Tag Unterhaltspflicht

Eltern sind grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Kind eine weitere Berufsausbildung zu finanzieren, wenn

…. sie ihrem Kind

  • (bereits) eine angemessene, seinen Begabungen und Neigungen entsprechende Ausbildung finanziert haben und
  • das Kind in diesem erlernten Beruf nach Abschluss der Ausbildung keine Arbeitsstelle findet.

Mit Beschluss vom 27.04.2018 – 7 UF 18/18 – hat der 7. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm in einem Fall, in dem einer Tochter,

  • nachdem diese auf eigenen Wunsch, um den Beruf einer Bühnentänzerin zu erlernen, nach der mittleren Reife die Schule verlassen hatte,

von den Eltern in der Folgezeit an einer Hochschule die Erstausbildung zur diplomierten Bühnentänzerin finanziert worden war und die Tochter nachfolgend,

  • da es ihr aufgrund der zwischenzeitlich verschlechterten Arbeitsmarktsituation nicht gelang eine Anstellung als Tänzerin zu erhalten,
  • die Schulbildung wieder aufgenommen, die allgemeine Hochschulreife erworben sowie

ein Psychologiestudium begonnen hatte, entschieden,

  • dass die Eltern der Tochter für dieses Studium keinen Ausbildungsunterhalt mehr schulden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass Eltern,

  • die im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ihrem Kind eine (erste) Berufsausbildung finanziert haben,
  • die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entsprochen hat,

nicht das Risiko der Nichtbeschäftigung ihres Kindes nach Abschluss dieser geschuldeten Erstausbildung tragen, sondern eine Verpflichtung, die Kosten für eine weitere Ausbildung zu tragen (fortdauernde Unterhaltspflicht) nur in – hier nicht vorliegenden – Ausnahmenfällen in Betracht kommt, etwa, wenn

  • der Beruf aus gesundheitlichen oder sonstigen, bei Ausbildungsbeginn nicht vorhersehbaren Gründen nicht ausgeübt werden kann,
  • die weitere Ausbildung zweifelsfrei als eine bloße im engen sachlichem und zeitlichem Zusammenhang stehende Weiterbildung zu dem bisherigen Ausbildungsweg anzusehen ist und von vornherein angestrebt war oder
  • während der ersten Ausbildung eine besondere, die Weiterbildung erfordernde Begabung deutlich worden ist (vgl. hierzu Bundesgerichtshof (BGH), Beschlüsse vom 03.2017 – XII ZB 192/16 – sowie vom 03.05.2017 – XII ZB 415/16 – und OLG Oldenburg, Urteil vom 02.01.2018 – 4 UF 135/17 –).

Was volljährige Kinder, deren Eltern bedürftig sind, wissen sollten

Da nach § 1601 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Verwandte in gerader Linie verpflichtet sind einander Unterhalt zu gewähren, schulden auch Kinder,

  • sofern sie nach § 1603 Abs. 1 BGB leistungsfähig sind,

ihren Eltern grundsätzlich dann Unterhalt,

  • wenn die Eltern außerstande sind sich selbst zu unterhalten (§ 1602 Abs. 1 BGB).

Die Unterhaltspflicht eines erwachsenen Kindes gegenüber einem bedürftigen Elternteil entfällt allerdings dann, wenn

  • der Elternteil seine eigene, frühere Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind gröblich vernachlässigt hat und
  • eine Inanspruchnahme des Kindes insgesamt grob unbillig erscheint (vgl. § 1611 Abs. 1 BGB).

Darauf hat der 4. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 04.01.2017 – 4 UF 166/15 – hingewiesen und die Unterhaltspflicht einer volljährigen Tochter gegenüber ihrem bedürftigen Vater in einem Fall deshalb verneint, weil der Vater

  • nicht nur über sechs Jahre lang gar nichts für die damals noch bedürftige Tochter gezahlt hatte, obwohl er in der Lage gewesen wäre, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen,
  • sondern darüber hinaus von ihm bei der Trennung von der Mutter auch per Einschreiben mitgeteilt worden war, dass er von seiner alten Familie nichts mehr wissen wolle und er in der Folgezeit, das Vater-Tochter-Verhältnis, abgesehen von einer Einladung zu seiner neuen Hochzeit sowie einen einmaligen Besuch der Tochter bei einem Krankenhausaufenthalt, abgebrochen hatte.

Diese beiden groben Verfehlungen, nämlich

  • der nachhaltige Kontaktabbruch und
  • die Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind

führen, so der Senat,

  • zwar nicht jeweils für sich allein,
  • aber beide zusammen dazu,

dass die Tochter als Erwachsene jetzt nicht mehr für den Vater einstehen müsse (Quelle: Presseinformation des OLG Oldenburg vom 08.02.2017 – Nr. 10/2017 –).