Tag Vorbereitung

Was Fußball- und Handballspieler, die sich vor Beginn eines eigentlichen Trainings unter Benutzung des Balls aufwärmen,

…. wissen sollten. 

Mit Urteil vom 29.10.2020 – 1 U 66/20 – hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem eine Frau,

  • als sie ihre Tochter vom in der Sporthalle stattgefundenen Fußballtraining abholen wollte und 
  • auf diese, nach Beendigung des Trainings, in der Nähe des Fußballtores wartete, 

im Gesicht von einem Fußball getroffen worden war, den ein Mitglied der nachfolgend trainierenden Altherrenmannschaft,

  • vor Beginn von ihrem eigentlichen Training,

während des Aufwärmens 

  • mit einiger Kraft 

Richtung Tor geschossenen hatte, für die dadurch bei der Frau verursachten Verletzungen, eine 

  • Haftungsquote von 70% zu 30% zu Gunsten der Frau

für gerechtfertigt erachtet.

Begründet hat der Senat dies damit, dass, nachdem 

  • das eigentliche Training der Altherrenmannschaft noch nicht begonnen hatte, sondern

die Mannschaft noch beim Aufwärmen gewesen sei, auf 

  • in der Halle anwesende Personen 

Rücksicht genommen werden musste und der Schütze, dessen fehlgegangener Torschuss die Frau versehentlich im Gesicht getroffen hat, dadurch, dass von ihm der Ball in Richtung Tor 

  • kraftvoll geschossen wurde,
  • statt nur zu lupfen, 

fahrlässig gehandelt und sich nicht (mehr) im Rahmen des erlaubten Risikos bewegt hat.

Ein Mitschulden von 30%, so der Senat weiter, müsse die verletzte Frau sich deswegen zurechnen lassen, da 

  • sie hätte sehen können, dass Mitglieder der Altherrenmannschaft bereits mit dem Ball spielten und 
  • für sie eine Notwendigkeit, sich gerade in der Nähe des Tores aufzuhalten, nicht bestanden habe (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

Wann liegt eine strafbare Beihilfe zu einer vorsätzlichen Straftat eines anderen vor und wann kann das Dabeisein

…. bei einer vorsätzlichen Straftat eines anderen als strafbare Beihilfe gewertet werden?

Als Gehilfe,

  • also wegen Beihilfe,

wird bestraft, wer 

  • vorsätzlich

einem anderen 

  • zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet, 

wobei die Strafe für den Gehilfen 

  • sich richtet nach der Strafandrohung für den Täter und
  • nach § 49 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) zu mildern ist (§ 27 Abs. 1 und 2 StGB). 

Als Hilfeleistung ist dabei grundsätzlich 

  • jede Handlung 

anzusehen, welche die 

  • Herbeiführung des Taterfolgs 

des Haupttäters 

  • zwischen Versuchsbeginn und Beendigung 
  • objektiv in irgend einer Weise fördert oder erleichtert, 
  • ohne dass diese Handlung für den Erfolg selbst ursächlich sein muss. 

Dabei setzt die Beihilfe 

  • durch positives Tun (physische Beihilfe) 

einen durch 

  • eine bestimmte Handlung erbrachten Tatbeitrag des Gehilfen 

voraus.

  • Allein das Wissen um die Begehung der Haupttat genügt den Anforderungen an die Beihilfe durch aktives Tun daher nicht.

Ein „Dabeisein“ kann die Tatbegehung im Sinne eines aktiven Tuns jedoch fördern oder erleichtern, wenn 

  • die „Billigung der Tat“ gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht wird, 
  • dieser dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt wird und 
  • der Gehilfe sich dessen bewusst ist (psychische Beihilfe).

Darauf hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 28.07.2020 – 2 StR 64/20 – hingewiesen.

Wohnungseigentümer sollten wissen, welche Pflichten den Berufsverwalter in seiner Funktion als Versammlungsleiter im Zusammenhang

…. mit Beschlussfassungen nach § 22 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) über bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums in der Eigentümerversammlung treffen.

Führt der Verwalter den Vorsitz in der Wohnungseigentümerversammlung (§ 24 Abs. 5 WEG) hat er, wenn von den Wohnungseigentümern 

  • ein Beschluss gefasst (Positivbeschluss) oder
  • ein Beschlussantrag abgelehnt (Negativbeschluss) 

wird, 

  • nach Feststellung der Zahl gültiger Ja- und Nein-Stimmen sowie 
  • Prüfung der Gültigkeit der abgegebenen Stimmen als auch 
  • der rechtlichen Beurteilung des Abstimmungsergebnisses 

das Ergebnis der Abstimmung

  • festzustellen und 
  • bekanntzugeben.

Bei dieser Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses handelt es sich im Regelfall 

  • um eine Voraussetzung 

für das rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses.

Denn darauf von einem bestimmten Beschlussergebnis als maßgebend ausgehen zu können, sind die Wohnungseigentümer,

  • nachdem gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG die Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen nur innerhalb der kurzen Frist von einem Monat seit der Beschlußfassung möglich ist,

angewiesen.

Lässt der Verwalter die Wohnungseigentümer nach § 22 Abs. 1 WEG über 

  • bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums 

abstimmen,

  • wofür die einfache Mehrheit der Wohnungseigentümer ausreicht, 

wenn zugleich die Zustimmung derjenigen Eigentümer vorliegt,  

  • die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden, 

muss in Vorbereitung einer solchen Beschlussfassung der Verwalter prüfen, 

  • ob und ggf. welche einzelnen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung erteilen müssen,

und er muss 

  • die Eigentümerversammlung vor der Beschlussfassung über das Ergebnis seiner Prüfung informieren und 
  • ggf. auf ein bestehendes Anfechtungsrisiko hinweisen, nämlich, dass 
    • ein mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss über die bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, wenn nicht alle Eigentümer zugestimmt haben, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden, zwar nicht nichtig ist, aber in einem Beschlussanfechtungsverfahren für ungültig erklärt werden kann.

Diese auf das Zustimmungserfordernis bezogene Prüfung 

  • ist von den Pflichten eines Verwalters umfasst 

und die Erteilung von Hinweisen dieser Art in der Eigentümerversammlung, die notwendigerweise auch rechtliche Erwägungen enthalten, 

  • gehört zu dem Kerngeschäft eines Berufsverwalters und 
  • stellt eine nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) erlaubte Rechtsdienstleistung dar.

Ein Verwalter, der 

  • die Eigentümerversammlung vor einer Beschlussfassung gemäß § 22 Abs. 1 WEG nicht in gebotener Weise über ein bestehendes Zustimmungserfordernis aufklärt oder 
  • seine Pflichten im Zusammenhang mit der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlussergebnisses verletzt,

handelt im Sinne von § 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) pflichtwidrig und kann wegen Verletzung seiner Pflichten aus dem Verwaltervertrag, 

  • der Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer entfaltet, 

schadensersatzpflichtig sein, wobei

  • er einen Rechtsirrtum allerdings nur bei offenkundig falscher Einschätzung im Sinne von § 276 BGB zu vertreten hat und
  • es ihm zudem auch offen steht, in der Eigentümerversammlung auf aus seiner Sicht verbleibende Rechtsunsicherheiten hinzuweisen. 

Ist der Verwalter 

  • nach sorgfältiger Prüfung der Zustimmungserfordernisse 

zu einem nicht offenkundig falschen Ergebnis gelangt, kann es ihm somit 

  • nicht angelastet 

werden, wenn der Beschluss in einem späteren Anfechtungsverfahren keinen Bestand hat.

Auch kann der Verwalter, der 

  • die Eigentümerversammlung vor der Beschlussfassung über das Ergebnis seiner Prüfung informiert und 
  • ggf. auf ein bestehendes Anfechtungsrisiko hingewiesen 

hat, ein positives Beschlussergebnis verkünden, wenn

  • seiner Auffassung nach die erforderliche Zustimmung einzelner Eigentümer zwar fehlt, aber 

die einfache Stimmenmehrheit erreicht ist.

Stattdessen kann der Verwalter, 

  • der der Auffassung ist, dass die erforderliche Zustimmung einzelner Eigentümer fehlt,

aber auch eine ihn verpflichtende Weisung der Wohnungseigentümer im Wege eines Geschäftsordnungsbeschlusses einholen, 

  • ob sie ihn in Bestätigung der vorangegangenen Willensbildung anweisen, einen positiven Beschluss zu verkünden oder 
  • ob sie wegen des nunmehr manifesten Anfechtungsrisikos die Anweisung erteilen, von der Verkündung Abstand zu nehmen. 

Übrigens:
Von den Kosten einer baulichen Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 WEG sind diejenigen Wohnungseigentümer befreit, 

  • die der Maßnahme nicht zugestimmt haben (§ 16 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 WEG) und 
  • zwar auch dann, wenn der Genehmigungsbeschluss bestandskräftig geworden ist.

Dagegen müssen die Kosten 

  • einer gemäß § 22 Abs. 2 WEG beschlossenen Modernisierungsmaßnahme 

grundsätzlich von allen Wohnungseigentümern, 

  • ohne Rücksicht auf ihr Stimmverhalten, 

getragen werden (§ 16 Abs. 2 WEG).

Darauf hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.05.2020 – V ZR 141/19 – hingewiesen.

Was Autofahrer, denen die Benutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt vorgeworfen wird, wissen sollten

Das Amtsgericht (AG) Landstuhl hat mit Urteil vom 06.02.2017 – 2 OWi 4286 Js 12961/16 – entschieden, dass das Aufnehmen eines im Fahrzeug liegenden Mobiltelefons durch den Fahrer während der Fahrt,

  • um es an einem anderen Ort im Fahrzeug
  • in eine Ladeschale zu stecken,

kein tatbestandsmäßiges Verhalten im Sinne des § 23 Abs. 1a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) darstellt und einen Autofahrer

  • der sich unwiderlegbar dahingehend eingelassen hatte,
  • sein in der Frontablage liegendes, mit dem Freisprechsystem verbundenes Handy, ohne eine Funktion des Geräts zu benutzen, lediglich aufgenommen und in Richtung Mittelkonsole bewegt zu haben, um es dort in die Ladeschale zu stecken,

deshalb vom Vorwurf der verbotswidrigen Benutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt freigesprochen.

Die im Gegensatz dazu von dem für Bußgeldsachen zuständigen Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 07.12.2015 – 2 Ss (OWi) 290/15 – vertretene andere Auffassung,

  • nämlich, dass der Begriff des Benutzens im Sinne der Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO nicht nur sämtliche Bedienfunktionen, sondern auch Tätigkeiten, die (nur) die Vorbereitung der Nutzung gewährleisten sollen, umfasst,
  • also auch das Halten eines Mobiltelefons, um es mit einem Ladekabel im Fahrzeug zum Laden anzuschließen,

hält das AG Landstuhl für eine unzulässige Erweiterung des Tatbestandes des § 23 Abs. 1a StVO.

Von dem für Bußgeldsachen zuständigen Senat des OLG Oldenburg ist mit dem obigen Beschluss in einem Fall,

  • in dem ein Lkw-Fahrer während der Fahrt ein Handy in der Hand gehalten hatte, um es zum Laden anzuschließen,

entschieden worden,

  • dass der Lkw-Fahrer wegen vorsätzlichen Benutzens eines Mobiltelefons als Führer eines Kraftfahrzeugs eine Geldbuße zahlen muss.