Tag verspätet

Wichtig zu wissen, wenn die gekaufte, aber noch im Bau befindliche Eigentumswohnung erst verspätet fertiggestellt wird

Wird von einem Unternehmer eine Eigentumswohnung in einer 

  • noch im Bau befindlichen 

Bauanlage gekauft und ist im notariellen Kaufvertrag eine Frist, 

  • bis zu der das Objekt hergestellt werden soll,

festgehalten,

  • ohne nähere Konkretisierung was unter „hergestellt“ zu verstehen ist,

bedarf es ggf. der Vertragsauslegung, ob bis zum Ablauf der Frist 

  • das gesamte Objekt inklusive Außenanlagen fertiggestellt sein muss oder
  • es ausreicht, dass der Käufer in die Wohnung einziehen kann.

Ergibt die Auslegung, dass es 

  • bei dem verabredeten Datum auf die Bezugsfertigkeit der Wohnung ankommt und 
  • nicht auf die vollständige Fertigstellung des gesamten Objekts,

muss die Wohnung dazu 

  • mit Ausnahme von Mängeln, die nicht die Sicherheit des Wohnens beeinträchtigten, und 
  • mit Ausnahme der Außenanlagen 

fertiggestellt sein. 

  • Denn die Vereinbarung einer Frist hat insbesondere den Sinn, dass sich der Bauherr auf einen Einzugstermin einstellen kann.

Ist in einem solchen Fall die gekaufte Wohnung zu dem verabredeten Termin nicht in diesem Sinne bezugsfertig, kann der Käufer Schadensersatz verlangen

  • für die Zeit zwischen dem vertraglich vereinbarten Einzugstermin und der Bezugsfertigkeit der Wohnung, 
    • zum Beispiel Ersatz der Kosten für die Anmietung einer Ersatzwohnung sowie Fahrtkosten,

nicht aber dafür, 

  • dass nach der Bezugsfertigung der Wohnung an dem Gesamtobjekt noch Arbeiten vorzunehmen sind (z.B. Außenanlagen).

Wegen 

  • evtl. Mängel und 
  • noch zu erbringender Restarbeiten 

können Käufer aber einen gewissen 

  • Teil des Kaufpreises 

bis zur vollständigen Fertigstellung des Gesamtobjekts zurückbehalten (so laut Pressemitteilung das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg mit Urteil vom 21.07.2020 – 13 U 28/20 –).

OLG Frankfurt entscheidet: Hat ein bevollmächtigter Ehepartner von einem Versicherungsvertrag des anderen keine Kenntnis,

…. kann eine verspätete Anzeige eines Versicherungsfalles durch ihn unverschuldet und die Versicherung rückwirkend leistungspflichtig sein.

Mit Urteil vom 11.11.2020 – 7 U 36/19 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem es in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer 

  • von einer Frau (im Folgenden: Versicherungsnehmerin) für den Fall der Schwerstpflegebedürftigkeit (Pflegestufe III) abgeschlossenen 

Pflegetagegeldversicherung hinsichtlich der Leistungserbringung u.a. hieß, dass

  • bei Stellung des Antrags nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, der Leistungsanspruch vom Beginn des Monats der Antragstellung gegeben ist und
  • bei einer unverschuldet verspäteten Anzeige des Versicherungsfalls die Leistungen jedoch rückwirkend erbracht werden,

die Versicherungsnehmerin 

  • nach einem schweren Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung, vollständigem Verlust der Sprachfähigkeit sowie erheblichen Beeinträchtigung des Erinnerungsvermögens 

die Pflegestufe III erhalten hatte und zwei Jahre später vom Ehemann der Versicherungsnehmerin,

  • der von ihr eine Vorsorgevollmacht hatte, 

der Versicherungsfall gemeldet sowie eine Leistungserbringung für die Versicherungsnehmerin, 

  • ab Erhalt der Pflegestufe III, 

beantragt worden war, entschieden, dass 

  • die verspätete Anzeige des Versicherungsfalles unverschuldet war und deswegen

die Versicherung zur rückwirkenden Leistung verpflichtet ist.

Wie das OLG ausgeführt hat, war die verspätete Anzeige des Versicherungsfalls durch den Ehemann der Versicherungsnehmerin hier deshalb unverschuldet, weil die Versicherungsnehmerin,  

  • die den Versicherungsfall grundsätzlich selbst hätte anzeigen müssen,

aufgrund der gesundheitlichen Folgen ihres Schlaganfalls 

  • weder selbst zu der Anzeige, 
  • noch zu einer Information ihres Ehemanns über die bestehende Versicherung 

in der Lage war, sie auch nicht 

  • im Sinne einer vorausschauenden Verhaltenspflicht 

ihren Ehemann vor dem Eintritt des Versicherungsfalls 

  • über das Bestehen des Versicherungsvertrages 

hatte informieren müssen, von dem bevollmächtigten Ehemann der Versicherungsnehmerin selbst auch nicht 

  • schuldhaft und 
  • in einer der Versicherungsnehmerin zuzurechnenden Weise 

eine frühere Anzeige des Versicherungsfalls unterlassen worden ist, dieser

  • vielmehr unverschuldet keine Kenntnis vom Bestehen dieses Vertrages hatte und 

aufgrund der ihm bekannten monatlichen Abbuchungen der Versicherungsbeiträge i.H.v. 20 Euro/pM nicht vom Bestehen einer derartigen Versicherung ausgehen musste,

  • zumal sich aus dem Buchungstext nicht die Art der Versicherung ergeben hat, 
  • sondern nur, dass irgendein Versicherungsvertrag bestanden hat (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt).  

Was Fluggäste wissen sollten, wenn ihr Gepäck nicht mitgeliefert, sondern erst verspätet angeliefert wird

…. also den Zielort nicht rechtzeitig erreicht.

Hat ein Fluggast

  • beispielsweise eine Flugreise nach Malta gebucht und ist sein Gepäck nicht mit angeliefert worden,

hat die Fluggesellschaft dem Fluggast

den Schaden zu ersetzen,

  • der dem Fluggast durch die verspätete Anlieferung des Reisegepäcks entsteht,

außer, die Fluggesellschaft kann nachweisen,

  • dass sie und ihre Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder
  • dass es ihr oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.

Haftet die Fluggesellschaft für den dem Fluggast entstandenen Verzögerungsschaden, hat der Fluggast,

  • innerhalb der in Art. 22 Abs. 1 MÜ festgelegten Höchstgrenzen,

Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen in Geld,

  • die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Fluggastes für zweckmäßig und erforderlich halten durfte,
  • wobei § 254 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend anzuwenden ist.

Danach besteht,

  • wenn die Fluggesellschaft mitteilt, dass das Gepäck am Folgetag eintreffen,
  • es am späten Morgen des Folgetags dann auch angeliefert wird und
  • für den Fluggast somit absehbar war, dass er keinen längeren Zeitraum würde überbrücken müssen,

ohne Darlegung besonderer subjektiver Umstände, konkreter Ersatzbedarf für die Nacht und den Folgetag,

  • so dass die Fluggesellschaft in einem solchen Fall die Aufwendungen für einen Satz Kleidung,
    • d.h. einen Satz neuer Unter- und Oberbekleidung sowie Wäsche für die Nacht und einen Tag und
  • eine Basisausstattung mit Kosmetika schuldet.

Begnügen muss sich ein Fluggast dabei,

  • auch wenn er üblicherweise Kleidungsmarken aus dem Luxussegment bevorzugt,

mit der Anschaffung von mittelwertiger (Ersatz)Kleidung, weil

  • ein wirtschaftlich denkender Mensch, der davon ausgeht, lediglich einen Tag überbrücken zu müssen, sich damit zufrieden geben würde.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 01.06.2017 – 30 C 570/17 – hingewiesen.

Mit einem vom Zivilgericht eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten muss sich keine Partei begnügen

Vielmehr hat,

  • wenn in einem Zivilprozess auf Anordnung des Gerichts von einem Sachverständigen ein schriftliches Gutachten erstellt worden ist,

jede Partei einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen,

  • die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält,
  • zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann und

dass das Erscheinen des Sachverständigen dazu vom Gericht angeordnet wird.

  • Darauf, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher nachvollziehbar dargetan worden ist, kommt es nicht an.

Entspricht das Gericht dem Antrag einer Partei auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens in mündlicher Verhandlung nicht, verletzt es den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 30.05.2017 – VI ZR 439/16 – hingewiesen.

Übrigens:
Ein Antrag auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens kann nach § 411 Abs. 4 i.V.m. § 296 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) nur dann als verspätet zurückgewiesen werden, wenn hierfür eine wirksame richterliche Frist gesetzt war (vgl. BGH, Beschluss vom 25.10.2005 – V ZR 241/04 – und Urteil vom 22.05.2001 – VI ZR 268/00 –).

Wiederholte verspätete Zahlung der Wohnungsmiete (auch nur um wenige Tage) kann Kündigung rechtfertigen

Darauf hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 17.03.2017 – 7 S 6617/16 – hingewiesen.

Danach soll der Vermieter einer Wohnung das Mietverhältnis nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ordentlich kündigen können, wenn der Mieter,

  • obwohl er von dem Vermieter in mehreren Schreiben auf die Wichtigkeit des rechtzeitigen Mieteingangs hingewiesen worden war,

die Miete nachfolgend weiter wiederholt erst um wenige Tage verspätet bezahlt.

Ein solches Verhalten des Mieters sei, so das LG,

  • als nicht unerhebliche Pflichtverletzung zu bewerten,

weil es zeige, dass

Beachtet in diesem Zusammenhang muss aber (auch),

dass

  • es gemäß § 556b Abs. 1 BGB, der bestimmt, dass die Miete zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der vereinbarten Zeitabschnitte zu entrichten ist, für die Rechtzeitigkeit einer Mietzahlung im Überweisungsverkehr
    • nicht darauf ankommt, dass die Miete bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts auf dem Konto des Vermieters eingegangen ist,
    • sondern es genügt, dass der Mieter – bei ausreichend gedecktem Konto – seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag (§ 675f Abs. 3 Satz 2, § 675n Abs. 1 BGB) für die Überweisung (Zahlungsdienst im Sinne von § 675c Abs. 3 BGB, § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten; Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG) bis zum dritten Werktag des vereinbarten Zeitabschnitts erteilt hat.

Was Arbeitnehmer und Arbeitnehmer wissen sollten, wenn Lohn verspätet gezahlt wird

Erhält ein Arbeitnehmer den Arbeitslohn vom Arbeitgeber

  • verspätet oder
  • unvollständig

ausbezahlt hat er nach § 288 Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Anspruch auf 40 € Pauschal-Schadensersatz.

Das hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln mit Urteil vom 22.11.2016 – 12 Sa 524/16 – entschieden.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass es sich bei der 40-Euro-Pauschale,

  • die der Schuldner einer Entgeltforderung nach dem 2014 neu eingefügten § 288 Abs. 5 BGB bei Verzug des Schuldners neben dem Ersatz des durch den Verzug entstehenden konkreten Schadens verlangen kann und die auf den Schadensersatz anzurechnen ist, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist,

um eine Erweiterung der gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins handle, der,

  • weil durch diese Regelung der Druck auf den Schuldner, Zahlungen pünktlich und vollständig zu erbringen, erhöht werden sollte,

auch auf Arbeitsentgeltansprüche zu zahlen sei.

Da umstritten ist, ob § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht, nachdem es hier – anders als im allgemeinen Zivilrecht – keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gibt, anwendbar ist, hat die Kammer die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. Wie dieser entscheiden wird bleibt abzuwarten (Quelle: Presseservice der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 25.11.2016).