Tag Volkswagen

Dieselgate: Wichtig zu wissen für Fahrzeugkäufer, die ihre Schadensersatzansprüche an die Financialright GmbH abgetreten haben

Mit Urteil vom 07.08.2020 hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Ingolstadt die Klage der Financialright GmbH abgewiesen, mit der diese 

  • als Inkassodienstleisterin aus abgetretenem Recht 

Schadensersatzansprüche 

  • von über 2.800 Fahrzeugkäufern 

gegenüber der Audi AG und der Volkswagen AG in Höhe von insgesamt über 77 Millionen Euro geltend gemacht hatte.

Die Kammer erachtete die Abtretungsvereinbarungen zwischen der Financialright GmbH und den Fahrzeugkäufern, 

  • mit denen sich die Financialright GmbH gegen Übernahme der Prozesskosten und -risiken sowie einer Vergütung über Erfolgsbeteiligung die Schadensersatzansprüche von Fahrzeugkäufern gegen die Audi AG und die Volkswagen AG hatte abtreten lassen, 

für nichtig und somit die Financialright GmbH für nicht berechtigt, die Ansprüche der Fahrzeugkäufer geltend zu machen.

Dass die einzelnen Abtretungsvereinbarungen nichtig sind, begründete die Kammer damit, dass die Abtretungsvereinbarungen die vertragliche Regelung enthielt, dass, 

  • falls der Fahrzeugkäufer einen von der Financialright GmbH mit der Audi AG bzw. der Volkswagen AG geschlossenen Vergleich widerrufen sollte,  

die gesamte Rechtsverfolgung für den Fahrzeugkäufer nicht mehr kostenfrei sein sollte und darin,

  • aufgrund des hieraus resultierenden unzulässigen wirtschaftlichen Drucks für den jeweiligen Käufer, als auch des Interessenskonflikts zwischen dem Käufer und der Financialright GmbH 

eine unzumutbare, 

  • zur Nichtigkeit der Abtretungsvereinbarung führende

Benachteiligung des Käufers liege (Quelle: Pressemitteilung des LG Ingolstadt).

Dieselgate: Was Besitzer eines mit einem 3,0 Liter Motor EA897 oder EA896 (EU5-Norm) ausgerüsteten Audi

…. wissen sollten.

Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe hat mit Beschlüssen vom 22.08.2019 – 17 U 257/18, 17 U 294/18 – in zwei Verfahren, in denen

  • ein Käufer eines gebrauchten Audi Q5 V6 3,0 I TDI, 176 kW sowie
  • ein Käufer eines gebrauchten Audi A 4 3,0 l TDI, 180 kW

von der

  • Volkswagen AG

Schadensersatz aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung

in Höhe der bezahlten Kaufpreise verlangen, gegen Rückgabe ihrer

  • im Jahr 2011 bzw. 2013 erworbenen,
  • jeweils mit einem von der Audi AG hergestellten 3,0 Liter Motor mit der (streitigen) Bezeichnung EA897 oder EA896 (EU5-Norm) ausgerüsteten

Fahrzeuge, darauf hingewiesen, dass

  • wegen des Vorhandenseins von unzulässigen Abschalteinrichtungen in den Fahrzeugmotoren,
    • in Form einer Software, die den Rollenprüfstand erkennt und in einen optimierten Betriebsmodus schaltet, um so die Grenzwerte dort einzuhalten, der aber im Straßenverkehr nicht aktiv ist und
    • in Form eines sog. Thermofensters, das die Abgasrückführungsquote temperaturabhängig steuert,

eine Haftung der Volkswagen AG grundsätzlich in Betracht kommt, auch wenn

  • sie nicht Herstellerin des jeweiligen Fahrzeugs oder Motors ist sowie
  • ein verpflichtender Rückruf von mit diesen Motoren ausgestatteten Fahrzeugen durch das Kraftfahrbundesamt (KBA) nicht vorliegt

und deswegen die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Behauptung der Fahrzeugkäufer angeordnet, dass

  • der 3,0 l Motor (EU5-Norm) in den Fahrzeugen eine Software enthält, die den Rollenprüfstand erkennt und in einen optimierten Betriebsmodus schaltet, um so die Grenzwerte dort einzuhalten, der aber im Straßenverkehr nicht aktiv ist.

Denn,

  • die Tragweite der Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp, der in einer großen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut wird,
  • die Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in den Volkswagenkonzern und
  • den ordnungsgemäßen Ablauf des Genehmigungsverfahrens

sowie

  • die in Kauf genommenen erheblichen Folgen für die Käufer in Form der drohenden Stilllegung der erworbenen Fahrzeuge

könne zur Sittenwidrigkeit der Entscheidung der Volkswagen AG i.S.d. § 826 BGB führen.

Hingewiesen hat der Senat ferner darauf,

  • dass er davon ausgeht, dass die Motorsteuersoftware der Fahrzeuge eine Abschaltvorrichtung in Form eines sog. Thermofensters enthält, das die Abgasrückführungsquote temperaturabhängig steuert,

dass die Volkswagen AG darlegen und beweisen muss, dass

  • eine solche Einrichtung ausnahmsweise aus Gründen des Motorschutzes zulässig und dieser nicht anders sicherzustellen ist und
  • hierfür detailliert darzulegen ist, in welchen Temperaturbereichen die Abgasrückführung in welcher Weise angepasst wird (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe).

Dieselgate: OLG Koblenz verurteilt Volkswagen AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung eines Käufers

…. eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuges zum Schadensersatz.

Mit Urteil vom 12.06.2019 – 5 U 1318/18 – hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz entschieden, dass die Volkswagen AG den Käufern von Fahrzeugen,

  • deren Motoren mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet sind,

wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Danach

  • hat die Volkswagen AG dadurch, dass sie Fahrzeuge unter bewusstem Verschweigen der unzulässigen Softwareprogrammierung in Verkehr gebracht hat, den Käufern der Wahrheit zuwider vorgespiegelt, dass der Einsatz der Fahrzeuge im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig ist,
  • ist das Vorgehen der Volkswagen AG, angesichts dessen, dass staatliche Behörden, Wettbewerber und Endverbraucher in großer Zahl systematisch zur Profitmaximierung gezielt getäuscht worden sind, sittenwidrig,
  • aufgrund der großen Zahl der manipulierten Fahrzeuge auch ausgeschlossen, dass Mitarbeiter der Volkswagen AG in leitender Stellung (zumindest der Leiter der Entwicklungsabteilung) keine Kenntnis von den Manipulationen hatten

und

  • muss diese Kenntnis sich die Volkswagen AG zurechnen lassen.

Die Fahrzeugkäufer erhalten nach der Entscheidung des OLG als Schadensersatz

  • den gezahlten Kaufpreis erstattet,

allerdings abzüglich

Dieselgate: OLG Karlsruhe stärkt mit Hinweisbeschluss Position der Fahrzeugkäufer die die VW-AG wegen sittenwidriger Schädigung

…. verklagt haben.

In einem Fall,

  • in dem der Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs, dessen Dieselmotor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet war, von der Volkswagen AG als Fahrzeugherstellerin wegen sittenwidriger Schädigung als Schadensersatz Erstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeuges verlangt,
  • dasLandgericht (LG) Offenburg (3 O 111/17) in erster Instanz
    • in dem Verhalten der verantwortlichen Akteure bei der Volkswagen AG eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung des Fahrzeugkäufers gesehen,
    • deswegen die Volkswagen AG verurteilt hatte, dem Fahrzeugkäufer den Kaufpreis, abzüglich einer Nutzungsentschädigung für gefahrene Kilometer, zu erstatten, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeuges
  • und von der Volkswagen AG gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt worden war,

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe mit Beschluss vom 05.03.2019 – 13 U 142/18 – darauf hingewiesen, dass

  • nach seiner vorläufigen Rechtsauffassung und dem derzeitigem Sach- und Streitstand

dem Fahrzeugkäufer Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

  • nach §§ 826, 31 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bzw. § 831 BGB

gegen die Volkswagen AG zustehen dürften (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 05.03.2019).

LG Hildesheim verurteilt Volkswagen AG wegen Abgasmanipulation zur Kaufpreiserstattung

Mit – noch nicht rechtskräftigem – Urteil vom 17.01.2017 – 3 O 139/16 – hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Hildesheim die Beklagte, die Volkswagen AG, verurteilt, dem Kläger, einem Käufer eines mit einem Dieselmotor ausgestatteten neuen PKW Skoda Yeti 2.0 TDI Elegance Plus Edition,

  • bei dem die Motorsteuerung von der Beklagten so programmiert worden war,
  • dass der Wagen bei der Messung der Schadstoffemissionen auf einem Prüfstand diese Situation erkennt und weniger Stickoxide abgibt als im „Echtbetrieb“ auf der Straße,

den Kaufpreis von 26.499,99 € gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu erstatten.

Begründet hat die Kammer die Entscheidung u.a. damit, dass von der Beklagten eine gesetzeswidrige, gegen europäische Vorgaben zur Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen verstoßende, Manipulation der Motorsteuerung vorgenommen worden sei, durch die die Beklagte

  • nicht nur in einer nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gegen die guten Sitten verstoßenden Art und Weise dem Kläger einen Schaden zugefügt,
  • sondern auch den Tatbestand des Betruges nach § 263 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) verwirklicht habe.

Es liege, so die Kammer, eine verwerfliche Verbrauchertäuschung vor, weil kein verständiger Kunde ein Fahrzeug mit einer nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware erwerben würde.

Da es sich bei dem Einsatz der Motorsteuerungssoftware um eine Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Reichweite handle, bei der kaum anzunehmen sei, dass sie von einem am unteren Ende der Betriebshierarchie angesiedelten Entwickler in eigener Verantwortung getroffen wurde, sei mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Beklagte die Softwaremanipulation vorsätzlich vorgenommen habe (Quelle: Pressemitteilung des LG Hildesheim vom 17.01.2017.

Ob dieses erstmals einer Klage gegen die Volkswagen AG stattgebende Urteil Bestand hat bleibt abzuwarten.