Tag unwirksam

LG Köln entscheidet: Bei Vertrag mit Profisportler kann der Ausschluss des außerordentlichen Kündigungsrechts unwirksam sein,

…. wenn die Ausschlussklausel nicht einzeln ausgehandelt worden ist.

Mit Urteil vom 18.03.2020 – 21 O 75/20 – hat das Landgericht (LG) Köln im Fall eines 

  • jungen Profiboxers, 

der von einem Boxmanager und einer Boxveranstaltungsgesellschaft unter Vertrag genommen und mit dem in dem Vertrag u.a. vereinbart worden war, 

  • dass der Boxer ein regelmäßiges monatliches Gehalt erhält, damit er finanziell unabhängig ist und sich ganz auf sein Training für anstehende Profikämpfe konzentrieren kann,
  • dass die Laufzeit des Vertrages drei Jahre beträgt – allerdings mit verschiedenen einseitigen Verlängerungsoptionen des Boxmanagers sowie der Boxveranstaltungsgesellschaft – und
  • dass eine fristlose Kündigung des Vertrages durch die Parteien ausgeschlossen ist,

entschieden, dass der 

  • nicht einzeln ausgehandelte 

Ausschluss der besonderen fristlosen Kündigungsmöglichkeit des § 627 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bei Vertrauensstellung,

  • wegen unverhältnismäßiger Benachteiligung des jungen Profiboxers,

nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist.

Wie das LG ausgeführt hat, konnten Boxmanager und Boxveranstaltungsgesellschaft 

  • die besondere Kündigungsmöglichkeit des jungen Profiboxers nach § 627 BGB 

deswegen nicht ausschließen, weil  

  • das junge Boxtalent seine gesamte berufliche Existenz und sportliche Zukunft in die Hände des Boxmanagers und der Boxveranstaltungsgesellschaft gelegt hatte,

der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag daher ein

  • besonderes Vertrauensverhältnis nach § 627 BGB 

begründete, der Vertrag den jungen Profiboxer 

  • für einen ganz erheblichen Teil seiner aktiven Laufbahn

an den Boxmanagers und die Boxveranstaltungsgesellschaft gebunden hätte und dies nicht zuletzt gegen das Berufsrecht des Sportlers 

  • aus Art. 12 Grundgesetz (GG) 

verstoßen würde (Quelle: Pressemitteilung des LG Köln).

BGH entscheidet wann die formularmäßige Abtretung eines Schadensersatzanspruchs erfüllungshalber unwirksam ist

…. hier: Abtretung des Schadensersatzanspruchs gegen den Schädiger durch den Geschädigten nach einem Verkehrsunfall erfüllungshalber

  • an den von ihm mit der Erstellung eines Gutachtens zur Schadenshöhe beauftragten Sachverständigen.

Mit Urteil vom 18.02.2020 – VI ZR 135/19 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem die Geschädigte eines Verkehrsunfalles ein

  • Kfz-Sachverständigenbüro

mit der Erstellung eines Schadensgutachtens für ihr Kraftfahrzeug beauftragt und es in dem von der Geschädigten unterzeichneten Formular unter

  • „Zahlungsanweisung und Abtretung (erfüllungshalber)“

u.a. geheißen hatte,

  • „Aus Anlass des oben beschriebenen Schadensfalles habe ich das o.g. Kfz-Sachverständigenbüro beauftragt, ein Gutachten zur Schadenshöhe zu erstellen. Das Sachverständigenbüro berechnet sein Honorar […]
    Ich trete hiermit meinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe des Bruttoendbetrages der Rechnung des […] Sachverständigenbüros unwiderruflich erstrangig erfüllungshalber gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des beteiligten Fahrzeugs an das Sachverständigenbüro ab.
    Ich weise den regulierungspflichtigen Versicherer an, Sachverständigenkosten unmittelbar an das von mir beauftragte Sachverständigenbüro oder dessen Abrechnungsstelle zu zahlen. Das Kfz-Sachverständigenbüro ist berechtigt, diese Abtretung den Anspruchsgegnern offen zu legen und den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten gegenüber den Anspruchsgegnern im eigenen Namen geltend zu machen.
    Ich erkläre mich damit einverstanden, dass der Sachverständige diese Forderung zum Zwecke der Einziehung weiter abtritt.
    Das Sachverständigenbüro kann die Ansprüche gegen mich geltend machen, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet.
    In diesem Fall erhalte ich die Forderung zurück, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner durchzusetzen.“

entschieden, dass diese formularmäßige Anspruchsabtretung „erfüllungshalber“ an das Kfz-Sachverständigenbüro

  • wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und
  • der sich daraus ergebenden unangemessenen Benachteiligung des Vertragsgegners,

unwirksam ist.

Der Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt, wie der Senat ausgeführt hat, darin, dass die formularmäßige Abtretungserklärung zugleich die Regelung enthält,

  • „Das Sachverständigenbüro kann die Ansprüche gegen mich [geschädigter Auftraggeber] geltend machen, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet.
    In diesem Fall erhalte ich die Forderung zurück, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner durchzusetzen.“

und aus ihr für den durchschnittlichen Auftraggeber (Unfallgeschädigten) nicht hinreichend deutlich wird,

  • unter welchen Voraussetzungen er den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch zurückerhält und
  • welche Rechte er in diesem Zusammenhang hat,

da offen bleibt, ob der Auftraggeber die Forderung zurückerhält,

  • bereits bei Zahlungsanforderung durch das Sachverständigenbüro,
  • gleichzeitig mit der Zahlung des Auftraggebers oder
  • erst danach.

Was Verbraucher, die bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts eine vorformulierte Vergütungsvereinbarung unterschreiben

…. wissen und beachten sollten.

Sieht die formularmäßige Vergütungsvereinbarung vor, dass die Vergütung

  • sich nach dem Zeitaufwand berechnet und
  • für die Tätigkeit des Rechtsanwalts ein bestimmter Vergütungssatz pro Stunde zuzüglich der Umsatzsteuer berechnet wird,

darf nur die tatsächlich aufgewandte Arbeitszeit genau nach Stunden und Minuten abgerechnet werden.

Ist bei einem solchen formularmäßig vereinbarten Zeithonorar

  • zusätzlich

eine Abrechnung nach mehr oder weniger großen Zeitintervallen vorgesehen, also ist beispielsweise zusätzlich bestimmt,

  • dass die Abrechnung des Zeitaufwandes im 15-Minuten-Takt (0,25 Stunden) erfolgt,
  • für angefangene 15 Minuten jeweils ein Viertel des Stundensatzes berechnet wird,

ist eine solche 15-Minuten-Taktung für jede angefangene Viertelstunde

  • jedenfalls dann, wenn es sich bei dem Mandaten um einen Verbraucher handelt,
  • wegen unangemessener Benachteiligung des Mandanten

unwirksam.

Stützt ein Rechtsanwalt seinen Honoraranspruch auf eine vereinbarte Zeitvergütung, trägt er im Streitfall die

  • Darlegungs- und Beweislast

dafür, dass die berechnete Vergütung tatsächlich entstanden ist.

Dazu müssen,

  • weil die für die Bearbeitung des Mandats aufgewandte Arbeitszeit ansonsten tatsächlich kaum kontrolliert werden kann,
  • über pauschale Angaben hinaus,

die während des abgerechneten Zeitraums getroffenen Maßnahmen konkret und in nachprüfbarer Weise dargelegt werden, also etwa,

  • welche Akten und Schriftstücke durchgesehen wurden,
  • welcher Schriftsatz vorbereitet oder verfasst wurde,
  • zu welcher Rechts- oder Tatfrage welche Literaturrecherchen angestellt oder
  • zu welchem Thema mit welchem Gesprächspartner wann eine fernmündliche Unterredung geführt wurde.

Außerdem darf der zu vergütende zeitliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu Schwierigkeit, Umfang und Dauer der zu bearbeitenden Angelegenheit stehen.

Betrifft das Mandat

  • die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses und
  • sieht die formularmäßige Vergütungsvereinbarung beispielsweise vor, dass
    • der Mandant in allen Fällen – Beratung, außergerichtliche und gerichtliche Vertretung – mindestens das dreifache der gesetzlichen Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz schuldet sowie
    • eine Abfindung abweichend von der gesetzlichen Regelung dem Gegenstandswert hinzugerechnet wird,

ist auch eine solche Vereinbarung

  • wegen unangemessener Benachteiligung des Mandanten

unwirksam.

Sieht eine formularmäßige Vergütungsvereinbarung für Tätigkeiten des Sekretariats vor,

  • einen bestimmten Stundensatz (Zeithonorar) und
  • dass die Kanzlei berechtigt ist, die Tätigkeiten des Sekretariats pauschal mit 15 Minuten pro Stunde anwaltlicher Tätigkeit abzurechnen,

ohne zu regeln, unter welchen Voraussetzungen der Rechtsanwalt

  • statt des tatsächlichen Aufwandes
  • pauschal 15 Minuten pro Stunde abgerechneter Anwaltstätigkeit

abrechnen darf,

  • gilt insoweit gem. § 4 Abs. 3 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) die gesetzliche Vergütung als vereinbart.

Darauf hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 13.02.2020 – IX ZR 140/19 – in einem Fall hingewiesen, in dem ein Arbeitnehmer,

  • dem von seinem Arbeitgeber der Abschluss eines Aufhebungsvertrages angeboten worden war,

einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber beauftragt und dieser ihn, neben einer Vollmacht, auch eine vorformulierte Vergütungsvereinbarung hatte unterzeichnen lassen, die u.a. vorsah,

  • dass die Vergütung sich nach dem Zeitaufwand der Kanzlei berechnet,
  • für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes ein Vergütungssatz von EUR 290,00 pro Stunde zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer in Höhe von derzeit 19 % berechnet sowie
  • für Tätigkeiten des Sekretariats ein Stundensatz in Höhe von EUR 60,00 vereinbart wird,
  • die Kanzlei berechtigt ist, die Tätigkeiten des Sekretariats pauschal mit 15 Minuten pro Stunde anwaltlicher Tätigkeit abzurechnen,
  • erforderliche Reise-, Wege- und Wartezeiten als Arbeitszeit gelten,
  • die Abrechnung des Zeitaufwandes im 15-Minuten-Takt (0,25 Stunden) erfolgt,
  • für angefangene 15 Minuten jeweils ein Viertel des Stundensatzes berechnet wird.
  • der Mandant in allen Fällen – Beratung, außergerichtliche und gerichtliche Vertretung – mindestens das dreifache der gesetzlichen Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz schuldet sowie
  • eine Abfindung abweichend von der gesetzlichen Regelung dem Gegenstandswert hinzugerechnet wird.

Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer wissen sollten, wenn ein Arbeitsvertrag (sachgrundlos) befristet ist

Mit Urteil vom 19.04.2019 – 3 Sa 1126/18 – hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Düsseldorf entschieden, dass, wenn die Höchstdauer eines ohne sachlichen Grund befristeten Arbeitsverhältnisses

  • auch nur um einen Tag,
  • etwa aufgrund einer Dienstreise,

überschritten wird, ein

  • unbefristetes Arbeitsverhältnis

besteht.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber zunächst befristet für sechs Monate,

  • ausweislich des Arbeitsvertrages, beginnend ab Montag, den 05.09.2016,

eingestellt worden war, der Arbeitnehmer in der Zeit vom 05.09.2016 bis zum 23.09.2016 an einer Schulung teilgenommen hatte,

  • zu der er im Einvernehmen mit seinem Arbeitgeber, der ihm die Reisekosten und die Hotelkosten für die Übernachtung erstattete, bereits am Sonntag, den 04.09.2016 angereist war,

und Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Februar 2017 das Arbeitsverhältnis bis zum 04.09.2018 verlängert hatten, hat das LArbG,

  • auf die Klage des Arbeitnehmers hin,

festgestellt, dass

  • die sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrages mit dem Arbeitnehmer unwirksam,
  • das Arbeitsverhältnis somit nicht durch Befristung zum 04.09.2018 beendet worden und
  • der Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen ist.

Das Bestehen eines unbefristetes Arbeitsverhältnisses hat das LArbG damit begründet, dass bereits die einvernehmliche und von dem Arbeitgeber bezahlte Dienstreise am 04.09.2018 Teil der arbeitsvertraglich versprochenen Dienste i.S.v. § 611 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gewesen sei,

  • das Arbeitsverhältnis also nicht erst am 05.09.2016, sondern bereits am 04.09.2016 begonnen habe,

und die somit am 03.09.2018 endende Höchstdauer von zwei Jahren

  • für die gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Teilzeitarbei und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) eine sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig ist,

bei der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 04.09.2018 um einen Tag überschritten worden sei (Quelle: Pressemitteilung des LArbG Düsseldorf).

Unternehmen die in Städten Fahrradverleihsysteme betreiben, dürfen Kunden, die Fahrräder ausleihen

…. nicht sofort wegen jeder „unsachgemäßen Nutzung“ des Mietfahrrads und auch nicht aus begründetem Anlass von der Nutzung ausschließen.

Entsprechende Klauseln in den Vertragsbedingungen der Unternehmen sind unwirksam.

Das hat das Landgericht (LG) Leipzig mit Urteil vom 19.02.2019 – 08 O 2124/18 – entschieden.

Danach ist die Klausel zur „unsachgemäßen Nutzung“,

  • da sie im Gegensatz zur gesetzlichen Regelung auch bei Bagatellverstößen,
    • also beispielsweise schon bei einem Verstoß gegen die Bestimmung, den Fahrradkorb mit nicht mehr als fünf Kilogramm zu belasten,
  • und ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung des Mietvertrags bzw. Sperre ermöglicht,

unverhältnismäßig und die Klausel,

  • Kunden, auch bei „begründetem Anlass“ von der weiteren Ausleihe ausschließen zu dürfen,

unklar und nicht verständlich (Quelle: Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vom 21.03.2019).

Patienten sollten wissen, dass eine in einer schwierigen Situation erteilte Einwilligung in eine Operation unwirksam

…. und in einem solchen Fall die Klinik bzw. der Arzt verpflichtet sein kann,

  • sich vor der Operation zu vergewissern,

ob die gegebene Einwilligung des Patienten nach wie vor seinem freien Willen entspricht.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln mit Urteil vom 16.01.2019 – 5 U 29/17 – hingewiesen.

Danach

  • muss die ordnungsgemäße Aufklärung eines Patienten so rechtzeitig erfolgen, dass dieser seine Entscheidung wohlüberlegt treffen kann (§ 630 e Abs.2 Satz 1 Ziffer 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),
  • ist deswegen ein stationär aufgenommener Patient, sofern der Eingriff nicht medizinisch dringlich ist, regelmäßig mindestens einen Tag vor der Operation aufzuklären

und steht, wenn

  • keine notfallmäßige sofortige Operation erforderlich ist, aber

die Einwilligungserklärung einem Patienten unmittelbar im Anschluss an die Aufklärung

  • ohne jegliche Überlegungsfrist oder
  • ohne ausreichende Bedenkzeit

abverlangt

  • sowie von dem Patienten unter dem Eindruck einer großen Fülle von regelmäßig unbekannten und schwer verständlichen Informationen und in einer persönlich schwierigen Situation, wie etwa nach einem Unfall, getroffen

wird, unter dem Vorbehalt, dass der Patient die ihm verbleibende Zeit nutzt, um

  • die erhaltenen Informationen zu verarbeiten und
  • das Für und Wider des Eingriffes für sich abzuwägen und
  • sich ggf. anders zu entscheiden

und ist es in solchen Fällen, in denen ein Patient mangels ausreichender Bedenkzeit keine wohlüberlegte Entscheidung treffen konnte,

  • nicht Aufgabe des Patienten, sich durch eine ausdrückliche Erklärung von seiner zuvor gegebenen Einwilligungserklärung zu lösen,
  • sondern vielmehr Aufgabe der Ärzte, sich davon zu überzeugen, dass die gegebene Einwilligungserklärung nach wie vor dem freien Willen des Patienten entspricht.

Dies ist deshalb von wesentlicher Bedeutung für Patienten, weil,

  • wenn ein ärztlicher Eingriff nicht durch eine wirksame Einwilligung des Patienten gedeckt ist und
  • sich damit als nicht gerechtfertigte Körperverletzung darstellt,

auch bei einer fehlerfrei durchgeführten Operation Klinik bzw. Arzt für alle über den bloßen operativen Eingriff hinausgehenden, den Gesundheitszustand des Patienten betreffenden nachteiligen Folgen aus §§ 280 Abs.1, 630a, 823 Abs.1, 249, 253 Abs.2 BGB haften,

  • sofern sie sich nicht mit Erfolg auf den Einwand hypothetischer Einwilligung berufen können.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem es eine Klinik unterlassen hatte, sich vor der Operation einer Patientin zu vergewissern, ob deren Einwilligung in die Operation,

  • die der Patientin zuvor in einer schwierigen Situation, unter unzulässiger Einengung und Verkürzung ihrer Entscheidungsfreiheit, abverlangt worden war,

nach wie vor ihrem freien Willen entspricht

  • und die Patientin einen Entscheidungskonflikt plausibel machen konnte,

hat das OLG der Patientin wegen Schmerzen,

  • die Folge der fehlerfrei durchgeführten Operation waren,

10.000 Euro Schmerzensgeld zuerkannt.

BAG entscheidet: Eine in einer Hinterbliebenenversorgungszusage des Arbeitgebers enthaltene Mindestehedauerklausel

…. von zehn Jahren ist unwirksam.

Mit Urteil vom 19.02.2019 – 3 AZR 150/18 – hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entschieden, dass eine in den Bedingungen einer

  • von einem Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer erteilten

Hinterbliebenenversorgungszusage enthaltene Klausel,

  • die vorsieht, dass die Hinterbliebenenversorgung des Ehepartners des Arbeitnehmers entfällt,
  • wenn im Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers die Ehe nicht mindestens zehn Jahre bestanden hat,

wegen unangemessener Benachteiligung der unmittelbar versorgungsberechtigten Witwe des Arbeitnehmers nach § 307 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unwirksam ist.

Danach

  • entspricht es bei einer Hinterbliebenenversorgungzusage des Arbeitgebers der im Gesetz angelegten Vertragstypik, dass die Ehepartner der Arbeitnehmer abgesichert sind,
  • unterliegt eine durch den Arbeitgeber erfolgte Einschränkung des danach erfassten Personenkreises der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB,
  • wird durch die Beschränkung der Zusage auf Ehepartner, mit denen der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Todes mindestens zehn Jahre verheiratet war, von dieser die Hinterbliebenenversorgung kennzeichnenden Vertragstypik abgewichen und

ist bei einer solchen Ausschlussklausel,

  • die sich an willkürlich gegriffenen Zeitspannen ohne inneren Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis und
  • zum verfolgten Zweck orientiert,

eine unangemessene Benachteiligung des Versorgungsberechtigten deswegen gegeben, weil

BGH entscheidet: Organspender, die vor einer Lebendspende unzureichend aufgeklärt worden sind, haben Anspruch auf

…. Schmerzensgeld und bei Eintritt eines späteren Gesundheitsschadens infolge der Organspende auch auf Schadensersatz.

Mit Urteilen vom 29.01.2019 – VI ZR 495/16 und VI ZR 318/17 – hat der unter anderem für das Arzthaftungsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass die bei einer Lebendspende von einem Organspender

  • erteilte Einwilligung unwirksam und der Eingriff rechtswidrig ist,

wenn der Spender vor der Organentnahme

  • über die möglichen gesundheitlichen Folgen sowie möglichen Spätfolgen der Organentnahme für seine Gesundheit und
  • über die zu erwartende Erfolgsaussicht der Organübertragung, also beispielsweise bei Vorliegen eines erhöhten Risikos eines Transplantatverlustes beim Empfänger, auch über dieses Risiko,

nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist (vgl. hierzu § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b, Abs. 2 Satz 1 und 2 Transplantationsgesetz (TPG)), dass, wenn dies strittig ist, bei der Beweiswürdigung

  • Verstöße gegen die, die Pflicht des Arztes zur Selbstbestimmungsaufklärung des Spenders begleitenden, formalen Regelungen des § 8 Abs. 2 Satz 3 (Anwesenheit eines neutralen Arztes beim Aufklärungsgespräch) und Satz 4 (von den Beteiligten zu unterschreibende Niederschrift über das Aufklärungsgespräch) des TPG als starkes Indiz dafür herangezogen werden können, dass eine Aufklärung durch die – insoweit beweisbelastete – Behandlungsseite nicht oder jedenfalls nicht in hinreichender Weise stattgefunden hat

und dass, im Falle einer unzureichenden Aufklärung, von der deswegen auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld in Anspruch genommenen Behandlungsseite,

  • mangels Übertragbarkeit der zum Arzthaftungsrecht entwickelten Grundsätze der hypothetischen Einwilligung auf die Lebendorganspende,

nicht den Einwand erhoben werden kann, dass der Organspender auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die Organentnahme eingewilligt hätte (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 28.01.2019).

Ehegatten die ein gemeinschaftliches Testament errichtet haben, sollten wissen, dass dieses dann unwirksam werden kann, wenn

…. die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen.

Mit Beschluss vom 26.09.2018 – 3 W 71/18 – hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg darauf hingewiesen, dass ein von Ehegatten verfasstes gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Erben eingesetzt haben,

  • nach §§ 2268, 2077 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

nicht nur unwirksam wird, wenn die Ehe geschieden wird,

  • sofern nicht festgestellt werden kann, dass die Eheleute beim Abfassen des Testaments wollten, dass es auch im Scheidungsfall gültig bleibt (§ 2268 Abs. 2 BGB),

sondern ein gemeinschaftliches Testament seine Wirksamkeit schon dann verliert, wenn

  • die Voraussetzungen für eine Scheidung nach §§ 1565, 1566 BGB vorliegen

und der Erblasser

  • die Scheidung eingereicht oder
  • einem Scheidungsantrag des Ehepartners gemäß § 134 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) zur Niederschrift der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts zugestimmt hat.

Eine erklärte Zustimmung zur Scheidung entfällt dabei,

  • sofern nicht klargestellt wird, dass die Ehe Bestand haben solle,

auch nicht dadurch, dass der Zustimmende sich zur Durchführung eines Mediationsverfahrens bereit erklärt.

BGH entscheidet, wann nach einem Verkehrsunfall die Abtretung des Anspruchs auf Ersatz restlicher Sachverständigenkosten

…. durch den Geschädigten, der die Erstellung des Schadensgutachtens in Auftrag gegeben hat,

  • an den Sachverständigen unwirksam ist und
  • damit auch eine Weiterabtretung an eine zu Inkassodienstleistungen berechtigte Verrechnungsstelle.

Mit Urteil vom 17.07.2018 – VI ZR 274/17 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass in den Fällen, in denen

  • ein Kraftfahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt wird, für den der Schädiger unstreitig zu 100% einstandspflichtig ist,
  • der Geschädigte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragt hat und

der dabei vom Geschädigten und vom Sachverständigen unterzeichnete, für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte „Gutachtensauftrag“ eine formularmäßige Klausel enthält,

  • nach der der geschädigte Auftraggeber dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch „zur Sicherung“ und „erfüllungshalber“ seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger abtritt,

diese Klausel (jedenfalls dann),

  • wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

insgesamt unwirksam ist, wenn sie zugleich die Regelung vorsieht,

  • „dass durch diese Abtretung die Ansprüche des Sachverständigen aus diesem Vertrag gegen den Auftraggeber nicht berührt werden,
  • diese nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung bei der gegnerischen Versicherung oder dem Schädiger zu jeder Zeit gegen den Auftraggeber geltend gemacht werden können,
  • im Gegenzug der Sachverständige dann jedoch Zug um Zug gegen Erfüllung auf die Rechte aus der Abtretung gegenüber den Anspruchsgegnern verzichtet“

und auf demselben Formular

  • eine Weiterabtretung des Schadensersatzanspruchs vom Sachverständigen an einen Dritten (hier: zu Inkassodienstleistungen berechtigte Verrechnungsstelle) vorgesehen ist.

Aus der Klausel wird nach Auffassung des Senats für den durchschnittlichen Unfallgeschädigten nämlich nicht hinreichend deutlich,

  • welche Rechte ihm gegenüber dem Sachverständigen zustehen sollen,
  • wenn der Sachverständige nach „zur Sicherung“ und „erfüllungshalber“ erfolgter (Erst-) Abtretung des Schadensersatzanspruchs den ihm nach der Klausel verbleibenden vertraglichen Honoraranspruch geltend macht,

so dass aufgrund dessen

  • bereits die (Erst-) Abtretung vom Geschädigten an den Sachverständigen unwirksam.