Tag Waschvorgang

OLG Zweibrücken entscheidet über Haftung bei Unfall in einer automatisierten Waschstraße

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken hat mit Urteil vom 27.01.2021 – 1 U 63/19 – darauf hingewiesen, dass bei einer 

  • Autowaschstraße,

bei der die Fahrzeuge 

  • auf einem Förderband 

durch die Anlage gezogen werden,

  • nicht nur das Abbremsen des Fahrzeugs in der Waschstraße,
  • sondern auch das verzögerte Ausfahren des gewaschenen Autos aus der Waschstraße nach Abschluss des Waschvorgangs, 

zu einer Haftung 

  • für dadurch entstehende Schäden (an Fahrzeugen) 

führen kann.

Fährt der Fahrer eines fertig gewaschenen Autos 

  • nach Beendigung des Waschvorgangs und Aufforderung zum Ausfahren 

nicht umgehend, sondern erst verzögert aus der Waschstraße, 

  • beispielsweise weil das von ihm geführte Fahrzeug beim ersten Startversuch nicht anspringt und erst ein zweiter Startversuch nach einiger Zeit gelingt, 

haften danach er, der Fahrzeughalter sowie dessen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung 

  • nach §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG), § 823 Abs. 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 115 Abs. 1 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gesamtschuldnerisch 

mit, wenn der Eigentümer des nachfolgenden PKWs, 

  • aus Furcht vor einer Kollision mit dem noch am Ende der Waschstraße stehenden Fahrzeug,  

bremst, 

  • dadurch sein PKW aus dem Mitnehmer des Förderbandes der Anlage herausrutscht, 
  • sich in der Waschkante verkantet 

und hierbei beschädigt wird, weil durch das verzögerte Ausfahren 

  • der schadensursächliche Bremsvorgang des Fahrers des nachfolgenden PKWs 

ausgelöst und somit

  • nachdem ein Auto, während es auf dem Transportband durch die Autowaschanlage gezogen wird, sich zwar nicht „in Betrieb“ i.S.v. § 7 Abs. 1 StVG, 
  • aber wieder „in Betrieb“ i.S.v. § 7 Abs. 1 StVG befindet, sobald es das Förderband verlassen hat und der Fahrer (meist von einer Ampel) aufgefordert wird, die Waschanlage durch eigene Motorkraft zu verlassen,

bei dem Betrieb des verzögert ausfahrenden Fahrzeugs der nachfolgende PKW beschädigt worden ist. 

Allerdings wird in einem solchen Fall der Fahrzeugeigentümer die Schäden an seinem Fahrzeug 

  • in erheblichem Umfang 

mit zu verantworten haben und sich

  • nach § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB,

ein überwiegendes Mitverschulden anspruchskürzend anrechnen lassen müssen.

Denn darüber, dass ein Abbremsen des automatisch in der Waschstraße transportierten Fahrzeugs zu unterlassen ist,

  • weil dadurch das geschleppte Fahrzeug aus den Transportvorrichtungen herausspringen und es zu Beschädigungen kommen kann

und Kollisionen mit anderen Fahrzeugen dadurch verhindert werden, dass 

  • bei einem zu Nahekommen von zwei Fahrzeugen, 

die Waschstraße automatisch abschaltet, werden Benutzer der Waschanlage in der Regel durch an der Einfahrt der Waschstraße aushängende Warnhinweise informiert.

OLG Koblenz entscheidet: Bei einem Unfall, der sich in einer automatischen Autowaschanlage, während

…. des Wasch- und Transportvorganges auf dem Förderband der Waschstraße ereignet, haftet der Fahrzeughalter nicht aus Betriebsgefahr.

Mit Beschluss vom 05.08.2019 – 12 U 57/19 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz entschieden, dass ein Auto, das in einer automatischen Waschanlage

  • bei ausgeschaltetem Motor
  • mit Hilfe von Rollen

auf dem Förderband durch die Waschstraße gezogen wird, sich

  • während dieses Wasch- und Transportvorganges auf dem Förderband

nicht „in Betrieb“ im Sinne von § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) befindet und der Fahrzeughalter somit auch nicht verschuldensunabhängig für

  • während dieses Wasch- und Transportvorganges auf dem Förderband verursachte

Unfallfremdschäden aufkommen muss.

Begründet hat das OLG dies damit, dass während dieses Vorgangs

  • weder die Fortbewegungs- noch die Transportfunktion des Fahrzeuges zum Tragen kommen,
  • das Fahrzeug vollständig von den automatisierten Transportvorgängen innerhalb der Waschstraße abhängig ist und
  • die besonderen, mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges verbunden Gefahren (z.B. Geschwindigkeit und Gewicht), ohne Relevanz sind (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz).

Dazu, ab wann sich ein Kraftfahrzeug nach Beendigung des Waschvorganges

  • wieder in Betrieb befindet

und ob dies bereits wieder der Fall ist, sobald das Fahrzeug

  • das Förderband verlassen hat und
  • der Fahrer (meist von einer Ampel) aufgefordert worden ist, den Verkehrsraum durch eigene Motorkraft zu verlassen,
    • unabhängig davon, ob der Motor anspringt oder nicht,

vgl. Landgericht (LG) Klewe, Urteil vom 23.12.2016 – 5 S 146/15 – einerseits sowie Amtsgericht (AG) Köln, Urteil vom 26.06.2012 – 272 C 33/12 – andererseits.

Hinweis:
Befindet sich ein Kraftfahrzeug bei einem Unfall nicht in Betrieb, kommt lediglich eine (Mit)Haftung des Fahrzeugführers nach § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dann in Betracht, wenn

  • der Geschädigte beweisen kann, dass

der Schaden von dem Fahrzeugführer (mit)verschuldet worden ist.

Was Besitzer von neueren automatikbetriebenen Fahrzeugen wissen sollten, wenn sie zum Waschen ihres Fahrzeugs

…. eine automatisierte Autowaschstraße mit Förderkette nutzen und ihr Fahrzeug während des Waschvorgangs beschädigt worden ist.

Mit Urteil vom 06.09.2018 – 213 C 9522/16 – hat das Amtsgericht (AG) München entschieden, dass bei einer automatisierten Autowaschstraße,

  • bei der die Fahrzeuge während des Waschvorgangs von einer Schleppkette bzw. einem Schleppband gezogen werden,

es nicht ausreicht, wenn der vom Waschanlagenbetreiber ausgehängte Hinweis für die Benutzer lautet,

  • „Gang raus, Automatik ‚N‘, Motor abstellen, Nicht lenken, Nicht bremsen“,

sondern dass Betreiber solcher Waschanlagen auch darauf hinweisen müssen, dass

  • bei automatikbetriebenen Fahrzeugen neueren Typs die Zündung zur Verhinderung der Parksperre eingeschaltet sein muss

und dass,

  • falls dieser Hinweis fehlt,

der Waschanlagenbetreiber für einen daraus entstandenen Schaden haftet,

  • beispielsweise für den an einem automatikgetriebenen Fahrzeug dadurch entstandenen Schaden,

dass wegen ausgeschalteter Zündung die Parksperre gegriffen hat, aufgrund dessen das Fahrzeug aus der Schleppkette herausgehoben und gegen eine Säule gestoßen worden ist (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 14.09.2018).

BGH entscheidet: Waschstraßenbetreiber können für Beschädigung eines Fahrzeugs in der Waschstraße haften, wenn

…. die Kunden von ihnen nicht in geeigneter und zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln informiert worden sind.

Mit Urteil vom 19.07.2018 – VII ZR 251/17 – hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem bei der Nutzung einer vollautomatisierten Autowaschanlage,

  • bei der die Fahrzeuge während des Waschvorgangs von einem Schleppband mit einer geringen Geschwindigkeit gezogen werden und
  • sich dabei die linken Räder auf der Fördereinrichtung befinden, während die rechten Räder frei über den Boden laufen,

ein Fahrzeug auf das davor befindliche Auto geschoben worden war,

  • weil dieses, nachdem dessen Fahrer grundlos die Bremse bestätigt hatte,
  • aus dem Schleppband geraten und stehengeblieben war,

darauf hingewiesen, dass eine Haftung des Waschstraßenbetreibers für den an dem aufgeschobenen Fahrzeug entstanden Schaden dann in Betracht kommt, wenn

  • er es unterlassen hatte, die Benutzer der Anlage in geeigneter und zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren.

Danach besteht bei einem Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs die Schutzpflicht des Betreibers der Waschstraße, die Fahrzeuge der Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren und dazu diejenigen Sicherungsvorkehrungen zu treffen, die nach den Umständen erforderlich und zumutbar sind, wozu

  • nicht nur die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik, sondern

auch entsprechende Hinweispflichten gehören, wenn zu besorgen ist, dass

  • Kunden bei der Nutzung der Anlage – zwar selten, aber vorhersehbar – nicht die notwendigen Verhaltensregeln einhalten und
  • es dadurch zu Schädigungen kommen kann.

Zur Prüfung,

  • ob in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall der Waschstraßenbetreiber die Pflicht, die Benutzer der Anlage in geeigneter und ihm zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren,

erfüllt hatte, hat der BGH die Sache an das Landgericht (LG),

  • das die Schadensersatzklage gegen den Waschstraßenbetreiber abgewiesen hatte,

zurückverwiesen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 19.07.2018).

Kommt es in einer automatisierten Waschstraße mit Förderband zu einem Unfall, weil ein Fahrer

…. seinen PKW am Ende der Waschstraße nicht starten kann, sein PKW stehenbleibt und die Ausfahrt versperrt,

  • haftet der Halter dieses PKWs aufgrund der Betriebsgefahr seines Autos nach § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG)

auch dann für den Schaden, der an einem hinter ihm noch auf dem Förderband befindlichen Kraftfahrzeug dadurch entsteht, dass

  • dessen Fahrer, um ein Aufschieben auf das vor ihm stehengebliebene Fahrzeug zu verhindern, die Bremse seines Kraftfahrzeugs betätigt,
  • hierdurch das Kraftfahrzeug vom Förderband rutscht und
  • das dahinter am Förderband befindliche dritte Kraftfahrzeug auf das aus der Spur des Förderbandes gesprungene Kraftfahrzeugahrzeug geschoben wird.

Das hat das Landgericht (LG) Klewe mit Urteil vom 23.12.2016 – 5 S 146/15 – entschieden.

Danach soll,

  • solange ein Kraftfahrzeug mit ausgeschaltetem Motor auf einem Förderband durch die Waschstraße bewegt wird und
  • der Fahrer keinen Einfluss auf den Ablauf des Waschvorgangs hat,

das Kraftfahrzeug

  • bis zum endgültigen Abschluss des automatisierten Transportvorgangs zwar nicht in Betrieb im Sinne des § 7 StVG sein,

sich aber

  • sobald der eigentliche Waschvorgang vollständig beendet ist,
  • das Fahrzeug das Förderband, über das es zuvor automatisch gezogen worden war, verlassen hat sowie
  • der Fahrer (meist von einer Ampel) aufgefordert worden ist, den Verkehrsraum durch eigene Motorkraft zu verlassen,

wieder in Betrieb im Sinne des § 7 StVG befinden

Eine Mithaftung des Fahrzeugführers, der bei seinem Fahrzeug die Bremse betätigt hat, über § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG (Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge) komme in einem solchen Fall, so das LG weiter, nicht in Betracht, da das Fahrzeug sich im Kollisionszeitpunkt noch im automatisierten Waschvorgang befunden habe, also noch nicht wieder in Betrieb gewesen und ein Mitverschulden nach §§ 9 StVG, 254 BGB nicht gegeben sei, wenn das Abbremsen erfolgte um ein Aufschieben auf das stehengebliebene und die Ausfahrt versperrende Fahrzeug zu verhindern.