Tag Wege

LG Magdeburg entscheidet: Wandern im Wald erfolgt in der Regel auf eigene Gefahr

Mit Urteil vom 04.03.2020 – 10 O 701/19 – hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Magdeburg die Klage eines Mannes abgewiesen, der,

  • weil er beim Wandern auf einem Weg in einem touristisch beworbenen Wald durch einen um- und auf ihn stürzenden Baum schwer verletzt worden war,

von dem für das Waldgrundstück Verkehrssicherungspflichtigen mit der Begründung, dass

  • bei Durchführung einer Baumschau deutlich erkennbar gewesen wäre, dass der Baum abgestorben gewesen sei und
  • deswegen hätte gefällt werden müssen,

Schmerzensgeld verlangt hatte.

Danach können Wanderer,

  • da sie auf eigene Gefahr Waldwege betreten,

grundsätzlich nicht erwarten, dass der Waldbesitzer Sicherungsmaßnahmen

  • gegen waldtypische Gefahren

ergreift, sondern müssen Wanderer mit waldtypischen Gefahren,

  • auch auf Waldwegen,

rechnen und kommt eine Haftung von Waldbesitzern grundsätzlich nicht in Betracht

  • für waldtypische Gefahren, wie das Umstürzen eines Baumes,

sondern nur

Grundstückseigentümer, denen die allgemeine Räum- und Streupflicht nicht übertragen ist, sind auch dann nicht verpflichtet

…. über die Grenze ihres Grundstücks hinaus zu räumen und zu streuen, wenn sie auf ihrem Grundstück eine Wohnung vermietet haben.

Mit Urteil vom 21.02.2018 – VIII ZR 255/16 – hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass,

  • wenn eine Stadt bzw. Gemeinde nicht die allgemeine Räum- und Streupflicht auf die Grundstückseigentümer (als Anlieger) übertragen hat,

ein Grundstückseigentümer regelmäßig nicht verpflichtet ist,

  • über die Grundstücksgrenze hinaus

Teile des öffentlichen Gehwegs zu räumen und zu streuen und er deswegen auch grundsätzlich nicht haftet, wenn

  • einer seiner Mieter oder der Lebensgefährte eines Mieters
  • im Bereich des Grundstückseingangs auf dem nicht geräumten öffentlichen Gehweg stürzt.

Denn, so der Senat, von Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Umstände abgesehen, beschränke sich die Verpflichtung

  • eines Vermieters aus dem Mietvertrag (in dessen Schutzbereich auch Lebensgefährten des Mieters einbezogen seien) sowie
  • eines Grundstückseigentümers im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB),

seinen Mietern während der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zum Mietobjekt zu gewähren (§ 535 Abs. 1 BGB),

  • wozu es grundsätzlich auch gehöre, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege, insbesondere vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum, zu räumen und zu streuen,

regelmäßig auf den Bereich des Grundstücks, so dass in einem solchen Fall

  • die Verkehrssicherungspflicht für den öffentlichen Gehweg vor dem Anwesen allein bei der Gemeinde bzw. Stadt liege (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 21.02.2018).

Wann haften Waldbesitzer wenn Waldbesucher auf Waldwegen verunfallen und wann haften sie nicht?

Mit Beschluss vom 30.10.2017 – 13 U 111/17 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main darauf hingewiesen,

  • dass für unfallursächliche „waldtypische Gefahren“, d. h. Gefahren, die sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben, Waldbesitzer nicht verantwortlich sind

und

  • dass auch dann, wenn atypische Gefahren unfallursächlich waren, bei ausreichend erkennbaren Gefahrenquellen das allgemeine Lebensrisiko nicht auf die verkehrssicherungspflichtigen Waldbesitzer abgewälzt werden kann.

Danach haften Waldbesitzer beispielsweise nicht, wenn Waldbesucher,

  • die einen Waldweg nutzen, der nach dem Straßen und Wegerecht keine öffentliche Straße darstellt,

dort deshalb stürzen, weil der Weg durch Wurzelwerk und Auswaschungen infolge von Witterungseinflüssen erhebliche Unebenheiten, insbesondere auch Löcher, aufgewiesen hat

  • und zwar selbst dann nicht, wenn der Weg stark frequentiert wird (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 20.12.2017 – Nr. 29/2017 –).