiger geschlossenen Stillhalteabkommen

auch dann berufen kann, wenn

  • sich der Gläubiger in dem Stillhalteabkommen die Geltendmachung der Ansprüche aus der Bürgschaft ausdrücklich vorbehalten hat.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Bürge die Einreden des Hauptschuldners wie eigene geltend machen kann,
  • dieses Recht auch dem selbstschuldnerisch haftenden Bürgen zusteht,
  • der Bürge dabei nicht auf Gegenrechte beschränkt ist, die dem Hauptschuldner gegen die verbürgte Forderung zustehen, sondern dass er, weil die Bürgschaft als akzessorisches Sicherungsmittel dem Gläubiger gegen den Bürgen im Allgemeinen keine besseren Rechte gewähren soll als gegen den Hauptschuldner, auch Einreden des Hauptschuldners gegen die Verwertung der Bürgschaft geltend machen kann,
  • sich der Bürge deshalb nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf sämtliche Einreden des Hauptschuldners berufen kann, soweit der Sicherungszweck der Bürgschaft dem nicht entgegensteht,
  • demzufolge der Bürge nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auch ein – vorübergehendes oder dauerhaftes – Leistungsverweigerungsrecht des Hauptschuldners aus einem Stillhalteabkommen mit dem Gläubiger geltend machen kann und

diese Einrede des Bürgen nicht dadurch entfällt, dass sich der Gläubiger in der Stillhaltevereinbarung die Inanspruchnahme des Bürgen vorbehalten hat.

Was, wer sich durch Bürgschaftsvertrag als Bürge verpflichtet hat oder vorhat es zu tun, wissen sollte

Nach § 768 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein Bürge gegenüber dem Gläubiger

  • neben seinen eigenen Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis
  • auch die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen, also auch die Einrede der Verjährung erheben und
  • er verliert eine dem Hauptschuldner zustehende Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.

Wird allerdings

  • aufgrund eines gegen den Hauptschuldner ergangenen rechtskräftigen Urteils gegen diesen eine neue 30-jährige Verjährungsfrist in Lauf gesetzt und
  • hatte sich der Hauptschuldner in dem Prozess erfolglos auf die Einrede der Verjährung berufen,

verliert der Bürge das Recht nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB sich gegenüber dem Gläubiger auf den Ablauf der ursprünglichen Regelverjährung der Hauptforderung zu berufen.

Darauf hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 14.06.2016 – XI ZR 242/15 – hingewiesen.

Begründet hat der Senat dies u.a. damit, dass

  • ein Bürge die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden nur insoweit geltend machen kann, wie diese Einreden dem Hauptschuldner selbst noch zustehen,
  • die rechtskräftige Verurteilung des Hauptschuldners auch zur Folge hat, dass zu dessen Lasten kraft Gesetzes gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB eine neue, 30-jährige Verjährungsfrist in Gang gesetzt wird und
  • dem Hauptschuldner aus diesem Grund eine Einrede im Sinne von § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr zusteht.

Kann ein Wohnungseigentümer gegen Hausgeldforderung aufrechnen?

Gegen Beitragsforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft kann ein Wohnungseigentümer

  • grundsätzlich nur mit Forderungen aufrechnen,
  • die anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind.

Das ergibt sich aus der Natur der Schuld und dem Zweck der geschuldeten Leistung.
Die im Wirtschaftsplan ausgewiesenen Vorschüsse sollen nämlich zur Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in dem betreffenden Wirtschaftsjahr tatsächlich zur Verfügung stehen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 171/11 –).

Darauf hat der V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 29.01.2016 – V ZR 97/15 – hingewiesen.
Nicht entschieden hat der Senat, ob von der Aufrechnungsverbot Hauptforderungen auszunehmen sind,

  • die auf einer Notgeschäftsführung beruhen (so etwa Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG), Beschluss vom 09.06.2004 – 2 Z BR 32/04 –) oder
  • auf der Inanspruchnahme des Wohnungseigentümers durch einen Gläubiger der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 10 Abs. 8 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) beruhen (so das Kammergericht (KG) Berlin, Beschluss vom 29.05.2002 – 24 W 185/01 –).