Tag vorzeitig

Wichtig zu wissen für Patienten, die eine von der gesetzlichen Krankenversicherung bewilligte Kur vorzeitig abbrechen

Mit Urteil vom 08.10.2020 – III ZR 80/20 – hat der unter anderem für das Dienstvertragsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem von der gesetzlichen Krankenversicherung einer Mutter von vier minderjährigen Kindern eine dreiwöchige medizinische Vorsorgemaßnahme 

  • in Form einer Mutter-Kind-Kur in einer Klinik 

bewilligt worden war, die Mutter die Kur 

  • mit ihren Kindern zehn Tage vor dem regulären Ende 

abgebrochen hatte und der Klinikträger sie daraufhin, 

  • gestützt auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die vorsahen, dass der Einrichtungsträger bei einem vorzeitigen Kurabbruch, 
    • vorbehaltlich des Nachweises durch den Patienten, dass kein oder ein geringerer Schaden entstanden ist, 
    • als Ersatz für den erlittenen Schaden, unter Berücksichtigung der gewöhnlich ersparten Aufwendungen und möglichen anderweitigen Verwendungen, pauschaliert 80 % des Tagessatzes für jeden vorzeitig abgereisten Tag verlangen kann, 

auf Schadensersatz in Höhe von 3.011,20 € in Anspruch nehmen wollte, entschieden, dass der Klinikträger 

  • keinen Anspruch auf die verlangte Zahlung hat.

Begründet worden ist dies vom Senat damit worden, dass ein Vertrag über die Durchführung einer Mutter-Kind-Kur (§ 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)) mit einem Klinikträger, 

  • jedenfalls nach seinem inhaltlichen Schwerpunkt, 

als Behandlungsvertrag im Sinne des § 630a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und damit als besonderes Dienstverhältnis zu qualifizieren ist, ein solcher Vertrag, 

  • da die von der Klinik geschuldeten Leistungen im Sinne des § 627 Abs. 1 BGB Dienste höherer Art sind, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen,

jederzeit von dem Patienten 

  • auch ohne besonderen Grund 

gekündigt werden kann, der Klinikträger dann nach § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB nur Anspruch auf Vergütung der 

  • bis zum Abbruch 

erbrachten Leistungen hat und hiervon abweichende Klauseln in AGB, die

  • ohne Einschränkung auf Fälle von von Patienten zu vertretenden Pflichtverletzungen,   

eine Schadensersatzpflicht für Patienten bei einem vorzeitigen Kurabbruch vorsehen, nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB,

  • wegen Unvereinbarkeit mit den obigen wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung,

unwirksam sind (Quelle: Pressemitteilung des BGH).

Kann ein Fitnessstudiovertrag mit bestimmter Erstlaufzeit wegen verschlechterter Gesundheit vorzeitig gekündigt werden?

Mit Urteil vom 05.06.2020 – 3c C 51/19 – hat das Amtsgericht (AG) Frankenthal entschieden, dass ein Mitgliedsvertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios mit einer bestimmten Erstlaufzeit und einem vertraglich vorgesehenen Kündigungszeitpunkt

  • vorzeitig außerordentlich fristlos gekündigt 

werden kann, wenn der Kunde nachweislich 

  • an einer Erkrankung leidet, die ihm die künftige Inanspruchnahme wesentlicher Leistungen auf unbestimmte Zeit unmöglich macht,
  • wobei Vorerkrankungen dann keine Rolle spielen, wenn 
    • die zur Kündigung führenden Beschwerden zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bestanden und 
    • das Auftreten für den Kunden nicht vorhersehbar war.

Begründet hat das AG dies damit, dass in einem solchen Fall die Fortführung des als Dauerschuldverhältnis einzustufenden Fitnessstudiovertrages bis zum vertraglich vorgesehenen Kündigungszeitpunkt ohne Nutzungsmöglichkeit wesentlicher Elemente der vertraglichen Leistungen, 

  • nämlich des überwiegenden Teils der zur Verfügung gestellten Trainingsgeräte, 

nicht zumutbar sein kann (Quelle: Pressemitteilung des AG Frankenthal). 

Hinweis:
Vergleiche dazu auch den Blogeintrag „Wichtig zu wissen, wenn man einen Fitnessstudiovertrag mit Mindestlaufzeit abgeschlossen hat oder beabsichtigt abzuschließen“. 

Ein Verkäufer, der eine Internetauktion vorzeitig abbricht ist schadensersatzpflichtig

…. wenn er hinsichtlich des objektiven Abbruchgrundes zumindest (leicht) fahrlässig gehandelt hat.

Darauf und dass dem zu diesem Zeitpunkt Höchstbietenden – statt der Leistung – dann ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung nach den §§ 280 Abs. 1, Abs. 3; 283; 276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zusteht,

  • wenn ein Verkäufer die Auktion deshalb vorzeitig abbricht, weil ihm die Leistung des angebotenen gebrauchten Produkts,
  • wegen einer leichtfertig bzw. versehentlich abgegebenen falschen Produktbeschreibung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB unmöglich ist,

hat das Amtsgericht (AG) Bremen mit Urteil vom 30.03.2017 – 9 C 10/17 – hingewiesen.

Als Schadensersatz, so das AG, kann in einem solchen Fall der zum Zeitpunkt des Auktionsabbruchs Höchstbietende vom Verkäufer die Differenz verlangen zwischen

  • dem Wiederbeschaffungswert für einen vergleichbaren Verkaufsgegenstand und
  • dem gebotenen Kaufpreis im Zeitpunkt des Abbruchs der Auktion.