Tag Umsatzsteuer

BGH entscheidet: Eigentümer eines bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs, die den Schaden fiktiv abrechnen, können

…. den Ersatz von Umsatzsteuer auch dann nicht verlangen, wenn im Rahmen einer veranlassten (Teil)Reparatur zur Herstellung der Verkehrssicherheit tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist.

Mit Urteil vom 05.04.2022 – VI ZR 7/21 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass der Eigentümer eines 

  • bei einem Verkehrsunfall 

beschädigten Fahrzeugs wählen kann,

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Was von der Corona-Krise betroffene Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler über die Möglichkeiten einer Stundung von Steuerschulden

…. sowie die Anpassung von Vorauszahlungen wissen sollten.

Teil des von der Bundesregierung aufgelegten Milliarden-Schutzschilds für Deutschland sind u.a. auch folgende steuerliche Hilfsmaßnahmen für Unternehmen, Selbständige und Freiberufler:

Stundung von Einkommen-, Körperschaftsteuer sowie Umsatzsteuerzahlungen

Zur Unterstützung ihrer Liquidität können Unternehmen jeder Größe,

  • die aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in diesem Jahr fällige Steuerzahlungen nicht leisten können,

bis zum 31. Dezember 2020 bei ihrem Finanzamt beantragen, dass

  • die Steuerzahlungen befristet und zinsfrei gestundet werden,
    • d.h. der Zeitpunkt der Steuerzahlung hinausgeschoben wird.

Dargelegt in dem Antrag werden muss

  • die unmittelbare Betroffenheit von der Corona-Krise,
  • ohne dass es allerdings der Darlegung des Werts der entstandenen Schäden im Einzelnen bedarf.

Anpassung von Vorauszahlungen:

Zur Verbesserung ihrer Liquidität können

  • Unternehmen,
  • Selbständige und
  • Freiberufler

außerdem bei ihrem Finanzamt beantragen,

  • die Höhe ihrer Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer

anzupassen an ihre voraussichtlich geringer werdenden Einkünfte.

Die Herabsetzung der Vorauszahlungen erfolgt, sobald klar ist, dass die Einkünfte im laufenden Jahr voraussichtlich

  • geringer

sein werden als

  • vor der Corona-Pandemie

erwartet.

  • Gleiches gilt für den Messbetrag für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen.

Ferner werden Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt

  • Auf die Vollstreckung von überfälligen Steuerschulden soll bis zum Ende des Jahres 2020 verzichtet werden.
  • Säumniszuschläge, die in dieser Zeit gesetzlich anfallen, sollen erlassen werden.
  • Dies betrifft die Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie die Umsatzsteuer (Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums für Finanzen).

Eigentümer eines bei einem Unfall beschädigten Autos sollten wissen, dass, wenn sie den Weg der fiktiven Schadensabrechnung wählen

…. die im Rahmen einer vorgenommenen (gleichwertigen) Ersatzbeschaffung (für das Unfallfahrzeug) anfallende Umsatzsteuer

  • nicht ersatzfähig ist,
  • auch nicht in Höhe des im Sachverständigengutachten über den Wiederbeschaffungswert zugrunde gelegten Umsatzsteueranteils,

eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung,

  • die nicht nur dann vorliegt, wenn im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung zu dem im Gutachten ausgewiesenen Netto-Wiederbeschaffungswert die bei dem konkreten Ersatzkauf tatsächlich angefallene Umsatzsteuer addiert wird,
  • sondern auch dann, wenn bei der fiktiven Abrechnung unter Verweis auf einen tatsächlich getätigten Ersatzkauf der im Gutachten ausgewiesene Brutto-Wiederbeschaffungswert zugrunde gelegt wird,

unzulässig ist,

  • in eine fiktive Schadensberechnung damit also auch nicht die in einem Sachverständigengutachten über den Wiederbeschaffungswert enthaltene Umsatzsteuer mit einbezogen werden darf

und falls die konkreten Kosten des tatsächlich getätigten Ersatzgeschäfts einschließlich der Nebenkosten, wie tatsächlich angefallener Umsatzsteuer,

  • den aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag übersteigen,

ein Geschädigter,

  • im Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen hierfür und der Verjährung,

zu einer konkreten Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich vorgenommenen Ersatzbeschaffung übergehen muss.

Das hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 02.10.2018 – VI ZR 40/18 – entschieden, es für rechtsfehlerhaft erachtet, dass das Berufungsgericht in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall,

  • in dem der Geschädigte das Unfallfahrzeug veräußert und
  • dafür ein Ersatzfahrzeug erworben,
  • aber den Weg der fiktiven Schadensabrechnung gewählt hatte,

bei der Abrechnung des Wiederbeschaffungsaufwands auf Gutachtenbasis

  • von dem vom Sachverständigen ermittelten Brutto-Wiederbeschaffungswert ausgegangen war sowie
  • von diesem den Restwert in Abzug gebracht hatte

und die Sache, unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 13.09.2016 – VI ZR 654/15 –, zur Ermittlung des vom Brutto-Wiederbeschaffungswert in Abzug zu bringenden Umsatzsteueranteils an das Berufungsgericht zurückverwiesen,

  • das (nunmehr noch) wird klären müssen, ob solche Fahrzeuge üblicherweise auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach § 10 UStG regelbesteuert oder nach § 25 a UStG differenzbesteuert oder von Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten werden.

BGH entscheidet: Durch nachtägliche Ohne-Rechnung-Abrede kann ein zunächst wirksamer Werkvertrag unwirksam werden

Mit Urteil vom 16.03.2017 – VII ZR 197/16 – hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass

  • ein zunächst nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßender Werkvertrag

auch dann nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG), § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig sein kann,

  • wenn er nachträglich so abgeändert wird, dass er nunmehr von dem Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG erfasst wird,
    • wie etwa durch eine nachträgliche auf den vereinbarten Werklohn oder einen Teil davon bezogene „Ohne-Rechnung-Abrede“,
    • damit der Unternehmer die angefallende Umsatzsteuer nicht (vollständig) entrichten muss.

Auch in solchen Fällen bestehen dann keine gegenseitigen Ansprüche der Parteien,

  • also weder Mängelansprüche,
  • noch Rückzahlungsansprüche des Bestellers,
  • noch Zahlungsansprüche des Werkunternehmers.

Denn, so der Senat, das in § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG enthaltene Verbot zum Abschluss eines Werkvertrages führt,

  • sofern der Werkvertrag Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt,

jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrages,

  • wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und
  • der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt

und zwar ohne dass sich die Nichtigkeit derartiger Werkverträge auf den Fall beschränkt, dass sie von vornherein auf das Leisten von Schwarzarbeit gerichtet sind.

BGH entscheidet, dass zunächst wirksame Werkverträge durch nachträgliche „Ohne-Rechnung-Abrede“ nichtig werden

Bei einer (auch nur teilweisen) „Ohne-Rechnung-Abrede“ ist,

ein Werkvertrag gemäß § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig,

  • wenn die Parteien bewusst gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG) verstoßen,
  • indem sie vereinbaren, dass für eine Barzahlung keine Rechnung gestellt und keine Umsatzsteuer gezahlt werden soll (vgl. § 14 Umsatzsteuergesetz (UStG)),

so dass in solchen Fällen keine gegenseitigen Ansprüche der Parteien bestehen,

  • also weder Mängelansprüche,
  • noch Rückzahlungsansprüche des Bestellers,
  • noch Zahlungsansprüche des Werkunternehmers.

Mit Urteil vom 16.03.2017 – VII ZR 197/16 – hat der u.a. für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des BGH entschieden, dass diese Grundsätze in gleicher Weise gelten,

  • wenn ein zunächst nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßender Vertrag nachträglich durch eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ so abgeändert wird,
  • dass er nunmehr von dem Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG erfasst wird,

wenn also beispielsweise nach Abschluss eines Werkvertrages und eines vereinbarten Werklohns von 16.164,38 € die Parteien absprachegemäß so verfahren,

  • dass der Unternehmer für die Herstellung des Werkes eine Rechnung lediglich über einen Betrag von 8.619,57 € erstellt und
  • der Besteller dem Unternehmer weitere 6.400 € in bar zahlt (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 16.03.2017 – Nr. 37/2017 –).

Was Geschädigte wissen sollten, die nach einem Verkehrsunfall auf Gutachtenbasis abrechnen

Verzichtet ein (vorsteuerabzugsberechtigter) Geschädigter nach einem Verkehrsunfall auf eine Reparatur oder Ersatzbeschaffung und rechnet er den Schaden an seinem PKW gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung auf Basis eines vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachtens ab, also

  • nach den fiktiven Reparaturkosten oder
  • nach den fiktiven Kosten für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache

erhält er

  • nicht die vollen vom Sachverständigen ermittelten Reparaturkosten bzw. den vollen vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert,
  • sondern den um die Umsatzsteuer reduzierten Geldbetrag,

weil Umsatzsteuer nach § 249 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht ersetzt wird, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt (es also zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 02.07.2013 – VI ZR 351/12 –)).

Wählt ein Geschädigter die Schadensabrechnung nach den fiktiven Kosten für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache

  • bemisst sich die vom Brutto-Wiederbeschaffungswert in Abzug zu bringende Umsatzsteuer

aus dem fiktiven Ersatzbeschaffungsgeschäft,

  • (d.h. die Höhe des abzuziehenden Umsatzsteueranteils richtet sich danach, ob solche Fahrzeuge bei (hypothetischer) Ersatzbeschaffung nach überwiegender Wahrscheinlichkeit auf dem Gebrauchtwagenmarkt nach § 10 Umsatzsteuergesetz (UStG) regelbesteuert oder nach § 25a UStG differenzbesteuert oder von Privat und damit umsatzsteuerfrei angeboten werden (BGH, Urteil vom 09.05.2006 – VI ZR 225/05 –)

und

  • nicht aus dem Erwerb eines Ersatzfahrzeugs,
  • wenn der Geschädigte nachfolgend einen regelumsatzbesteuerten Gebrauchtwagen als Ersatzfahrzeug erwirbt.

Die im Rahmen einer solchen nachfolgenden tatsächlichen Ersatzbeschaffung angefallene Umsatzsteuer kann der Geschädigte, wenn er,

  • weil die konkreten Kosten der Ersatzbeschaffung unter Einbeziehung der geltend gemachten Nebenkosten den ihm aufgrund der fiktiven Schadensabrechnung zustehenden Betrag nicht übersteigen,

die für ihn günstigere Möglichkeit einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens gewählt hat (vgl. BGH, Urteil vom 17.10.2006 – VI ZR 249/05 –),

  • nicht vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherung ersetzt verlangen,

da eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung unzulässig ist.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 13.09.2016 – VI ZR 654/15 – hingewiesen.