Tag Vollbeweis

Wer (Wein)Reben von Hand mit einer mechanischen Schere schneidet, sollte wissen, dass dies bei entsprechender Intensität

…. einen als Berufskrankheit anzuerkennenden Golfer-Ellenbogen verursachen kann.

Mit Urteil vom 29.01.2019 – L 3 U 90/15 – hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) in einem Fall, in dem eine Frau,

  • die für einen landwirtschaftlichen Betrieb in einem Zeitraum von zwei Jahren jeweils einige Wochen Reben von Hand mit einer mechanischen Schere geschnitten und

beantragt hatte, erlittene Beschwerden im rechten Arm

  • die ihrer Meinung nach auf das Rebenschneiden zurückzuführen waren,

als Berufskrankheit anzuerkennen, darauf hingewiesen, dass

  • das Schneiden von Reben bei entsprechender Intensität eine Epicondylitis humeri ulnaris („Golfer-Ellenbogen“) verursachen kann, die als Berufskrankheit von der Berufsgenossenschaft anzuerkennen ist,
  • Voraussetzung hierfür allerdings ein Nachweis dieser Erkrankung im Vollbeweis sei.

Danach fallen bei einem solchen Einsatz im Rebschnitt biomechanisch relevante Bewegungsabläufe an, die eine

  • zu den nach dem Merkblatt zur BK Nr. 2101 als Berufskrankheit geschützten Krankheitsbildern gehörende

Erkrankung am Sehnenansatz des Ellenbogengelenkes (Epicondylitis bzw. Epicondylopathia; sog. Golfer-Ellenbogen) bewirken können.

Jedoch muss dieses Krankheitsbild,

  • um das Vorliegen einer Berufskrankheit anerkennen zu können,

im Vollbeweis gesichert sein, d.h.

Was Autoeigentümer wissen sollten, die von ihrer Teilkaskoversicherung wegen Diebstahls ihres Fahrzeugs

…. Leistungen begehren.

Wer sein Auto teilkaskoversichert hat, hat,

  • wenn sein Fahrzeug gestohlen wird,

grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung.

Allerdings ist ein Versicherungsnehmer, der erfolgreich einen Kaskoanspruch wegen eines Fahrzeugdiebstahls geltend machen will, im Streitfall,

  • wenn der Kaskoversicherer beispielsweise behauptet, dass der Diebstahl vorgetäuscht sei und
  • deshalb die Regulierung des Diebstahlschadens verweigert,

darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass das Fahrzeug gestohlen worden ist.

  • Für den Versicherungsnehmer bestehen dabei Beweiserleichterungen.

Er muss lediglich das äußere Bild einer versicherungsbedingungsgemäßen Entwendung des Fahrzeugs darlegen und ggf. beweisen,

  • also lediglich ein Mindestmaß an Tatsachen darlegen und
  • beweisen,

die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine Wegnahme gegen den Willen des – grundsätzlich als redlich unterstellten – Versicherungsnehmers zulassen.

Verlangt wird – zunächst jedenfalls –

  • nicht der Vollbeweis der Fahrzeugentwendung, sondern

nur der Nachweis des äußeren Bildes einer Fahrzeugentwendung, wofür es im Allgemeinen ausreicht, wenn der Versicherungsnehmer

  • durch Zeugen oder
  • wenn Zeugen nicht vorhanden sind durch eigene Angaben,

nachweist,

  • das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und
  • es dort zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr vorgefunden zu haben.

Um zu einem angemessenen Ausgleich des Beweisrisikos zu gelangen und den Versicherer gegen den Missbrauch der dem Versicherungsnehmer gewährten Beweiserleichterungen zu schützen, billigt die Rechtsprechung aber auch dem Versicherer Beweiserleichterungen zu.

Die mit dem – zunächst – gelungenen Beweis für das äußere Bild einer versicherten Entwendung für den Versicherungsnehmer verbundenen Beweiserleichterungen entfallen dann, wenn

  • auf Grund konkreter Tatsachen,
  • die entweder unstreitig oder vom Versicherer bewiesen sind,

nach der Lebenserfahrung der Schluss gezogen werden kann, der Versicherungsnehmer habe den Diebstahl mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nur vorgetäuscht.

Dabei reichen für den „Gegenbeweis“ des Versicherers

  • nicht erst solche Tatsachen aus, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung des Versicherungsfalles begründen,
  • sondern schon solche, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit hierfür nahelegen.

Die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung kann sich ergeben,

  • sowohl aus den Tatumständen allgemein,
  • als auch aus erheblichen Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des Anspruchsstellers und
  • aus seinem Verhalten (Oberlandesgericht (OLG) Dresden, Urteil vom 04.09.2018 – 4 U 427/18 –).

Ist das der Fall, muss das Vorliegen eines Diebstahls durch den Vollbeweis geführt werden können (vgl. hierzu auch Landgericht (LG) Coburg, Urteil vom 08.12.2016 – 22 O 95/16 – sowie OLG Hamm, Urteil vom 09.08.2017 – 20 U 184/15 –).

Wichtig zu wissen, wenn wegen Diebstahls des Autos Leistungen aus der Teilkaskoversicherung geltend gemacht werden

Wer sein Auto teilkaskoversichert hat, hat,

  • wenn sein Fahrzeug gestohlen wird,

grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung.

Allerdings muss der Versicherungsnehmer, der erfolgreich einen Kaskoanspruch wegen eines Diebstahls geltend machen will, im Streitfall,

  • wenn der Kaskoversicherer beispielsweise behauptet, dass der Diebstahl vorgetäuscht sei und
  • deshalb die Regulierung des Diebstahlschadens verweigert,

zumindest

  • das typische Geschehen eines Diebstahles in groben Zügen nachweisen können,
  • also z.B. das Abstellen des Autos zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort und das spätere Verschwinden von dort.

Bewiesen werden kann dies,

  • wenn Zeugen nicht vorhanden sind,

zwar auch durch die Angaben des Versicherungsnehmers, allerdings nur dann, wenn

  • nicht Umstände vorliegen, die schwerwiegende Zweifel an der für den Versicherungsnehmer normalerweise streitenden Redlichkeitsvermutung begründen.

Ist das der Fall, d.h. bestehen aufgrund von der Versicherung belegter Umstände,

  • beispielsweise weil der Versicherungsnehmer im Rahmen der Schadensanzeige bei der Versicherung Angaben gemacht hat, die denjenigen gegenüber der Polizei bei Anzeige des Diebstahles (teilweise) widersprechen,

schwerwiegende Zweifel an der Redlichkeit des Versicherungsnehmers, muss er,

  • wenn er Versicherungsleistungen erhalten will,

das Vorliegen eines Diebstahls durch den sog. strengen Vollbeweis führen können.

Darauf hat das Landgericht (LG) Coburg mit Urteil vom 08.12.2016 – 22 O 95/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 30.10.2017 – Nr. 13/2017 –).

Dazu, dass auch der Versuch eines Versicherungsnehmers,

  • durch eine bewusste Falschaussage vor Gericht seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen,

zu schwerwiegenden Zweifeln an seiner Redlichkeit und Glaubwürdigkeit führen kann, vgl. Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urteil vom 09.08.2017 – 20 U 184/15 –).

Was Opfer von Straftaten, die eine Beschädigtenversorgung nach dem OEG geltend machen möchten, wissen sollten

Ein Entschädigungsanspruch nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz – OEG), d.h. ein Anspruch wegen eingetretener gesundheitlicher und wirtschaftlicher Folgen auf Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) setzt zunächst voraus, dass die allgemeinen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG gegeben sind, also dass der Antragsteller

  • im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug
  • infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr
  • eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23.04.2009 – B 9 VG 1/08 R –).

Vorliegen müssen demzufolge folgende durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbundenen drei Glieder:

  • Vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff,
  • Schädigung und
  • Schädigungsfolgen.

Hinsichtlich des schädigenden Vorgangs, der Schädigung und der Schädigungsfolgen

  • bedarf es des Vollbeweises,
  • h., das Gericht muss sich die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein verschaffen.

Dabei sind allerdings die Angaben des Antragstellenden,

  • die sich auf die mit der Schädigung, also insbesondere auch mit dem tätlichen Angriff im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen,

nach § 15 Satz 1des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), der gemäß § 6 Abs. 3 OEG anzuwenden ist,

  • dann zugrunde zu legen, wenn
    • sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen und
    • Unterlagen hierzu nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind.

Bei dem „Glaubhafterscheinen“ im Sinne des § 15 Satz 1 KOVVfG handelt es sich, nach dem Vollbeweis und der Wahrscheinlichkeit um den dritten und mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts, bei dem es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht.

Für die Kausalität wiederum,

  • also dafür, dass der vorsätzliche, rechtswidrige tätliche Angriff für die Schädigung und diese für die Schädigungsfolgen ursächlich war,

ist der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit notwendig, was bedeutet,