Tag Obliegenheit

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten wissen, dass Ansprüche auf Urlaub automatisch weder verfallen, noch verjähren und dass

…. aus Vorjahren noch Ansprüche auf Urlaub bzw. auf Abgeltung des Urlaubs bestehen können.

Mit Urteil vom 22.09.2022 in der Rechtssache C-120/21 sowie den verbundenen Rechtssachen C-518/20 und C-727/20 hat die Sechste Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) entschieden, dass von Arbeitnehmern erworbene 

  • Ansprüche auf bezahlten Urlaub, 

für vergangene Kalenderjahre, in denen sie

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Landwirte, die eine Landwirtschaftbetriebs-Versicherung unterhalten, sollten wissen, dass, wenn es wegen falscher

…. Einlagerung von Heu zu einem Brand kommt, die Versicherung ihre Leistung kürzen kann. 

Mit Beschluss vom 29.09.2020 – 11 U 68/19 – hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig darauf hingewiesen, dass, wenn die Versicherungsbestimmungen einer 

  • von einem Landwirt abgeschlossenen 

Landwirtschaftbetriebs-Versicherung vorsehen, dass 

  • das getrocknete Erntegut ordnungsgemäß eingelagert, 
  • ständig durch ein geeignetes Messgerät, etwa einer Heumesssonde, auf Selbstentzündung hin überprüft werden müsse sowie  
  • Heustapel so anzulegen seien, dass jeder Punkt des Stapels kontrolliert werden könne

und Heu 

  • nicht dementsprechend, sondern 

beispielsweise Heuballen so gelagert werden, dass 

  • nur die obersten Ballen der „Heutürme“ erreichbar sind und 
  • die unteren Schichten 
    • weder eingesehen 
    • noch mit einer Messlanze kontrolliert werden können,

eine grob fahrlässige Verletzung der vertraglichen Obliegenheiten vorliegt, die,

  • sollte durch Selbstentzündung des Heus ein Brandschaden entstehen,

die Versicherung zur Leistungskürzung berechtigt.

Wie der Senat ausgeführt hat, ist die Selbstentzündung von Heu die 

  • häufigste biologische Brandursache und 
  • möglich, wenn ein bestimmter Feuchtigkeitsgehalt im Erntegut und Mikroorganismen wie Pilzen und Bakterien sowie eine starke Verdichtung bzw. Pressung des Heus vorliegen 

und zur Verringerung der Gefahr einer Selbstentzündung erforderlich,

  • Heustapel so zu lagen, dass jeder Punkt des Stapels kontrolliert werden kann und
  • nach der Einlagerung regelmäßige sowie engmaschige Temperaturmessungen vorzunehmen. 

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem, 

  • in der Halle eines landwirtschaftlichen Betriebes, 

Heustapel nicht so lagert waren, dass jeder Punkt des Stapels kontrolliert werden konnte und es durch Selbstentzündung des Heus zu einem Brand gekommen war, bei dem 

  • die gesamte Ernte zerstört wurde und 
  • ein Schaden in Höhe von 445.000 Euro entstand, 

durfte die Versicherung ihre Leistung um 20 % kürzen, so dass der Landwirt 

  • statt der 445.000 Euro 

nur 356.000 Euro bekam (Quelle: Pressemitteilung des OLG Braunschweig).

Warum Versicherungsnehmer, die für ihr Auto eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen haben, nach einem Verkehrsunfall den

…. dabei an ihrem Fahrzeug entstanden Schaden vorsorglich auch dann gleich ihrer Vollkaskoversicherung melden sollten, wenn

  • sie (zunächst) die berechtigte Erwartung haben, der Unfallgegner werde für den Schaden aufkommen.

Mit Urteil vom 16.01.2020 – 11 U 131/19 – hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig nämlich darauf hingewiesen, dass ein Versicherungsnehmer, der nach einem Verkehrsunfall den Schaden seiner Vollkaskoversicherung nicht innerhalb der

  • in den Versicherungsbedingungen geregelten und
  • mit dem versicherten Ereignis zu laufen beginnenden

Meldefrist angezeigt hat, leer ausgehen kann, wenn

  • entgegen seiner Erwartung für seinen Schaden der Unfallgegner nicht aufkommen muss und
  • deswegen der Versicherungsnehmer nun seine Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen will.

Denn eine (erst) verspätete Schadensanzeige sei, so der Senat,

  • auch dann, wenn die fristgerechte Schadensanzeige in der berechtigten Erwartung, dass der Unfallgegner für den Schaden aufkommen werde, unterlassen worden ist,

ein Verstoß gegen die Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag.

Ein Versicherungsnehmer kann im Fall einer verspäteten Schadensmeldung danach seine Vollkaskoversicherung beispielsweise dann nicht mehr in Anspruch nehmen, wenn

  • durch eine verspätete Meldung

die Versicherung den von dem Versicherungsnehmer behaupteten Unfallhergang nicht mehr überprüfen kann (Quelle: Pressemitteilung des OLG Braunschweig).

Wichtig zu wissen für Autobesitzer, wenn sie ihren Pkw kaskoversichert haben und der Versicherungsvertrag

…. vorsieht, dass

  • das Fahrzeug nachts in einer Garage abgestellt wird bzw.
  • der Versicherer auf dieser Grundlage die Höhe der Versicherungsprämie kalkuliert hat.

Wird in so einem Fall

  • die Garage nicht als nächtlicher Abstellort für den Pkw genutzt, sondern

das Fahrzeug vor der Garage stehen gelassen,

  • etwa weil schlicht vergessen worden ist es noch in die Garage zu fahren,

ist der Versicherer,

  • wenn das Fahrzeug in der Nacht gestohlen werden sollte,

berechtigt,

  • wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadensfalles

die Leistung aus der Kaskoversicherung

  • §§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG)

zu kürzen.

Denn durch den Verstoß gegen die Obliegenheit,

  • die Garage als nächtlichen Einstellplatz für das Auto zu nutzen,

wird die Gefahr eines Diebstahls,

  • da der Täter, um das Fahrzeug zu entwenden, nicht mehr in die Garage eindringen muss,

deutlich erhöht.

Darauf hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Magdeburg mit Urteil vom 11.09.2018 – 11 O 217/18 – hingewiesen und in dem dieser Entscheidung zugrunde liegendem Fall eine Kürzung des Anspruchs des Versicherungsnehmers

  • in Höhe von 30 %

für gerechtfertigt erachtet.

Hinweis:
Nach § 23 Abs. 1 VVG darf der Versicherungsnehmer nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.

Tritt der Versicherungsfall nach einer Gefahrerhöhung ein, ist der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet, wenn

  • der Versicherungsnehmer seine Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 VVG vorsätzlich verletzt hat (§ 26 Abs. 1 S. 1 VVG).

Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistungen

  • in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis

zu kürzen, wobei die Beweislast für das

  • Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit

der Versicherungsnehmer trägt (§ 26 Abs. 1 S. 2 VVG).

Abweichend davon ist der Versicherer jedoch zur Leistung verpflichtet, soweit die Gefahrerhöhung nicht ursächlich war für

  • den Eintritt des Versicherungsfalls oder
  • den Umfang der Leitungspflicht (§ 26 Abs. 3 Nr. 1 VVG).

Wer für sein Fahrzeug eine Kaskoversicherung abgeschlossen hat, sollte nach einem Unfallschaden auch dann nicht versäumen

…. dem Kaskoversicherer den Schaden (Versicherungsfall) innerhalb der in den Versicherungsbedingungen vorgesehenen Wochenfrist mitzuteilen, wenn er beabsichtigt (zunächst) den Schädiger in Anspruch zu nehmen.

Mit Beschlüssen vom 26.04.2017 sowie vom 21.06.2017 – 20 U 42/17 – hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm nämlich darauf hingewiesen, dass ein Kaskoversicherer,

  • wenn der Versicherungsnehmer – in Kenntnis der ihm obliegenden Anzeigepflicht – einen Unfallschaden erst knapp sechs Monate nach dem Verkehrsunfall mitteilt,

jedenfalls dann berechtigt ist,

  • wegen vorsätzlicher Verletzung der Anzeigeobliegenheit, eine Entschädigung zu verweigern,

wenn der Versicherungsnehmer nicht nachweisen kann,

  • dass seine verzögerte Anzeige nicht ursächlich dafür war,
  • dass der Kaskoversicherer keine Feststellungen zum Versicherungsfall und zu seiner Leistungspflicht mehr treffen konnte.

Denn, so der Senat, die Verpflichtung dem Kaskoversicherer den Schaden (Versicherungsfall) anzuzeigen, bestehe,

  • da sie sicherstellen solle, dass dem Versicherer bei einer Inanspruchnahme eigene Ermittlungen möglich sind,

unabhängig davon, ob später tatsächlich eine Leistung des Versicherers in Anspruch genommen wird.

Auch die eigene in Anspruch genommene Vollkaskoversicherung muss nicht immer zahlen

Will ein Versicherter nach einem Verkehrsunfall die eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen, muss diese nicht zahlen, wenn der Versicherte

  • bei seiner Schadensanzeige objektiv unrichtige Angaben zum Unfallgeschehen gemacht und
  • hierdurch arglistig seine vertraglich vereinbarte Aufklärungsobliegenheit verletzt hat.

Den Versicherungsnehmer treffen im Verhältnis zum Versicherer nämlich verschiedene vertraglich vereinbarte Pflichten, sog. Obliegenheiten.

  • Schon die grob fahrlässige Verletzung dieser Pflichten kann zur Kürzung der Versicherungsleistung führen und
  • im Fall einer vorsätzlichen Verletzung der vertraglichen Pflichten ist der Versicherer vollständig von seiner Leistungsfreiheit befreit.

Darauf hat das Landgericht (LG) Coburg mit Urteil vom 18.11.205 – 12 O 578/14 – hingewiesen und die Klage eines Klägers, der nach einem Verkehrsunfall gegen den Vollkaskoversicherer seines Pkws Ansprüche im fünfstelligen Bereich geltend gemacht hatte, abgewiesen, weil der Kläger

  • um eine für sich günstige Regulierungsentscheidung herbeizuführen
  • in der Schadensmeldung die Frage der beklagten Versicherung nach der Schuld an dem Verkehrsunfall objektiv falsch beantwortet und obwohl an dem Unfall ein Fußgänger überhaupt nicht beteiligt, sondern er aus ungeklärter Ursache von der Mittelspur auf die rechte Fahrspur gewechselt war, angegeben hatte, ein Fußgänger sei in hohem Tempo über die Straße gelaufen und er habe zur Vermeidung einer Kollision sein Fahrzeug reflexartig nach rechts gezogen (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 27.05.2016 – Nr. 14/2016 –).

Die Untersuchungspflicht des Käufers bei einem beiderseitigen Handelsgeschäft

Welche Anforderungen sind an die Art und Weise der dem Käufer nach § 377 Handelsgesetzbuch (HGB) obliegenden Untersuchung der Ware zu stellen?

Gemäß § 377 Abs. 1 HGB,

  • der Anwendung findet, wenn es sich bei dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien um ein beiderseitiges Handelsgeschäft handelt (§§ 343, 344 HGB) und
  • der auch für einen Werklieferungsvertrag gilt (§ 381 Abs. 2 HGB),

hat der Käufer die Ware

  • unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und,
  • wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

Welche Anforderungen an die Art und Weise der dem Käufer danach obliegenden Untersuchung zu stellen sind, lässt sich nicht allgemein festlegen.

  • Es ist vielmehr darauf abzustellen, welche in den Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs fallenden Maßnahmen einem ordentlichen Kaufmann im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung auch der schutzwürdigen Interessen des Verkäufers zur Erhaltung seiner Gewährleistungsrechte zugemutet werden können.

Dabei kommt es auf die objektive Sachlage und auf die allgemeine Verkehrsanschauung an, wie sie sich hinsichtlich eines Betriebs vergleichbarer Art herausgebildet hat. Die Anforderungen an eine Untersuchung sind letztlich durch eine Interessenabwägung zu ermitteln (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 17.09.2002 – X ZR 248/00 –).

  • Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Vorschriften über die Mängelrüge in erster Linie den Interessen des Verkäufers oder Werklieferanten dienen.

Er soll, was auch dem allgemeinen Interesse an einer raschen Abwicklung der Geschäfte im Handelsverkehr entspricht, nach Möglichkeit davor geschützt werden, sich längere Zeit nach der Lieferung oder nach der Abnahme der Sache etwaigen, dann nur schwer feststellbaren Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt zu sehen.
Ein schutzwürdiges Interesse des Verkäufers an einer alsbaldigen Untersuchung durch den Käufer kann dann besonders groß sein, wenn er bei bestimmungsgemäßer Weiterverarbeitung der Kaufsache zu wertvollen Objekten mit hohen Mangelfolgeschäden rechnen muss und nur der Käufer das Ausmaß der drohenden Schäden übersehen kann.

  • Andererseits dürfen im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zwischen Verkäufer/Werklieferanten und Käufer die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Untersuchung nicht überspannt werden.

Denn ansonsten könnte der Verkäufer, aus dessen Einflussbereich der Mangel kommt, in die Lage versetzt werden, das aus seinen eigenen fehlerhaften Leistungen herrührende Risiko auf dem Wege über die Mängelrüge auf den Käufer abzuwälzen.

Anhaltspunkte für die Grenzen der Zumutbarkeit bilden vor allem,

  • der für eine Überprüfung erforderliche Kosten- und Zeitaufwand,
  • die dem Käufer zur Verfügung stehenden technischen Prüfungsmöglichkeiten,
  • das Erfordernis eigener technischer Kenntnisse für die Durchführung der Untersuchung beziehungsweise
  • die Notwendigkeit, die Prüfung von Dritten vornehmen zu lassen.

Ob im Einzelfall verschärfte Untersuchungsanforderungen zum Tragen kommen, hängt ab,

  • von der Natur der Ware,
  • von den Branchengepflogenheiten sowie
  • von dem Gewicht der zu erwartenden Mangelfolgen und
  • von etwaigen Auffälligkeiten der gelieferten Ware oder
  • früheren, nach wie vor als Verdacht fortwirkenden Mangelfällen (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.2002 – X ZR 248/00 –).

Dem Käufer aus früheren Lieferungen bekannte Schwachstellen der Ware müssen eher geprüft werden als das Vorliegen von Eigenschaften, die bislang nie gefehlt haben (BGH, Urteil vom 17.09.2002 – X ZR 248/00 –).

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 24.02.2016 – VIII ZR 38/15 – hingewiesen.