Tag Schuld

Was Kraftfahrzeughalter über die Haftungsverteilung bei einem durch mehrere Kraftfahrzeuge verursachten

…. Verkehrsunfallschaden wissen sollten.

Nach § 17 Abs. 2, Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) hängt die Haftungsverteilung davon ab, inwieweit die Schäden vorwiegend von 

  • dem einen oder 
  • dem anderen Teil 

verursacht worden sind, wobei die Abwägung 

  • aufgrund aller festgestellten Umstände des Einzelfalles 

vorzunehmen und dabei in erster Linie das Maß 

  • der Verursachung 

von Belang ist, in dem die 

  • Beteiligten zur Schadensentstehung 

beigetragen haben.

  • Das beiderseitige Verschulden ist dabei nur ein Faktor der Abwägung. 

Übrigens:
Auch wenn der Unfall für den Fahrer 

  • des einen beteiligten Fahrzeugs selbst 

nicht unabwendbar im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG war, kann, sofern die schwere Schuld der Gegenseite 

  • die eigene geringe Schuld oder 
  • die allein zu berücksichtigende Betriebsgefahr 

ganz zurücktreten lässt, der Halter des anderen am Unfall beteiligten Fahrzeugs 

  • allein für die Unfallschäden haften.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 15.06.2021 – VI ZR 1029/20 – hingewiesen.

Wichtig zu wissen für Wohnungseigentümer die Verbindlichkeiten der Gemeinschaft oder eine gesamtschuldnerisch

…. von den Wohnungseigentümern zu tragende Schuld aus eigenen Mitteln tilgen bzw. getilgt haben. 

Mit Urteil vom 25.09.2020 – V ZR 288/19 – hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn ein Wohnungseigentümer 

  • Verbindlichkeiten der Gemeinschaft oder 
  • eine von den Wohnungseigentümern gesamtschuldnerisch zu tragende Abgabenschuld 

aus eigenen Mitteln erfüllt, er nicht unmittelbar 

  • von den anderen Eigentümern (anteilige) Erstattung seiner Aufwendungen 

verlangen kann und zwar auch dann nicht, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft 

  • lediglich aus zwei Wohnungseigentümern besteht,  
  • für die ein Verwalter nicht bestellt ist und 
  • wegen des Kopfstimmrechts keine Mehrheitsbeschlüsse möglich sind 

oder der andere Eigentümer zwischenzeitlich aus dem Verband ausgeschieden ist und er in Anspruch genommen werden soll

  • für die während seiner Zugehörigkeit zu der Gemeinschaft entstandenen oder 
  • während dieses Zeitraums fällig gewordenen 

Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

Ein in solchen Fällen in Betracht kommender Erstattungs- bzw. Ausgleichsanspruch besteht vielmehr, wie der Senat ausgeführt hat, auch 

  • in einer Zweiergemeinschaft 

nur gegen die Gemeinschaft, mit der Folge, dass,    

  • falls der andere Eigentümer nicht, wie es losgelöst von einer juristischen Prüfung, bei vielen Zweiergemeinschaften Praxis ist, die geforderte Zahlung leistet,

im Streitfall 

  • der Verband in Anspruch genommen, 
  • also eine entsprechende Beschlussfassung des Verbandes herbeigeführt 

und sollte  

  • ein solcher Beschluss nicht gefasst werden bzw. 
  • eine Beschlussfassung angesichts der Mehrheitsverhältnisse ausgeschlossen sein, 

eine Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG) erhoben werden muss. 

Erben sollten wissen, dass sie auch die Steuerschulden des Erblassers erben und in welchen Fällen sie verpflichtet sein können

…. die Einkommensteuererklärung des Erblassers zu berichtigen, wenn sie keine Steuerhinterziehung begehen wollen.

Als Gesamtrechtsnachfolger schulden die Erben eines Erblassers dessen (hinterzogene) Steuern.

  • Mit dem Tod einer Person (Erbfall) geht nämlich gemäß § 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über und nach § 1967 BGB haften die Erben für die Nachlassverbindlichkeiten.

Dieses hierin für den Erbfall statuierte Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge beschränkt sich nicht auf den Bereich des Zivilrechts, sondern erstreckt sich auch auf das öffentliche Recht und damit auch auf das Steuerrecht.

  • Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger über und
  • nach § 45 Abs. 2 Satz 1 AO haben mehrere Erben für die in der Person des Erblassers entstandene Steuerschuld wie für Nachlassverbindlichkeiten nach bürgerlichem Recht, d.h. als Gesamtschuldner (§§ 1967, 2058 BGB), einzustehen, so dass
    • jeder Erbe die Steuer in voller Höhe schuldet, in der sie in der Person des Erblassers entstanden ist und
    • es dem Finanzamt im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens freisteht, an welche Gesamtschuldner es sich halten will.

Auch ist ein Erbe, der vor oder nach dem Erbfall erfährt,

  • dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung aufgrund einer Demenzerkrankung geschäftsunfähig i.S. des § 104 Nr. 2 BGB und seine Steuererklärung aus diesem Grund unwirksam war oder
  • dass die Steuern des Erblassers (aufgrund unrichtiger bzw. unvollständiger Angaben des Erblassers) zu niedrig festgesetzt wurden,

nach § 153 Abs. 1 Satz 2 AO verpflichtet,

  • die (unwirksame) Einkommensteuererklärung des Erblassers zu berichtigen.

Unterlässt er dies, kann eine Steuerhinterziehung vorliegen.

Darauf hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 29.08.2017 – VIII R 32/15 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BFH vom 07.02.2018).

Dass Unwissenheit nicht (sondern nur ausnahmsweise) vor Strafe schützt

…. zeigt ein Urteil des Amtsgerichts (AG) München vom 18.07.2017 – 1120 Cs 117 Js 147604/17 – mit dem ein 63-jähriger schwerbehinderter Rentner

  • wegen vorsätzlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe

zu einer Geldstrafe von 1600 Euro (80 Tagessätze zu je 20 Euro) verurteilt worden ist.

Der angeklagte Rentner, der nicht im Besitz eines Waffenscheins war und in einer Gaststätte eine Schreckschusspistole Walter P22 und sechs Kartuschen Munition mit dabei hatte, hatte sich damit verteidigt, dass er

  • die Gaspistole, nachdem bei ihm vor ca. 8 Monaten eingebrochen worden sei, im Internet bestellt und

nicht gewusst habe, dass er diese nicht mit sich führen darf.

Das AG wies ihn darauf hin, dass es sich dabei um einen ihn nicht entschuldigenden vermeidbaren Verbotsirrtum gemäß § 17 Strafgesetzbuch (StGB) handle, da er

Nach § 17 Satz 1 StGB handelt ein Täter nämlich nur dann ohne Schuld, wenn

  • ihm bei Begehung der Tat die Einsicht fehlt, Unrecht zu tun und
  • er den Irrtum nicht vermeiden konnte.

Wer ist schuld wenn nach rechts in andere Straße fahrender PKW mit weiter gerade aus fahrenden Radfahrer kollidiert?

Nach § 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) muss, wenn keine Beschilderung vorhanden ist, wer abbiegen will,

  • entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen,
  • Schienenfahrzeuge, Fahrräder mit Hilfsmotor und Fahrräder auch dann, wenn sie auf oder neben der Fahrbahn in der gleichen Richtung fahren und
  • auf zu Fuß Gehende besondere Rücksicht nehmen, wenn nötig warten.

Das bedeutet,

  • ist keine Beschilderung vorhanden,

ist ein Fahrzeugführer der eine Fahrbahn verlässt um nach rechts in eine andere Fahrbahn einzubiegen,

  • wartepflichtig gegenüber Radfahrern die dort weiter gerade aus fahren und muss
  • besondere Rücksicht nehmen auf Fußgängern die die Fahrbahn überqueren und wenn nötig warten.

Ist allerdings ein Straßenverlauf so gestaltet, dass bei einer mehrspurigen Straße die rechte Spur erst, ähnlich einer Autobahnausfahrt,

  • in einem Bogen nach rechts weg geführt wird und
  • dann in eine andere im rechten Winkel verlaufende Straße einmündet,

handelt es sich nicht um ein Rechtsabbiegen gemäß § 9 Abs. 3 StVO, so dass Radfahrer,

  • die auf einem einige Meter weiter rechts neben der mehrspurigen Straße verlaufenden Radweg, der an der Einmündung die Straße quert, weiter gerade aus fahren,
  • dort nicht vorfahrtsberechtigt, sondern beim Überqueren der Straße wartepflichtig sind.

Kommt es an einer solchen, nicht beschilderten Örtlichkeit zu einer Kollision zwischen einem PKW und einem Fahrradfahrer, weil dieser die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht aufgewendet und sich nicht ausreichend davon vergewissert hat, dass die Straße frei ist, trifft den Radfahrer an dem Unfallgeschehen ein Verschulden.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Dortmund mit Urteil vom 06.09.2016 – 425 C 4545/16 – hingewiesen.

Warum nach einem Verkehrsunfall Unfallbeteiligte keine Erklärungen zur Schuldfrage abgeben sollten

Abgesehen davon,

  • dass ein Versicherungsnehmer bei Haftpflichtschäden nach den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) nicht berechtigt ist, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Anspruch ganz oder zum Teil anzuerkennen oder zu befriedigen,

sollte ein Unfallbeteiligter nach einem Verkehrsunfall am Unfallort schon deshalb

  • weder (vorschnell) eine (Mit)Schuld am Unfall einräumen,
  • noch Erklärungen abgeben, wie beispielsweise, dass seine Versicherung den Schaden ausgleichen werde,

weil sich solche Äußerungen für ihn in einem Rechtsstreit über die Haftungsfrage nachteilig auswirken können.

Mündliche Äußerungen, die in der ersten Aufregung an der Unfallstelle abgegeben werden, können

  • im Allgemeinen zwar nur als der unüberlegten Beruhigung des anderen Unfallbeteiligten dienend und nicht als ein im haftungsrechtlichen Sinne bindendes deklaratorisches Schuldanerkenntnis,
  • jedoch vom Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung als Indiz für ein vorkollisionäres schuldhaftes unfallursächliches Fehlverhalten

gewertet werden.

Denn auch der, der anerkennende Erklärungen ohne Verpflichtungswillen abgibt, gibt mit solchen Erklärungen ein Zeugnis gegen sich selbst ab, dem im Rahmen der gerichtlichen Beweiswürdigung Bedeutung zukommen kann (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008 – 1 U 246/07 –; Amtsgericht (AG) Duisburg, Urteil vom 03.02.2016 – 52 C 1095/14 –).