Tag Privatsphäre

Wer unter der von ihm unterhaltenen E-Mail-Adresse unaufgefordert E-Mails zu Webezwecken erhält muss dies nicht dulden, sondern

…. kann von dem Versender Unterlassung aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog verlangen, wenn er

  • weder zuvor in die Zusendung eingewilligt hatte,
  • noch bei der Erhebung und der Verwendung seiner E-Mail-Adresse darauf hingewiesen worden war, dass er der weiteren Verwendung seiner E-Mail-Adresse zur Zusendung von Werbung jederzeit widersprechen kann.

Das hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 10.07.2018 – VI ZR 225/17 – entschieden.

Danach stellt die Verwendung von elektronischer Post für Zwecke der Werbung,

  • worunter eine Kundenzufriedenheitsbefragung in einer E-Mail auch dann fällt, wenn mit der E-Mail die Übersendung einer Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt erfolgt,

ohne Einwilligung des Empfängers, grundsätzlich einen rechtwidrigen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, wenn der Versender,

  • bevor er auf diese Art mit Werbung in die Privatsphäre des Empfängers eindringt,

dem Empfänger nicht – wie es die Vorschrift des § 7 Abs. 3  des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verlangt – die Möglichkeit gegeben hat, der Verwendung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der Werbung zu widersprechen.

AG München entscheidet: Hotel muss Namen und Anschrift eines Gastes nicht mitteilen

Mit Urteil vom 18.10.2016 – 191 C 521/16 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem eine Frau,

  • die zusammen mit einem männlichen Begleiter, von dem sie, abgesehen von seinem (angeblichen) Vornamen nichts wusste, ein Zimmer in einem Hotel gemietet und genutzt hatte,

von dem Hotel die Anschrift und den vollständigen Namen ihres Begleiters wissen wollte, entschieden, dass das Hotel ihr diese Auskünfte nicht erteilen muss und zwar auch dann nicht, wenn

  • die Frau neun Monate später ein Kind zur Welt gebracht hat,
  • ihr damaliger Begleiter als Vater des Kindes in Betracht kommt,
  • sie nicht im Besitz von Unterlagen ist, aus denen sich der vollständige Name ihres damaligen Begleiters ergeben könnte und
  • die Auskünfte zur Geltendmachung von Kindesunterhaltsansprüche benötigt werden.

Dass der Frau kein Anspruch gegen das Hotel auf Erteilung der geforderten Auskünfte zusteht, hat das AG damit begründet, dass, sofern eine eindeutige Feststellung der entsprechenden Person nicht möglich sei,

  • das Recht der von einer solchen Auskunft betroffenen Männer auf informationelle Selbstbestimmung und auf den eigenen Schutz der Ehe und Familie das Recht der Frau auf Schutz der Ehe und Familie und auf den Unterhaltsanspruch überwiege

und

  • den betroffenen Männern außerdem das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre zustehe, das davor schütze, geschlechtliche Beziehungen offenbaren zu müssen und dieses Recht durch die Preisgabe der gewünschten Daten betroffen sei, da bereits hierdurch die Möglichkeit einer geschlechtlichen Beziehung zu der Frau als Mutter des Kindes letztlich unwiderlegbar im Raum stehe (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 28.04.2017 – 32/17 –).

Was Mütter und von ihnen öffentlich der Vaterschaft bezichtigte Männer wissen sollten, wenn Streit über die Vaterschaft besteht

Behauptet eine Mutter

  • öffentlich, auch über sozialen Medien, von einem Mann, dass er der Vater ihres Kindes ist und
  • veröffentlicht sie im Internet Bilder des Mannes und Bilder ihres Kindes, die sie mit „Kind des (Name des Mannes)“ untertitelt,

kann der die Vaterschaft bestreitende Mann, dessen Vaterschaft nicht bewiesen ist,

  • wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Unterlassung sowie die Löschung und den Widerruf dieser Behauptungen verlangen.

Das hat das Amtsgerichts (AG) München mit Urteil vom 12.04.2016 – 161 C 31397/15 – entschieden.

Begründet hat das AG dies u.a. damit,

  • dass es sich bei der Vaterschaftsbehauptung um eine auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbare und die Privatsphäre betreffende Tatsachenbehauptung handle,
  • dass, wenn eine Mutter eine solche Behauptung aufstelle, sie die Beweislast für den Wahrheitsgehalt ihrer Behauptung trage, sie also nachweisen müsse, dass der von ihr als Vater Bezichtigte auch tatsächlich der Vater ihres Kindes ist und
  • wenn der Mutter dieser Nachweis nicht möglich sei, dem durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Grundgesetz (GG) geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Mannes Vorrang einzuräumen sei vor der nach Art. 5 GG geschützten Meinungsfreiheit der Mutter.

Weiter hat das AG darauf hingewiesen, dass die Veröffentlichung von Bildern einer Person, bei der es sich um keine Person der Zeitgeschichte handelt, nur mit Einwilligung der abgebildeten Person zulässig ist (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 30.09.2016 – 77/16 –).

Dürfen personenbezogene Daten veröffentlicht werden oder hat man einen Anspruch auf Unterlassung?

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht verleiht dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden.
Hierunter fällt auch das Recht, grundsätzlich selbst darüber zu bestimmen, ob und welche Informationen über seine Person, z.B. in einem Online-Lexikon, veröffentlicht werden.

Da personenbezogene Daten aber zugleich ein Teil der sozialen Realität einer Person sind, müssen bei Daten aus dem Bereich der Privatsphäre, zu denen auch das Geburtsdatum gehört, die Persönlichkeitsinteressen des Betroffenen dann regelmäßig hinter der Meinungsfreiheit zurücktreten, wenn

  • die verbreiteten Tatsachen richtig sind,
  • an der Veröffentlichung ein öffentliches Interesse im Sinn der Meinungsbildung besteht und
  • die Folgen der Veröffentlichung für den Betroffenen nicht schwerwiegend sind, wobei hier insbesondere zu berücksichtigen ist, ob die Informationen aus einer öffentlich zugänglichen Quelle stammen.

Liegen diese Voraussetzungen vor, werden Betroffene durch die Veröffentlichung nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und haben deshalb, wenn die Löschung verweigert wird, auch keinen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung.

Darauf hat das Amtsgerichts (AG) München mit Urteil vom 30.09.2015 – 142 C 30130/14 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem ein Online-Lexikon in einem Beitrag über eine Drehbuchautorin und Regisseurin deren Geburtsdatum veröffentlicht und als Nachweis dafür die Dissertation der Regisseurin angegeben hatte, in der ihr Geburtsdatum genannt war,

deren Klage auf Unterlassung der Veröffentlichung ihres Geburtsdatums abgewiesen.

Begründet hat das AG seine Entscheidung u. a. damit, dass

  • ein öffentliches Interesse an dem Geburtsjahr der Klägerin bestehe, weil diese eine renommierte, in der Öffentlichkeit stehende und bekannte Dokumentarfilm-Produzentin sei und
  • keine Anhaltspunkte bestünden, dass die Klägerin durch die Veröffentlichung des Geburtsjahres (in ihrem Beruf) erheblich beeinträchtigt werde oder dadurch ihre soziale Ausgrenzung oder Isolierung drohe (Quelle: Pressemitteilung 66/16 des AG München vom 26.08.2016).