Tag Recht

Was, wenn für Kinder ein Anspruch auf Kindergeld besteht, die Eltern und Großeltern wissen sollten

Nach den Vorschriften des Kindergeldrechts (§§ 62 ff. Einkommensteuergesetz – EStG) ist grundsätzlich jeder Elternteil für das leibliche Kind kindergeldberechtigt.
Haben Großeltern ein Enkelkind in ihren Haushalt aufgenommen, sind auch sie kindergeldberechtigt.

  • Allerdings wird nach § 64 EStG für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld bezahlt und zwar demjenigen, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.
  • Eine Aufteilung des Kindergeldes auf mehrere Berechtigte ist nicht zulässig.

Das hat folgende Konsequenzen:

  • Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt seiner Eltern, müssen sie sich einigen und bestimmen, wer von ihnen das Kindergeld erhalten soll.
    Können sie sich nicht einigen, bestimmt das Familiengericht auf Antrag den Berechtigten (§ 64 Abs. 2 Satz 3 EStG).
    Entsprechendes gilt, wenn ein Kind in den gemeinsamen Haushalt seiner Großeltern aufgenommen ist. Dann müssen sich entweder die Großeltern einigen oder es entscheidet das Familiengericht.
  • Bei getrennt lebenden Eltern steht der Anspruch auf Kindergeld nur demjenigen Elternteil zu, der das Kind in seinen Haushalt aufnimmt und es überwiegend betreut und versorgt.
  • Gibt es einen gemeinsamen Haushalt von Eltern/Elternteil und Großeltern in dem das Kind bzw. Enkelkind lebt, steht der Kindergeldanspruch vorrangig den Eltern bzw. dem Elternteil (vor den Großeltern) zu, wobei
    • in diesem Fall von den vorrangig berechtigten Eltern bzw. dem vorrangig berechtigten Elternteil auf diesen Kindergeldanspruch zu Gunsten eines Großelternteils verzichtet werden kann (§ 64 Abs. 2 Satz 5 EStG).
  • Liegt kein gemeinsamer Haushalt von Eltern/Elternteil und Großeltern (mehr) vor, beispielsweise weil die Eltern/Elternteil mit dem Kind aus dem gemeinsamen Haushalt mit den Großeltern ausziehen und hält sich das Kind danach sowohl im Haushalt der Eltern bzw. eines Elternteils, als auch im Haushalt der Großeltern auf, besteht dagegen kein vorrangiger Anspruch der Eltern bzw. eines Elternteils.
    Darauf hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 29.08.2017 – 4 K 2296/15 – hingewiesen und entschieden, dass das Kindergeld dann dem (vorrangig) zusteht, in dessen Haushalt sich das Kind überwiegend aufhält und seinen Lebensmittelpunkt hat,

    • was in einem solchen Fall von der Familienkasse festzustellen sowie zu entscheiden ist und
    • was demzufolge auch die Großeltern sein können, wenn das Kind sich überwiegend bei ihnen aufhält und bei ihnen seinen Lebensmittelpunkt hat (Quelle: Pressemitteilung des FG Rheinland-Pfalz vom 25.10.2017).

Großeltern sollten wissen, ob bzw. wann sie ein Recht auf Umgangsrecht mit ihren Enkeln haben

…. wenn Eltern einen solchen Umgang ablehnen.

Gemäß § 1685 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Kind,

  • wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.

Für die Frage, was dem Wohl des Kindes dient, kann § 1626 Abs. 3 Satz 2 BGB als Auslegungshilfe herangezogen werden.
Danach gehört der Umgang

  • mit anderen Personen (als den Eltern), zu denen das Kind Bindungen besitzt,

zum Wohl des Kindes,

  • wenn deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist.

Voraussetzung für die positive Vermutung, dass der Großelternumgang kindeswohldienlich ist, ist somit nicht nur,

  • dass tragfähige Bindungen des Kindes zu den Großeltern bestehen,

sondern darüber hinaus,

  • dass die Aufrechterhaltung der Bindungen für die Entwicklung des Kindes (auch) förderlich ist.

Nicht dem Wohl des Kindes dient somit ein Großelternumgang beispielsweise regelmäßig dann,

  • wenn die – einen solchen Umgang ablehnenden – Eltern und die Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind bei einem Umgang in einen Loyalitätskonflikt geriete

oder

  • wenn zu befürchten ist, dass die Großeltern den Erziehungsvorrang der Eltern missachten bzw. nicht respektieren.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 12.07.2017 – XII ZB 350/16 – hingewiesen.

Beisetzung eines Verstorbenen – Wer bestimmt wie und wo?

Das Recht, Ort sowie Art und Weise der Bestattung des Leichnams eines Verstorbenen zu bestimmen steht

  • nicht dem Erben zu,

sondern

Bestimmen wer die Totenfürsorge nach seinem Ableben innehaben soll kann Jedermann zu Lebzeiten.

Ist vom Verstorbenen zu Lebzeiten eine Aussage dazu, welche Person nach seinem Ableben totenfürsorgeberechtigt sein soll, nicht getroffen worden,

  • sind nach Gewohnheitsrecht
  • die nächsten Angehörigen berechtigt, und zwar
    • zunächst der Ehegatte,
    • dann die Kinder usw.

Der überlebende Ehegatte schließt aufgrund gewohnheitsrechtlicher Grundsätze folglich also die Kinder von der Ausübung des Totenfürsorgerechts aus.

Der nachrangige Totenfürsorgeberechtigte kann allerdings,

  • wenn ihm nicht bekannt ist, wo der Verstorbene seine letzte Ruhe gefunden hat,

von dem (vorrangigen) Totenfürsorgeberechtigten Auskunft darüber verlangen und zwar schon deshalb,

  • weil er in der Lage sein muss, das Totenfürsorgerecht auszuüben, wenn der vorrangige Totenfürsorgeberechtigte verstirbt oder sonst ausscheidet.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Krefeld mit Urteil vom 24.06.2017 – 2 C 1/16 – hingewiesen.

Übrigens:
Wie und wo man einmal bestattet werden will, kann von Jedermann ebenfalls zu Lebzeiten bestimmt werden.
Hat der Verstorbene seinen diesbezüglichen Willen nicht erklärt, hat sich der Inhaber des Totenfürsorgerechts im Rahmen des mutmaßlichen Willens des Verstorbenen zu bewegen, wobei ihm innerhalb dieses Rahmens aber, weil andernfalls die Umsetzung der Totenfürsorge nicht praktikabel sein würde, ein erheblicher Ermessens- und Beurteilungsspielraum zusteht (AG München, Urteil vom 11.06.2016 – 171 C 12772/15 –).

Was man wissen sollte, wenn man sich gegen einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wehren möchte

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist Teil des in Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankerten allgemeinen Persönlichkeitsrechts und umfasst die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis der Person, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden,

  • ob,
  • wann und
  • innerhalb welcher Grenzen

persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden.

Allerdings gewährt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Greift beispielsweise eine Presseveröffentlichung in das informationelle Selbstbestimmungsrecht einer Person ein und wird von dieser die Unterlassung der Veröffentlichung verlangt, ist abzuwägen, welchem Recht im konkreten Einzelfall der Vorrang einzuräumen ist,

  • dem von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Recht des von der Veröffentlichung Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung oder
  • dem von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Recht der Pressefreiheit.

Zu berücksichtigen dabei ist, dass,

  • durch in das Recht von Kindern und Jugendlichen auf informationelle Selbstbestimmung eingreifende Presseberichterstattung deren Persönlichkeitsentwicklung empfindlicher gestört werden als die von Erwachsenen und
  • auch für Kinder prominenter Eltern ein von medialer Beobachtung und Kommentierung geschützter Freiraum insbesondere dann bestehen muss, wenn sie sich weder durch eigenes Verhalten, noch durch ihre Eltern der Öffentlichkeit ausgesetzt haben.

Andererseits darf aber auch nicht außer Acht gelassen werden, dass,

  • wenn Gegenstand einer Veröffentlichung ausschließlich bereits einem breiten Empfängerkreisen bekannt gemachte Informationen sind,
  • solche Informationen in geringerem Maße in das informationelle Selbstbestimmungsrecht eingreifen als ihre erstmalige Veröffentlichung.

Darauf hat die 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG mit Beschluss vom 28.07.2016 – 1 BvR 335/14, 1 BvR 1621/14, 1 BvR 1635/14, 1 BvR 2464/15 – hingewiesen und entschieden, dass die Adoptivtöchter eines Fernsehmoderators ihre Erwähnung in der angegriffenen Wortberichterstattung hinnehmen müssen,

  • da dieselbe Information bereits in mehreren, nicht beanstandeten Artikeln veröffentlicht worden war,
  • es sich dabei auch allein um den Vornamen, die Abstammung und das Alter der Adoptivtöchter gehandelt hatte und
  • eine optische Erkennbarkeit der Kinder für die breitere Öffentlichkeit nicht gegeben war.

Was für Möglichkeiten hat der Eigentümer einer Sache wenn diese im Besitz eines anderen ist

Der Eigentümer einer Sache kann nach § 985 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vom Besitzer die Herausgabe verlangen, wenn der Besitzer kein Recht zum Besitz (mehr) hat (vgl. hierzu § 986 BGB).

Kommt ein Besitzer, der kein Recht zum Besitz (mehr) hat, dem Herausgabeverlangen des Eigentümers nicht nach, also erfüllt er seine Herausgabepflicht nach § 985 BGB nicht und

  • ist er bösgläubig, d.h., hat er positive Kenntnis von seiner fehlenden Besitzberechtigung, die als erlangt anzusehen ist, wenn ihm entweder die Rechte des Eigentümers durch liquide Beweise dargetan werden oder wenn er über den Mangel seines Besitzrechts in einer Weise aufgeklärt wird, dass sich ein redlicher und vom Gedanken an den eigenen Vorteil nicht beeinflusst Denkender der Überzeugung hiervon nicht verschließen würde (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 05.03.2010 – V ZR 106/09 –)

oder

  • ist der Besitzer vom Eigentümer (bereits) auf Herausgabe verklagt,

kann der Eigentümer von dem Besitzer,

  • wenn infolge eines Verschuldens des Besitzers die Sache verschlechtert worden, untergegangen oder aus einem anderen Grunde von ihm nicht herausgegeben werden kann,
  • nach § 989, § 990 Abs. 1 BGB Ersatz des ihm dadurch entstanden Schadens

oder

  • falls ihm die Sache vom Besitzer (lediglich) vorenthalten wird (also die Herausgabe verweigert wird),
  • unter den Voraussetzungen der § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 Abs. 1 u. 2 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen.

Darauf hat der V. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 18.03.2016 – V ZR 89/15 – hingewiesen.

Die Anwendung der §§ 280, 281 BGB auf den vindikatorischen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB hat zur Folge, dass,

  • wenn der bösgläubige Besitzer die Sache nach der – für einen Anspruch aus §§ 280, 281 BGB grundsätzlich erforderlichen – Fristsetzung – sofern diese wegen endgültiger Erfüllungsverweigerung nicht ausnahmsweise entbehrlich ist (§ 281 Abs. 2 BGB) – nicht freiwillig herausgibt,
  • der Eigentümer schon vor einer rechtskräftigen Entscheidung über den Anspruch aus § 985 BGB die Möglichkeit hat, Schadensersatz statt der Leistung verlangen und
    • der Besitzer dann seine Verpflichtung aus § 985 BGB nicht mehr durch die Herausgabe der Sache erfüllen kann.

Auch kann der Eigentümer seine Klage auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB für den Fall des fruchtlosen Ablaufs der von dem Gericht zur Erfüllung des Herausgabeanspruchs gesetzten Frist unter den Voraussetzungen des § 259 ZPO bereits zusammen mit der Herausgabeklage zu erheben (§ 255 ZPO).

Das für den Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 u. 3, § 281 BGB erforderliche Verschulden wird zwar vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), kann aber fehlen, wenn der Besitzer nach einer mit verkehrsüblicher Sorgfalt vorgenommenen Prüfung (§ 276 Abs. 1 u. 2 BGB) begründete Zweifel an der Eigentümerstellung des Anspruchstellers haben konnte.

Wann hat ein Vermieter das Recht die von ihm vermietete Wohnung zu besichtigen?

Sofern ernsthafte Anhaltspunkte für einen Schadenseintritt bestehen und abgesehen davon, spätestens alle 5 Jahre, muss ein Mieter die Besichtigung der Mietwohnung durch den Vermieter dulden.

Das hat das Amtsgerichts (AG) München mit Urteil vom 10.12.2015 – 461 C 19626/15 – entschieden und in einem Fall, in dem,

  • aus einer Mietwohnung über mehr als zwei Wochen unangenehme, nicht definierbare Gerüche ausgetreten waren und die Vermieterin, weil sie Sorge hatte, dass Schimmel, Fäulnis oder gar eine Verwesung Ursache des üblen Geruchs sein könnten, die Wohnung hatte besichtigen wollen und
  • dies vom Mieter abgelehnt worden war,

den Mieter verurteilt, die Besichtigung der Wohnung durch die Vermieterin nach einer Vorankündigung von fünf Werktagen zu dulden.

Nach dieser Entscheidung hat ein Vermieter beispielsweise dann ein Besichtigungsrecht, wenn es in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum zu einem muffigen Geruchsaustritt aus der Mietwohnung gekommen ist, weil dies eine nachhaltige negative Beeinträchtigung der Sachsubstanz durch Schimmelbildung befürchten lässt.

Dass ein Vermieter alle 5 Jahre eine Besichtigung der Mietwohnung verlangen kann, hat das AG damit begründet,

  • dass ein Vermieter nicht auf Dauer von seinem Eigentum und insbesondere der Möglichkeit, den Zustand seines Eigentums zu überprüfen, ausgeschlossen werden könne,
  • nach der allgemeinen Verkehrsanschauung und der allgemeinen Vertragspraxis nach Ablauf von fünf Jahren auch bei bestimmungsgemäßem und vertragsgemäßem Gebrauch eine solche Abnutzung auftreten kann, dass Arbeiten in dem Mietobjekt vorgenommen werden müssen, um eine Substanzschädigung zu vermeiden und
  • durch eine Wohnungsbesichtigung alle fünf Jahre, die vorher angekündigt und schonend vorgenommen werden müsse, ein Mieter auch nicht über Gebühr in seinem Lebensbereich beeinträchtigt werde (Quelle: Pressemitteilung des AG München 45/16 vom 10.06.2016).

Wie darf man sich in einer Notwehrlage verteidigen?

Nach § 32 Strafgesetzbuch (StGB) ist Notwehr die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
Liegt eine Notwehrlage vor, weil eine Person rechtswidrig angegriffen wird, ist sie grundsätzlich berechtigt, zur Verteidigung das Abwehrmittel zu wählen, welches eine endgültige Beseitigung der Gefahr gewährleistet.

  • Dabei muss der Angegriffene sich nicht mit der Anwendung weniger gefährlicher Verteidigungsmittel begnügen, wenn deren Abwehrwirkung zweifelhaft ist;
  • auf Risiken braucht er sich nicht einzulassen.
  • Nur wenn mehrere wirksame Mittel zur Verfügung stehen, hat der Verteidigende dasjenige Mittel zu wählen, das für den Angreifer am wenigsten gefährlich ist.

Wann eine weniger gefährliche Abwehrhandlung geeignet ist, die Gefahr zweifelsfrei und sofort endgültig zu beseitigen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 05.10.1990 – 2 StR 347/90 –).

Unter mehreren Verteidigungsmöglichkeiten ist der Angegriffene zudem nur dann auf eine für den Angreifer weniger gefährliche Alternative zu verweisen,

  • wenn ihm genügend Zeit zur Wahl des Mittels sowie zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteile vom 30.06.2004 – 2 StR 82/04 – und vom 27.09.2012 – 4 StR 197/12 –).

Bei einem lebensgefährlichen Waffeneinsatz

  • gegen einen unbewaffneten Angreifer

ist der Angreifer in der Regel gehalten,

  • den Gebrauch der Waffe zunächst anzudrohen oder
  • einen weniger gefährlichen als den lebensbedrohenden Einsatz zu versuchen (BGH, Urteil vom 21.03.1996 – 5 StR 432/95 –).

Nach dem Rechtsbewährungsprinzip des Notwehrrechts entfällt das Notwehrrecht im Allgemeinen auch nicht wegen der Möglichkeit einer Flucht vor dem Angreifer.

Darauf hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 12.04.2016 – 2 StR 523/15 – hingewiesen.