Tag Sicherheitsvorkehrungen

LG Nürnberg-Fürth entscheidet wozu Vermieter zum Schutz ihrer Mieter vor Schäden verpflichtet sind

…. und wozu nicht. 

Mit Beschluss vom 22.01.2020 – 7 S 693/19 – hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth darauf hingewiesen, dass ein Vermieter zum Schutz seiner Mieter, deren Angehörigen und Lebensgefährten vor Schäden diejenigen Sicherheitsvorkehrungen treffen muss, 

  • die ein verständiger und umsichtiger Vermieter für ausreichend halten darf und 
  • die ihm den Umständen nach zumutbar sind,

demzufolge eine vollständige Gefahrlosigkeit und Mängelfreiheit des Mietobjekts nicht verlangt werden kann, sondern ein Vermieter nur die Gefahren ausräumen muss, vor denen 

  • ein sorgfältiger Benutzer 

sich nicht selbst schützen kann, weil die Gefahrenlage 

  • entweder völlig überraschend eintritt 
  • oder nicht ohne weiteres erkennbar ist.

Danach haftet, wenn beispielsweise, wie in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, im Hofbereich des Anwesens eines Vermieters 

  • für einen aufmerksamen Benutzer nicht zu übersehen war, dass dort 

Bodenpflastersteine aufgesprungen sowie hochgedrückt sind, bei einem darauf zurückzuführenden Sturz

  • der minderjährigen Tochter von Wohnungsmietern mit ihrem Fahrrad 

der Vermieter deswegen nicht für die Folgen des Sturzes, 

Was Veranstalter von Speedway- oder Sandbahnrennen über die für Zuschauer zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen wissen müssen

Mit Urteil vom 11.06.2018 – 2 U 105/17 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg darauf hingewiesen, dass es bei einem Speedway- oder Sandbahnrennen zur Sicherung des Zuschauerbereiches nicht genügt, dass

  • der Zuschauerbereich von dem Rundkurs, auf dem die Motorräder ihre Kreise drehen, durch eine 1,2 m hohe Betonmauer getrennt ist,
  • sich an deren Innenseite ein Luftkissenwall befindet und
  • 3 m von der Betonmauer entfernt ein Seil gespannt ist,

sondern dass

  • zusätzlich auch ein Fangzaun errichtet werden muss.

Fehlt ein solcher zusätzlicher Fangzaun und wird durch ein bei einem Unfall über die Betonwand katapultiertes Motorrad ein Zuschauer verletzt, ist der Veranstalter

  • wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

schadensersatzpflichtig.

Begründet hat das OLG dies damit, dass

  • zwar von einem Veranstalter eines Speedwayrennens keine vollkommene jede denkbare Gefahr und jeden Unfall ausschließende Verkehrssicherheit erwartet werden könne,
  • dieser aber, unabhängig von Auflagen des Verbandes, eigenverantwortlich auch alle erforderlichen weiteren Maßnahmen ergreifen müsse, die zumutbar seien und die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Veranstalter für notwendig halten dürfe, um andere vor Schäden zu bewahren und

es bei einem Speedwayrennen nicht ganz ungewöhnlich sei, dass bei einem Zusammenstoß von Motorrädern eine Katapultwirkung entstehe und ein Motorrad,

  • wenn kein zusätzlicher Fangzaun vorhanden sei,

zu einem lebensgefährlichen Geschoss für die Zuschauer werde (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg vom 11.06.2018).

Wann haften Aufsteller von Werbeschildern (mit) für die Folgen von Verkehrsunfällen, wenn Werbeschilder

…. im Umfeld einer Straße aufgestellt sind und wann haften sie nicht?

Werbeschilder, die im Umfeld einer Straße (d.h. bis zu ca. 6 m von dieser entfernt) aufgestellt werden, müssen so beschaffen sein,

  • dass sich durch Umwelteinflüsse keine Teile ablösen können, sie also standsicher sind, sowie
  • dass keine Behinderung der Verkehrsteilnehmer durch
    • eine ungünstige Position der Schilder oder
    • eine Ablenkung durch deren Aufmachung erfolgt.

Ist das nicht der Fall,

  • geht also beispielsweise von einem Werbeschild eine die Verkehrssicherheit beeinträchtigende Ablenkungswirkung aus und
  • verunfallt ein Verkehrsteilnehmer deswegen, d.h. ist Unfallursache die Existenz eines solchen Schildes,

kann eine haftungsbegründende Verkehrssicherungspflichtverletzung vorliegen und der Aufsteller des Webeschildes für die Unfallfolgen (mit)haften.

  • Zu weitergehenden Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz von Verkehrsteilnehmern darüber hinaus sind Aufsteller von Werbeschilder nicht verpflichtet.

Deshalb kann beispielsweise ein Kraftradfahrer,

  • der unabhängig von der Existenz eines im Umfeld der Straße aufgestellten Webeschildes, die Kontrolle über sein Krad verliert, stürzt, über die Fahrbahn hinaus rutscht,
  • gegen das Werbeschild prallt und
  • sich dabei schwer verletzt,

von dem Aufsteller des Webeschildes nicht mit der Begründung Schadensersatz verlangen,

  • dass das Werbeschild einen Aufprallschutz, wie z.B. eine Styroporummantelung oder dergleichen, hätte aufweisen müssen.

Auch kann

  • bei einem derartigen Aufprallunfall

eine Haftung des Schildaufstellers nicht damit begründet werden, dass

  • das Werbeschild mangels Vorliegens der erforderlichen behördlichen Genehmigung nicht hätte aufgestellt werden dürfen.

Denn die beim Aufstellen eines Werbeschildes zu beachtenden straßenwegerechtlichen, straßenverkehrsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Vorschriften dienen nicht dazu, Verletzungen eines mit dem Werbeschild kollidierenden Verkehrsteilnehmers zu verhindern.

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 05.02.2016 – 9 U 134/15 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm).

Fahrzeugeigentümer und SB-Autowaschanlagenbetreiber sollten wissen, wann

…. wegen behaupteter Beschädigung eines Fahrzeugs beim Waschen Anspruch auf Schadensersatz besteht und wann nicht.

Behauptet ein Fahrzeugeigentümer, dass sein PKW bei der Nutzung einer Autowaschanlage beschädigt worden ist, muss er beweisen, dass der Schaden

  • nur während des Waschvorgangs eingetreten sein kann,
  • also aus dem Verantwortungsbereich des Waschanlagenbetreibers herrührt,

weil der Schaden

  • zuvor nicht vorhanden gewesen und
  • auch bis zu seiner Feststellung nicht durch einen Unfall entstanden ist.

Erbringt der Fahrzeugeigentümer diesen Beweis, wird aus der Schädigung geschlossen, dass der Anlagenbetreiber

  • seine Pflicht aus dem Waschvertrag verletzt hat,
    • das Fahrzeug ohne Beschädigung zu waschen bzw.
    • es vor jeglicher Beschädigung im Zusammenhang mit der Nutzung der Anlage zu bewahren.

Dass diese Pflichtverletzung von dem Anlagenbetreiber zu vertreten ist, wird in einem solchen Fall vermutet.

Will der Waschanlagenbetreiber seine Haftung abwenden, muss er dieses gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu vermutende Vertretenmüssen der Pflichtverletzung widerlegen.

Die Vermutung des Vertretenmüssens kann, sofern nicht besondere Umstände gegeben sind, vom Anlagenbetreiber durch den Nachweis widerlegt werden, dass

  • die von ihm betriebene Anlage den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen,
  • keinen Defekt aufgewiesen hat und
  • von ihm alle zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen sowie erforderlichen (Warn)Hinweise erteilt worden waren, um die Nutzer der Anlage vor Schäden zu bewahren.

Denn der Vorwurf der Fahrlässigkeit kann gegen den Betreiber einer Autowaschanlage nur dann erhoben werden, wenn er nicht das beachtet hat, was der Verkehr von ihm berechtigterweise erwarten kann.

Darauf hat das Landgericht LG München I mit Urteil vom 12.06.2017 – 31 S 2137/17 – hingewiesen.

Wann kommt, wenn Kunden in einem Geschäft stürzen, eine Haftung des Inhabers wegen Verkehrssicherungspflichtverletzung in Betracht?

Die Sicherheitsvorkehrungen, die ein Geschäftsinhaber zum Schutz seiner Kunden vor Stürzen in seinem Geschäft treffen muss, hängen u.a. auch ab vom Zuschnitt, der Größe und dem Warensortiment des Geschäfts.

So kann es bei einem großen und schwer überschaubaren Ladenlokal,

  • etwa in den Fällen einer großen Lebensmittelabteilung eines Kaufhauses im Zentrum einer Großstadt,
  • eines Einkaufsmarkts mit mehreren tausend Quadratmetern Verkaufsfläche auf mehreren Ebenen oder
  • in Nahrungsmittelgeschäften, in denen die Gefahr besteht, dass beispielsweise in der Gemüseabteilung Salatblätter etc. auf den Boden fallen, auf denen Kunden ausrutschen können,

erforderlich sein,

  • entweder einzelne Mitarbeiter mit einer Überprüfung des gesamten Objekts in bestimmten, kurzen Zeitabständen zu beauftragen oder
  • jeweils einem Mitarbeiter die Verantwortung für die Sauberkeit seiner Abteilung zu übertragen.

Geringere Verkehrssicherungspflichten als bei Kaufhäusern oder sonstigen Einrichtungen mit großem Publikumsandrang treffen dagegen den Inhaber einer Apotheke, weil

  • in Apotheken regelmäßig kein Publikumsandrang herrscht, der die Einsehbarkeit des Bodenbereichs für Kunden signifikant einschränkt,
  • von den Auslagen einer Apotheke keine besonderen Ablenkungswirkungen ausgehen und
  • das Warensortiment einer Apotheke regelmäßig keine erhebliche Sturzgefahr für Kunden hervorruft,

was Apotheken wertungsmäßig von Geschäften, deren Betrieb als solches bereits erhöhte Gefahren für Kunden bewirkt, unterscheidet.

Inhaber von Apotheken genügen im Regelfall der ihnen obliegenden Verkehrssicherungspflicht,

  • wenn sie zum Schutz von Kunden vor Stürzen dafür Sorge tragen, dass Feuchtigkeit und Verunreinigungen nach Möglichkeit nicht in den Innenraum der Apotheke gelangen bzw. hereingetragen und
  • wenn doch umgehend beseitigt werden und

der Boden dadurch nicht zur Gefahrenstelle für Kunden wird.

Damit dass insbesondere im Winter der Fußboden eine gewisse Feuchtigkeit aufweist, müssen Kunden aber hinnehmen und sich darauf einstellen, weil auch durch häufiges Aufwischen bei Publikumsverkehr eine Feuchtigkeit des Fußbodens nie ganz beseitigt werden kann.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 24.06.2016 – 274 C 17475/15 – hingewiesen und die Klage der Besucherin einer Apotheke abgewiesen,

  • die, als draußen winterliche Witterung herrschte, die Wege mit Schnee und Schneematsch bedeckt waren und in der Apotheke eine Reinigungskraft gerade den Boden reinigte,

aufgrund des feuchten Bodens ausgerutscht, gestürzt, sich dabei verletzt und