Tag unzumutbar

ArbG Siegburg erklärt fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Drohungen gegen Vorgesetzten für berechtigt

Mit Urteil vom 04.11.2021 – 5 Ca 254/21 – hat das Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg die fristlose Kündigung eines 

  • seit über 13 Jahren in der Buchhaltung bei einer Stadt 

Beschäftigten für 

  • wirksam

erklärt, die vom Arbeitgeber deswegen ausgesprochen worden war, weil der Beschäftigte gegenüber seiner Kollegin 

  • nach einer Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten 

über diesen geäußert hatte: 

  • „Diesen kleinen Wicht schmeiße ich aus dem Fenster. Ich lasse mir das nicht länger gefallen. Ich bin kurz vorm Amoklauf. Ich sage dir, bald passiert was. Der lebt gefährlich, sehr gefährlich.“ 

Das ArbG sah den 

  • die fristlose Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grund 

in der 

  • seiner Überzeug nach absolut ernst gemeinten 

Äußerung gegenüber seiner Kollegin, die 

  • sowohl die Ankündigung für eine Gefahr von Leib und Leben des Vorgesetzten 
  • als auch die Ankündigung eines Amoklaufs 

beinhaltete und erachtete aufgrund dessen

  • eine Weiterbeschäftigung des Arbeitgebers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für unzumutbar sowie 
  • eine vorherige Abmahnung für entbehrlich (Quelle: Pressemitteilung des ArbG Siegburg).

OLG Celle entscheidet wann die Reiserücktrittsversicherung bei Stornierung einer Reise wegen einer Durchfallerkrankung

…. leistungspflichtig ist.

Mit Urteil vom 03.12.2018 – 8 U 165/18 – hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle entschieden, dass eine Reiserücktrittsversicherung,

  • nach deren Versicherungsbedingungen ein Versicherungsfall u.a. vorliegt, wenn die versicherte Person oder eine mitversicherte Risikoperson von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen wird,

bei Stornierung einer gebuchten Flugreise wegen einer Durchfallerkrankung dann eintrittspflichtig ist, wenn dem Versicherten die trotz Einnahme von Medikamenten fortbestehende Durchfallerkrankung

  • überfallartig und ohne Vorwarnung zwingt, in unregelmäßigen Abständen die Toilette aufzusuchen und
  • für ihn deshalb, weil die jederzeit mögliche Inanspruchnahme einer Toilette nicht gewährleistet ist,

ein Reiseantritt insgesamt unzumutbar ist.

Danach ist entscheidend dafür, ob die versicherte Person oder eine mitversicherte Risikoperson von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen ist,

  • weder die konkrete ärztliche Diagnose der Erkrankung,
  • noch die technische Durchführbarkeit der Reise, sondern

das Vorliegen einer krankheitsbedingten Symptomatik, die den Antritt einer Reise unzumutbar erscheinen lässt und bei einer

  • trotz Einnahme von Medikamenten fortbestehenden

Durchfallerkrankung erheblicher Ausprägung,

  • die den Erkrankten überfallartig und ohne Vorwarnung zwingt, vier- bis fünfmal am Tag in unregelmäßigen Abständen die Toilette aufzusuchen,

ist dem Erkrankten jedenfalls der Antritt einer Flugreise deswegen nicht zuzumuten, weil

  • eine Toilette schon bei der Anfahrt zum Flughafen, während des Eincheckens und bis zum Erreichen der Flughöhe, nicht jederzeit zugänglich ist sowie
  • die Möglichkeit, eine der Toiletten an Bord des Flugzeugs in Anspruch nehmen zu können, auch von den Bedürfnissen der anderen Flugpassagiere abhängig ist (Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle vom 14.02.2019).

Dieselgate: Nach Ansicht des OLG Karlsruhe können Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn in ihrem

…. erworbenen Dieselfahrzeug eine unzulässigen Abschalteinrichtung eingebaut ist.

Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe hat in seiner Terminsverfügung, mit der er sechs bei ihm anhängige Berufungsverfahren auf den 26.06.2018 anberaumt hat,

  • in denen jeweils Käufer von Dieselfahrzeugen, in deren Fahrzeuge eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut war,
  • von den Fahrzeugverkäufern unter anderem die Rückzahlung des Kaufpreises (unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung) Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen,

die Parteien auf seine vorläufige Rechtsansicht hingewiesen, nach der die Klagen der Autokäufer erfolgreich sein dürften.

Denn, wie der Senat ausgeführt hat, seiner vorläufigen Rechtsansicht nach,

  • stelle die Lieferung eines Kraftfahrzeugs, dessen Motor mit einer Software ausgerüstet ist, die zwei unterschiedliche Betriebsmodi für den Prüfstand und die Straße aufweist, wobei nur ersterer die Abgasrückführung dergestalt optimiert, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden, eine Pflichtverletzung des Kaufvertrags in Form der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache (jedenfalls nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) dar,
  • dürfte diese Pflichtverletzung auch erheblich sein (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB)

und spreche,

  • abgesehen davon. dass eine von dem Käufer dem Verkäufer gesetzte, aber unangemessen kurze Nachbesserungsfrist den Lauf einer angemessenen, mit maximal zwei Monaten zu bemessenden Frist in Gang setzen würde,

ferner vieles dafür, dass Käufer in solchen Fällen ausnahmsweise, wegen Unzumutbarkeit, ohne Setzung einer angemessenen Nachfrist zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt seien (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 30.05.2018).

Was Wohnungseigentümer wissen sollten, wenn einer von ihnen zur Veräußerung des Wohnungseigentums verurteilt worden ist

Wer eine Eigentumswohnung von einem früheren Eigentümer erworben hat,

  • der, nachdem er sich einer schweren Verletzung der ihm gegenüber anderen Wohnungseigentümern obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht hatte, gemäß § 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz – WEG) zur Veräußerung des Wohnungseigentums verurteilt worden war,

verletzt seine Pflicht nach § 14 Nr. 1 WEG,

  • wenn er die Nutzung durch den früheren Wohnungseigentümer nicht beendet,
  • sondern ihm den Besitz an dem Sondereigentum weiter überlässt,

weil

  • nach § 14 Nr. 1 WEG jeder Wohnungseigentümer u.a. verpflichtet ist, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst und
  • durch ein Urteil, mit dem einem Wohnungseigentümer das Wohnungseigentum nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG entzogen worden und das für Sonderrechtsnachfolger auch ohne Eintragung im Grundbuch bindend ist, feststeht, dass sein Verbleib in der Wohnung den übrigen Wohnungseigentümern unzumutbar ist.

Ein in diesem Sinne nachteilig betroffener Wohnungseigentümer kann in einem solchen Fall nach § 15 Abs. 3 WEG von dem neuen Eigentümer die Unterlassung oder Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen,

  • also dass er dem früheren Wohnungseigentümer den Besitz entzieht,
  • da, wenn der pflichtwidrige Gebrauch nur durch aktives Eingreifen verhindern werden kann, der zur Unterlassung Verpflichtete das erforderliche positive Tun schuldet.

Von der Wohnungseigentümergemeinschaft kann dieser Anspruch im eigenen Namen verfolgt werden, wenn

  • sie die Geltendmachung der entsprechenden Individualansprüche der übrigen Wohnungseigentümer gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG durch Mehrheitsbeschluss an sich gezogen hat.

Darauf hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 18.11.2016 – V ZR 221/15 – hingewiesen.

LG Krefeld entscheidet: Vertragshändler muss verkaufte Fahrzeuge mit manipulierter Abgassoftware zurücknehmen

Weil in ihren jeweils bei einem Vertragshändler erworbenen zwei PKWs

  • vom Hersteller eine manipulierten Abgassoftware verbaut war, durch die die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf in gesetzlich unzulässiger Weise optimiert wurden und
  • die beiden Käufer deswegen, zu einem Zeitpunkt, als noch nicht klar war, ob die zur Behebung dieses Mangels vom Hersteller vorgesehene geänderte Software vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigt werden wird und wann eine Nachrüstung der Fahrzeuge erfolgt, den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatten,

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Krefeld mit Urteilen vom 14.09.2016 – 2 O 72/16 und 2 O 83/16 – den Rücktritt der Käufer vom Kaufvertrag für berechtigt erklärt und entschieden, dass

  • der Vertragshändler die Fahrzeuge zurücknehmen und im Gegenzug den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer an die jeweiligen Käufer zurückzahlen muss.

Begründet hat die Kammer die Berechtigung der Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag u.a. damit, dass zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der beiden Käufer, auf den es insoweit entscheidend ankomme, es den Käufern im Hinblick darauf, dass unklar war, ob und ggf. wann eine Behebung des Mangels erfolgen kann, nicht zuzumuten gewesen sei, dem Vertragshändler die in solchen Fällen im Gesetz grundsätzlich vorgeschriebene Möglichkeit einer Nacherfüllung einzuräumen.

Abgesehen davon sei, so die Kammer weiter, jedenfalls zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung auch der Verdacht der Käufer berechtigt gewesen, dass, wegen des bekanntermaßen bestehenden Zielkonflikts zwischen günstigen Stickoxidwerten und günstigen Kohlendioxidwerten, eine Verbesserung der Stickoxidwerte nur unter Inkaufnahme anderer Mängel bzw. Nachteile möglich sein werde.

Letztlich sei für die Käufer eine Nachbesserung durch den Vertragshändler aber auch deshalb unzumutbar, weil sie es nicht hinnehmen müssten, dass faktisch der Hersteller, der die arglistige Täuschung begangen habe, als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers den Mangel beseitige. Denn auch wenn der Vertragshändler die Software aufspiele, werde die wesentliche Arbeit zur Nachbesserung vom Hersteller geleistet, der die neue Software zur Motorsteuerung entwickle.

Eine Minderung des Kaufpreises als Alternative zum Rücktritt scheide aus, weil die betroffenen Fahrzeuge ohne eine Nachrüstung von den Zulassungsämtern stillgelegt würden und demzufolge sei der Mangel der Fahrzeuge trotz möglicherweise nur geringer Nachbesserungskosten auch nicht als unerheblich anzusehen (Quelle: Pressemitteilung des LG Krefeld vom 14.09.2016).