Tag Krankenhaus

Was mehrfach fehlerhaft operierte Patienten wissen sollten

Unterläuft bei der (ersten) Operation eines Patienten dem operierende Arzt

  • ein Behandlungsfehler, der eine nachfolgende Revisionsoperation erforderlich macht,
  • die in einem anderen Krankenhaus durchgeführt wird,

haftet der für die erste Operation verantwortliche Arzt bzw. das für die erste Operation verantwortliche Krankenhaus,

  • grundsätzlich auch für die Folgen von groben Behandlungsfehlern bei der nachfolgenden Revisionsoperation.

Lediglich dann, wenn der die Zweitschädigung herbeiführende Arzt die ärztliche Sorgfaltspflicht

  • nicht nur grob,
  • sondern in außergewöhnlich hohem Maße verletzt, d.h., einen besonders groben Behandlungsfehler begeht,

entfällt der Zurechnungszusammenhang zu dem früheren Behandlungsfehler (bei der ersten Operation) und

  • ist der nach der Revisionsoperation eingetretene Schaden im Rahmen einer haftungsrechtlichen Bewertung allein dem Handeln des die Revisionsoperation durchführenden Arztes zuzuordnen.

Darauf hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) mit Urteil vom 15.11.2016 – 26 U 37/14 – hingewiesen.

Für Patienten, die mehrfach fehlerhaft operiert worden sind, ist diese Entscheidung deshalb von erheblicher Bedeutung, weil,

  • wenn ein Fall vorliegt, in dem der Erstoperateur bzw. das für die erste Operation verantwortliche Krankenhaus für sämtliche Schadensfolgen haftet, die auf die behandlungsfehlerhafte Erstoperation zurückzuführen sind,

die geschädigten Patienten in solchen Fällen,

  • ihren gesamten Schaden von dem Erstoperateur bzw. dem für die erste Operation verantwortlichen Krankenhaus verlangen können und
  • demzufolge im Streitfall auch nur diesen Erstoperateur bzw. das für die erste Operation verantwortliche Krankenhaus verklagen müssen.

Was Krankenhauspatienten, insbesondere bei Vereinbarung von Chefarztbehandlung, wissen sollten

Nach den Vorschriften des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG) werden vollstationäre und teilstationäre Leistungen der DRG-Krankenhäuser nach dem KHEntgG und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz vergütet, § 1 Abs. 1 KHEntgG.
Unter den Oberbegriff der Krankenhausleistungen fallen dabei allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen, § 2 Abs. 1 Hs. 2 KHEntgG. Grundsätzlich werden alle voll- und teilstationär erbrachten Krankenhausleistungen durch Pflegesätze vergütet, §§ 17, 2 Nr. 2 KHG.
Detailregelungen zu den Wahlleistungen, welche nur unter bestimmten Voraussetzungen gesondert berechnet werden dürfen, enthält § 17 KHEntgG.

Nach § 17 KHEntgG kann ein Krankenhauspatient eine Vereinbarung über die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen mit dem Krankenhausträger treffen und

  • auf diese Weise – gegen Zahlung eines zusätzlichen Honorars – sicherstellen,
  • dass ihm die persönliche Zuwendung und besondere Qualifikation und Erfahrung des von ihm gewählten liquidationsberechtigten Arztes zuteil wird („Chefarztbehandlung“), und
  • zwar ohne Rücksicht darauf, ob er nach Art und Schwere der Erkrankung auf die Behandlung durch einen besonders qualifizierten Arzt angewiesen ist.

Der Kreis der in Betracht kommenden Wahlärzte wird durch §§ 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG festgelegt.
Nach § 17 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz KHEntgG ist in der nach § 17 Abs. 2 Satz 1 schriftlich abzuschließenden Wahlleistungsvereinbarung darauf hinzuweisen, dass eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen

  • sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses erstreckt,
  • soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären und teilstationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung (§ 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses.

Wird in einer Wahlleistungsvereinbarung der Kreis der liquidationsberechtigten Ärzte gegenüber den Vorgaben des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntG erweitert,

  • ist dies unzulässig,
  • mit der Rechtsfolge, dass die Wahlleistungsvereinbarung insgesamt unwirksam ist,
  • was auch die Unwirksamkeit des sog. „Chefarztvertrages“ zur Folge hat.

Darauf hat das Landgericht (LG) Stuttgart mit Urteil vom 04.05.2016 – 13 S 123/15 – hingewiesen und eine Wahlleistungsvereinbarung, in der es hieß,

  • „Ausdrücklich wird nochmals darauf hingewiesen, dass sich die Vereinbarung über zusätzliche wahlärztliche Leistungen auf alle an der Behandlung beteiligten Ärztlichen Direktoren/Ärzte, soweit diese zur Erbringung wahlärztlicher Leistungen berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen durch Ärzte und ärztlich gerichtete Einrichtungen außerhalb des Klinikums erstreckt (Wahlarztkette nach § 17 Abs. 3 KHEntgG)“,

mit der Begründung für unwirksam erachtet,

  • dass der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG nicht zutreffend, sondern dadurch, dass sich in der Formulierung die Einschränkung auf angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses weder wörtlich noch sinngemäß findet, verkürzt wiedergegeben und
  • durch diese unterbliebene Einschränkung der Kreis der liquidationsberechtigten Ärzte in der Wahlleistungsvereinbarung erweitert worden ist, da unter die Regelung insbesondere auch Honorarärzte, welche aufgrund eines Kooperationsvertrages mit dem Krankenhaus tätig werden, ohne dort angestellt zu sein, Belegärzte oder Konsiliarärzte gefasst werden können.

Die Folge der Unwirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarung und damit auch der Unwirksamkeit des sog. „Chefarztvertrages“ war in dem vom LG Stuttgart entschiedenen Fall wiederum, dass dem behandelnden Arzt kein Vergütungsanspruch nach § 612 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. den Regelungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zustand.