Tag Kindeswohl

Eltern bzw. Elternteile, denen die elterliche Sorge in dem Teilbereich Gesundheitssorge entzogen ist, können Auskunft

…. über die persönlichen Verhältnisse des Kindes in entsprechender Anwendung des § 1686 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von dem Inhaber der Gesundheitssorge verlangen, wenn

  • ein berechtigtes Interesse an der begehrten Auskunft besteht und
  • die Auskunftserteilung dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 1686 BGB besteht, wenn der die Auskunft begehrende Elternteil

  • keine andere zumutbare Möglichkeit hat,

sich über die Entwicklung und die persönlichen Verhältnisse seines Kindes zu unterrichten.

Eine solche anderweitige Möglichkeit kann gegebenenfalls

  • sowohl der Umgang mit dem Kind darstellen,
    • sofern dieses aufgrund seines Alters zu einer verlässlichen Information in der Lage ist und die Information das Kind nicht unnötig belasten würde,
  • als auch in sonstigen Informationsquellen bestehen, wenn diese eine ausreichende Kenntnis von den persönlichen Verhältnissen des Kindes vermitteln.

Dem Kindeswohl widersprechen kann die begehrte Auskunft,

  • nicht nur wenn bzw. soweit es um Umstände aus der Privat- und Intimsphäre des Kindes geht, die bereits in den Entscheidungsbereich des Minderjährigen selbst fallen,
  • sondern auch, wenn zu besorgen ist, dass der auskunftsberechtigte Elternteil die Auskunft missbrauchen wird, um im Bereich der ihm entzogenen elterlichen Sorge in einer Weise Einfluss zu nehmen, die zu einer Beeinträchtigung des Kindeswohls führt,
    • also beispielsweise wenn zu befürchten ist, dass der Auskunftsberechtigte nach Erteilung der Auskunft direkten Einfluss auf die Therapie des Kindes nehmen und ungeachtet der ihm entzogenen Gesundheitssorge bei seinem psychisch labilen Kind einen Therapieabbruch provozieren wird.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 26.07.2017 – XII ZB 85/17 – hingewiesen.

Großeltern sollten wissen, ob bzw. wann sie ein Recht auf Umgangsrecht mit ihren Enkeln haben

…. wenn Eltern einen solchen Umgang ablehnen.

Gemäß § 1685 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Kind,

  • wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.

Für die Frage, was dem Wohl des Kindes dient, kann § 1626 Abs. 3 Satz 2 BGB als Auslegungshilfe herangezogen werden.
Danach gehört der Umgang

  • mit anderen Personen (als den Eltern), zu denen das Kind Bindungen besitzt,

zum Wohl des Kindes,

  • wenn deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

Voraussetzung für die positive Vermutung, dass der Großelternumgang kindeswohldienlich ist, ist somit nicht nur,

  • dass tragfähige Bindungen des Kindes zu den Großeltern bestehen,

sondern darüber hinaus,

  • dass die Aufrechterhaltung der Bindungen für die Entwicklung des Kindes (auch) förderlich ist.

Nicht dem Wohl des Kindes dient somit ein Großelternumgang beispielsweise regelmäßig dann,

  • wenn die – einen solchen Umgang ablehnenden – Eltern und die Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt geriete

oder

  • wenn zu befürchten ist, dass die Großeltern den Erziehungsvorrang der Eltern missachten bzw. nicht respektieren.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 12.07.2017 – XII ZB 350/16 – hingewiesen.

Den Familiennamen des gemeinsamen minderjährigen Kindes ändern lassen gegen den Willen des namensgebenden Elternteils

Kann bzw. wann kann das der andere Elternteil?

Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndG) darf ein Familienname durch die zuständige Verwaltungsbehörde nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.

Möchte ein Elternteil nach der Scheidung oder Trennung beantragen, dass der Familiennamen eines gemeinsamen Kindes geändert wird,

  • beispielsweise weil das gemeinsame minderjährige Kind als Familiennamen die Nachnamen beider Elternteile trägt und das Kind künftig als Familiennamen nur noch den Nachnamen des antragstellenden Elternteils tragen soll,

muss er,

  • wenn der (mit)namensgebende andere Elternteil der Namensänderung nicht zustimmt,
    • entweder allein sorgeberechtigt für das minderjährige Kind sein
    • oder, sofern beide Elternteile gemeinsam sorgeberechtigt sind, zunächst beim Familiengericht die Übertragung der Entscheidungsbefugnis nach § 1628 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Namensänderung nach dem NamÄndG beantragen (vgl. hierzu Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 09.11.2016 – XII ZB 298/15 –).

Erfolg hat ein solcher Antrag auf Namensänderung, aber auch auf Übertragung der Entscheidungsbefugnis nach § 1628 BGB zur Namensänderung

  • nicht schon, wenn die Namensänderung dem Kindeswohl dient,
  • sondern nur dann, wenn die Namensänderung für das Wohl des Kindes erforderlich ist,
    • h., das Wohl des Kindes die Änderung des Familiennamens auch bei angemessener Berücksichtigung der für die Beibehaltung des bisherigen Namens sprechenden Gründe gebietet,
    • weil nur dann ein wichtiger Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG anzunehmen ist.

Entsprechend der Intention des Gesetzgebers,

  • das Namensband zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil nur unter erschwerten Voraussetzungen gegen dessen Willen zu durchtrennen,

kommt der Namenskontinuität des Kindes zu dem anderen Elternteil nämlich ein hohes Gewicht zu.

Daher

  • müssen entweder durch die Beibehaltung des Namens schwerwiegende Nachteile für das Kind zu gewärtigen sein
  • oder die Namensänderung muss für das Kind solche Vorteile mit sich bringen, dass verständigerweise die Aufrechterhaltung des Namensbandes zum anderen Elternteil nicht zumutbar erscheint.

Darauf hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz mit Urteil vom 18.07.2017 – 1 K 759/16.KO – hingewiesen.

Wichtig zu wissen für gemeinsam sorgeberechtigte Eltern, die sich nicht einigen können, ob ihr Kind geimpft werden soll

…. oder nicht und die deshalb wechselseitig die Entscheidungsbefugnis hierüber übertragen haben möchten.

Mit Beschluss vom 03.05.2017 – XII ZB 157/16 – hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn Eltern uneinig darüber sind,

  • ob bei ihrem Kind eine sog. Standard- oder Routineschutzimpfung (gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Pneumokokken, Rotaviren, Meningokokken C, Masern, Mumps und Röteln) durchgeführt werden soll,

das Familiengericht die Entscheidungsbefugnis jedenfalls dann dem Elternteil übertragen kann, der die Impfung des Kindes entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut (im Folgenden: STIKO) befürwortet,

  • wenn bei dem Kind keine besonderen Impfrisiken vorliegen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • nach § 1628 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn sich die Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen können, das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen kann,
  • die Schutzimpfung eines Kindes auch dann eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind ist, wenn es sich um eine sogenannte Standard- oder Routineimpfung handelt,
  • die aufgrund § 1628 BGB zu treffende Entscheidung des Familiengerichts sich gemäß § 1697 a BGB nach dem Kindeswohl richtet,
  • demzufolge in Angelegenheiten der Gesundheitssorge die Entscheidungskompetenz dem Elternteil zu übertragen ist, der das für das Kindeswohl bessere Lösungskonzept verfolgt und

aufgrund der als medizinischer Standard anerkannten Empfehlungen der STIKO davon auszugehen ist, dass der Nutzen der Impfungen,

  • die dem Wohl des Einzelnen im Hinblick auf eine mögliche Erkrankung und in Bezug auf die Gefahr einer Weiterverbreitung dem Gemeinwohl dienen,

deren Risiken überwiegt.

OLG Oldenburg entscheidet wann verheiratete Kindsmutter nach Seitensprung eine Abstammungsuntersuchung dulden muss

…. und wie ein „noch vielleicht“ leiblicher Vater bei Bestehen der rechtlichen Vaterschaft eines anderen Mannes ein Umgangsrecht erreichen kann.

Möchte ein Mann,

  • weil er mit einer verheirateten Frau Geschlechtsverkehr hatte und möglicherweise der biologische Vater des von ihr während ihrer Ehe geborenen Kindes ist,

ein Umgangsrecht mit dem Kind haben, kann er,

  • auch wenn die Kindsmutter und ihr Ehemann, der rechtliche Vaters des Kindes, gegen den Umgang sind,

jedenfalls dann,

  • wenn der Ehemann der Kindsmutter Kenntnis von dem ganzen Verfahren hat und der Kindesmutter dadurch keine zusätzlichen Belastungen für das Familienleben drohen,

verlangen,

  • dass die Mutter eine Abstammungsuntersuchung duldet, durch die die Vaterschaft geklärt wird.

Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 14.02.2017 – 13 WF 14/17 – entschieden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass in einem solchen Fall,

  • weil nach § 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat, ein Recht auf Umgang mit dem Kind hat, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient,

zunächst die biologische Vaterschaft zu klären ist.

  • Sollte die Untersuchung die biologische Vaterschaft des Mannes bestätigen, müsse anschließend in einem zweiten Schritt, nach Unterrichtung des Kindes in kindgerechter Art und Weise, geklärt werden, ob ein Umgang dem Kindeswohl dient,
  • während diese weiteren Ermittlungen dann nicht mehr erforderlich seien, wenn die Untersuchung eine Vaterschaft nicht bestätigen sollte (Quelle: Presseinformation des OLG Oldenburg vom 08.03.2017 – Nr. 16/2017 –)

Hälftige Betreuung des Kindes durch beide Eltern kann nach der Trennung auf Antrag eines Elternteils angeordnet werden

Das und

  • dass eine solche auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung vom Familiengericht auch gegen den Willen des anderen Elternteils angeordnet werden kann,

hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 01.02.2017 – XII ZB 601/15 – entschieden.

Der Entscheidung zugrunde lag ein Fall, in dem die Eltern nach der Scheidung gemeinsam sorgeberechtigt waren und der Vater,

  • weil er sich mit der mit seiner geschiedenen Ehefrau getroffenen Umgangsregelung, nach der ihr Sohn sich überwiegend bei ihr aufhält und ihn an den Wochenenden sowie in den Ferien besucht, nicht mehr begnügen wollte,

beim Familiengericht die Anordnung einer Umgangsregelung in Form eines paritätischen Wechselmodells beantragt hatte,

  • wobei er wollte, dass das Kind im wöchentlichen Turnus abwechselnd von Mutter und Vater zu sich genommen wird.

Wie der Senat festgestellt hat, ist eine gleichmäßige Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells vom Familiengericht anzuordnen, wenn

  • die geteilte Betreuung durch beide Eltern
  • dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht.

Gewichtige, bei dieser Entscheidung zu berücksichtigende Gesichtspunkte des Kindeswohls sind,

  • die Erziehungseignung der Eltern,
  • die Bindungen des Kindes,
  • die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität sowie
  • die Beachtung des Kindeswillens.

Auf Seiten des Kindes wird danach ein Wechselmodell nur in Betracht zu ziehen sein,

  • wenn eine auf sicherer Bindung beruhende tragfähige Beziehung zu beiden Elternteilen besteht,
  • wofür gegebenenfalls auch Bedeutung gewinnen kann, in welchem Umfang beide Elternteile schon zur Zeit des Zusammenlebens in die Betreuung des Kindes eingebunden waren.

Wesentlicher Aspekt ist zudem

  • der vom Kind geäußerte Wille,
  • dem mit steigendem Alter zunehmendes Gewicht beizumessen ist.

Da sich bei der praktischen Verwirklichung der geteilten Betreuung zwischen den Eltern ein erhöhter Abstimmungs- und Kooperationsbedarf ergibt, setzt das ferner geeignete äußere Rahmenbedingungen voraus,

  • so etwa eine gewisse Nähe der elterlichen Haushalte und die Erreichbarkeit von Schule und Betreuungseinrichtungen,
  • aber auch eine entsprechende Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern.

Dementsprechend sollten beide Eltern hinreichende Erziehungskompetenzen aufweisen und sich bewusst sein, dass eine kontinuierliche und verlässliche Kindererziehung der elterlichen Kooperation und eines Grundkonsenses in wesentlichen Erziehungsfragen bedarf.

BGH entscheidet wann das Familiengericht Eltern eines minderjährigen Kindes und Dritten Weisungen zum Schutz des Kindes erteilen darf

Gemäß § 1666 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat das Familiengericht die zur Abwendung einer Gefährdung des Kindeswohls erforderlichen Maßnahmen zu treffen, zu deren Abwendung

  • die sorgeberechtigten Personen nicht gewillt oder
  • nicht in der Lage sind.

Eine solche Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn

  • eine gegenwärtige,
  • in einem solchen Maß vorhandene Gefahr festgestellt wird,

dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

  • An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen, je schwerwiegender der drohende Schaden ist.
  • Die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit muss allerdings in jedem Fall auf konkreten Verdachtsmomenten beruhen.
  • Außerdem muss der drohende Schaden für das Kind erheblich sein.
  • Selbst bei hoher Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines nicht erheblichen Schadens sind Maßnahmen nach § 1666 BGB nicht gerechtfertigt. In solchen Fällen ist dem elterlichen Erziehungs- und Gefahrabwendungsprimat der Vorrang zu geben.

Ist eine Kindeswohlgefährdung in diesem Sinne festgestellt, hat das Gericht, unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. dazu für den Fall der Trennung des Kindes von der elterlichen Familie § 1666 a BGB) die zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung geeigneten, erforderlichen und den Beteiligten auch zumutbaren Maßnahmen zu treffen.

Zu diesen Maßnahmen gehören gemäß § 1666 Abs. 3 BGB insbesondere

  • Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
  • Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
  • Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
  • Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
  • die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge sowie
  • die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge,

wobei nach § 1666 Abs. 4 BGB in Angelegenheiten der Personensorge das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen kann.

Darauf hat der u.a. für Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 23.11.2016 – XII ZB 149/16 – in einem Fall hingewiesen, in dem eine allein sorgeberechtigte Mutter einer siebenjährigen Tochter in den Haushalt ihres Lebensgefährten eingezogen war,

  • der wegen mehrerer Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern, in einem davon in Tateinheit mit Vergewaltigung eine viereinhalbjährige Freiheitsstrafe vollständig verbüßt hatte,
  • bei dem eine sachverständig festgestellte 30 %ige Rückfallwahrscheinlichkeit bestand und
  • dem im Rahmen der Führungsaufsicht verboten worden war, zu Kindern und Jugendlichen weiblichen Geschlechts Kontakt aufzunehmen, außer in Begleitung und unter Aufsicht eines Sorgeberechtigten,

und entschieden,

  • dass der Mutter untersagt werden durfte,
    • das Kind ohne ihre gleichzeitige Anwesenheit mit dem Lebensgefährten verkehren zu lassen und
    • zwischen 22 Uhr und 8 Uhr den Aufenthalt des Kindes in derselben Wohnung wie der Lebensgefährte zuzulassen,
  • dass ihr ferner aufgegeben werden durfte, jederzeit unangekündigte Besuche des Jugendamts oder vom Jugendamt hiermit beauftragter Personen zu gestatten und
  • dass gegen den Lebensgefährten entsprechende Verbote ausgesprochen werden durften (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 16.12.2016 – Nr. 231/2016 –).

Was leibliche Väter wissen sollten, wenn die rechtliche Vaterschaft eines anderen besteht und sie ein Recht auf Umgang möchten

Solange die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes besteht,

  • beispielsweise gemäß § 1592 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), weil dieser zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet war,

hat der leibliche Vater,

  • der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat,

nach § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB

  • ein Recht auf Umgang mit dem Kind,
  • wenn der Umgang dem Kindeswohl dient.

Zulässig ist der Antrag auf Einräumung eines Umgangsrechts nur dann, wenn der Antragsteller, dessen biologische Vaterschaft (noch) nicht feststeht, an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben (§ 167 a Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)).

Erfolg hat ein Umgangsantrag, wenn

  1. feststeht, dass der Antragsteller der leibliche Vater ist,
    • wobei zur Klärung seiner leiblichen Vaterschaft der Antragsteller die erforderlichen Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden hat, es sei denn, dass die Untersuchung nicht zugemutet werden kann (§ 167a Abs. 2 FamFG),
  1. das Gericht dem antragstellenden leiblichen Vater ein ernsthaftes Interesse an dem Kind zubilligt, wofür mögliche Kriterien sind,
    • ob er sein Kind zeitnah nach der Geburt kennenlernen wollte,
    • ob er sich um (weiteren) Kontakt mit dem Kind bemüht hat,
    • ob er den Wunsch nach Umgang wiederholt artikuliert und gegebenenfalls Pläne entwickelt hat, wie er seinen Kontaktwunsch im Hinblick auf Wohnort und Arbeitszeiten realisieren kann,
    • ob er sich vor und nach der Geburt zu dem Kind bekannt hat oder
    • ob er die Bereitschaft geäußert hat, Verantwortung für das Kind – gegebenenfalls auch finanziell – zu übernehmen und
  1. der Umgang nach Überzeugung des Gerichts dem Kindeswohl dient.

Im Rahmen der Kindeswohldienlichkeit prüft das sachverständig beratene Gericht,

  • ob und gegebenenfalls inwieweit Umgangskontakte mit einem „gewissermaßen zweiten, ausschließlich auf der biologischen Abstammung beruhenden Vater“ für das Kind eine seelische Belastung darstellen,
  • ob das Kind dadurch in einer dem Kindeswohl abträglichen Weise verunsichert wird,
  • inwieweit die Kindesmutter und der biologische Vater gegebenenfalls ihre Konflikte nach der Trennung begrenzen können und
  • wie der Umgang im Interesse einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung und der Identitätsfindung des Kindes zu bewerten ist.

Dabei wird je nach familiärer Situation,

  • Stabilität und Belastbarkeit des Familienverbands,
  • Beziehungskonstellation bzw. Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen,
  • Alter und psychischer Widerstandsfähigkeit des Kindes,
  • Grad der Bindung des Kindes an seine rechtlich-sozialen Eltern,
  • Dauer der Kenntnis von der Existenz eines biologischen Vaters etc.

die Frage der Kindeswohldienlichkeit unterschiedlich zu beurteilen sein.

Das Kind ist im Verfahren nach § 1686 a BGB sowohl zur Sachaufklärung, als auch um ihm rechtliches Gehör zu gewähren, grundsätzlich persönlich anzuhören (vgl. § 159 FamFG).

Entbehrlich ist die Anhörung des Kindes nur dann,

  • wenn der Antrag des Antragstellers (ausschließlich) als unzulässig oder wegen fehlenden ernsthaften Interesses zurückzuweisen ist,
  • wenn die Abstammungsuntersuchung ergibt, dass der Antragsteller nicht der biologische Vater ist oder
  • wenn das Kind sich nicht zu seinem Willen und seinen Beziehungen äußern kann, weil es noch sehr jung oder aufgrund besonderer Umstände in seinen Fähigkeiten erheblich eingeschränkt ist.

Da der Umgang zwischen dem leiblichen Vater und dem Kind jedenfalls ab einem bestimmten Alter die Kenntnis des Kindes von seiner wahren Abstammung voraussetzt, ist eine Unterrichtung des Kindes hierüber in den Fällen, in denen es ein Alter erreicht hat, das es ihm ermöglicht zu verstehen, dass sein rechtlicher und sein leiblicher Vater personenverschieden sind, grundsätzlich unerlässlich.

Deshalb haben, wenn die Voraussetzungen für eine Unterrichtung erfüllt sind, die (rechtlichen) Eltern ihr Kind spätestens während des Umgangsverfahrens über seine wahre Abstammung zu informieren.

Unterlassen sie das, hat das Gericht

  • den (rechtlichen) Eltern eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer sie ihr Kind entsprechend unterrichten können und
  • wenn sie diese nicht nutzen, eine entsprechende Unterrichtung des Kindes auf andere Weise sicherzustellen.

Übrigens:
Ein Umgangsrecht nach § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB erlangen kann der leibliche Vater nur beim Bestehen der (rechtlichen) Vaterschaft eines anderen Mannes.
Fehlt es hieran, kann der leibliche Vater

  • die Vaterschaft entweder gemäß § 1594 BGB anerkennen oder
  • bei fehlender Zustimmung der Mutter nach § 1600 d BGB gerichtlich feststellen lassen.

Er hat dann alle Rechte, also auch ein Umgangsrecht nach § 1684 BGB, aber auch die Pflichten eines rechtlichen Vaters.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 05.10.2016 – XII ZB 280/15 – hingewiesen.

Was gemeinsam sorgeberechtigte Eltern wissen sollten, wenn sie sich bei einer Sorgeangelegenheit nicht einigen können

Können sich gemeinsam sorgeberechtigte Eltern

  • in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten,
  • deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist,

nicht einigen,

kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils nach § 1628 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Entscheidung einem Elternteil übertragen.

Das Familiengericht hat in diesem Fall den im Rahmen der Sorgerechtsausübung aufgetretenen Konflikt der Eltern zu lösen.

  • Entweder ist die gegenseitige Blockierung der Eltern durch die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf einen Elternteil zu beseitigen oder
  • durch Zurückweisung des Antrags die Angelegenheit beim gegenwärtigen Zustand zu belassen.

Ein Eingriff in die – gemeinsame – elterliche Sorge nach § 1628 BGB ist nur insoweit zulässig,

  • als das Gericht einem Elternteil die Entscheidungskompetenz überträgt,
  • nicht hingegen darf das Gericht die Entscheidung anstelle der Eltern selbst treffen.

Da sich die aufgrund § 1628 BGB zu treffende Entscheidung des Familiengerichts gemäß §1697 a BGB nach dem Kindeswohl richtet (Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg, Senat für Familiensachen, Beschluss vom 20.04.2015 – 10 UF 120/14 –; OLG Karlsruhe, Senat für Familiensachen, Beschluss vom 16.01.2015 – 5 UF 202/14 –) ist die Entscheidungskompetenz dem Elternteil zu übertragen, dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird.

Erscheint eine Bewahrung des gegenwärtigen Zustands als die bessere Konfliktlösung, genügt es, den Antrag zurückzuweisen.

Ob und inwiefern das Kindeswohl berührt ist, ist nach der Eigenart der zu regelnden Angelegenheit zu beurteilen, aus der sich auch die konkreten Anforderungen an die für die Entscheidung nach § 1628 BGB zu treffende Prüfung ergeben.

  • Handelt es sich um eine mit Anträgen an Behörden oder Gerichte verbundene Rechtsangelegenheit, so ist unter anderem zu berücksichtigen, ob und inwiefern diese Aussicht auf Erfolg versprechen.

Das liegt schon darin begründet, dass es nicht im wohlverstandenen Interesse des Kindes liegt, wenn es in seine Person betreffende aussichtslose Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren hineingezogen wird.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 09.11.2016 – XII ZB 298/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem

  • nichteheliche Eltern gemeinsam sorgeberechtigt waren,
  • ihr Kind nach der Geburt mit Zustimmung der Mutter den Nachnamen des Vaters als Geburtsnamen erhalten hatte,
  • nach Trennung der Eltern die Mutter dem Kind nunmehr ihren Nachnamen erteilen wollte und

die Mutter beantragt hatte, ihr nach § 1628 BGB die Entscheidungsbefugnis zur Namensänderung nach dem Namensänderungsgesetz zu übertragen.

Was nicht miteinander verheiratete Eltern über die elterliche Sorge wissen sollten

Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht die elterliche Sorge für das Kind nach § 1626a Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zunächst allein der Mutter zu.

Nach § 1626a Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB überträgt das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam,

  • wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht,
  • wobei nach § 1626a Abs. 2 S. 2 BGB vermutet wird, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht, soweit der andere Elternteil keine entgegenstehenden Gründe vorträgt.

Nach dieser gesetzlichen Regelung darf auch eine erstmalige Einrichtung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl nicht widersprechen, was

  • eine hinreichend tragfähige soziale Beziehung zwischen den Kindeseltern,
  • ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen sowie
  • ihre grundsätzliche Fähigkeit zum Konsens

erfordert bzw.,

  • dass es zumindest nach einer Phase der „Erprobung“ hierzu kommt.

Fehlt es allerdings

  • gänzlich an einer Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit und/oder
  • der entsprechenden Bereitschaft der Kindeseltern und
  • besteht auch mit professioneller Hilfe keine Aussicht auf Besserung,

ist die Alleinsorge der Kindsmutter bestehen zu lassen,

  • weil in diesem Fall davon auszugehen ist, dass bereits eine Phase des Erprobens der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl schadet.

Darauf hat laut Pressemitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 16.11.2016 der 3. Senats für Familiensachen des OLG Hamm mit Beschluss vom 24.05.2016 – 3 UF 139/15 – hingewiesen.