Tag Urlaubszeit

LG Frankfurt entscheidet: Reiseveranstalter muss 5-jährigem Kind wegen vertaner Urlaubsfreude Entschädigung zahlen

Mit Urteil vom 05.12.2019 – 2-24 S 50/19 – hat die 24. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main entschieden, dass ein Anspruch auf 

  • angemessene Entschädigung wegen vertaner Urlaubsfreude nach § 651n Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)  

auch 

  • einem zum Reisezeitpunkt 5-jährigen Kind zustehen kann, 

jedoch nicht 

  • einem zum Reisezeitpunkt erst 2-jährigen Kind.   

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem Eltern für sich und ihre 2 und 5 Jahre alten Kinder 

  • einen Urlaub in einer Clubanlage im Ausland gebucht hatten und

der Reiseveranstalter wegen Vereitelung der Reise

  • von allen 4 Familienmitgliedern 

auf Zahlung von Schadensersatz wegen vertaner Urlaubsfreude verklagt worden war, hat die Kammer 

  • den Klagen der Eltern und ihres 5-jährigen Kindes stattgegeben, 
  • die Klage des 2-jährigen Kindes dagegen abgewiesen.   

Dass neben den Eltern 

  • auch ihrem 5-jährigen Kind, 
  • nicht dagegen ihrem 2-jährigen Kind 

ein Entschädigungsanspruch wegen vertaner Urlaubsfreude nach § 651n Abs. 2 BGB zusteht, hat die Kammer damit begründet, dass 

  • ein Urlaub in einer Clubanlage in einem fremden Land 

von einem 5-jährigen Kind 

  • als etwas „Besonderes“ nicht nur wahrgenommen, sondern beispielsweise wegen des besonderen Essens, der verschiedenen ausgedehnten Spielmöglichkeiten usw. auch erlebt wird und 
  • der Erlebniswert (nicht zwangsläufig der Erholungswert) dieser Urlaubszeit auch für Kinder dieses Alters bei einer Reisevereitelung eingeschränkt ist,

während der gesetzgeberische Zweck, entgangene Urlaubsfreuden als immateriellen Schaden auszugleichen, bei einem erst 2-jährigen Kind deswegen (noch) nicht zum Tragen kommt, weil in diesem Alter 

  • die Nähe zu den Eltern, nicht der Ort, an dem die Nähe erlebt wird, im Vordergrund steht und
  • ein Urlaub als solcher gar nicht bewusst wahrgenommen wird.

Reisender, der in einem Hotel auf Mallorca in der niedrigsten, anstelle der gebuchten höchsten Suitenkategorie untergebracht worden war,

…. darf den Reisepreis nicht nur um 50% mindern, sondern hat wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit auch Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von weiteren 50% des Reisepreises.

Das hat die Reiserechtskammer des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 19.12.2019 – 2-24 O 55/19 – in einem Fall entschieden, in dem der Kläger 

  • für sich und zwei weitere Personen 

eine 10-tägige Pauschalreise nach Mallorca in einer „WU Suite“ mit – laut Reiseprospekt – einem separaten Schlafzimmer in einem Hotel gebucht hatte,

  • in der Buchungsbestätigung die Unterbringung in einer „Suite“ ausgewiesen,

und die Unterbringung der Reisegruppe 

  • nicht in einem Zimmer der Kategorie „WU Suite“, sondern 

in der niedrigsten Suitenkategorie des Hotels, nämlich einer kleineren Juniorsuite mit kombiniertem Wohn- und Schlafraum erfolgt war, 

  • in dem sich neben einem Doppelbett ein Schlafsofa und später noch ein hinzugestelltes Feldbett befanden und 
  • die Reisenden sich einen Schrank teilen mussten.

Als gerechtfertigt angesehen hat die Kammer eine Minderung des Reisepreises um 50% deshalb, da, 

  • auch wenn die Buchungsbestätigung den Zusatz „WU“ nicht enthalten hatte, aus objektiver Sicht davon auszugehen war, dass eine Suite und keine Juniorsuite gebucht worden, somit 

vertraglich eine Unterbringung in einer WU Suite geschuldet und durch die Unterbringung in der niedrigsten, anstelle der gebuchten höchsten Suitenkategorie, 

  • wegen des Fehlens nicht nur von gleichwertigen, komfortablen Schlafmöglichkeiten, sondern auch einem adäquaten Rückzugsbereich für die dreiköpfige Reisegruppe, 

der Zweck der Reise – die Erholung – grundlegend berührt worden war sowie 

  • darüber hinaus 

als Ersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit eine Entschädigung in Höhe von weiteren 50% des Reisepreises deswegen, weil

  • die Reise – während der gesamten Reisezeit – erheblich beeinträchtigt war.

Hingewiesen hat die Kammer in ihrer Entscheidung ferner, dass ein Abhilfeangebot des Reiseveranstalters, 

  • in ein anderes Hotel umzuziehen, 

dann nicht angenommen werden muss, wenn das andere Hotel nicht gleichwertig ist, 

  • etwa in Bezug auf die Strand- bzw. Insellage (Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt am Main).   

Reisende sollten wissen, welche Minderungen des Reisepreises bei Reisemängeln gegebenenfalls

…. in Betracht kommen können.

Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat beispielsweise entschieden,

mit Urteil vom 27.02.2019 – 2-24 S 32/18 – in einem Fall, in dem ein Reisender über ein Onlineportal eine Unterkunft in einem „Fährhaus“ auf Sylt gebucht,

  • die Reisebestätigung des beklagten Reiseveranstalters die Angabe „Fährhaus“ und den Zusatz „Norddeich“ enthalten,
  • das „Fährhaus“ sich tatsächlich aber, entgegen der Erwartung des Reisenden nicht auf Sylt, sondern in dem Stadtteil „Norddeich“ der Stadt Norden in Ostfriesland befunden

hatte, dass der Reisende

  • Anspruch auf Minderung des vollen Reisepreises hat, weil
    • der Reisende, aufgrund der als Reisebestätigung erhaltenen Antwort, die aus Sicht eines objektiven Empfängers auszulegen ist, davon ausgehen konnte,
      • dass der Zusatz „Norddeich“ lediglich die örtliche Lage des Hotels beschreibt, nämlich gelegen „am“ Norddeich von Sylt und
      • er, entsprechend seinem Buchungswunsch, ein Hotelzimmer auf Sylt erhalten hat,

mit Urteil vom 03.04.2019 – 2-24 S 162/18 – in einem Fall, in dem ein Reisender in einem Reisebüro für einen Strandurlaub in einem Hotel eine Juniorsuite gebucht hatte, die

  • entgegen dem von dem Reisenden gegenüber geäußerten Wunsch, dass er eine Trennung von Wohn- und Schlafraum möchte und
  • ohne, dass er von dem Reiseveranstalter darauf hingewiesen worden war, dass dieser Sonderwunsch nicht erfüllt werden könne,

über keine separate Wohn- bzw. Schlafräume verfügte, dass

  • aufgrund dessen ein Reisemangel vorliegt,
  • der eine Reisepreisminderung von 15% rechtfertigt,

mit Urteil vom 22.05.2019 – 2-24 O 106/17 – in einem Fall, in dem ein Reisender einen Hotelaufenthalt gebucht hatte und

  • sein Zimmer rund 15m Luftlinie von einer Großbaustelle entfernt war, auf der Baufahrzeuge und Baumaschinen eingesetzt wurden (u.a. Bagger, Raupen, Presslufthämmer und Kipplader) und mit Ausnahme der Sonntage die Arbeiten ab 6:30/7:00 Uhr begannen und nicht vor 22:00 Uhr endeten sowie
  • während der ersten vier Reisetage wegen eines Wasserrohrbruchs im Hotel das Leitungswasser verunreinigt und nicht nutzbar war,

dass der Reisende einen Anspruch hat

  • auf eine Minderung von 50% des Reisepreises
    • wegen des Baulärms,
  • auf weitere Minderungen
    • von 5%
      • wegen des teilweise verunreinigten Leitungswassers
    • sowie von 10%,
      • weil der Reisende von dem Reiseveranstalter nicht über die Großbaustelle informiert und dieser deswegen nicht hatte entscheiden können, ob er unter den gegebenen Umständen die Reise antreten will oder nicht und
    • auf eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit,
      • nachdem infolge des massiven Baulärms die Reise, für welche der Reisende seine Urlaubszeit aufgewendet hatte, erheblich beeinträchtigt war,

mit Urteil vom 22.05.2019 – 2-24 O 149/18 – in einem Fall, in dem ein Reisender eine Pauschalreise auf den Malediven in einem „5-Sterne-Luxus-Resort“ gebucht hatte und

  • auf dem Strandabschnitt vor der von ihm bewohnten Strandvilla zwischen 6:00 Uhr und 17:00/18:00 Uhr Wasserflugzeuge, mit den Hotelgäste zur Hotelanlage befördert wurden, starteten und landeten,
  • der betreffende Strandabschnitt deswegen nicht zum Baden und Verweilen genutzt werden konnte sowie
  • das WLAN, dessen freier Zugang in der Hotelbeschreibung angepriesen worden war, nicht durchgehend funktionierte, sondern Verbindungen bereits nach wenigen Minuten endeten, E-Mails nicht heruntergeladen und Internetseiten nicht aufgebaut werden konnten,

dass der Reisende einen Anspruch hat

  • auf eine Minderung von 50% des Reisepreises,
    • wegen der Lärmemissionen durch die Wasserflugzeuge, weil, auch wenn ein Luxus-Resort laut Hotelbeschreibung mit Wasserflugzeugen erreichbar ist,
      • weder damit gerechnet werden müsse, dass der dadurch verursachten Lärm eine Ruhe und Erholung und ein schlafen länger als 6.00 Uhr unmöglich mache,
      • noch, dass der Strandabschnitt vor seiner Strandvilla nicht nutzbar sein würde,
    • auf eine weitere Minderung von 15% des Reisepreises
      • wegen der eingeschränkten WLAN-Nutzung, weil in einer als besonders hochwertig beschriebenen Hotelkategorie erwartet werden könne, zumindest solchen Internetaktivitäten nachgehen zu können, die im Urlaub typisch seien (Aufrufen von Internetseiten, uneingeschränktem E-Mail-Zugang, Nutzung von Messengerdiensten etc.) sowie
    • auf eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

und dass,

  • falls der Reiseveranstalter auf eine entsprechende Rüge hin, dem Reisenden anheimstellt, sich eine alternative Unterkunft zu suchen, aber nur gegen eine Stornogebühr von 100% und
  • der Reisende sich daraufhin selbst eine andere Unterkunft organisiert,

darüber hinaus ein Anspruch besteht,

  • auf die Mehrkosten für die von ihm selbst organisierte Alternativunterbringung und
  • auf eine 100%ige Minderung des Reisepreises für den Tag des Umzuges in die andere Unterkunft,

sowie mit Urteil vom 19.06.2019 – 2-24 O 20/19 – in einem Fall, in dem einer Reisenden am Zielort der von ihr gebuchten Rundreise ein Koffer,

  • in dem u.a. Teile ihrer Fotoausrüstung, insbesondere das Ladegerät für die Akkus sowie Ersatzakkus waren,

fehlte und den sie erst nach sechs Tagen erhalten hatte, dass der Reisenden

  • ein Anspruch auf Minderung von 25% des Reisepreises
    • für die Tage ohne Koffer zusteht
    • und zwar unabhängig davon, dass sich in dem Koffer Teile der Fotoausrüstung befanden (Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt vom 01.07.2019).

Wer bei einem Reiseveranstalter eine Kreuzfahrt gebucht hat, diese aber, weil es auf dem Schiff keine Buchung (mehr) für ihn gibt, nicht antreten kann, hat

…. nicht nur Anspruch auf Erstattung des Reisepreises, sondern auch auf eine angemessene Entschädigung in Geld.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 29.05.2018 – X ZR 94/17 – hingewiesen.

Wird eine Reise

  • vereitelt oder
  • erheblich beeinträchtigt,

kann der Reisende nämlich – neben der Erstattung des Reisepreises – nach § 651f Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit,

  • weil er seine Urlaubszeit nicht so verbringen konnte, wie mit dem Veranstalter vereinbart wurde,

eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

Für die Höhe dieser Entschädigung ist maßgebend die sich aus der Vereitelung der Reise bzw. der groben Mängel der Reiseleistung ergebende (immaterielle) Beeinträchtigung.

Diese Beeinträchtigung kann, wie der Senat ausgeführt hat, bei groben Mängeln der Reiseleistung,

  • wenn dadurch der Erfolg einer Reise (nahezu) vollständig verfehlt worden ist,

erheblich größer sein, als bei einem völligen Ausfall einer Reise,

  • weil in einem derartigen Fall zwar die Erwartungen der Reisenden enttäuscht worden sind, diese aber über ihre Zeit (dann immerhin noch) frei verfügen können.

Deswegen ist, so der Senat weiter, bei einer ausgefallenen Reise auch nicht stets eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises als angemessen anzusehen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 29.05.2018).

Wer bei einem Reiseveranstalter eine Reise mit Unterbringung in einem bestimmten Hotel gebucht hat, sollte wissen

…. dass ein zur Minderung des Reispreises nach § 651d Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) berechtigender Mangel schon dann vorliegt, wenn die Unterbringung

  • (zeitweise) in einem Hotel ähnlichen Standards und ähnlicher Ausstattung, wie das gebuchte erfolgt,
  • das aber nicht das gebuchte ist.

Denn auch in einem solchen Fall

  • entspricht der Wert der vom Reiseveranstalter tatsächlich erbrachten Leistung nicht dem Wert der gebuchten, weil ein Reisender, dem vertraglich ein bestimmtes Hotel versprochen wird, einen Teil des Reisepreises auch dafür zahlt, dass

er die Auswahl des Hotels nach seinen persönlichen Vorlieben selbst trifft und gerade nicht dem Reiseveranstalter überlässt.

Sollte die (zeitweise) Unterbringung nicht in einem Hotel ähnlichen Standards und ähnlicher Ausstattung erfolgen,

  • sondern beispielsweise in einem Hotel das schwerwiegende Hygienemängel aufweist und in einem Zimmer, das im Gegensatz zum gebuchten keinen Meerblick hat,

kann neben dem Anspruch auf Minderung des Reisepreises,

  • wegen nutzlos aufgewendeter, weil weitgehend entwerteter Urlaubszeit und dadurch auch insgesamt erheblich beeinträchtigter Reise,

nach § 651f Abs. 2 BGB ein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung nach § 651f Abs. 2 BGB bestehen.

Darauf hat der für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 21.11.2017 – X ZR 111/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 21.11.2017 – Nr. 184/2017 –).