Tag Urenkel

BFH entscheidet: Urenkel können bei einer Schenkung oder einem Erwerb von Todes wegen jedenfalls dann nur einen Freibetrag von 100.000 € beanspruchen

…. wenn Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind.

Mit Beschluss vom 27.07.2020 – II B 39/20 (AdV) – hat der II. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in einem Fall, in dem eine Urgroßmutter 

  • ihren beiden Urenkeln 

eine Immobilie geschenkt 

  • und ihre Tochter (der Großmutter der Urenkel) hieran einen Nießbrauch erhalten 

hatte, entschieden, dass   

  • Urenkeln

für eine Schenkung jedenfalls dann lediglich der 

  • Freibetrag in Höhe von 100.000 Euro 

zusteht, wenn 

  • Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind.

Begründet hat der Senat dies damit, dass nach § 16 Abs. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) i.V.m. § 15 Abs. 1 ErbStG steuerfrei bleibt in den Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht 

  • gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG der Erwerb 
    • der Kinder und Stiefkinder und der Kinder und Stiefkinder verstorbener Kinder in Höhe von 400.000 €, 
  • gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG der Erwerb 
    • der Kinder und Stiefkinder der Kinder in Höhe von 200.000 € sowie 
  • gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG der Erwerb 
    • der Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder in Höhe von 100.000 €,

dass nach dem Wortlaut dieser Vorschrift und der Systematik des ErbStG der Begriff „Kinder“ in § 16 Abs. 1 ErbStG eindeutig 

  • nicht Kindeskinder oder weitere Abkömmlinge meint, 
  • sondern Kinder 

und dass dies im Falle des § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG auch für die doppelte Verwendung des Wortes „Kinder“ gilt, so dass 

  • jedenfalls dann, wenn Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind

„Kinder der Kinder“ ausschließlich 

  • die Enkel sind, 
  • nicht die Urenkel.

Wer in seinem Testament verfügt, dass Erben seine Abkömmlinge sein sollen, sollte wissen, dass

…. der Begriff Abkömmlinge

  • neben den Kindern

auch die Enkel und Urenkel umfasst.

Darauf hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hingewiesen und mit Urteil vom 11.09.2019 – 3 U 24/18 – entschieden, dass, wenn Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament,

  • sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen sowie

verfügen, dass

  • Erben des Letztversterbenden „unsere gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu gleichen Anteilen“ sein sollen,

Erben des Letztversterbenden werden

  • alle zum Zeitpunkt des Erbfalls lebenden Abkömmlinge der Eheleute – ob Kinder, Enkel oder Urenkel – zu gleichen Anteilen.

Danach ist der Begriff „Abkömmlinge“ nicht allein auf Kinder beschränkt,

  • sondern sind darunter auch die Enkel, Urenkel usw. zu verstehen (vgl. § 1924 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),

so dass,

  • wenn nur die Kinder gemeint sein sollen,

Erblasser den Begriff „Kinder“ wählen müssen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).