Tag Reiserücktrittsversicherung

OLG Celle entscheidet wann die Reiserücktrittsversicherung bei Stornierung einer Reise wegen einer Durchfallerkrankung

…. leistungspflichtig ist.

Mit Urteil vom 03.12.2018 – 8 U 165/18 – hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle entschieden, dass eine Reiserücktrittsversicherung,

  • nach deren Versicherungsbedingungen ein Versicherungsfall u.a. vorliegt, wenn die versicherte Person oder eine mitversicherte Risikoperson von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen wird,

bei Stornierung einer gebuchten Flugreise wegen einer Durchfallerkrankung dann eintrittspflichtig ist, wenn dem Versicherten die trotz Einnahme von Medikamenten fortbestehende Durchfallerkrankung

  • überfallartig und ohne Vorwarnung zwingt, in unregelmäßigen Abständen die Toilette aufzusuchen und
  • für ihn deshalb, weil die jederzeit mögliche Inanspruchnahme einer Toilette nicht gewährleistet ist,

ein Reiseantritt insgesamt unzumutbar ist.

Danach ist entscheidend dafür, ob die versicherte Person oder eine mitversicherte Risikoperson von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen ist,

  • weder die konkrete ärztliche Diagnose der Erkrankung,
  • noch die technische Durchführbarkeit der Reise, sondern

das Vorliegen einer krankheitsbedingten Symptomatik, die den Antritt einer Reise unzumutbar erscheinen lässt und bei einer

  • trotz Einnahme von Medikamenten fortbestehenden

Durchfallerkrankung erheblicher Ausprägung,

  • die den Erkrankten überfallartig und ohne Vorwarnung zwingt, vier- bis fünfmal am Tag in unregelmäßigen Abständen die Toilette aufzusuchen,

ist dem Erkrankten jedenfalls der Antritt einer Flugreise deswegen nicht zuzumuten, weil

  • eine Toilette schon bei der Anfahrt zum Flughafen, während des Eincheckens und bis zum Erreichen der Flughöhe, nicht jederzeit zugänglich ist sowie
  • die Möglichkeit, eine der Toiletten an Bord des Flugzeugs in Anspruch nehmen zu können, auch von den Bedürfnissen der anderen Flugpassagiere abhängig ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle vom 14.02.2019).

Wer eine Reiserücktrittsversicherung hat, sollte wissen, dass ein Schulwechsel eines Kindes nicht gleichgesetzt werden kann mit

…. einem Arbeitsplatzwechsel und dass eine Reiserücktrittsversicherung,

  • nach deren Allgemeinen Bedingungen bei Arbeitsplatzwechsel der versicherten Person oder einer mitreisenden Risikoperson Versicherungsschutz besteht,

keinen Versicherungsschutz bei einem Schulwechsel eines mitversicherten minderjährigen Kindes bietet, so dass

  • falls wegen eines Schulwechsels des mitversicherten minderjährigen Kindes eine für das Kind gebuchte Reise storniert werden muss,

der Versicherungsnehmer,

  • mangels Vorliegen eines Versicherungsfalles,

keinen Anspruch gegen den Reiserücktrittsversicherer auf Erstattung der entstandenen Stornokosten hat.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 29.03.2017 – 273 C 2376/17 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 06.10.2017).

Wer eine Reiserücktrittsversicherung abschließt sollte vor dem Abschluss prüfen

…. welche Sachverhalte nach den Versicherungsbedingungen als versicherte Ereignisse angeboten werden.

Mit Urteil vom 11.11.2016 – 191 C 17044/16 – hat das Amtsgerichts (AG) München nämlich entschieden, dass Versicherungsschutz bei einer Reiserücktrittskostenversicherung nur für die

  • in den Versicherungsbedingungen
  • konkret und abschließend aufgeführten Ereignisse

besteht und die Klage gegen eine Reiserücktrittsversicherung auf Erstattung der ihm vom Reiseveranstalter in Rechnung gestellten Stornokosten in einem Fall abgewiesen, in dem von einem blinden, auf seinen Blindenführerhund angewiesen Kläger,

  • eine Reiserücktrittskostenversicherung für eine Reise mit seiner Mutter nach Fuerteventura in der Zeit vom 18.06.2016 bis 27.06.2016 abgeschlossen und

die Reise nachfolgend,

  • wegen eines akuten epileptischen Anfalls sowie dadurch bedingter Flugunfähigkeit seines Blindenführerhundes,

storniert worden war.

Begründet hat das AG die Klageabweisung damit,

  • dass der Reiserücktrittsversicherer in seinen Versicherungsbedingungen lediglich bestimmte Sachverhalte als versicherte Ereignisse angeboten hat,
  • deshalb nur bei den in den Versicherungsbedingungen konkret und abschließend aufgeführten Ereignissen Versicherungsschutz besteht und

das streitgegenständliche Ereignis, weil es unter den abschließend aufgezählten Punkten der Versicherungsbedingungen nicht aufgeführt war, deshalb auch nicht Vertragsbestandteil geworden ist (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 14.07.2017 – 53/17 –).

Was, wer eine Reiserücktrittsversicherung hat, wissen sollte

Eine Bestimmung in Allgemeinen Bedingungen einer Reiserücktrittsversicherung, die vorsieht, dass

  • keine Leistungspflicht besteht für bei Reisebuchung bestehende Krankheiten und deren Folgen,
  • d.h., nur neue auftretende Erkrankungen versicherte Reiserücktrittgründe sein und Versicherungsschutz genießen sollen,

ist wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherten unwirksam (§ 307 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), weil

  • die Klausel nicht differenziert zwischen Vorerkrankungen, die der versicherten Person bekannt und die der versicherten Person unbekannt sind, d.h. auch alle Vorerkrankungen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind, die der versicherten Person bei Reisebuchung unbekannt waren und
  • der Versicherungsschutz damit nicht nur auf unerwartete Erkrankungen beschränkt wird.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 30.08.2016 – 159 C 5087/16 – entschieden (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 31.03.2017 – 26/17 –).